Читать книгу Küsse und Café au Lait - Susanne Fülscher - Страница 5

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»Es ist aus.« Sam lehnte sich im Sessel zurück und grinste schief.

»Wie bitte?« Elda gluckste. »Du hast übrigens Petersilie zwischen den Zähnen.«

»Es ist aus«, wiederholte Sam. Er grinste immer noch, aber sein Gesicht wirkte dabei wie eingefroren. »Ich hab noch mal über alles nachgedacht.«

Irgendetwas in Eldas Magen machte sich in Sekundenschnelle selbstständig und vollführte aberwitzige Pirouetten. »Wie meinst du das jetzt?«

»So wie ich es sage. Ich will nicht mehr …«

»Das glaube ich nicht.«

»Sorry …«

Während Sam schulterzuckend zwischen seinen Schneidezähnen herumpulte, fuhr Elda von ihrem Bett hoch und riss das Fenster auf. Zusätzlich zu dem Chaos in ihrem Magen hämmerte ihr Herz wie verrückt. Eben war noch alles in bester Ordnung gewesen und nun machte er einfach Schluss? Das konnte doch nicht wahr sein. Wahrscheinlich hielt er sie gerade gewaltig zum Narren und würde im nächsten Moment in Gelächter ausbrechen.

»Damit macht man keine Scherze«, versuchte Elda es erneut.

»Das tue ich auch nicht.« Sam sah wie ein kleiner, unschuldigerjunge aus. »Wirklich nicht.«

»Du hast sie ja wohl nicht mehr alle!« Eldas Stimme klang wackelig, wie kurz vorm Heulen. Sicher, es hatte in der letzten Zeit mehr Zoff und Reibereien gegeben als sonst. Elda fing in Sams Augen an zu klammern und Sam nervte Elda alle zwei Tage damit, dass er mit ihr schlafen wollte, aber war das ein Grund, einfach Schluss zu machen?

Plötzlich spürte Elda Sams Atem in ihrem Nacken, dann legte er seine Hand auf ihren Rücken und streichelte sie ein wenig. Die vage Hoffnung keimte in ihr auf, dass er sie gleich in den Arm nehmen und küssen würde, doch nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil. Der Druck auf ihrem Rücken wurde schwächer, bis er seine Hand schließlich ganz wegzog.

»Es tut mir so Leid, aber …« Er verstummte.

Blitzartig fuhr Elda herum; Tränen liefen ihr über die Wangen. »Was aber?«

Sam hob verunsichert die Schultern und wich einen Schritt zurück. »Ich kann das nicht. So eine Beziehung auf Distanz.«

»Ach, auf einmal? Wir waren uns doch einig, dass wir das hinkriegen.«

Schon in drei Tagen würde Elda als Austauschschülerin nach Frankreich gehen. Für sieben Monate. Das war eine lange Zeit, aber sie hatten im Vorfeld x-mal darüber gesprochen. Sie würden es schon überstehen und danach einfach dort anknüpfen, wo sie aufgehört hatten. Alles kein Problem. Wenn man sich wirklich liebte, konnte man locker ein paar Monate vom anderen getrennt sein.

»Ja, stimmt.« Sam hüstelte und vergrub seine Hände tief in den Hosentaschen. »Aber ich glaube, wir machen uns da was vor. Sieben Monate … das ist eine halbe Ewigkeit.«

»Prima, dass dir das jetzt schon einfällt!«, schnaubte Elda.

»Du wärst doch sowieso gegangen. Egal was ich dazu gesagt hätte!«

Elda zuckte bloß mit den Achseln und wischte ihre Tränen mit dem Handrücken weg. Die Bewerbung, die Vorgespräche – all das hatte sich so sehr in die Länge gezogen, dass sie bald selbst nicht mehr gewusst hatte, wer bei der Entscheidung eigentlich die treibende Kraft gewesen war. Sie selbst oder vielleicht doch eher ihre ehrgeizigen Eltern, die für ihre Tochter nur das Beste wollten. Schließlich sollte sie mal ein gutes Abi machen und danach wie sie Zahnärztin werden, um die Familienpraxis zu übernehmen. Aber auch Elda versprach sich einiges von dem Auslandsaufenthalt. Mal über den Tellerrand blicken, unverbrauchte Luft schnuppern und dabei ganz nebenbei eine Fremdsprache lernen – das erschien ihr reizvoller als ihre eher halbherzigen Mädchenfreundschaften in der Schule, vielleicht sogar spannender als ein Dauerabo auf Sam. Ein Dauerabo, das jetzt außer der Reihe plötzlich gekündigt worden war.

Elda ließ sich wie ein Stein auf ihr Bett sinken. Sam wollte mit ihr Schluss machen, aber sie fühlte fast nichts. Nur eine Leere, die sich immer mehr in ihr ausbreitete.

»Ist es, weil ich nicht mit dir schlafen wollte?«, fragte Elda ohne jegliche Betonung in der Stimme.

»Unsinn! Wie kommst du darauf?«

»Du hast doch von nichts anderem mehr geredet.« Elda registrierte genau, dass Sam rosarot anlief.

»Na ja, gewünscht hätte ich es mir schon«, gab er schließlich zu. »Nach fast einem halben Jahr …« Er betrachtete seine Sneakers. »Und dann sieben Monate lang nicht zu wissen, ob es überhaupt irgendwann passiert…«

»Verstehe«, sagte Elda. »Da macht man besser gleich Schluss und sucht sich was Neues.«

Es zuckte unmerklich um Sams Mundwinkel, dann grinste er wieder sein eigentümliches Tiefkühl-Grinsen. »Hör auf damit!«

»Stimmt’s oder hab ich Recht?«

»Nein, so ist es ja gar nicht.« Er flüsterte mehr, als dass er sprach.

»Dann erklär mir, wie es ist?«

»Na ja … ehrlich gesagt…« Sam räusperte sich umständlich, den Blick krampfhaft auf seine Schuhe geheftet. »Ich hab da jemanden kennen gelernt.«

»Wie bitte?«

»Ein Mädchen. Ich hab ein Mädchen kennen gelernt.«

Sams Worte trafen Elda wie ein Keulenschlag. Damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet. Obwohl jetzt alles in ihr in Aufruhr war, versuchte sie die Fassung zu bewahren.

»Soll das heißen«, hakte sie schließlich mit dünner Stimme nach, »du hast schon eine neue Freundin?«

»Ja, so in etwa«, murmelte Sam und pfiff völlig unmotiviert eine kleine Tonfolge.

»Das trifft sich ja gut. Richtig gut.« Sie kicherte schrill. »Hey, das ist geradezu super!«

»Versteh doch …«, fing Sam erneut an, aber Elda schluckte rasch ein Riesenungetüm von Kloß herunter und schrie: »Du bist ja wirklich das Allerletzte! Hau bloß ab! Und lass dich hier nie wieder blicken!«

Die Frage, ob sich die Neue denn nicht so anstellen und gleich mit ihm ins Bett gehen würde, ersparte sie sich. Aus, Ende, vorbei. Der Typ konnte ihr wirklich gestohlen bleiben!

Nur widerwillig ließ sich Sam zur Tür drängen, und als er dann ohne ein weiteres Wort gegangen war, heulte Elda Rotz und Wasser. Bloß der Gedanke, dass sie sowieso bald weg sein würde, konnte sie jetzt ein wenig trösten.

Küsse und Café au Lait

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