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Die Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG)

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Bei den aktuell 1. 956 Krankenhäusern wird unterschieden zwischen öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Trägern. Die Trägervielfalt genießt gesetzlich einen hohen Schutz.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist ein Verein, keine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Die DKG ist der Zusammenschluss der Krankenhausträger, die dabei sein wollen. „Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke“. Behauptet sie jedenfalls. Wie sie das schafft, wo doch die Ziele ihrer unterschiedlichen Trägerschaften erheblich divergieren, bleibt das Geheimnis der DKG e. V. Wahrscheinlich ist das eherne Ziel einzig und allein dem Vereinszweck geschuldet. Nämlich die Interessen des Vereins durchzusetzen. Welche auch immer das sein mögen.

Öffentliche Krankenhäuser liegen in der Verantwortung von Gemeinden, Städten oder Landkreisen. Sie orientieren sich an dem staatlich festgelegten Vorhaltesystem. Wer vorhält betreibt Daseinsvorsorge. Darauf war man einst stolz. Heute ist Daseinsvorsorge ein Reizwort mit dem Beigeschmack der Unwirtschaftlichkeit. Die Daseinsvorsorge ist Teil der staatlich geregelten Grundversorgung für die Bevölkerung. Dazu gehört auch der kommunale Nahverkehr, eine funktionierende Verwaltung, die Gas- Wasserversorgung und die Müllabfuhr. Die öffentlichen Krankenhäuser müssen nur erwirtschaften, was zur Deckung der Betriebskosten nötig ist. Die ausgeglichene Bilanz ist bereits ihr Erfolg.

Freigemeinnützige Krankenhäuser sind ein Potpourri aus Tradition, Geschichte, Religion oder Weltanschauung. Sie werden von Trägern der Wohlfahrtspflege, Kirchengemeinden, Stiftungen oder Vereinen gehalten. Wegen der Gemeinnützigkeit werden sie ohne Absicht der Gewinnerzielung betrieben. Das Vermögen freigemeinnütziger Krankenhausträger ist an einen bestimmten Zweck gebunden. Freigemeinnützige Krankenhäuser sind steuerbegünstigt. Im Idealfall zahlen sie weder Körperschafts-, noch Gewerbe-, Umsatz-, oder Grundsteuer.

Private Krankenhäuser gingen früher aus privaten Wohltätigkeitsinitiativen hervor. Davon sind sie heute weit entfernt. Private Träger setzen auf Rendite im operativen Geschäft. Mit Ansage. Der Krankenhauskonzern Helios erwartet bereits 2 % operativen Gewinn im ersten Jahr nach Erwerb eines Pleitekrankenhauses. Einziges Ziel der betrieblichen Betätigung privater Krankenhäuser ist die Gewinnerzielung.

Private Krankenhäuser sind dann in das staatliche Planungssystem eingeschlossen, wenn sie sich an der allgemeinen Versorgung sozialversicherter Patienten beteiligen. Das unterscheidet sie von Privatkliniken, die an der allgemeinen Versorgung nicht teilnehmen.

Akquise Objekte für die privaten Krankenhausketten sind öffentliche oder freigemeinnützige Krankenhäuser, die deren Träger wegen der Verluste loswerden wollen. Weil sie im Krankenhausplan der Länder enthalten sind, bringen sie automatisch Gewinnpotential mit. Nach 5 bis 6 Jahren muss ein neu erworbenes Krankenhaus 12 – 15 % Rendite in den jeweiligen Konzern einfließen lassen.

Der Rhön-Konzern hat eindrücklich demonstriert, was der Verkauf günstig akquirierter Krankenhäuser nach einiger Zeit einbringen kann. 2014 brachte der Verkauf von 40 Krankenhäusern an den Helios-Konzern 3 Milliarden Euro ein. 1,7 Milliarden Euro sollen an die Aktionäre von Rhön ausgeschüttet worden sein. Gelder, die aus dem Kreislauf des solidarisch finanzierten Gesundheitssystems entnommen wurden. Alles legal, vom Gesetzgeber so eingeräumt. „Der Krankenhausträger kann über die aus den Pflegesätzen erwirtschafteten Einnahmen frei verfügen. Krankenhäuser in privater Trägerschaft können deshalb gegebenenfalls erzielte Gewinne an Gesellschafter ausschütten.“ (Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag, WD 9-3000-095/13)

Bestimmt nicht für „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke“, wie die DKG e. V. für alle ihre Mitglieder verheißt.

Wer das Spiel zwischen politischer und privater Gesundheitsverantwortung verstehen will, muss sich nur den Verkauf der landeseigenen Hamburger Krankenhäuser vor Augen halten. Als ein Beispiel für viele andere. Was daraus wurde, hat „Der Spiegel“ 2016 eindrücklich beschrieben. Gegen den Willen eines Volksentscheids verkaufte der Hamburger, CDU-geführte, Senat 74,9 Prozent seiner Krankenhäuser. Lieber eine Elbphilharmonie für wenige Bürger, als städtische Krankenhäuser für alle Hamburger. Das verhalf dem, bis dahin noch bescheidenen, Asklepios-Konzern, auf Platz zwei der privaten Krankenhaus Ketten vorzurücken. Und zeigte den Hamburger Bürgern, dass selbst das Gemeinwohl verkäuflich ist. Der Spiegel schrieb: „Seither lassen sich hier die gnadenlose Ökonomisierung der Gesundheit und ihre Folgen wie unter einem Brennglas studieren: Pflegekräfte werden in erster Linie als Kostenfaktor betrachtet, Ärzte am Gewinn gemessen und Patienten vor allem als Fallpauschale behandelt.“

Vom Gesetzgeber so gewollt. „Die Vielfalt und Vielgestaltigkeit der Krankenhäuser ist ein tragendes Merkmal der stationären Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland“. (Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): Genzel/Degener-Hencke)

Die Länder haben zwar den Sicherstellungsauftrag zur Versorgung der Bevölkerung aus dem Grundgesetz, aber sie können ihn delegieren. Sie können Dritte beauftragen, die Krankenhausversorgung zu übernehmen. Die Dritten, in diesem Fall Asklepios, erwerben günstig Krankenhäuser, die bereits im Krankenhausplan des Landes drin sind und kommen dadurch auch noch in den Genuss der Investitionsförderung.

Was wäre, wenn Helios, Asklepios oder Rhön keine Lust mehr auf ihre Krankenhaus-Ketten haben. Alibaba aus China dafür umso mehr. Warum eigentlich nicht. Warum nicht verkaufen, was einem gehört. Privates Eigentum ist vom Staat geschützt. Man kann damit machen, was man will. Die Verantwortung für die stationäre Versorgung der Bevölkerung verbleibt nach geltendem Recht beim Land und den Landkreisen. „Die Vorhaltung von Krankenhäusern ist eine öffentliche Aufgabe, die vom Staat zu finanzieren oder deren Finanzierung vom Staat zu gewährleisten ist.“ (bpb: Quaas/Zuck, Medizinrecht)

Sollen sich doch die Kommunen mit Alibaba herumschlagen.“

Hatte sich Jakob doch eben erst über die Dreistigkeit von Tom geärgert, so fand er jetzt den kurzen Text von Toms Vertrautem aus dem Gesundheitsministerium mehr als lesenswert. Da hat man Betriebswirtschaft studiert, sinnierte Jakob, steckt in seinem Metier täglich tief drin, und muss sich trotzdem wieder einmal an den Kopf fassen. Krankenhäuser, ein Teilbereich der Wirtschaft, mit dem Zuversicht ausstrahlenden Begriff „Gesundheitswirtschaft“, sind auch nichts anderes als Unternehmen mit einem Geschäftsziel. Das da lautet: Krankheit in Gesundheit umzuwandeln. Wenigstens im Ansatz. Und als Anreiz hat der Gesetzgeber das Recht verbürgt, mit Krankenhäusern richtig gut Geld zu verdienen. 12 bis 15 Prozent Rendite sind gesetzt, zumindest von privaten Krankenhausträgern. Erwirtschaftet mit der Krankheit von versicherungspflichtigen Bürgern, bezahlt mit den Beiträgen zur Krankenversicherung. Und ausgeschüttet an die Anteilseigner, die Aktionäre des Krankenhausunternehmens.

Trotz seines Ärgers über Tom und entgegen seiner ursprünglichen Absicht, öffnet Jakob aus Neugier den zweiten Anhang.

Der Gesundheitsminister

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