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Kriegsflüge über Tsingtau - Von Gunther Plüschow

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anz außerordentlich wurde das Fliegen für mich als einzigstem Flieger in Tsingtau erschwert durch den kleinen, von hohen Bergen wie ein Kessel eng umschlossenen Flugplatz und die ganz außerordentlich schwierigen Luftverhältnisse. Durch die hohen, schroffen Gebirge, durch den Wechsel von Land und Wasser und durch die starke Sonnenbestrahlung war die Turbulenz der Luft ganz ungewöhnlich stark und die Luftverhältnisse schon morgens um acht Uhr so ungünstig, wie sie in Deutschland während der heißesten Jahreszeit um die Mittagsstunden kaum vorkommen.

Hinzu kam, dass meine „Taube“, welche für normale Verhältnisse zu Hause gebaut war, in dieser dünnen Luft zu schwer war, mein Motor hundert Umdrehungen zu wenig machte und ich mit einem selbstgebauten Ersatzpropeller flog. So konnte ich nicht daran denken, einen Beobachter mitzunehmen. Alles irgend Entbehrliche riss ich aus meinem Flugzeug heraus, um es zu erleichtern. Benzin und Öl wurden so bemessen, dass es eben ausreichte, ja oft ließ ich sogar meine Lederjacke zu Hause, nur um mit dem Flugzeug aus dem Platz herauszukommen.

Denn jeder Start musste glücken; sonst war es um mich und mein Flugzeug geschehen. Und wie oft hat es nur an einem Haar gehangen, dass das Flugzeug nicht zerschellte!

Manchmal, wenn ich nach Süden zu startete, setzten am Ende des Platzes, ungefähr da, wo das Fort Hu-Tchuen-Huk mit dem Meere zusammenstößt, enorme Fallböen ein, das Flugzeug fiel direkt unter mir weg, ich riss es eben noch über die Geschützrohre des Forts frei, dann fiel das Flugzeug wieder schwer durch und oft handelte es sich nur um Handbreiten, dass ich es über dem Meeresspiegel wieder abfing, wo es sich langsam erholte und zu klettern anfing.

Beim besonders schwierigen Stark nach Norden, nach West und Ost kam überhaupt nicht in Frage, musste ich im äußersten Südzipfel des Platzes starken. Nach wenigen hundert Metern musste ich über meinen Schuppen, mehrere Villen und unseren Kirchhof weg, der bereits an einem zirka 150 Meter hohen schmalen Sattel lag, der von beiden Seiten von den Felsmassen des Bismarck-Berges und der Iltis-Berge eingeschlossen wurde. Sowie ich links den Bismarck-Berg hinter mir hatte, kamen die ersten Seitentäler, und aus diesen setzten scharfe Böen ein, mein Flugzeug bekam einen mächtigen Stoß und legte sich schwer nach Steuerbord über, und trotz voller Verwindung konnte ich das Flugzeug nicht wieder aufrichten. Seitensteuer durfte ich nicht geben, um nicht in die Felsen hineinzurennen. So raste denn mein Flugzeug in dieser Stellung mit der rechten Flügelspitze nur wenige Zentimeter von den unter mir liegenden Baumkronen und Felsmassen entfernt durch dieses Höllental hindurch, und ich konnte nichts weiter tun, als mein Steuer mit eiserner Ruhe führen, um nicht unten zu zerschellen. Viel ich dann endlich auf der anderen Seite über dem Wasser der Kiautschoubucht schwebte und mein Flugzeug wieder vernünftig wurde.

Ich will’s gestehen, heiß und kalt hat’s mich bei jedem Start überlaufen, und ordentlich froh war ich, als ich ihn hinter mir hatte und mich höher und höher schraubte, bis ich endlich meine zweitausend Meter erreicht hatte. Das war allerdings eine Geduldsprobe. Manchmal kam ich in einer Stunde hinauf. Gewöhnlich aber dauerte es bis zu eindreiviertel Stunden. Während dieser ganzen Zeit flog ich weit, weit draußen über See, um den Schrapnells, die die Japaner nach mir sandten, zu entgehen.

Was konnte ich noch lange darüber nachdenken, dass ich ein Landflugzeug hatte, und dass ich bei der geringsten Motorpanne ertrinken musste. Es wäre ja doch dasselbe gewesen, als wenn eine Panne oder womöglich ein Volltreffer mich über dem Lande erreicht hätten. Im ganzen Schutzgebiet gab es nur Felsen, Schluchten und außer meinem Flugplatz nicht ein einziges Plätzchen, wo ich hätte heil landen können.

Sobald ich dann über dem Feinde war, drosselte ich den Motor so, dass das Flugzeug die Höhe von selber hielt. Dann hängte ich meine Karte vor mich an das Höhensteuer, nahm Bleistift und Notizheft zur Hand und beobachtete nach unten, zwischen Tragfläche und Rumpf hindurchsehend, den Feind. Das Höhensteuer ließ ich ganz los, und die Seite steuerte ich mit den Füßen.

Eine Stellung umkreiste ich dann so lange, bis ich alles ausgemacht, in die Karte eingetragen, mir genau aufgeschrieben und eine ganz genaue Skizze angefertigt hatte. Ich hatte bald eine solche Übung darin, dass ich oft, ohne überhaupt aufzusehen, eineinhalb bis zwei Stunden nach unten beobachtete und alles genau ausschrieb.

Und wenn mir dann das Genick steif wurde, drehte ich mich um und sah nach der anderen Seite hinunter. Bis ich dann endlich mit meinen Aufzeichnungen zufrieden war und ein Blick auf die Benzinuhr mich belehrte, dass es höchste Zeit sei, umzukehren, um noch meinen Platz zu erreichen.

Mein Flugzeug wurde natürlich während der ganzen Stunden, die ich über den feindlichen Stellungen schwebte, auf das heftigste mit Gewehren und Maschinengewehren beschossen. Und als das nichts half, kamen die Schrapnells. Die waren allerdings eklig.

Als ich an einem herrlichen Morgen mit prächtigem blauem Himmel von einer Aufklärung zurückkam und landen wollte, schwebten über meinem ganzen Landungsplatz lauter kleine weiße Wölkchen in etwa dreihundert Meter Höhe, die von oben ganz allerliebst aussahen. Aber bald merkte ich, dass die Japaner sich wieder einmal einen Scherz mit mir erlaubten, denn die Wölkchen waren Sprengwolken von 10 ½-Zentimeter-Schrapnells.

Aber was half es; Zähne zusammen und durch! Und vier Minuten später stand meine Maschine, aus zweitausend Metern Höhe im Sturzflug kommend, wohlbehalten auf dem Platz; und so schnell ich konnte, rollte ich mit ihr in den Schuppen, dessen Dach durch Erde geschützt war.—

Flieger am Feind

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