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1.4 Relevanz des Begriffs „Menschenwürde“

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Die Menschenwürde ist der zentrale Begriff innerhalb vieler gegenwärtiger Ethikdebatten. Dies trifft speziell auf Deutschland zu, da hier die Menschenwürde im Artikel 1 des Grundgesetzes verankert und somit auch von legaler Relevanz ist, weshalb Rechtswissenschaftler, Ethiker, Theologen und Philosophen mit der Menschenwürde ein einziges Konzept haben, das zu erörtern und zu berücksichtigen ist. Einige wichtige Bereiche reiße ich in diesem Abschnitt kurz an. Insbesondere im Rahmen der Bio- und Medizinethik fällt der zum Teil bereits inflationäre Gebrauch des Menschenwürde-Begriffs ins Auge. Außer der Darstellung der Relevanz erwähne ich einige Probleme, die mit ihm verbunden sind. Birnbacher versucht, das Phänomen des Gebrauchs des Begriffes „Menschenwürde“ durch die folgende Vermutung zu erklären:

„Das ‚bedeutend Klingende‘ des Ausdrucks ‚Menschenwürde‘ wirkt sich vor allem so aus, dass Verurteilungen einer bestimmten Praxis als menschenwürdewidrig oft nicht auf ihre Gründe befragt werden. ‚Menschenwürde‘ fungiert vielmehr als ‚conversation stopper‘, der eine Frage ein für alle Mal entscheidet und keine weitere Diskussion duldet.“ (Birnbacher 2004, 249f)

Ein vergleichbarer Gedanke wurde bereits von Schopenhauer vorgebracht:

„Allein dieser Ausdruck ‚Würde des Menschen‘, ein Mal von Kant ausgesprochen, wurde nachher das Schiboleth aller rath- und gedankenlosen Moralisten, die ihren Mangel an einer wirklichen, oder wenigstens doch irgend etwas sagenden Grundlage der Moral hinter jenen imponirenden Ausdruck ‚Würde des Menschen‘ versteckten, klug darauf rechnend, daß auch ihr Leser sich gern mit einer solchen Würde angethan sehen und demnach damit zufrieden gestellt seyn würde.“ (GA, GE, 3, 636)

Im Zusammenhang der Kritik an der Menschenwürde wird innerhalb der Würdediskurse unterschiedlicher Fachrichtungen häufig die Vermutung geäußert, dass die Würde des Menschen eine Leerformel sei. Sie kommt innerhalb ethischer (Wildfeuer 2002, 22) wie rechtswissenschaftlicher (Geddert-Steinacher 1990, 17) Abhandlungen vor. Besonders pointiert vertritt Hoerster diese Position:

„Unter diesen Umständen fungiert das Schlagwort ‚Menschenwürde‘ nicht mehr bloß als argumentativ nichtssagende Leerformel, sondern überdies als herabsetzende rhetorische Keule.“ (Hoerster 2002, 27f)

Menschenwürde nach Nietzsche

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