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Zwei Stunden am Seil - Von Franz Schneider

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m 26. August 1915 kehrte das Zeppelin-Luftschiff LZ 79, Kommandant: Hauptmann Gaißert, von einer Kriegsfahrt nach Russland zum Hafen Posen zurück. Die Landung gestaltete sich schwierig, da der Wind stark und das Schiff zu leicht war. Ich gehörte zum Landungstrupp, der mühsam das Schiff Meter um Meter heruntergeholt hatte. Plötzlich wurde das Schiff durch eine Böe wieder hochgerissen. Vor mir griff eben noch ein Unteroffizier zu, und ich sah, wie er zu Boden gerissen wurde. Da war ich auf einmal in fünfzehn Meter Höhe! Ich hing mit beiden Händen fest am Tau und mit den Beinen frei in der Luft. Der Kahn ging immer höher. Das Tau, an dem ich hing, war hundertfünfzig Meter lang. Ich hing etwa vierzig Meter unter dem Schiff. Das Ende des Taues lag immer noch auf der Erde, da sich der Trupp bemühte, es noch zu halten. Aber das Schiff stieg doch, nun hing das Tau schon lang, so dass ich es mit den Beinen erwischen und festhalten konnte. Ich hing im Kletterschluss, über mir noch zwei Kameraden, die auch festgehalten hatten.

Wir hofften erst auf sofortige neue Landung, aber das Schiff fuhr über die Stadt zur russischen Grenze. Das Tau drehte sich einmal links, einmal rechts herum. Für uns hieß es, entweder festbinden oder bis ans Schiff hinaufklettern. Aber da waren noch die beiden anderen Kameraden über mir. Ich hielt mich daher mit der rechten Hand und den Beinen fest, um mit der linken Hand das Ende unter meinen Füßen heraufzuziehen und mich dann festzubinden. Aber auch dazu reichten meine Kräfte nicht aus. Das Tau war zu schwer. Ich musste daher so weit heruntergehen, dass es sich gut hantieren ließ. Fünf bis sechs Meter waren nun zwischen mir und meinem nächsten Kameraden. Ich rief ihm zu, er solle so lange oben bleiben, bis ich mich festgebunden habe. Aber er kam doch nach, immer schneller, weil seine Kräfte schon anfingen zu versagen. Nun stand er mit beiden Füßen schon auf meinen Händen. Er wäre wohl abgestürzt, wenn er nichts Festes unter seinen Füßen gehabt hätte. Ich hatte mir schon vorher das Tau ein paarmal um das linke Bein gewickelt und hielt das Bein so, dass es mit dem Körper einen rechten Winkel bildete. Der Kamerad setzte sich darauf. Wir saßen nun in der Schlinge um mein Bein, konnten uns erst einmal etwas erholen, obwohl mir schon die Beine einschliefen. Nach einer halben Stunde kamen wir in die Wolken. Der Nebel war so dicht, dass wir nur das Stück Tau in unserer Nähe sahen. Vom Schiff, sogar vom weiter oben hängenden dritten Kameraden sahen wir nichts. Alles still, bis auf das Summen der Motoren. Dann waren wir über der Wolkenschicht unter blauem Himmel.

Auf einmal gab es einen Ruck! Das Tau gerissen? Die oberste Schlinge löste sich, wir rutschten zusammen immer schneller, etwa vierzig bis fünfzig Meter. Beide Hände schmerzten durch die Reibung am Tau. Ein zweiter Ruck! Ich überschlug mich rückwärts, wusste nicht, was geschah, sah, wie mein Kamerad in die Tiefe stürzte und in den Wolken verschwand. Ich dachte erst, ich sauste auch hinunter, da sah ich erst, dass der Abstand zwischen uns immer größer wurde. Ein Blick nach oben: Das Seil, das ich erst um mein Bein gewickelt hatte, war nicht gerissen, sondern beim Überschlagen zusammengezogen und um den linken Fuß fest verschlungen. Ich hing nun mit dem Kopf nach unten, während das Schiff noch stieg. Ich fror in meinen Drillichsachen sehr in über dreitausend Meter Höhe. Das Bein schmerzte fürchterlich, war dick und abgestorben. Ich versuchte das Tau zu lösen, um mich in die Tiefe zu stürzen, weil ich es nicht mehr aushalten konnte, aber das Tau war zu fest.

Wir waren nun viertausend Meter hoch, wie uns später die Besatzung erzählte. Bis jetzt hatte sich mein oberster Kamerad im Kletterschluss gehalten. Er kam jetzt langsam herunter, setzte sich auf mein Bein. Konnte nicht mehr, wollte sich festbinden. Ich versuchte erst, ihm das Ende heraufzureichen, aber er erreichte es nicht. So legte ich mir das Tau um mein rechtes Bein und gab es ihm so hinauf. Er band sich fest und ich schlang mir das Ende noch ein paarmal um den Leib, damit ich ganz sicher hing.

Nach zwei Stunden ging das Schiff wieder zur Landung herunter. Wir sahen endlich wieder die Erde! Mein Kamerad zog seine Uhr auf und fragte mich, ob ich im Besitz eines Fahrscheines wäre. Die Luft wurde wärmer. Da war die Luftschiffhalle. Ich hing immer noch mit dem Kopf nach unten.

Durch die Höhenfahrt war das Schiff zu schwer geworden. Am Tau hundert Meter unter dem Schiff kamen wir zuerst mit der Erde in Berührung, wurden wie ein Fußball herumgeschleudert, erst etwas fest auf ein Stoppelfeld gesetzt. Blieben ein Weilchen liegen, wurden wieder in die Höhe gerissen und zum zweiten Male auf den Boden geschleudert. Ein paarmal ging das, dann wurden wir mitgeschleift. Mein Kamerad fiel aus der Schlinge, mit mir ging’s auf und ab über Gräben und Felder.

Sehen konnte ich nichts mehr. Augen, Ohren, Nase, Mund, — alles war voll Sand. Hauptsache: Kopf hochhalten, um nicht aufzuschlagen1 Ein Grenzstein stellte sich mir entgegen. Da rissen zwei Mann vom Landungstrupp, die vorausgeeilt waren, das Seil kurz beiseite. Ich wurde noch ein Stück geschleift und blieb dann liegen. Ein Sanitätsauto kam. Die Sanitäter schnitten den Knoten durch und legten mich auf die Trage, um mich für sieben Wochen ins Lazarett zu schaffen.

Flieger am Feind

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