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Ein geschichtlicher Überblick

Eine kurze Biografie von Arminius

Jakob Hermannszoon wurde am 10. Oktober 1560 als Sohn katholischer Eltern in Oudewater/Holland geboren. Die Familie trat zum protestantischen Glauben über. Schon im Alter von 15 Jahren besaß er Grundkenntnisse in Latein, Griechisch und Theologie und wurde zum Studium an der Universität von Marburg/Lahn eingeschrieben. Marburg ist die älteste protestantische Universität Deutschlands. Philipp Melanchthon hatte sie bereits 1527 gegründet. Anschließend wechselte Jakob H. nach Leyden/Holland, wo er weitere fünf Jahre Theologie studierte.

1582 ging Hermannszoon nach Genf und studierte unter Calvins Nachfolger Theodor Beza (franz.: de Bèze) Theologie. Beza hatte inzwischen Calvins Ansichten weiter verschärft; u. a. lehrte er den so genannten »Supralapsarianismus« 5. Nach Bezas Meinung habe Gott die Dekrete zur Erwählung und Verdammnis der Menschen schon beschlossen, bevor er sich überhaupt entschied, Menschen zu erschaffen. Während seiner Zeit an der Universität Genf änderte Jakob Hermannszoon seinen Namen. Wie es damals üblich war, nahm er einen lateinischen Namen an. Er nannte sich fortan nach einem deutschen Heerführer, der die Katholiken besiegt hatte, Arminius.

In Basel wurde ihm eine Professur angeboten, doch er verzichtete wegen seines jungen Alters. Er war ein brillanter Gelehrter, ein eloquenter Redner und galt als Theologe von höchstem Rang. Der junge Arminius liebte den Herrn und sein Wort. Er wurde 1588 zum Hauptprediger jener Kirche in Amsterdam berufen, deren Gottesdienste auch vom holländischen Königspaar besucht wurden. Seine kraftvollen Predigten zogen viele Zuhörer an. Zu jener Zeit waren die jungen holländischen Reformer noch nicht calvinistisch.

Während seines Dienstes dort begann Arminius, das Denksystem des Calvinismus zu hinterfragen. Nach fünfzehn Jahren verließ er das Pastorat und wurde Professor der Theologie an der Universität Leyden. Seine Vorlesungen über Erwählung und Vorherbestimmung sollten später zu einer tragischen Kontroverse führen.

Der katholische Humanist Dirck Coornhert hatte die Lehren Bezas öffentlich in Frage gestellt. Außerdem hatten zwei Calvinisten, Arent Corneliszoon und Reynier Donteklok, ein Buch veröffentlicht, das sich kritisch mit diesen Lehren Bezas auseinandersetzte.

Nun erwarteten alle von Bezas Schüler Arminius, dass er seinen ehemaligen Lehrer verteidigen würde. Aber Arminius steckte in einer Gewissenskrise. Er studierte die Schrift, in Sonderheit den Römerbrief. Dann folgten die Kirchenväter. Offensichtlich hatte keiner von ihnen je eine solche Lehre vertreten. Schließlich erkannte Arminius, dass der Supralapsarianismus Gott zum Urheber der Sünde machen würde. Diese Sicht konnte und wollte er nicht weiter unterstützen. Außerdem waren sie in keinem Konzil je akzeptiert worden. Darum wehrte er sich später in seinen Schriften vehement gegen dieses falsche Dogma.6

Arminius grenzte sich auch explizit von Pelagius ab, indem er z. B. lehrte:

Der freie Wille ist nicht in der Lage, irgendetwas geistlich Gutes zu beginnen oder zu vollenden.87

1603 wurde Jakobus Arminius zum Professor der Theologie an der Universität Leyden berufen. Zu jener Zeit galt er als der größte Gelehrte seiner Zeit. Seine Gegner gaben allerdings nicht auf. In Leyden wurde er von einem Calvinisten namens Franciscus Gomarus scharf angegriffen. Arminius erbat eine öffentliche Anhörung, aber er starb 1609 mit nicht einmal 50 Jahren, bevor die Synode zusammengetreten war.

Arminius lebte ein gottesfürchtiges und heiliges Leben. Zu seinen Lebzeiten konnten ihm seine Kritiker nie wirklich etwas anlasten. Aber kaum war er gestorben, wurde er vom holländischen Klerus als Irrlehrer verdammt. Der berühmte Jurist Hugo Grotius (1583–1645) sagte einmal über Arminius: »Von anderen verdammt, er verdammte niemanden.« 8 Sein Lebensmotto lautete: »Bona conscientia paradisus« (»Ein gutes Gewissen ist ein Paradies« ).9

Ich habe auch einige seiner Schriften gelesen. Ich glaube, viele, die auf Arminius herabsehen und ihn verachten oder gar als Irrlehrer betrachten, würden sich schämen, wenn sie seine feinen Ausführungen über Gott, über die Gemeinde und über das christliche Leben lesen würden. Arminius hatte eine ausgeprägte Theologie der Gnade.

Apropos Theologie. Seine Ausführungen über »Prädestination« offenbaren das tiefe Verständnis eines echten Gelehrten.10

Zurück ins Jahr 1609. In der Folgezeit begann eine Auseinandersetzung zwischen der calvinistischen Holländischen Reformierten Kirche und den Anhängern von Arminius, die sich leider bis in die Gegenwart fortsetzen sollte.

Die Remonstranten und die Synode von Dordrecht

Nach seinem Tod verfassten 42 seiner Nachfolger im Jahr 1610 ein Manifest, das unter dem Namen »Remonstranz« (Antwort, Erwiderung auf die Äußerung eines anderen) in die Geschichte eingegangen ist. Dieses Bekenntnis enthielt im Wesentlichen die theologischen Sichtweisen des Arminius (wir gehen weiter unten im Detail darauf ein). Die Anhänger des Arminius nannten sich selbst Remonstranten, wurden aber von außen als Arminianer bezeichnet.

Die Antwort der Calvinisten ließ nicht lange auf sich warten. Der Statthalter der Generalstaaten Moritz von Oranien berief daraufhin die berühmte Synode von Dordrecht ein. Am 13. November 1618 versammelte sie sich und dauerte bis Mai 1619. Obwohl Arminius für ein offenes Forum plädiert hatte, standen am Ende dreizehn Remonstranten einer Übermacht von ca. 130 Calvinisten gegenüber. Alle größeren reformierten Kirchen – mit Ausnahme der Hugenotten – hatten ihre Vertreter gesandt. Die Anhänger des Arminius wurden als Staatsgefangene betrachtet. Sie hatten kein Stimmrecht und saßen von Anfang an auf der Anklagebank.

Simon Episcopius, der Nachfolger Arminius', hielt eine zweistündige Rede, die – laut Augenzeugen – viele Teilnehmer zu Tränen rührte. Aber es half alles nichts. Die Synode von Dordrecht nahm ein hochcalvinistisches Bekenntnis an, das sogar die supralapsarische Sicht Bezas einschloss. Der Arminianismus wurde als Irrlehre verdammt und »das calvinistische Zentraldogma, die Lehre von der Prädestination« , mit weiteren Punkten fixiert11. Als Folge wurden 200 Remonstranten von ihrem geistlichen Dienst abgesetzt. Einige wurden sogar verfolgt. Offensichtlich setzte sich hier der gewaltsame Geist Calvins auch in den Niederlanden fort. Der Reformator hatte bereits 1553 in Genf den spanischen Arzt Miguel Servet auf grausame Weise bei lebendigem Leib verbrennen lassen, weil dieser u. a. die Dreieinigkeit ablehnte.12 Michael Kotsch kommt in seiner Calvin-Biografie zu einer milderen Beurteilung.13

Interessanterweise wurden die fünf Punkte der Arminianer genauso wenig von Arminius ausgearbeitet (sondern von den Remonstranten) wie die fünf Punkte des Calvinismus nicht von Calvin stammten (sondern von der Synode zu Dordrecht). Beide Bekenntnisse entstanden erst nach dem Tod der Protagonisten.

Bemerkenswert ist, dass die Arminianer viel mehr Toleranz an den Tag legten als ihre Gegner. Sie waren gut gebildet und hatten starke Überzeugungen – aber sie vertraten sie im Geist der Toleranz. Sie zeigten keine Abneigung gegen die Calvinisten, sie wollten lediglich mit ihrer Sicht akzeptiert werden.

Außerhalb der Niederlande wurden die Beschlüsse der Synode von Dordrecht (Canones Dordraceni) noch in Frankreich und der Schweiz angenommen. Wo sie in Geltung standen, wurde auch nicht die leiseste Milderung der Lehre von der partikularen Gnadenwahl geduldet.14 Erst 1795 wurde die arminianische Sichtweise »offiziell« toleriert.

In England vertrat John Wesley einige Aspekte der arminianischen Theologie. Das führte zu einer weiteren Verbreitung dieser Lehre im angelsächsischen Raum.

Warum ich weder Calvinist noch Arminianer bin

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