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Montag, 13. Juli 2015

»Hotel Gornergrat, Patrizia Werlen am Apparat … Guten Tag, Frau Vontobel … Ein Doppelzimmer für morgen? Moment, ich schaue nach… Ja, Sie haben Glück, ein einziges Zimmer ist noch frei! Wann werden Sie ungefähr eintreffen? … Erst gegen Abend? Nein, gar kein Problem, wir freuen uns. Dann auf Wiederhören und bis morgen!«

»Schatz, es klappt! Morgen kannst du dein Geburtstagsgeschenk einziehen!« Claudia Vontobel gab ihrem Mann einen Kuss.

Daniel lächelte. »Wunderbar! Und wohin entführst du mich bei diesem herrlichen Bergwetter? Auf dem Gutschein stand nur Zweitägiger Ausflug mit Bergschuhen. Aber ich glaube, es zu erraten.«

Claudia machte einen Schmollmund. »Och nein! Bitte sag nichts!« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte Daniel ins Ohr.

Dieser schmunzelte vielsagend. »Ach so, welche Überraschung… Eine richtig anspruchsvolle Bergwanderung also, mit Übernachtung auf über dreitausend Metern Höhe. Gut hast du das geplant, mein Liebling!«

Daniel Vontobel trat auf den Balkon hinaus. Die Sonne strahlte von einem tiefblauen Himmel auf Zermatt herab. Nur um den Gipfel des Matterhorns hatten sich einige kleine Wolken versammelt, und hinter dem Theodulpass türmten sich, wie so oft im Sommer, von Süden her grössere Quellwolken.

Claudia war auch hinausgetreten und legte ihren rechten Arm um die Hüfte ihres Mannes.

»Ach, ist das schön hier in der Bergwelt! Aber komm jetzt, es ist bereits siebzehn Uhr, und wir müssen noch Picknick einkaufen gehen für die nächsten zwei Tage.« Claudia nahm Daniel bei der Hand und zog ihn aus ihrem Hotelzimmer hinaus.

»Blacky, Abendspaziergang!« Der schwarze Labrador erhob sich augenblicklich von seinem Ruheplatz und kam wedelnd auf Bruno Fuchs zu.

»Ja, braver Hund«, sagte dieser und kraulte ihn am Kopf. »Barbara, kommst du auch mit?«

»Lieber nicht«, tönte es vom Bad her, »ich bin schon am Zähneputzen und möchte im Bett noch ein Kapitel in meinem historischen Roman lesen.«

»Gut, dann bis nachher!« Bruno schnürte seine Turnschuhe, zog die leichte Windjacke über und verliess mit Blacky das Hotel.

Ein wunderschöner Abendhimmel wölbte sich über Zermatt, die ersten Sterne waren gerade knapp zu sehen, und messerscharf zeichnete sich die dunkle Silhouette des Matterhorns am Firmament ab. In flottem Marschtempo gingen Bruno und Blacky den gewundenen Fussweg zum Fluss hinunter, liefen dann ein Stück dem Fluss entlang, bogen schliesslich nach links ab und erreichten den Bahnhof, wo Bruno im kleinen Verkaufsladen eine Schachtel Lutschtabletten kaufte. Es war viertel nach neun, und soeben fuhr ein Zug aus dem Unterland ein. Nur etwa zwanzig Personen kamen vom Bahnsteig her ins Freie. Zuhinterst erschien ein einzelner Mann mit einem Rucksack. Bruno Fuchs stutzte. Den Mann kenne ich doch! Aber wie heisst er nur? Ach, mein Gedächtnis! Jedenfalls war er ein langjähriger Patient in meiner Praxis, da bin ich sicher… Während Bruno noch überlegte, war der Mann hinter der nächsten Hausecke verschwunden. Bruno setzte die Runde mit Blacky fort, und als er wieder im Hotel war, dachte er nicht mehr daran, dass er Barbara von der Begegnung am Bahnhof hatte erzählen wollen.

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