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L 48 brennt über England - Von Heinz Ellerkamm

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ückmarsch vom Angriff auf Harwich. Bombenexplosionen, Schrapnells und Scheinwerfer hinter uns. Es ist das Beste, wenn ich einmal nach dem Benzin sehe.

Ich ziehe mein Überschuhe aus Filz und meinen Pelzmantel an und klettere auf die Verbindungsleiter zum Schiffsinnern. Zehn bis zwölf Stufen muss ich hochklettern. Wie ich gerade auf der Leiter bin, höre ich ganz entfernt das unheimliche Tacken eines Maschinengewehrs.

In dem Augenblick, als ich gerade in das Schiff hineinklettere, setzt auch schon das Abwehrfeuer unserer Maschinengewehre von der Plattform unseres Luftschiffes aus ein. In dem Augenblick, als ich gerade von dem Seitenaufgang in den Längslaufgang des Schiffes hineinbiegen will, sehe ich plötzlich an der fünften oder sechsten Gaszelle von achtern eine kleine hellblaue Flamme. Mir bleibt fast das Herz stehen: Jetzt ist es aus!

Im nächsten Augenblick brüllt eine ungeheure Explosion durch das ganze Luftschiff und eine Sekunde später ist L 48 eine einzige riesige Flamme. Ich sage mir sofort, dass alles, was ich jetzt auch tue, keinen Sinn und keinen Zweck mehr hat.

Deutlich fühle ich, dass das Schiff zu fallen beginnt, und denke plötzlich daran, dass wir sicher über viertausend Meter hoch sind. Ich habe vom Längslaufgang des Schiffes unwillkürlich ein paar Schritte zurück in den Seitenlaufgang gemacht. „

Alles geht jetzt in Sekunden. Plötzlich gibt es einen gewaltigen Ruck. Mit dem Heck nach unten stürzt L 48 wie eine brennende Fackel in die Tiefe. Ich weiß heute noch, dass mir blitzschnell der Gedanke kam: Wie kommst du aus dieser Situation mit dem Leben davon. Ich versuchte mit der allergrößten Anstrengung an die Außenkante des brennenden und abstürzenden Schiffes zu gelangen. Es gelingt mir auch. Ich habe großes Glück, denn durch den leichten Südwestwind werden die Flammen etwas nach Backbord gedrängt und schlagen nicht direkt auf mich zu. Dadurch behalte ich meine klare Besinnung, aber trotzdem haben die Flammen schon die linke Seite meines Pelzmantels erfasst. Immer wieder versuche ich, mit dem Ärmel das Brennen des Pelzes zu ersticken, um nicht ernstlich am Körper anzubrennen. Dazwischen denke ich dann wieder, dass schon vor uns bis dato zehn bis zwölf Luftschiffe über England abgeschossen sind und kaum ein Kamerad mit dem Leben davongekommen ist.

Das Schiff fällt und fällt. Wieder denke ich, ob ich nicht lieber abspringen und kurz entschlossen meinem Leben ein Ende machen soll. Da sehe ich plötzlich schräg unter mir ein mattes Licht. Ich kann nicht erkennen, ist es ein abgeblendeter Scheinwerfer oder ist es ein Leuchtturm. Ich kann nicht erkennen, sind wir noch über Land, oder sind wir schon über See. Während ich noch darüber nachdenke, schlägt plötzlich mit fürchterlichem Getöse das Heck des Luftschiffes auf dem Erdboden auf. Ein Chaos von Trägern, Spanndrähten, Benzintanks und Gondelteilen stürzt auf mich nieder. Die Benzintanks, die Öltanks, alle sind sie geplatzt. Das brennende Öl und Benzin kommt von allen Seiten wie flüssiges Feuer auf mich zu. Das Luftschiff, das über mir zusammengestürzt ist, bildet mit seinen Trägern und Drähten einen regelrechten glühenden Käfig. Wenn ich aus diesem Käfig überhaupt noch hinaus will, so ist es die allerletzte Sekunde. Eins habe ich mir dunkel gemerkt, dass ich nach der Steuerbordseite den kürzesten Weg ins Freie habe. Und mit aller Kraft, mit einer Kraft, wie sie nur eine solche verzweifelte Sekunde gibt, stemme ich mich gegen einen Träger. Der Träger gibt nach, stürzt zur Seite und macht ein Loch frei. Ich krieche in dieses frei gemachte Loch hinein, fühle Erdboden und Gras in meinen Fingern und krieche vorwärts. Aber in den Spanndrähten und Aluminiumteilen habe ich mich festgefahren. Ich kann nicht mehr voran und kann nicht mehr zurück. Das brennende Öl und Benzin kommt wie flüssiges Feuer immer hinter mir her.

In meiner Todesangst stemme ich meine Hände auf die Knie und hebe mit übermenschlicher Kraft alle auf mir liegenden Trümmer etwas hoch. Dabei fällt ein Träger nach unten und stützt die hochgehobenen Trümmer wie eine Mausefalle und macht eine Stelle frei. Ich krieche durch die frei gemachte Stelle hindurch, überschlage mich ein paarmal über die brennenden Trümmer, und drei Meter vom Schiff entfernt falle ich todmüde zur Erde nieder. Ich sehe nur noch eine Wiese, ein paar Bäume und das Morgengrauen. Das alles weiß ich noch wie heute, aber ich habe in dem Moment, da ich hinfiel, gar nicht das Gefühl gehabt, dass ich gerettet bin. Plötzlich höre ich das Propellergeräusch eines Flugzeuges. Es ist derselbe englische Kampfflieger, der unserem stolzen L 48 den Todesschuss gegeben hat. Jetzt erst wird mir klar, dass ich gerettet bin. Während ich mich wieder aufraffe, sehe ich auch schon einen Engländer über die Wiese gelaufen kommen, nur mit Hemd und Hose und Schuhen bekleidet. Er kommt auf mich zu, sieht mich an, als ob ich aus einer anderen Welt komme. Dann fragt er mich: „You are from the Zeppelin?“ und zeigt mit der Hand auf die brennenden Trümmer. Ich bejahe ihm die Frage. Dann sagt er weiter: „You were lucky indeed!“ („Sie haben großes Glück gehabt!“)

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