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Alte Damen sind verrückt

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Max blieb an diesem Abend nicht mehr sehr lange, da er am nächsten Tag in die Schule musste. Seinem Freund ging es wesentlich besser und dies war die Hauptsache für ihn. Die Kinder verabschiedeten sich und Franz winkte Max noch Minuten später hinterher, bis dieser letztendlich über die Brücke des Sees hinweg und hinter den Stadtmauern verschwunden war. Franz lehnte über seinem Geländer und beobachtete den Abendhimmel. Die Sonne stand glutrot am Firmament und beleuchtete das letzte Treiben der Stadt. Seine Hände stützten seinen Kopf und obwohl es ihm besser ging, machte er sich Sorgen darüber, wie er den Bürgern beweisen konnte, ein wirklicher Superheld zu sein. Dies bereitete ihm Kopfzerbrechen. Zugleich dachte er sich aber: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg!“. Franz war, ...so fröhlich und nett er auch war, eine Kämpfernatur. Der Junge konnte diesen Vorfall in der Stadt nicht auf sich sitzen lassen, das war klar. Es war Zeit für das Abendbrot und da er keine Lust hatte sich einen Fisch zu fangen, griff er einfach zu seinen Reserven. Um seiner Seele etwas Gutes zu tun, schnitt er sich ein riesengroßes Stück von der Salami ab, die ihm Max Mutter geschenkt hatte. Dazu aß er zwei Scheiben Brot. Da er aber nicht alles aufessen konnte und noch etwas übrig blieb, spendierte er den Rest den Waldvögeln und platzierte die letzten Brotkrumen auf seiner Fensterbank. Am späten Abend ging Franz in sein Wohnzimmer. Es war das Zimmer, welches am höchsten in den Bäumen lag und hatte eine wunderbare Aussicht. Der Raum war zwar kahl und leer, wirkte aber durch die Teppiche, die überall an den Wänden hingen, doch irgendwie gemütlich. Ein, zwei Schränke standen auch noch herum, wurden aber kaum benutzt, dazu gesellte sich ein kleiner, runder Tisch. Seine größte Errungenschaft war jedoch sein Schaukelstuhl. Dieser war sein Lieblingsplatz, vor allem im Sommer. Dort dachte er meistens nach, wenn er Probleme lösen wollte oder musste. Doch, es war kein gewöhnlicher Stuhl auf dem man da schaukeln konnte. Nein, er war viel mehr. Durch ein Seil, einige Umlenkrollen und ein paar nützlichen Knoten wurde ein riesiger Fächer an der Decke, durch das Wippen, angetrieben. Somit war es wohl der erfrischendste Platz in der ganzen Gegend, da konnte selbst die Sonne so stark scheinen, wie sie wollte. Franz starrte den Fächer an, der ihn mit seinen lautlosen Bewegungen frische Luft zufächelte. Er lag mit dem Rücken auf der Sitzfläche und seine Beine überschlugen die Lehne. Der Junge lag immer falsch herum auf dem Schaukelstuhl wenn er nachdachte, denn er ging davon aus, dass ihm das Denken dabei leichter fiel, wenn das Blut schneller in seinen Kopf floss. Ob dies nun richtig ist oder nicht, er machte es einfach und es half ihm auch. Nach einiger Zeit hatte er auch schon wieder die nächste Idee ausgebrütet. Er nahm sich einfach vor, am nächsten Tag in die Stadt zu gehen und so viel Gutes zu tun, dass die Stadtbewohner ihn einfach als Superhelden akzeptieren mussten. Mit einer Rolle rückwärts sprang er von seinem Stuhl, hing sich an das Seil vor dem Fenster und glitt daran schräg hinunter zu seinem Schlafzimmer. Mittlerweile flogen schon überall die Fledermäuse umher, ein sicheres Zeichen für ihn, dass es Schlafenszeit war. Gähnend verabschiedete sich Franz in seine Hängematte, müde räkelnd, kuschelte er sich in seiner Decke ein, … doch was war das? Irgendetwas störte ihn im Genick. „Das darf doch nicht wahr sein!“, dachte er bei sich und zog den Kleiderbügel zornig aus seinem Superheldenkostüm hervor. Der steckte nämlich noch immer dort drin. Voller Wut schleuderte er dieses Unglücksteil fort und traf dabei den Pfosten, an dem seine Hängematte befestigt war. Der Bügel prallte ab und schoss mit hohem Tempo zurück in sein Gesicht. Das war genug, für heute reichte es dem Jungen. Verbittert schloss er die Augen und dachte erst gar nicht mehr daran, sie vor dem nächsten Morgen wieder zu öffnen. Nach gar nicht allzu langer Zeit holte ihn dann der Schlaf ab und begleitete ihn in seine Träume. Für einen aufregenden Tag wie diesen, schlief er dann jedoch recht ruhig und fest. Am Morgen war dann alles nur noch halb so schlimm. Der Junge hatte lange geschlafen, die Morgenwäsche erfrischte ihn und er war bereit für ein kräftiges Frühstück. In seiner Küche schürte er den alten, klapprigen Ofen mit Holz aus dem Wald an. Das räucherte und qualmte so sehr, dass Franz husten und prusten musste, doch er wollte sich Tee und Rühreier machen. Somit musste er diese Qual auf sich nehmen. Das Wasser war schnell aufgesetzt und die Teebeutel zogen bald darin vor sich hin. Dies war für ihn eher eine leichte Übung. Doch woher sollte er die Eier bekommen? Wie schon oft erwähnt, bei Franz war manches anders als bei anderen. Er musste nicht zum Markt gehen und sich frische Eier kaufen, nein, die Eier kamen zu Franz. Auch wenn man es kaum glauben kann, ist es wahr. Natürlich kamen nicht direkt die Eier zu ihm, jedoch kannte er einen Trick. Franz pfiff laut auf seinen Fingern, daraufhin kamen immer ein paar Hühner aus der Stadt angelaufen. Diese holte er sich hoch ins Haus hinauf und setzte sie auf die Fensterbank. Während diese nun ein paar Brotreste bekamen und verspeisten, hielt das Kind schon eine Pfanne unter ihr Hinterteil. Nach einiger Zeit, legten sie dann meistens ein Ei. Diese zerbrachen schon durch das bloße Fallen in die Pfanne und der Junge musste nur noch die Schalen entfernen. Frischer ging es nun wirklich nicht mehr. Als er fertig gefrühstückt hatte überprüfte er noch einmal seinen Anzug im Spiegel. Der Kleiderbügel war ja nun endlich nicht mehr darin, so konnte er ungestört und bequem seine Kapuze aufsetzen, die sein halbes Gesicht verdeckte. Es saß nun alles wesentlich besser. Trotzdem fühlte er sich nicht ganz wohl in seiner Haut und musste sich einiges an Mut zusprechen. Er klopfte sich auf die Schultern und lies einen forschen Schrei heraus. Nun konnte es losgehen. Langsam schwang er sich an einem Seil zu Boden hinunter, lief zur Brücke hinüber und überquerte sie. Erhobenen Hauptes betrat er die Stadt. Natürlich bemerkte er die Blicke und das leise Gekichere einiger Leute, doch davon ließ er sich kaum beeindrucken. Er hatte ein festes Ziel vor Augen: Menschen helfen oder retten, Abenteuer bestehen und sich der Welt beweisen! Dann, ...doch noch etwas verschüchtert, stellte sich Franz erst einmal neben einer Kutsche auf, die am Wegesrand stand. „Na, Kleiner, willst wohl nicht gesehen werden, wegen deines peinlichen Auftrittes von gestern, wie?“, raunzte ihn ein betrunkener Stadtstreicher an, der eine genauso rote Nase hatte, wie Bürgermeister Lampi. „Ich verstecke mich nicht“, antwortete Franz kleinlaut: „ich beobachte!“. „Du beobachtest?“, lachte der Mann drauf los und nahm noch einen tiefen Schluck aus seiner Flasche: „Du versteckst Dich, das ist alles, weil Du feige bist!“ Daraufhin torkelte der ungehobelte Kerl weiter und stolperte in den Gemüsestand. Dabei räumte er fast alles ab und die Ware kullerte auf dem Boden umher. Als der Gemüsehändler es bemerkte, packte er den Stadtstreicher am Nacken und schleuderte ihn davon. Dieser wiederum nahm seine Beine in die Hand und lief was das Zeug hielt. „Pah!“, brachte Franz nur verächtlich hervor: „Ich und feige!? Das muss ich mir von einem sagen lassen, der davonläuft?“ Das Ganze machte den Jungen jetzt endlich mutiger und entschlossener, er stiefelte die Straße hinunter. Aus der Ferne erkannte er eine ältere Dame, die mit ihren Einkäufen auf dem Fußweg stand. Es sah so aus, als wollte sie die Straße überqueren, jedoch es nicht konnte, weil der viele Verkehr der Kutschen und Pferde, es nicht zuließ. Am Vormittag war in der Stadt immer eine Menge los. Franz steuerte zielsicher auf sie zu: „Das ist meine große Chance!“. Voller Elan griff er nach den Einkäufen und wollte der Frau helfen. „Ich bin Franz, ihr freundlicher und persönlicher Superheld“, stellte er sich zaghaft vor. Die ältere Dame, die etwas schwer zu Hören schien, verstand überhaupt nicht, was der kleine, komische Junge in dem rosa Kostüm eigentlich von ihr wollte und raunzte unverschämt zurück: „Was bist denn du für ein hässliches, kleines Ferkelchen? Wie die Jugend von heute nur herumläuft!“. Nachdem Franz unglücklicher Weise die Taschen anhob, um ihr zu helfen, brach ein regelrechtes Chaos aus. Die Dame, die sich von nun an weniger damenhaft benahm, schwang plötzlich ihre Handtasche und schlug damit dem Jungen fortlaufend auf dem Kopf. „Diebe! Polizei! Diebe!“, brüllte sie dabei ständig. Franz ließ die Einkäufe augenblicklich fallen und schützte sich, indem er beide Arme über den Kopf verschränkte: „Aber gute Frau, so lassen sie mich doch erklären, ich...!“. Weiter kam er jedoch nicht mehr, immer öfter sauste die Handtasche durch die Lüfte und trommelte auf seine Arme ein. Es blieb kaum Zeit um Luft zu holen. Als Franz dann noch den Stadtwachtmeister Kellermann, mit seinem grauen Rauschebart anlaufen kommen sah und dabei immer nur „Halt! Im Namen des Gesetzes! Stehenbleiben!“ schrie, nahm er reiß aus. Halb geduckt, rannte er, die Hände dabei immer noch schützend über den Kopf haltend, durch das Tor und über die Brücke nach Hause. Erst dort atmete er tief durch und entspannte sich. Was war denn da nur geschehen? Er wollte doch nur freundlich und behilflich sein. „Was für eine verrückte alte Frau“, dachte er bei sich und zog sich nach oben in seine Bäume zurück. Er hatte das Ganze überhaupt nicht begreifen können. Kaputt und völlig am Ende seiner Kräfte, warf er sich in seinen Schaukelstuhl. Es war an der Zeit nachzudenken. Jetzt war guter Rat teuer.

Franz, der etwas andere Superheld

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