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1. Das gespaltene Volk

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Spricht man mit Bürgern oder folgt den Diskussionen in sozialen Netzwerken, bekommt man zwei Impulse. Der erste Eindruck ist: eine große Politverdrossenheit nach den Enttäuschungen der letzten Jahre und eine wachsende Bereitschaft, das geringere Übel zu wählen. Zweitens sind Menschen dennoch überzeugt, ihre eigene Wahl zu treffen. Doch wie frei entscheiden wir wirklich? Natürlich gibt es Wählergruppen, die seit Jahren angestammten Parteien wählen, weil sie es immer getan haben. ›Gesinnungswähler‹, auf deren Entscheidung tagesaktuelle Meldungen wenig Einfluss haben. Immer größer wird die Anzahl der Wechselwähler, die unberechenbar die Fronten wechseln und nicht einmal von den Meinungsforschern einzuschätzen sind. In den letzten Jahren wurde gerade in der österreichischen Presse das Bild vermittelt, das Land sei gespalten. Medien unterstellten sogar latenten Nationalsozialismus. In Österreich sowie in Deutschland wurde eine regelrechte Kampagne inszeniert, die einen Scheideweg zwischen ›rechts‹ und ›links‹ beobachten.

In Österreich war dies vor allem 2000 (schwarzblaue Regierung 1) und 2017 (schwarztürkise Regierung) präsent. Dabei wird vergessen, dass die Rechtsrucksdiskussion ein alter Hut ist, welche schon seit den 1970er Jahren geführt wird. Aktuell wurde Kritik durch Skandale in schlagenden Verbindungen mit deutschnationaler Gesinnung verstärkt. Doch die Mitgliederzahl in solchen Vereinen wird landesweit mit 3-4000 Mitgliedern beziffert. Soziologisch stellt dies nicht gerade einen repräsentativen Schnitt der Bevölkerung dar. Egal, wo man heute angesiedelt ist: eine Bedrohung für die andere Richtung ist man auf jeden Fall. So ist mit einiger Besorgnis festzustellen, dass medial und politisch instrumentalisiert wird. Wenn ein Pensionist, der die Auswirkungen des Krieges noch miterlebt hat, eine eher linke Partei wählt, hat dies andere Gründe, als wenn es jüngere Generationen machen. In den ärmeren Schichten sind es aber durchaus auch ältere Menschen, die FPÖ und AfD wählen. Dies hat einen guten Grund. Existenzielle Ängste wurden jahrelang durch Politik und Medien geschürt. Bedrohungsszenarien von Leib, Wohl, Kindern und Land werden jeden Tag gezeichnet.

Durch den medialen Overkill (der Überforderung von Informationen), ist es kaum mehr möglich, wahre und falsche Nachrichten zu trennen. Wie werden Menschen beeinflusst, die nicht die Zeit oder Möglichkeit haben, sich täglich der Flut an Informationen zu widmen? Sie bilden sich ihre Meinung aus ihrer eigenen Erfahrung. Die Welt vor der Haustür ist der Maßstab der Einschätzung. Trotz permanentem Gerede von Wirtschaftswachstum hat sich das soziale Gebilde auch in reicheren Ländern verschlechtert. Immer mehr Konzerne oder Firmenkonstruktionen schlittern nach Privatisierungen in den Konkurs. Nach der Globalisierung strebt alles in die Zweiklassen-Gesellschaft. Privatversicherung. Privatsparpläne. Privatkrankenkassen. Privatpension.

Das gescheiterte amerikanische Modell hat längst den Weg zu uns gefunden.

Menschen arbeiten auch bei uns oft in mehreren Jobs, haben Mühe, ihre Kinder zu versorgen und keine Zeit, täglich alle Medien zu prüfen. Parallel zu den politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind Veränderungen in der Bevölkerung bemerkbar. Die demografische Lage ist völlig neu und alarmierend. Die Zahl der Singlehaushalte hat sich fast verdoppelt. Alleinerziehende Eltern, zerstrittene Familien und hundert-tausende Kontaktabbrechern, die sich nach jahrelangen Konflikten von ihren Familien oder Freunden abwenden, bestimmen das Volk. Die Zerrissenheit ist groß. 24% Paare sind ohne Kinder, 7,4% alleinerziehende Eltern, 37,2% Singlehaushalte und fast 30% Personen ab 65 Jahren sind eine dramatische Entwicklung.

Quelle: APA/ORF.at

Es bedeutet, dass in absehbarer Zeit niemand mehr eine staatliche Person bekommen kann, weil sich die Alterspyramide noch verschlimmert. Sie sickert nach unten, reiht sich nahtlos in die Langzeitsarbeitslosen über 50, deren Einstellung für Unternehmen unwirtschaftlich ist. Hier wird besonders durch die missglückte Zuwanderungspolitik noch mehr Verunsicherung geschaffen.

Die Generationen der 1970er bis 1990er-Generationen werden spürbare Nachteile in der Lebensplanung und Altersbetreuung haben.

Die Finanzkrisen werden heute dafür verantwortlich gemacht. Der Druck auf die immer größer werdende Gemeinde der Single- und Patchworkhaushalte wird dabei selten berücksichtigt. Es gibt also weit mehr ökonomische Probleme. Im Augenblick wird in Österreich gerade das gesamte Sozialsystem verändert. Jüngste Pläne sehen drastische Einschränkungen für Arbeitslose und Mindestsicherung vor. Gleichzeitig wurde umgehend eine Förderungsaktion für über 50-jährige eingestellt. In Deutschland hat das Harz-IV-Modell schon große Auswirkungen auf das Volk. Zur selben Zeit findet eine wirtschaftliche Umverteilung von sozialen Geldern statt. Der Widerspruch kann schwer kommuniziert werden. Einerseits bedingen Arbeits- und Versicherungszeiten einen Anspruch auf soziale Leistungen, anderseits werden Völker davon ausbezahlt, die keinerlei Anspruch erworben haben. In der Politik und Wirtschaft gilt dies nicht. Noch immer werden Millionenabfertigungen bezahlt und wer ein paar mühsame Jahre in der Politik zugebracht hat, verdient danach gut bei Pharmakonzernen oder als Berater in der Wirtschaft. Dabei ist nicht ihr Know-How hohe Gagen wert, sondern ihre berufliche Vernetzung. Immerhin sind viele Quereinsteiger; einfache Verhältnisse vermitteln Volksnähe. Sehr verwirrend und auch täuschend sind Zahlen, Studien, die in allen Bereichen als Untermauerung verwendet werden.

Für das Volk, aber auch die Medien, wird die Ohnmacht der wahren Auslöser oftmals auf Menschen mit integrativem Hintergrund projeziert. So kam es zuletzt in zahlreichen europäischen Ländern zu einem Anstieg der Rechtsparteien.

Dies steht im Zusammenhang mit einem 2015 von der deutschen Bundesregierung durch ein Posting in Twitter ausgelöstes Phänomen, welches die Flüchtlingskrise genannt wird. Der Tweet, der Europa in ein Chaos stürzte, hatte nur hundertvierzig Zeichen.

Quelle: Twitter, 25.8 2015

Was anfangs als interner Vermerk und bürokratische Entlastung gedacht war, verbreitete sich wie ein Lauffeuer und wurde, erst als Einladungspolitik und schließlich als politischer Wende in ganz Europa kommuniziert. Dafür musste sogar das Asylrecht für alle Völker gekippt, werden. Freilich gilt die Neuregelung der Zuwanderung heite nicht nur für Syrien, sondern für alle Dritt-Länder. Alleine im vergangenen Jahr dürften 1450 Schiffe mit 120.000 Asylbewerber aus Afrika in Italien gelandet sein. Kriegsvertriebene aus Syrien oder Afghanistan waren kaum dabei. Die überwiegende Mehrzahl dieser Personen kam aus Subsahara-Afrika: aus Nigeria, Guinea, Elfenbeinküste, Bangladesch, Mali, Eritrea, Tunesien, Marokko oder Senegal.

Immer noch werden vor allem die deutschsprachigen Länder als reiche Nationen gesehen. Das Empfinden der eigenen Bevölkerung unterscheidet sich in vielen Fällen von diesem Bild. Es gibt also einen deutlichen Unterschied, wie Politik und Demokratie empfunden wird.

Es sind offensichtlich diese gesellschaftliche Entwicklungen, welche im 21. Jahrhundert ein katastrophales Klima des Missvertrauens initiiert haben. Der Anstieg der Rechtsparteien kann aber auch mit diesem Vertrauensverlust der Großparteien erklärt werden. Historisch ist die Flüchtlingskrise ein prägnantes Ereignis wie 9/11 oder die (diversen) Finanzkrisen. Es hat sich viel verändert. Die Generation der Baby-Boomer (1946-1964) ist vorbei. Nach dem Fall der Mauer (1989) haben vor allem der Internet-Boom (1999), die Anschläge auf das WTC (2001), Die Ausweitung der EU, die Euro-Einführung (2002), die Finanzkrise (2008) und die Flüchtlingskrise (2015) das neue Jahrhundert bestimmt.

Die Flüchtlinge selbst, zumindest jene Personengruppen, die überhaupt Flüchtlinge sind, haben die Probleme nicht verschuldet. Die meisten von ihnen haben sich ein anderes Leben vorgestellt, als sie hier erwartet. So bedienten sich die Politiker und Presse der gleichen Rhetorik wie vor dreißig Jahren, als es um ein paar hunderttausend Gastarbeiter ging. In den Haider/Vranitzky-Zeiten stritt man um dreißigtausend Einwanderer.

Heute ist die Semantik der Diskussion unverändert. Die Einwanderer damals wollten um jeden Preis arbeiten und übernahmen darüber hinaus Jobs, die hierzulande niemand machen wollte. Sie wurden angeworben, um Arbeiten zu übernehmen, die im eigenen Land niemand machen wollte. Ein Teil der heutigen Flüchtlinge haben eine viel höhere Bildung. Die Flüchtlinge, die heute ankommen, sind nicht direkt mit den Gastarbeitern vergleichbar. Es gibt zwar aktuell viele offene Stellen in Deutschland, aber die Flüchtlinge verfügen oft nicht über die formalen Qualifikationen, die sie benötigen, um sie anzutreten. Ab dem Augenblick, wo sie einen positiven Aufnahmestatus erhalten, gelten sie aber nicht als Flüchtlinge, fallen aus den Statistiken und erhalten Gleichstellung bei sozialen Ansprüchen. Daher wurde die umstrittene Flüchtlingspolitik über emotionale Kanäle verkauft. Ganz überraschend war dies nicht. Es sind vier Voraussetzungen, mit denen man Staaten kontrollieren kann. Der ungehinderte Finanz & Spekulationsfluss (Finanzkrise), der freier Einwanderungsstrom (Flüchtlingskrise), der ungehinderte Strom von Öl, Benzin und Rohstoffen (Kriege in Iran, Syrien und Co) und die Kontrolle des Internet und der Telefondaten. Wie dies in sozialen Netzwerken (z.B von Facebook gemacht wird, wird im letzten Kapitel anhand des Influencer-Problems beschrieben. ->Influencer Marketing.)

Einerseits wurde die Bevölkerung seit Jahren mit Terrorangst unter Druck gesetzt, anderseits ließ man völlig unbekannte Massen aus genau den Ländern zu, vor denen man das Volk gewarnt hatte.

Problematisch ist aber auch, dass nicht nur die USA oder Deutschland, sondern sogar das neutrale Österreich durchaus Waffen in die betroffenen Krisenländer liefern und lieferten. Erst im Februar 2018 wurde medial bekannt, dass Giftgas in Kriegsgebieten aus Deutschland stammt. Die Menschen, die tatsächlich aus Krisenregionen kommen, fliehen vor Kriegen, die von den Hilfsländern mitverschuldet sind. So ergab sich zwischen 2015 und 2017 eine irreale Doppelprojektion in vielen Nachrichtensendungen. In einzelnen Sendungen wurde die erste Hälfte der Sendezeit mit Terrordrohungen abgehandelt und im zweiten Teil die Anstürme der Flüchtlingskrise.


Kein Wunder also, dass das Volk so zerrissen ist. Es sorgte für eine Schizophrenie, dass Kleinziele wie Weihnachtsmärkte zur Gefahrenzone erklärt wurden. Die Plätze des Volkes. Großziele wie z.b der Super-Bowl oder große Sportveranstaltungen waren nie betroffen. Eine problematische Situation. Es hat zu regelrechten Kriegen und Anfeindungen in den sozialen Netzwerken geführt. Jeder, der jener generellen Willkom-menskultur nicht ohne Vorbehalte gegenübersteht, wird mit Antisemitismus in Zusammenhang gebracht. In Österreich wurde diese Entwicklung neuerdings mit dem Landbauer-Skandal befeuert und löste eine umfangreiche Diskussion um Aufarbeitung aus. Ein in den 1990er Jahren erstelltes Liederbuch einer völkischen Vereinigung mit akut rassistischen Texten wurde zum gewaltigen Politikum, bezog aber die gesamte Bevölkerung in die Frage ein, ob der Nazinalsozialismus wiederaufkeimt. Es wird defakto unterstellt, der Rechtsruck würde ein ganzes Volk ergriffen haben. Faktisch konnte dem Spitzenkandidaten, der mit der Burschenschaft und dem Liederbuch in Verbindung gebracht wurde, nicht die Herstellung bewiesen werden. Zudem fehlen die gesetzlichen Möglichkeiten, solche Delikte überhaupt zu ahnden. Worüber der Kandidat stolperte, war sein Krisenmanagement, die ›Jetzt erst recht!‹-Plakate und radikale Äußerungen. Warum die FPÖ oder die AfD – zu Recht – immer wieder ins rechtsextreme Eck gestellt wird, hat mit dem Umstand zu tun, dass etliche ihrer Funktionäre Verbindungen zur rechtsextremen Szene haben. Nicht aber ihre Politik. Dazu kommt, dass eine Vielzahl von Wählern, die in den letzten Jahren von anderen Parteien (Stronach, Bzö) zur Partei gewechselt sind, gute Gründe dafür haben. Andere Parteien haben mit ihnen nicht richtig kommuniziert. Die FPÖ insgesamt ist keine rechtsextreme Partei, sondern eine populistische linksnationalistische (vielleicht könnte man auch sagen: sozialistisch-nationalistische Partei, schrieb die Tageszeitung Die Presse in einem Artikel). Dieser Ausgangspunkt hat nicht nur tatsächlich eine fast hysterische Stimmung bei den Wählern ausgelöst, sondern zu einer großen Uneinigkeit geführt, die sich auf alle Wahlen auswirkte. Dies sind die Grundvoraussetzungen, der Status quo, den man dazu heranziehen muss, um über Politik und Medien sprechen zu können. Eine Diskussion über Wahlen oder Demokratie ohne Einbezug der Flüchtlingskrise ist nicht möglich. Die politische Verantwortung, die so ein Desaster überhaupt möglich machte, wird abgestritten. Es ist auch schwierig, Informationen nach dem Wahrheitsgehalt einzuschätzen. Wer eine Zeitung liest, kann nicht objektiv gebildet sein, weil Medien an sich auch politisch agieren. Dafür muss man verschiedene Medien vergleichen. Folgt man aber als Beispiel der vergangenen Nationalratswahl 2017 in Österreich und der damit zusammenhängenden Berichterstattung, zeigt sich deutlich, wie unterschiedlich die Interessen vertreten wurden. Sind die Medien mit ihrer Desinformation an allem Schuld? Wahlexperten verneinen. 2017 war der Flüchtlingsstrom bereits rückläufig und die Lage eigentlich ruhig. Die Presse begann damit, auch kritische Hintergründe zu veröffentlichen. Es gab kaum mehr Statistiken und die riesige Bedrohung der unkontrollierbaren Massen fand nicht wirklich statt. ÖVP und FPÖ trommelten im Wahlkampf in politischem Gleichklang, die Mitverantwortung des Flüchtlingsdesasters und die poltische Situation wurden ständig hochgekocht. Obergrenzen-Debatten, soziale Nachteile, Ankündigungen, den Brenner notfalls zu schließen, Warnungen vor dem Ansturm. In Wirklichkeit waren die Asylanträge rückläufig, von 21.130 Ansuchen wurden weniger als 37.256 genehmigt (Standard, 15.11.2017). Ein Dauerfeuer an Bedrohungsszenarien für den Wahlkampf? Was hier kopiert wurde, war die Propaganda der US-Regierungen unter Bush und Obama, die wie schon ihre Vorgänger mit der potentiellen Bedrohung einen Militäreinsatz nach dem anderen provozierten. Kein Amerikaner wollte seine Kinder nach Vietnam oder Irak schicken. Diese Länder, die einst keinen schlechten Draht zur westlichen Welt hatten, wurden durch permanente Angriffe aufgehetzt. Die mediale Beeinflussung der drohenden Gefahren, schuf eine Atmosphäre, in der man die Bürger in Konflikte drängen kann. Das passive Volk ist so auch bereit, sich auf Urlaubsflügen von Nacktscannern durchsuchen zu lassen und alle Daten abzugeben. Bisher betraf dieses Problem nur die Staaten. Obwohl es seit 9/11 keinen Flugterror mehr gab, kein einziger der Attentäter Syrer war, wurde über fünfzehn Jahre in einer politisch-medial inszenierten Kampagne die Notwendigkeit der Aufrüstung am Leben erhalten. Dafür wurden teilweise haarsträubende Artikel veröffentlicht: So vermeldeten britische Zeitungen 2007 Artikel über die Terrorgefahr in London Heathrow: Sicherheits-experten fürchten Sprengstoff in Brustimplantaten. Durch nachhaltiges Bedrohungsbombardment hat die Angst auch Europa erfasst. Auch die österreichische Presse übernahm dieses Thema von Boulevardblättern wie Daily Mirror, die ihrerseits von No-Name-Medien und den skurilen Singer, Songwriter, Terrorismusexperte (?) A. Oppenheimer gespeist wurden, den man als Experten zitierte. Nur wenige Verschwörungstheoretikern und Buchautoren hätten solche Kampagnen erfinden können. Weil Europa zu diesem Zeitpunkt weder mit den Kriegen der USA, noch den betroffenen Ländern viel zu tun hatte, gingen diese Meldungen weitgehend unter. Die Öffnung der Grenzen und die Flüchtlingskrise brachte die Gefahr aber ins Land, was nicht unbedingt bedeutet, dass die Flüchtlinge sie ins Land bringen. Wurde einst mit freien Grenzen und ungehinderten Wirtschaftswachstum geworben, ist genau dies nun zum Problem geworden. 2016 titelten zahlreiche Medien in Österreich mit Überschriften wie ›Das gespaltene Land‹ (21.5.2017, Presse) und ›So gespalten ist Österreich‹ (26.6.2017 Profil). Ähnliche Schlagzeilen gab es auch in Deutschland. Einen Zusammenhang mit der EU gibt es, weil diese maßgeblich diese Angst weitertransportiert und verbreitet hat (Sicherheitspolitik). Die Schweiz hat solche Probleme nicht, weil der Volkswille den Beitritt zur EU zweimal (1992 und 2001) im Keim erstickte. Zu viele Bürger befürchteten, dass sich ihre hohe Lebensqualität verschlechtert. Dies ist auch der Grund, warum Ostländer ihre neu gewonnene Freiheit ebenfalls nicht aufgeben wollen. Nun, wo der Beitritt von Serbien, Montenegro, Mazedonien, Albanien und Kosovo im wirtschaftlichen Interesse der Union steht (Originalzitat der Kommission, Februar 2018), will man auch die Westbalkanländer schnell eingliedern. Die Argumente, die dafür ins Feld geführt werden (Wirtschaftswachstum, wirtschaftlich starkes Europa etc) sind keine Lügen. Die Wirtschaft würde erheblich wachsen, wenn Lohnnebenkosten gesenkt werden oder Betriebe Zuschüsse bekommen, um Menschen mit Migrationshintergrund einstellen, die aber nicht den rechtlichen Status eines einheimischen Bürgers bekommen. Es gibt also viele Gründe kritisch zu sein, was nicht heißt, dass man den europäischen Gedanken grundsätzlich nachteilig gegenübersteht. In der Regel führt Kritik allerdings oft zu einer Stigmatisierung, die gerne als ›Europafeindlichkeit‹ zusammengefasst wird. Solche Begriffe werden entweder von Politik oder den Medien installiert. Demokratie, vor allem aber die freie Meinungsäußerung, ist nicht mehr so unbeschattet, wie sie schon war. Wer sich heute öffentlich äußert, kann schnell ins Abseits geraten. Allerdings ist Information auch sehr durchdrungen. Heute werden natürlich zwischen den Nachrichten auch wirre Theorien und gefakte News verbreitet, die seriöse Berichterstattung imitieren. Die Politik wiederum fühlt sich bedroht, wenn dem Volk zu viel Macht gegeben wird. Daher sind direkte Volksbefragungen äußerst gefürchtet und demokratische Wahlen unvorhersehbar geworden. Stellvertretend für solche Vorgänge, ist z.b der Kampf für/gegen das Rauchverbot. Die Wirtschaft hat daran verdient, dass Gastwirten teure Umbauten aufgezwungen wurden. Dass Rauchen schädlich ist, weiß man schon seit siebzig Jahren, nur wurde es fünfzig Jahre von Lobbys und Politik immer wieder still gehalten. Keiner bezahlte mehr Steuern als Raucher und Autofahrer. In einer medialen Kampagne hat nun die FPÖ ihr Veto gegen CETA gegen einen Verzicht auf das totale Rauchverbot getauscht, von dem klar war, dass es auf jeden Fall kommen wird. In anderen EU-Ländern sind die Gesetz längst viel strikter.

Die Hautevolee, Männer, Frauen, Pensionisten, Bildungsbürger, Jungwähler, und viele Subgruppen fühlen sich schon lange nicht mehr gut vertreten. Dies hat zu einem Paradoxon geführt. In einer Zeit, wo unendlich viel gepostet, getwittert und geschnattert wird, haben viele Parteien die Kommunikation zu ihren Wählern verloren.

Das Ende der freien Wahl

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