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2.

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Ulrike war Anfang 40, trug ihre braunen Haare mittellang und hatte keinen Gedanken daran verschwendet, ob sie trotz der ersten Fältchen um die Augen für eine attraktive Frau und Mutter gehalten wurde. Seit der Geburt ihres zweiten Kindes war, so fand sie, alles an ihr groß geworden: Ihr Hintern, ihre Brüste und ihre Frustration. Ihr Eheleben war eingeschlafen und sie machte sich keine Gedanken mehr darüber, ob es jemals erneut erwachte. Sie war nicht lustlos geworden, ihre Prioritäten hatten sich nur verschoben.

Jeden Montag, wenn in der Sauna um die Ecke Frauentag war, arbeitete Ulrikes Mann von zuhause aus und brachte die Kinder ins Bett. Danach setzte er sich wieder an den Schreibtisch und arbeitete weiter, während Ulrike sich den Abend frei nahm. Sie hatten sich Freiräume geschaffen, um das Gleichgewicht zu behalten.

Die Kinder waren aus dem Gröbsten raus, gingen zur Schule, hatten Freunde, und zum ersten Mal hatten sie wieder Zeit für ihr altes Leben. Keine nächtlichen Störungen mehr, keine Dauerbespaßung der beiden Racker. Aber sie hatten die Lust aneinander verloren. In einer Zeit, in der die Tür ihres Schlafzimmers immer offen gestanden hatte, damit sie in der Nacht die Rufe der Kinder hören konnte, voneinander getrennt durch die Angst, in der nächsten Sekunden von einem Kind geweckt zu werden, das entweder schlecht geträumt oder eingenässt hatte. Ihr ehelicher Beischlaf, genau so konnte man ihn nennen, hatte sich auf eine heimliche, sprachlose Nummer im Monat beschränkt, und selbst als die Kinder nicht mehr jede Nacht kamen, änderte sich nichts mehr im Ehebett.

Statt die neue Freiheit miteinander zu nutzen, hatte sich ihr Mann von da an immer häufiger in seine Selbstständigkeit gekniet und war ständig beruflich unterwegs, da er fand, dass die prägenden Jahre, in denen er keine Sekunde mit seinen Kindern verpassen wollte, vorbei waren. Anfangs war es noch die eine oder andere Überstunde gewesen, doch mit der Zeit kamen immer häufiger dienstliche Fahrten hinzu, so dass Ulrike manchmal nächtelang mit ihrer ungestillten Lust alleine blieb. Ulrike hatte für ihren Mann ihre Karriere zurückgestellt, aber sie fand, dass es sich gelohnt hatte. Zwei fantastische Kinder, regelmäßig Urlaub und immer genügend Geld für kleine Extras. Auch bei der Nachbarschaft hatten sie, bis auf Familie Schulz, bislang immer Glück gehabt. Man kannte sich, man nahm Rücksicht, und im Sommer, wenn viele im Urlaub waren, goss man sogar gegenseitig die Blumen im Garten.

Das hast du davon, hörte Ulrike ihre Mutter sagen, wenn du dich mit einem Karrieremenschen einlässt. Da sind die Rollen klar verteilt.

Aber seine Kunden honorierten seinen Einsatz mit vielen Aufträgen und großem Umsatz, der ihnen ein schmuckes Eigenheim in der Vorstadt finanziert hatte. Und Ulrike konnte es sich leisten, von zuhause aus und ohne Druck ihre alten Verbindungen zu reaktivieren und Events zu organisieren, während sie sich gleichzeitig um die Kinder kümmerte.

In den einsamen Nächten fand sie Trost und bei einer Flasche Prosecco und Downton Abbey und anderen Fernsehserien, doch mit den Wochen und Monaten, in denen sie manchmal zwei oder drei Nächte lang alleine in ihrem viel zu großen Bett lag und von einem schönen Prinzen auf einem weißen Pferd träumte, wuchs die Unzufriedenheit, doch sie wusste nicht, was ihr fehlte.

»Du musst wieder mehr für dich tun«, hatte ihre Mutter gesagt. Was sie damit meinte, war Ulrike ziemlich schnell klargeworden: Mach mehr Sport. Du bist fett geworden. Dass ihre Mutter das niemals so sagen würde, machte die Sache nicht besser. Aber Ulrike hatte das Gefühl, nichts richtig zu machen, jedenfalls nicht in den Augen ihrer Mutter. Das war die Mutter, die ihr sagte, sie solle Namensschildchen in die Kleidung der Kinder nähen. Sie wüsste, wie wichtig das sei, hatte sie gesagt. Ulrikes älterer Bruder, der in den 70ern in die Grundschule gegangen war, hatte die Mode der Bundeswehrparkas mitgemacht. Damals hingen an den Kleiderhaken vor den Klassenräumen so viele identisch aussehende Jacken, dass Ulrikes Bruderjeden Tag mit einem anderen Parka nach Hause kam. Sei es, weil er selbst nicht darauf geachtet hatte, oder weil ein anderer Junge die falsche Jacke genommen hatte und Ulrikes Bruder am Ende genommen hatte, was übriggeblieben war.

Ich sag es dir, hatte Ulrikes Mutter wiederholt gesagt, näh Schilder in die Jacken.

Und mit der gleichen Penetranz hatte sie ihr auch empfohlen, endlich wieder mehr Sport zu machen. »Sonst kommt dein Mann irgendwann mit einer anderen Frau nach Hause.«

Als sei das das gleiche. Jacke wie Frau. Ob Ulrike nicht lieber ein Namensschild an ihren Mann heften solle, hatte sie zickig zurückgefragt. Dabei hatte er doch schon eins: ihren Ehering.

Das Gespräch war nicht weiter eskaliert, denn am Ende hatte sich Ulrike in einem Fitnessstudio angemeldet und ihre Mutter hatte Ruhe gegeben.

»Glaub mir«, hatte ihre Mutter noch gesagt. »Das bringt auch euer Eheleben wieder in die Balance.«

Wenn sie dort ihren Körper in Form brächte, das meinte sie.

Was Ulrike anfangs als eine blöde Idee abgetan hatte, entpuppte sich bald als ein brillanter Schachzug. Denn ins Gleichgewicht brachten sie nicht die Geräte, an denen die alten Männer und jungen Frauen so diszipliniert Gewichte stemmten. Immer diese Wiederholungen, die monotonen Bewegungen, der verbissene Blick nach vorne. Die Geräte waren nicht ihr Ding. Ins Gleichgewicht brachten sie auch nicht die Laufbänder, auf denen sie versuchte, die überflüssigen Kilo nach der Schwangerschaft loszuwerden. Ulrike war ein paar Wochen lang sogar jeden Morgen laufen gegangen, bevor die Kinder aufwachten und ihr Mann in seinen SUV stieg, um in sein Büro zu fahren. Es war eine Qua gewesen. Ihre Brüste hatten nicht unter dem Stillen gelitten – im Gegenteil. Sie waren größer geblieben als vorher, sogar etwas fester, und selbst ihr Mann hatte sich einmal dazu hinreißen lassen, ihr Komplimente darüber zu machen, doch Ulrike hatte sie nicht hören wollen. Beim Laufen zeigte sich, dass nur ein Sport-BH diese Ungetüme hätte bändigen können. Auch Laufen brachte sie nicht ins Gleichgewicht. Das taten 98°C bei sehr geringer Luftfeuchtigkeit, denn zum Fitnessclub gehörte eine sehr große Sauna. Anfangs konnte sie sich gar nicht mit dem Gedanken anfreunden, ihren Körper den gierigen Blicken fremder Männern auszusetzen. Nicht nur ihre viel zu großen Brüste, sondern auch nicht ihren Hintern, der die kleinen Pölsterchen in den Jahren nach der letzten Schwangerschaft ebenfalls nicht verloren hatte.

Vor ein paar Wochen jedoch hatte sie sich häufig dabei ertappt, wie sie vom Laufband im Fitnessstudio die jungen Männer beobachtete, die an den Maschinen ihre Muskeln stärkten. Die engen T-Shirts, die gestählten Oberkörper, die breiten Rücken. Sixpacks, Trizeps, Beinpresse. Ulrike hatte den Kopf gesenkt, die Augen auf die Anzeige des Laufbands geheftet und sich geschämt für diese Blicke. Denn sie hatte sich vorgestellt, wie die Männer nackt aussahen, wie Ulrike ihre Hände über die Muskeln, die durchtrainierten Körper gleiten ließ. Sie hatte sich vorgestellt, wie die Männer wiederum diese Liebkosungen an sie zurückgaben, sie verwöhnten, sie nahmen, trotz ihrer Pölsterchen, ihrer großen Brüste. Oder vielleicht sogar deswegen? Gab es nicht genug Männer, die auf weibliche Rundungen standen?

Ulrike hatte gespürt, wie sich ihre Brustwarzen aufrichten und ihr die Röte ins Gesicht geschossen war. Und dennoch: Auf dem Weg in die Sauna hatte sie nicht wiederstehen können und all die kräftigen jungen Kerle wie beiläufig betrachtet, begafft, mit den Augen verschlungen und dabei hatte ihr Herz ganz stürmisch geschlagen.

Die Sauna war wie ein Kloster, frei von Versuchungen. Zum Glück war Frauentag. Das hatte für Ulrike daher einen sehr entspannten Klang. Und normalerweise sah sie sich die anderen Frauen auch nicht an. Nicht die alten Frauen mit den faltigen Brüsten und auch nicht die jungen Hüpfer, die ihre rasierten Körper nach dem Sport mit einer frischen Schweißschicht überzogen.

Ulrike guckte nicht, weil sie nicht aufdringlich wirken wollte. Nur deshalb. Denn eigentlich sah Ulrike gerne zu, wie die jungen Frauen die Handtücher ausbereiteten und ihr dabei die Kehrseite zuwandten. Sah gerne zu, wie sich die jungen Damen mit ihren festen Hintern auf die Bank setzten oder die prallen Brüste in den Frottee pressten. Ulrike verbarg ihre Blicke meist in der Bewegung, wenn sie kam oder ging und nach dem Thermometer guckte oder nach einem freien Platz auf der Bank. Dann erinnerte sie sich an ihre Jugend und geriet ins Träumen, dachte an die Zeit vor den Kindern und wie ihr Körper noch fest und begehrenswert gewesen war.

Den Rest der Zeit träumte sie davon, wieder einen solch jungen Körper zu haben, einen Körper, den ihr Mann begehrte und für den er seine Geschäftsreisen verkürzen oder sogar absagen würde, nur um in der Nacht über sie herzufallen und sie zu nehmen, so wie früher, hemmungslos, atemlos.

Ulrike genoss den Moment der Sehnsucht, jedes Mal, wenn eine neue, junge unbekannte Frau in der Sauna war, die sie noch nicht beobachtet hatte, oder wenn sie erneut den festen Körper einer Bekannten sah, den sie zuvor schon einmal bewundert hatte. Heimlich. Aus der Bewegung heraus.

Und dann geriet sie wieder ins Träumen.

In einem anderen Leben, dachte sie, in einem anderen Leben wäre ich keine Hausfrau und Mutter, sondern eine Frau, die man ficken wollte. Die Scham war kurz und heiß gewesen. Gedanken wie diesen durfte sie doch gar nicht zulassen, als Ehefrau, als Mutter.

Ulrike hatte bis zu diesem Montag keine Ahnung, dass ihr neues Leben gerade begonnen hatte. An diesem Abend war nur eine andere Frau in der Sauna, wie Ulrike schnell feststellte, als sie durch die Glastür sah. Und mit einem geübten Blick, der wie immer weniger als eine Sekunde dauerte und von einem beiläufigen Augenschwenk kaum zu unterscheiden war, hatte Ulrike registriert, dass es eine junge Frau war, die auf ihrem Handtuch Platz genommen hatte.

Ulrike ließ die Badesandalen draußen, zog die Tür hinter sich zu und was folgte, war die erste in einer ganzen Reihe von Unterbrechungen des normalen Ablaufes an einem solchen Montagabend. Ulrike nahm Augenkontakt mit der Frau auf, die mit leicht auseinandergestellten Beinen auf ihrem Handtuch saß. Sie war Mitte bis Ende 20 und weder ihr Bauch noch ihre Brüste erweckten den Anschein, als habe sie Kinder. Ihre dunklen Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden. Die Frau lächelte. Ulrike lächelte zurück und sagte Hallo, bevor sie auf der Sitzbank ihr Handtuch ausbreitete.

Sie hatte die junge Dame schon einmal gesehen. Eine Stunde zuvor auf dem Stepper. Aber zuvor nicht, weder in der Sauna noch im Fitnessraum. Sie musste neu sein oder hatte bislang an einem anderen Tag die Sauna besucht. Ulrike wäre dieses hübsche Mädchen sonst ganz sicher aufgefallen.

Die Sauna war gut angeheizt und jemand hatte einen Aufguss aus Piniennadeln gemacht. Die heißen Steine knackten. Die Frauen in der Sauna saßen meist gleich, fand Ulrike. Sie zogen ihre Beine an und kauerten sich quer zur Sitzrichtung auf die Bank. Aber die junge Frau saß anders, sie hatte beide Füße auf dem Boden, ganz wie ein Mann.

Ulrike setzte sich und drückte die Hände neben sich in das Handtuch. Sie hob den Blick, und irgendwie, weil sie alleine waren und beide ziemlich genau die gleichen Positionen einnahmen, kam plötzlich ein Kontakt zustande. Sie hielten zwei, drei Sekunden lang Blickkontakt.

Peinlich berührt wandte Ulrike den Blick ab und schloss die Augen, um zu träumen.

Von einem Körper wie dem der jungen Dame. Der Ofen knackte. Das Holz knarrte unter leichten Gewichtsverlagerungen ihres unruhigen Hinterns. Wie sah der noch genau aus? Ulrike öffnete die Augen erneut. Beiläufig. Desinteressiert. Und was dann passierte, war die zweite Unterbrechung der montäglichen Routine. Die junge Frau lächelte wieder hinüber, lehnte sich zurück, legte die Arme auf die zweite Sitzreihe, und nahm, ganz beiläufig und selbstverständlich, beinahe unschuldig, ihre Beine auseinander. Ulrike konnte nicht anders als hinsehen, und das war die dritte Besonderheit an diesem Abend, der so harmlos angefangen hatte.

Die Scham der jungen Frau war teilrasiert mit einem kleinen Landestreifen, und Ulrike musste schlucken, so aufgewühlt war sie plötzlich. Zwischen ihren Beinen begann es zu kribbeln und ihre Brustwarzen richteten sich unwillkürlich auf. Wenn ihr bei der Hitze in der Sauna nicht ohnehin der Schweiß auf der Stirn gestanden hätte, wäre er ihr in diesem Moment ausgebrochen. Die junge Frau nahm eine Hand von der Lehne und legte sie auf ihren rechten Oberschenkel, ganz unauffällig. Dabei sah sie Ulrike an.

Ulrike spürte, wie ihr Herz auf einmal unruhig zu schlagen begann.

Warum macht sie das? Und warum, fuhr es ihr durch den Kopf, kann ich nicht wegsehen? Es ist doch eine Frau.

Sekunden später öffnete sich die Tür erneut und zwei ältliche Frauen traten herein.

Der dünne Faden, der Ulrike und die junge Frau gegenüber verbunden hatte, riss lautlos. Ulrike wandte den Blick ab, die junge Frau schloss die Beine und alles war wie immer.

Fast wie immer.

Denn als Ulrike die Augen schloss, um davon zu träumen, wie ihr eigener Ehemann zu ihr ins Bett kam, weil Ulrike einen jugendlichen und begehrenswerten Körper hatte, konnte sie nur an die junge Dame von gegenüber denken, an die festen Brüste und die ausrasierte Scham. Nie hatte Ulrike daran gedacht, sich ihr Schamhaar abzurasieren, weil sie es obszön fand und unnötig. Aber bei der jungen Frau hatte es gut ausgesehen. Mehr als das. Es hatte Ulrike erregt.

Sie hörte Holz knarren. Schritte. Atmen. Und als sie die Augen wieder öffnete, sah sie noch einen entzückend festen Hintern durch den Spalt in der Tür verschwinden.


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