Читать книгу Die vergessene Welt - Simone Lilly - Страница 7

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 7.

Beschwingt ließ er sein Glas von neuem mit Wein füllen, kippte ihn sich die Kehle hinunter und schlug das Glas kräftig auf den Tisch. Es war Abend. Später Abend. Alle waren ausgelassen, wie immer. Die Männer tanzten mit ihren Frauen um das gewaltige Lagerfeuer, dessen Flammen wild in den schwarzen Nachthimmel loderten. Slake und seine Frau Elaine saßen in einer Ecke auf einem bequemen Holzbalken und beobachteten das Treiben. Es war legendär. Jedes Mal wenn sie zurückkehrten, wurden derartige Feste gefeiert. Und wie jedes Mal lernte niemand von ihnen etwas dazu. Alle tranken bis sie nicht mehr konnten und sich am nächsten Tag kaum bewegen konnten. Aber das gehörte dazu.

Slake bemerkte die Hitze, die in ihm stieg und fühlte, wie seine Ohren begannen, rot zu werden. Er lachte auf und füllte sein Glas erneut. Die Musik war laut und heizte die Stimmung nur noch mehr an. Letzten Endes hatte auch er genug getrunken, packte seine Frau und zerrte sie dicht ans warme Feuer, dort nahm er kläglich Haltung an und tanzte, so wie er seit langem nicht mehr getanzt hatte.

Schwerfällig schlug er eines seiner Augenlider nach oben. Es herrschte dichter Nebel, man konnte kaum etwas erkennen. Es musste früher Morgen sein. Alles war ruhig. Eigentlich wollte Slake sich sofort aufsetzen, doch schon bei der ersten Bewegung merkte er, wie sein Kopf schmerzte, so als müsste er jeden Moment zerspringen. Unbequem lag er auf einem Baumstamm. Neben ihm seine Frau, ein paar seiner Männer und hier und da auch einige Kinder. Ob sie auch getrunken hatten? Jammernd kniff er die Augen fest zusammen. Schwarze Punkte tanzten vor ihm auf und ab und vermischten sich bald zu einem einzigen dunklen Fleck. Da es langsam heller wurde, stand er auf und taumelte wenige Schritte auf und ab um seinen Kreislauf wieder auf Vordermann zu bringen. Doch es half nichts. Während alle anderen schnarchten und keuchten, war jeder Ton die reinste Tortur für ihn. Seine Schläfen pochten, sodass Slake sich rasch zum Meer kämpfte, sich über die matschige Wasseroberfläche beugte und sein Gesicht kurzerhand in das kalte Nass tauchte. Die Kälte tat ihm gut und er verweilte einen Moment ins seiner Position. In der Ferne, fast am Horizont, begann der Nebel sich zu lichten, er wurde dünner und immer dünner. Hinter ihm, kam jedoch nicht der trübe Himmel, sondern ein riesiger, schwarzer Schatten zum Vorschein. Slake brauchte einen Wimpernschlag, um es eindeutig zu erkennen. Jetzt, da er es getan hatte, zog er seine Hände hitzig aus dem wohltuenden Nass, seine Miene erstarrte. Zielsicher kam es näher, wurde größer und bedrohlicher -für eine Sekunde überlegte Slake, ob es derselbe Anblick war, wie bei seinem Schiff, wenn er aus dem Nichts erschien und anderen das Blut in den Adern gefror. Diesmal war es anders, denn jetzt war es sein Blut.

Wütend wirbelte er herum, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zurück zu seinen Männern. Auf dem Weg riss er einen von ihnen in die Höhe. „Ein Schiff!“, schrie er und lief zum Nächsten. „Ein Schiff!“

Obwohl einige aussahen, als weilten sie längst nicht mehr auf dieser Welt, holte seine tiefe Stimme sie ins Leben zurück. So, als wäre nichts gewesen, sprangen sie von ihren Plätzen, eilten durcheinander, um sich zu bewaffnen und um wenig später zu Slake zu treten. Kühl und ohne jede Regung standen sie da, den Blick stur auf das nahende Schiff gerichtet. Er hörte, wie die Hinteren ihrer Truppe damit begannen, die schlafenden Frauen und Kinder zu wecken und sie in Sicherheit zu bringen, in den schützenden Wald hinein.

Die Zeit schien still zu stehen. Slake sah, wie das Schiff vor Anker ging, wie es stoppte, laute Rufe daraus erklangen und schließlich, wie kleine Punkte aus ihm heraus, in Boote strömten.

Alles geschah derart langsam, dass er meinte, das Bild würde vor seinen Augen gefrieren. Um ihn herum wurde es kälter, so als wüsste die Natur, was sich bald ereignen würde.

Diese Kälte tat ihm gut, sie spornte ihn an, als sie vertraut über seine Wangen strich. Wie eine Mutter, die versuchte, ihr aufgebrachtes Kind zu trösten.

Die kleinen Holzboote kamen näher, anscheinend hatten sie Slake und seine Leute noch nicht entdeckt, ein Vorteil, den er ganz für sich nutzen konnte. Genau das wollte er, sie zerschlagen, seine Heimat verteidigen. Obwohl er nicht einmal wusste, wer sie waren und was sie wollten. Aber sie waren auf seiner Insel, in seiner Heimat! Stellten eine Bedrohung da. Wut stieg in ihm. Etwas hielt ihn davon ab, los zu laufen und sie zunichte zu machen, und das obwohl er seine Finger schon erwartungsvoll um den Knauf seines Schwertes klammerte. Auch seine Männer und sein engster Vertrauter, fingen an bereits zu sticheln und unruhig von einem Fuß auf den anderen zu treten.

Sein Zögern machte ihn wütend, denn jede Sekunde war wertvoll. Sie konnten sie überraschen, schließlich rechneten sie zu diesem Zeitpunkt mit keinem Angriff.

„Mach schon.“, flehte Zoys, sein bester Freund, der dicht an ihn herangetreten war. Auch seine innere Stimme ließ ihm keine Ruhe. „Mach“.

Nie, noch nie hatten sie einen Kampf verloren. Natürlich hatte es hin-und wieder Situationen gegeben, in denen er dachte, es wäre soweit, es wäre die Zeit gekommen, in der seine Glückssträhne vorüber wäre, war es aber nicht und er hatte gewiss nicht vor, sie an diesem Morgen zu beenden.

Der Erste betrat das sandige Ufer. Er war unauffällig gekleidet und Slake konnte höhnend feststellen, dass er nicht bewaffnet war.

Ohne es steuern zu können, reagierte sein Arm, indem er die schwere Klinge nach vorne fahren ließ, sein Mund öffnete sich angetrieben durch eine ihm unbekannte Kraft. „Jetzt!“

In Kampfeslust stürmten sie los, einer nach dem anderen. Durch die frische Morgenluft, ihrem erschrockenen Gegner entgegen.

Die vergessene Welt

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