Читать книгу Kann weg! - Susanne Frohlich - Страница 10

Unter allen Umständen

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Gerade habe ich von einer Umfrage gelesen, in der die überwiegende Mehrzahl der Frauen angab, dass auch eine schlechte Beziehung besser sei, als gar keinen Mann zu haben. Kann natürlich sein, dass ›schlecht‹ in diesem Zusammenhang einfach meint: ›nicht überwältigend‹ oder ›okay, seit George Clooney weg ist, muss ich mich eben mit Hans-Martin bescheiden‹. Kann auch sein, dass man an seinen Singlefreundinnen sieht, wie mühsam so eine Partnersuche bisweilen ist – und sich die Ausbeute im besten Fall nicht so wesentlich von dem unterscheidet, was man ohnehin schon daheim hat. Ganz übel aber wäre, man würde einfach nur deshalb die Zähne zusammenbeißen und die Füße ruhig halten, weil man sich ein Glück ohne Mann nicht zutraut, und deshalb Konzessionen macht, die weder dem Selbstwertgefühl noch dem Mann oder der Beziehung guttun. Mit denen man sich erpressbar macht. Weil man wichtige Veränderungen nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit angeht und berechtigte Ansprüche nicht anmeldet, aus Angst, er könnte sagen: »Dann geh doch, wenn es dir nicht passt«, oder noch schlimmer, feststellen zu müssen, dass ihm alles egal ist.

Worauf das hinausläuft, erfuhr ich kürzlich, als ich zufällig mit einer 83-Jährigen ins Gespräch kam. Sie erzählte mir, sie sei gerade gemeinsam mit ihrem Mann in ein Altenheim gezogen. Er sei sehr dement. Sie hätte die Pflege daheim allein nicht mehr stemmen können, wollte ihn aber auch nicht allein umsiedeln lassen. Ich fragte sie, ob sie denn in ihm noch den Menschen wiedererkennen würde, den sie einmal geheiratet und mit dem sie Kinder hat. »Nein! Gar nicht, er ist ein ganz anderer, als der, der er war«, sagte sie. Und dann, dass genau das ihr großes Glück sei. »Er konnte nie sagen oder zeigen, dass er mich liebt oder die Kinder. Er war immer distanziert. Nie zugewandt.« Jetzt, wo er sich an fast gar nichts mehr erinnern kann, sei er endlich zärtlich und anhänglich. Sie freute sich darüber, das sah man ihr an. Das war einerseits rührend und gleichzeitig wahnsinnig traurig. Was, wenn ihr Mann früher gestorben wäre? Wenn er einfach einen Herzinfarkt gehabt hätte? Sie hätte über 50 Jahre lang vergeblich gewartet auf eine Geste der Zuneigung. Deshalb: Ja, ein Mann wäre schön. Und wenn nicht? Dann eben nicht. Und auf keinen Fall unter allen Bedingungen – solchen, wie sie Frauen immer noch als Zugangsvoraussetzung für eine Beziehung halten: »Lass ihn bloß nicht deinen Erfolg spüren!« Oder: »Sei nicht zu selbstbewusst!« Oder: »Halt doch einfach mal die Klappe, selbst wenn du es besser weißt.« (»Auch wenn er sagt, die Hauptstadt von Brasilien sei Buenos Aires?« – »Ja, auch dann!« – »Und wenn er dauernd ›als‹ und ›wie‹ verwechselt?« – »Sagst du nichts …«) Wer so denkt, macht sich unglücklich. Viel unglücklicher, als man es ohne Mann überhaupt je sein könnte.

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