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Paul schlief länger als geplant an diesem Samstagmorgen. Viel länger. Halb neun war es, als die Strahlen der Morgensonne sich durch die Stöße der Vorhänge bohrten und ihn weckten.

Er musste nicht in die Schule, hatte sich also keinen Wecker gestellt. Aber es gab eine Menge zu erledigen: Tanken, Wagenwaschen, Einkaufen, die Bücher in der Buchhandlung abholen, die er bestellt hatte.

Und am Nachmittag wollte er seine Söhne zur Kirche in die Remsen Avenue fahren. Dort traf sich die Jugendgruppe der Gemeinde. Kanufahren im Hudsontal war an diesem Wochenende angesagt.

Im Garten musste er nach dem Rechten sehen, die Heizung musste kontrolliert werden – immerhin stand der Winter vor der Tür – und im Erdgeschoss schloss ein Fenster nicht mehr dicht. Alles Dinge, die selbst einem Lehrer unter der Woche liegen blieben.

Paul gähnte herzhaft. Esthers Haar kitzelte ihn an der Brust. Sie schnarchte. Er spürte ihre warme Haut auf seiner. Genau wie er war sie nackt.

Normalerweise wachte Paul spätestens um sieben Uhr auf. Auch ohne Wecker. Manchmal schon früher, durch das Moped des Zeitungsboten. Aber heute ...

Die Nacht war anstrengend gewesen. Erst die Suche nach den bösen Gangstern, die Esther schon ins Haus eindringen wähnte, und dann die Liebe. Der Sex zwischen Esther und ihm – der so seltene Sex – artete manchmal zum Hochleistungssport aus. Wenn Paul sein Weib denn mal in einer günstigen Stunde erwischte.

Vorsichtig löste er seine Arme von Esthers Körper. Er schaffte es aufzustehen, ohne sie zu wecken. Her mit dem Morgenmantel, und dann auf leisen Sohlen hinaus aus dem Schlafzimmer.

Im Bad rasierte er sich. Nicht elektrisch, wie an Schultagen, sondern nass. Danach die Dusche – erst so heiß, dass der Spiegel beschlug, und abschließend eiskalt. „Wow!‟ Paul fühlte sich wie neugeboren, während er sich vor dem Spiegel abtrocknete. Und um die Augen herum sah er auch ein bisschen so aus. Was guter Sex doch gleich ausmachte.

Im Morgenmantel stieg er die Treppe hinunter. Er ging in die Küche und zog den Kühlschrank auf. Das Glas Milch am Morgen war obligatorisch für Paul. Während er es trank, schaltete er den Tuner ein. Sein Lieblingssender war eingestellt – ein New Yorker Kultursender. Ein Allegro von Vivaldi jubelte aus den Boxen neben der Tür.

Wunderbar, dachte Paul.

Er ging zum Fenster und sah in den Vorgarten und zum Bürgersteig hinunter. Die Astern vor der Hecke standen in voller Blütenpracht. Eine Frau schob einen Kinderwagen an der Garteneinfahrt vorbei. Eine Katze hockte auf der Kühlerhaube eines am Straßenrand parkenden Mercedes.

Paul lachte in sich hinein. „Auf dem einzigen Wagen, den ich vom Küchenfenster aus sehen kann, sitzt eine Katze – wenn das kein gutes Zeichen ist ...‟

Er leerte das Milchglas. Die Milch, Paulie, nicht vergessen, heute Abend wird ein Teller mit Milch auf die Vortreppe gestellt ... für die Katzen, und Gott segne sie.

In die Spüle mit dem leeren Milchglas. Oder nein, gleich in die Spülmaschine. Und jetzt die Zeitung. An der Tür fiel sein Blick auf den Kalender. Der heutige Samstag war rot angestrichen. Paul klatschte sich an die Stirn. Die Sektparty bei den McMillans! Glatt vergessen! Prallvoller Samstag mal wieder! Aber morgen wird gefaulenzt. Aber morgen ...

Er schlurfte zur Haustür. Im Obergeschoss hörte er Esthers Schritte. „Bist du wach, Darling?‟

„O nein!‟ Sie beugte sich über das Treppengeländer. „Ich schlaf noch und träum von dir.‟ Ihre Lippen spitzten sich zu einem Kussmund.

„Ich liebe dich, Darling!‟, rief er.

„Ich dich auch.‟ Ihr Lächeln verschwand genauso schnell vom Geländer, wie es dort aufgetaucht war. Paul hörte die Badezimmertür.

Er grinste, während er die Haustür öffnete. Auch als er die Zeitung aus der Röhre zog, grinste er noch. Sein Blick fiel auf den Rasen. Ein paar rötlich verfärbte Blätter des Weinstocks lagen dort. Natürlich, es war ja längst Herbst.

Er entfaltete die Zeitung. Noch immer grinste er. Hervorragend, wenn der Tag mit solch leichten Gedanken begann. Mit solch süßen Erinnerungen.

Er drehte sich noch einmal nach den Blumen um. Im Asternbeet vor den Rosen stimmte etwas nicht. Paul sah genauer hin. Zwei oder drei Blumen waren abgeknickt. Astern, deren Blüten sich noch nicht einmal ganz geöffnet hatten.

Paul runzelte die Stirn. Zwangsläufig fiel ihm die Nacht wieder ein. Aber nicht der Höhenflug mit seiner Frau, sondern das, was ihn überhaupt erst möglich gemacht hatte.

Ich hab es rascheln gehört ... Esthers ängstliche Stimme füllte seinen Kopf plötzlich aus. Ich hab sogar Schritte gehört. Und später fuhr ein Auto weg ...

Paul ging wieder hinaus. Er lief die Treppe hinunter. Der Rasen war feucht. Vor dem Asternbeet bückte er sich. Spuren. Deutlich war das Profil der Sohlen in der feuchten Erde zu erkennen.

Ein Wagen rollte auf der Straße vorbei. Paul registrierte kaum. Er richtete sich auf und sah zu den Weinblättern neben der Treppe auf dem Rasen. Ein Farbton, der nicht dazugehörte, lugte durch das Herbstlaub des Weinstocks. Schwarz.

„Was ist das denn?‟

Mit drei großen Schritten war Paul an der Hauswand. Er ging in die Hocke und drückte das Geäst des Weinstocks auseinander. Und sprang augenblicklich zurück – ein schwarzer Kasten stand dort neben dem Wurzelstrunk des Weinstocks in dem schmalen Streifen Erde, der die Jugendstilvilla umgab. Ein schwarzer Kasten von der Größe einer Autobatterie. War es nicht sogar eine Autobatterie?

Vorsichtig begab Paul sich erneut in die Hocke, vorsichtig drückte er das Laub zur Seite. Ja – es sah aus wie eine Autobatterie. Aber was sollten diese Drähte bedeuten? Sie ragten aus dem Inneren des schwarzen Kastens und waren mit einem kleinen, runden Gehäuse verbunden, das Paul an eine Uhr erinnerte ...

Schlagartig schien sein Bauch sich mit Eis zu füllen. Er sprang auf. „Ich muss die Polizei verständigen!‟ Er hastete die Treppe hinauf. „Esther!‟, rief er. „Esther ...‟

Die Detonation ließ noch in den Nachbargebäuden Fensterscheiben zerklirren. Und Pauls Bewusstsein löschte sie von einem Augenblick auf den anderen aus.

Sammelband 3 Thriller: Neue Morde und alte Leichen

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