Читать книгу Westside Blvd. - Entführung in L.A. - Torsten Hoppe - Страница 22

Kapitel 15 (Steve Delaney)

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»Er hat sich gemeldet.« Marc Turner stürmte in mein Büro, als ich gerade über mehreren Akten brütete.

»Wer hat sich gemeldet?« Die Frage kam mit einem desinteressierten Unterton und ohne aufzusehen.

»Der Entführer von Heather Simms.«

Mein Kopf schnellte hoch. Die Akten waren von einer Sekunde zur anderen aus meinem Bewusstsein verschwunden. »Wann?«

»Gerade eben. Unsere Jungs sind schon bei der Arbeit.«

Ich stand auf und kam mit schnellen Schritten um den Schreibtisch herum. »Was ist mit der Fangschaltung? Konnten wir das Gespräch zurückverfolgen?«

Marc Turner kratzte sich am Kinn. »Ja, Steve, aber ...«

»Kein ‘aber’. Von wo kam der Anruf?«

»Wir haben ihn zu einem Versicherungsgebäude in Downtown zurückverfolgt.«

Ich stürmte zur Tür hinaus und Marc folgte mir. »Habt ihr sofort einen Wagen losgeschickt?«

Ich bekam keine Antwort und blieb irritiert stehen. »Marc, ich habe dich etwas gefragt!«

»Nein, wir haben keinen Wagen losgeschickt.«

Mir verschlug es für einen Moment die Sprache. »Warum nicht? Du weißt doch genau, dass es bei solchen Einsätzen um Sekunden gehen kann.«

Mein Partner lehnte sich gegen die Wand des Flures. »So einfach ist es nicht, Steve. Das Gespräch kam überhaupt nicht aus dem Versicherungsgebäude, es wurde nur dorthin umgeleitet. Wir haben den Anruf weiter zurückverfolgt und landeten in einem Restaurant in San Jose. Von dort aus ging die Leitung weiter nach San Francisco zu einem Anschluss, der einem Friseursalon gehört. Als Nächstes landeten wir in einem Museum in Sacramento. Dort endet unsere geniale Fangschaltung, weil der Kidnapper schließlich aufgelegt hatte.«

Ich schlug mit der flachen Hand gegen die Flurwand. »Verdammt. Das heißt, unser Mann ist nicht der einfache Typ von der Straße, der mal eben ganz spontan ein Mädchen gekidnappt hat.«

Marc schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben es offensichtlich mit jemandem zu tun, der detaillierte Kenntnisse im Bereich der Telekommunikation bzw. der Abhörtechnik besitzt. Und die Entführung war sicherlich auch keine spontane Handlung, sondern wahrscheinlich gut durchdacht.«

Ich lehnte den Kopf gegen die Wand und versuchte, diese neuen Erkenntnisse einzuschätzen. »So ein Mist. Ich hatte wirklich gehofft, dass unser Entführer irgendein blutiger Amateur ist, den wir schnell ausfindig machen könnten. Nach dem ersten misslungenen Telefonat konnte man so etwas zumindest vermuten. Wir haben im Umfeld des Mädchens keinerlei Hinweise oder Motive gefunden. Und so wie es jetzt aussieht, brauchen wir auf leichtfertige Fehler des Täters wohl eher nicht zu hoffen. Jetzt bleibt uns nur noch die Aufnahme des Telefongespräches. Hoffentlich bringt uns das auf die richtige Spur.«

Wir eilten mit schnellen Schritten den Flur entlang.

Zwei Stockwerke tiefer arbeiteten die Abhörspezialisten Davids und Warhol bereits an dem Bandmitschnitt. Marc und ich begrüßten die Kollegen und setzten uns auf zwei freie Stühle.

»Verrät der Täter uns, was er mit der Entführung bezweckt?«

Scott Davids nahm den Kopfhörer ab und nickte. »Ja, allerdings. Möglich, dass Sie seine Rolle in diesem Spiel etwas falsch eingeschätzt haben.«

Marc sah ihn fragend an. »Wie meinen Sie das?«

Alex Warhol schaltete die Lautsprecher an und spulte das Band zurück. »Hören Sie selbst.«

Er sah uns ernst in die Augen und drückte auf die Wiedergabetaste. Gleichmäßig transportierten die Spulen das Band über die empfindlichen Tonköpfe und gaben das Gespräch zwischen John Simms, seiner Tochter und ihrem Entführer noch einmal wieder.

»Hallo?«

»Hi, Dad.«

»Darling, wie geht es dir? Wir machen uns solche Sorgen. Hat er dir etwas getan?«

»Nein, ... mir geht es gut. Ich ..., ich habe solche Angst, Daddy ...«

»Was will der Mann von dir? Darling, ich ...«

»Nennen Sie mich nicht Darling, darauf steh’ ich nicht.«

(Schweigen von beiden Seiten)

»Wer ... sind Sie? Was wollen Sie von meiner Tochter?«

»Ganz ruhig, ‘Daddy’. Wir wollen doch nicht, dass du einen Herzinfarkt bekommst.«

(Mehrmaliges Schlucken vonseiten John Simms, für einige Sekunden herrscht absolute Stille)

»Hören Sie, meine Tochter hat doch niemandem etwas getan. Warum ...«

»Deine Tochter interessiert mich auch überhaupt nicht.«

»Was meinen Sie? Ich ... ich verstehe nicht ...«

»Ich will dich.«

(Erneutes Schweigen)

»Bist du noch da, ‘Daddy’

»Ja,... ja, ... ich ... ich verstehe immer noch nicht ...«

»Sei nicht so begriffsstutzig. Ich will, dass du für das bezahlst, was du anderen angetan hast.«

»Was meinen Sie? Herrgott, wovon reden Sie? Wenn Sie mich haben wollen, dann lassen Sie meine Tochter frei und nehmen Sie mich dafür. Das Mädchen hat doch nichts getan.«

»Du verstehst mich nicht. Ich will dich nicht als Geisel oder Gefangenen haben. Ich will, dass du dich der Polizei stellst und ein Geständnis ablegst!«

»Ein ..., was? Sie sind ja verrückt. Was soll ich denn gestehen?«

»Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass du damit durchkommst, oder? So naiv kannst du doch gar nicht sein.«

»Dass ich womit durchkomme?«

»Mit Vergewaltigung und Mord.«

(Erneutes Schlucken von John Simms)

»Was ... was reden Sie denn da? Sie sind ja wahnsinnig ...«

(Schallendes Gelächter von der anderen Seite)

»Zieh hier keine Show ab. Ich weiß Bescheid. Ich habe gesehen, wie du das Mädchen fertiggemacht hast. Ich dachte, die Polizei würde dir schnell auf die Schliche kommen, aber ich habe mich wohl getäuscht. Ich werde jedoch nicht zulassen, dass du ohne Strafe davonkommst. Ich will, dass du bezahlst.«

»Ich ... ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden. Sie ... sie sind ja vollkommen verrückt ...«

»Oh nein, mein Freund. Wir wissen beide, dass ich nicht verrückt bin. Und die kleine Jenny könnte das auch bestätigen, wenn du sie nicht kalt gemacht hättest. Du hast genau vierundzwanzig Stunden Zeit, um dich der Polizei zu stellen. Ansonsten wirst du deine Tochter nicht mehr wiedersehen. So wie die Eltern von Jenny ihre Tochter nicht mehr wiedergesehen haben, nachdem du sie getötet hast. Vierundzwanzig Stunden. Wenn du bis dahin kein Geständnis abgelegt hast, bist du für den Tod von zwei jungen Mädchen verantwortlich.«

Alex Warhol drückte schweigend auf die Stoptaste. Marc und ich starrten noch immer auf das Tonbandgerät, als würden wir darauf warten, dass noch weitere Töne aus dem Band herausgequetscht würden.

»Ich glaube, einer von euch muss mich einmal kneifen.« Ich hatte als Erster die Sprache wiedergefunden. »Sehe ich das richtig, dass unser Kidnapper uns gerade dabei helfen will, einen ungeklärten Mordfall zu lösen?«

Einträchtiges Nicken ersetzte eine gesprochene Antwort.

»Demnach wäre der besorgte Familienvater der Böse in unserem Spiel und unser Entführer ist der Held, der auf einem weißen Pferd durch die Prärie reitet?«

»Und einen weißen Hut auf dem Kopf trägt«, ergänzte Scott Davids in Anlehnung an die guten, alten Schwarzweiß-Western.

Marc stand auf und ging mit langsamen Schritten durch den Raum. »Glaubst du dem Typen?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Warum sollte sich jemand so etwas ausdenken? Wie dem auch sei, wir werden es schon herausbekommen. Marc, setz dich an den Computer und versuche ausfindig zu machen, ob es irgendwann in der letzten Zeit einen Mordfall gegeben hat, bei dem das Opfer ‘Jenny’ hieß. Fang im Großraum Los Angeles an und wenn du dort nichts findest, dehne die Suche auf ganz Kalifornien oder – wenn nötig – die gesamten Vereinigten Staaten aus. Alex, ich brauche eine Abschrift des Gesprächs und eine Analyse sämtlicher Hintergrundgeräusche. Versuchen Sie alles herauszufiltern, was uns einen Anhaltspunkt über den Aufenthaltsort des Mädchens geben könnte. Ich werde erst einmal John Simms genau unter die Lupe nehmen. Wollen wir doch mal sehen, ob Mr. Biedermann wirklich so ein Vorzeigebürger ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat.«

Ich stand auf und verließ gefolgt von Marc das Zimmer. Scott Davids und Alex Warhol setzten ihre Kopfhörer wieder auf und widmeten sich erneut ihrem Tonband.

Westside Blvd. - Entführung in L.A.

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