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Kapitel 2

Paris

Es gibt postkoitale Depressionen, Belastungsdepressionen, Entlastungsdepressionen, drogenindizierte Depressionen, chronische Depressionen und sicher noch ein weiteres Dutzend. Aus der Sicht eines Psychologen wäre Hagen in seinem momentanen Gemütszustand ein äußerst wertvoller Proband, da er eine Vielzahl dieser Depressionsvarianten gerade gleichzeitig durchlitt.

„Dieses Warten, dieses verdammte Warten“, murmelte er. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit. Er schmorte ohne jegliches Zeitgefühl seit einer gefühlten Ewigkeit in seiner Zelle, ohne dass ihn jemand angesprochen hätte. In regelmäßigen Abständen kam jemand den Gang hinunter, an der Zelle vorbei, um dann wieder zu verschwinden. Überhaupt lief das alles ganz anders ab, als in den Filmen oder im Fernsehen. Bis auf die Verhaftung selbst, die etwas ruppig über die Bühne gegangen war, waren alle ausgesprochen höflich gewesen. Man hatte ihm sogar seine Zigaretten gelassen, die allerdings schon vor Stunden zur Neige gegangen waren. Und jetzt wollten sie ihn wohl weich kochen, soviel war klar. Wahrscheinlich aber hatten sie gerade Franjo in der Mangel. Oder – für einen kurzen Moment keimte Hoffnung in ihm auf - das Ganze war ein verdammt professionell gemachter Scherz wie bei „The Game.“ Quasi der letzte Test bevor sie mit dem Jackpot rüberkommen würden.

Die Handschellen, die letzte von 10 Trophäen. Genau. Gleich würde eine schlanke Mulattin hereinkommen, einen Koffer voll Geld in der Hand und ihn verführerisch anlächeln. In ihrem Schlepptau der Puppet Master und ein grinsender Urs, der sich geschlagen gibt. Hagen wartete einen Moment, bis sich der Gedanke gesetzt hatte. Dann schüttelte er den Kopf.

„Du Schwachkopf, du gottverdammter Schwachkopf“, schrie er laut in seiner Zelle und hämmerte sich mit der flachen Hand vor die Stirne, als wolle er diesen Gedanken mit Gewalt aus seinem Kopf prügeln. Nein, das war kein Spiel, sie waren nach allen Regeln der Kunst gelinkt worden. Diese Gewissheit nahm ihn in Besitz und ließ alle Kraft aus seinen Gliedern weichen.

Er betrachtete seine Fingerkuppen, die immer noch Reste der Druckerschwärze aufwiesen. Die erste einer ganzen Reihe von Prozeduren, die er direkt nach der Ankunft auf dem Revier über sich hatte ergehen lassen müssen. Die Drogen, OK, das würde er zugeben müssen, aber das war Eigenbedarf. Das mit den Schmauchspuren an seiner Hand und der Kleidung würde er erklären können. Hoffentlich hatte Franjo noch die ganzen Adressen. Er hatte sich schon seit Stunden das Hirn zermartert, aber ihm fiel beim besten Willen nicht ein wie der verdammte Ort hieß, an dem der Schießstand war. Sein Gedächtnis, das war ein Problem. Aber andererseits war Franjo in diesen Dingen ausgesprochen gewissenhaft. Das würde sich klären lassen. Contenance bewahren, das war jetzt das Wichtigste, Contenance, er nickte, den Blick abwechselnd auf die vier Ecken der Decke gerichtet. Er konnte sie zwar nicht sehen, aber er wusste, dass sie da waren, die Beobachtungskameras, durch die sie ihn studierten, wie eine Laborratte. Jawohl, Haltung bewahren, mehr konnte er im Moment nicht tun.

Franjo hatte sich den Verhörraum anders vorgestellt, mit einem großen Spiegel, hinter dem sich weitere Polizisten verbergen würden. Mit einer Schreibtischlampe, die ihn blenden würde. Stattdessen befand er sich in einem ganz gewöhnlichen Besprechungsraum. Mit einem großen Tisch in der Mitte und einem kleineren Schreibtisch, sowie den dazu gehörigen Büroutensilien. Eine Strukturtapete in nichts sagendem Grau, das war alles. Kein Fenster. Vor ihm ein Aschenbecher, eine angebrochene Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug, das mit einer Kette am Tisch befestigt war. Er überlegte einen Moment, nahm sich eine Kippe und zündete sie an.

Dann hörte er Schritte auf dem Gang. Wenig später betraten drei Männer den Raum.

Zwei setzten sich ihm gegenüber. Ein Diktiergerät wurde auf den Tisch geschoben und angeschaltet. Der dritte Mann blieb hinter Franjo stehen.

Commissaire Foch hielt eine dünne Akte in der Hand und nickte dem Mann an seiner Seite zu.

„Herr Gönner, Sie sind über Ihre Rechte aufgeklärt worden?“

„Jawohl.“

„Wir haben die deutsche Botschaft verständigt, das ist Vorschrift. Ihr Anwalt ist auf dem Wege, wir erwarten ihn jeden Moment. Sie können unsere Sprache verstehen?”

„Jawohl.“

Der Kommissar nickte. „Wir haben, um Missverständnissen vorzubeugen, trotzdem einen Dolmetscher hier. Sie können also in Deutsch antworten.“ Der Kommissar vergewisserte sich mit einem Blick über den Rand seiner Lesebrille, dass Franjo ihn verstanden hatte. „Können wir bis er eingetroffen ist, kurz auf ihre Angaben zur Person eingehen?”

„Selbstverständlich.“

Der Dolmetscher las Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Adresse von einem Blatt ab. „Sind diese Angaben korrekt?“

„Korrekt“, bestätigte Franjo.

„Wissen Sie, was Ihnen zur Last gelegt wird?”, fragte Foch, der nach einem billigen After Shave roch, von der Sorte, die man zu den üblichen Anlässen von ratlosen Angehörigen geschenkt bekommt.

„Nein.“? Franjo sagte dies mit einer verblüffend echt wirkenden Sorglosigkeit. Die drei Männer sahen einander ungläubig an. Hatten sie richtig gehört?

Commissaire Foch notierte etwas auf das Blatt in der Akte. Dann betrat ein Mann den Raum, der sich als Vertreter der Anwaltskanzlei Pleneau vorstellte. Mit sicherem Schritt näherte er sich und begrüßte die Anwesenden. Er nahm neben Franjo Platz.

„Ich bin Alphonse Radiguet, ihr Anwalt.“

„Franjo Gönner, sehr erfreut.“ Das war eindeutig gelogen, denn Franjo hatte einen Mann mit grauen Schläfen jenseits der Fünfzig erwartet und sah sich jetzt einer Person gegenüber, die jünger war, als er selbst. Ende Zwanzig, höchstens Anfang Dreißig. Der Mann sprach allerdings akzentfrei deutsch und strahlte eine bemerkenswerte Selbstsicherheit aus.

„Dies ist kein Verhör“, stellte er klar. „Die Herren beschreiben lediglich den Sachverhalt. Wir werden uns zu keinem der genannten Punkte äußern, bis wir Gelegenheit hatten, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen. Bitte, meine Herren.“

Commissaire Foch begann, wobei er seinen Vortrag regelmäßig unterbrach, um dem Dolmetscher Zeit für die Übersetzung zu gewähren.

„Fassen wir den Sachverhalt zusammen, meine Herren. Ihnen wird vorgeworfen den Tod von M. Schoenwater, wohnhaft in der Rue Gilles de Rais, No. 17 herbeigeführt zu haben. Sie sind um 23.45 Uhr am Tatort in Begleitung eines gewissen Hagen Hoffstadt festgenommen worden. Die Gerichtsmedizin hat den Todeszeitpunkt in einem vorläufigen Befund auf 23.30, plus minus eine halbe Stunde, festgelegt. In ihrem Besitz befanden sich die Schlüssel zur Villa, die am Tage zuvor bei einem Einbruch in das Wochenendhaus des Opfers entwendet wurden. Ihre Fingerabdrücke sind neben zahlreichen weiteren Spuren in besagtem Wochenendhaus gefunden worden.

Wir haben die Fingerabdrücke des Herrn Hoffstadt sowohl auf der Tatwaffe, als auch auf den Patronenhülsen gefunden. Des Weiteren haben wir Spuren von Barium und Antimon an der Kleidung und auf der Haut Ihres Begleiters nachweisen können. Eine Untersuchung Ihres Fahrzeuges und Ihrer Kleidung hat ergeben, dass sie beide eine nicht unerhebliche Menge verschiedener illegaler Substanzen bei sich trugen. Eine Untersuchung ihres Blutes hat ergeben, dass sie diese Substanzen auch zu sich genommen haben. Der Haftbefehl lautet auf gemeinschaftlich begangenen Mord. Haben sie das verstanden?”

„Jawohl.“

„Möchten Sie sich zu diesem Sachverhalt äußern?”

„Mein Mandant sieht sich nicht in der Lage, sich zu Vorwürfen zu äußern, die sich im Kern gegen eine andere Person richten“, warf der Anwalt ein, bevor Franjo Gelegenheit hatte, auch nur eine Silbe heraus zu bringen. „Das war es wohl, ich danke Ihnen, meine Herren.“

„Sie sollten“, bemerkte Caspin, „Ihren Mandanten darauf aufmerksam machen, dass sich ein Geständnis nur dann strafmildernd auswirkt, wenn es abgelegt wird, bevor aus Indizien gesicherte Erkenntnisse geworden sind.“ Er baute sich vor dem jungen Anwalt auf, um seinen massigen Körper voll zur Geltung zu bringen. „Und so wie ich das sehe, wird das schon sehr bald der Fall sein, mein junger Freund.“

„Ich bin nicht ihr Freund“, bemerkte der Anwalt in bewusst herablassendem Ton und wenig beeindruckt von Caspins Versuch ihn einzuschüchtern. „Und wir werden Sie wissen lassen, wann wir beabsichtigen, eine Aussage zu machen.“

Der Kommissar schaltete das Diktiergerät mit einer jovialen Geste aus, als wolle er nicht, dass seine folgenden Sätze dokumentiert werden.

„Ich mache Ihnen einen Vorschlag M. Radiguet“, sagte Caspin und setzte ein schelmisches Lächeln auf, „lassen Sie sich von Ihrem Mandanten den Sachverhalt aus seiner Sicht beschreiben. Sie sind hier, wie Sie wissen ungestört. Ich werde derweil in der Kantine einen Kaffee trinken. Und wissen Sie was, Herr Anwalt?“, sein Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen, „ich habe so ein Gefühl, und mein Gefühl täuscht mich selten, dass eine vollständige Aussage hier auf dem Tisch liegt, bevor ich den Kaffee wieder ausgepisst habe.“

Kommissar Caspin nickte, ließ einige Sekunden verstreichen und wandte sich dann zur Tür. „Meine Herren, Sie haben jetzt Gelegenheit sich in Ruhe auszutauschen.“

Franjo sah unsicher zur Seite und bemerkte ein angedeutetes Kopfschütteln, so als wolle der junge Anwalt sagen, „machen Sie sich keine Sorgen, das sind die üblichen Spielchen...“

Caspin gab den beiden Anderen ein Zeichen, woraufhin sie Akten und Diktiergerät einpackten und ebenfalls den Raum verließen. Caspin kam unmittelbar nachdem er den Raum verlassen hatte wieder zurück und warf die Akte demonstrativ auf den Tisch. „Bitte schön.“

Radiguet hatte diese ungewöhnliche Geste besorgt zur Kenntnis genommen.

Er wies seinen Mandanten an, einen Moment zu warten und griff nach der Akte.

„Bevor wir anfangen, lassen sie mich etwas Wichtiges feststellen. Unsere Kanzlei wird Sie und zwar nur Sie verteidigen. Damit wir uns richtig verstehen. Ich kann Ihnen ein befreundetes Anwaltsbüro nennen, das sich um Ihren Freund kümmert. Wir werden seinen Fall unter keinen Umständen übernehmen. Das ist eine Vorbedingung und die ist nicht verhandelbar. Sind sie einverstanden?“

„Nein.“

„Dann, fürchte ich, kann ich nichts für Sie tun.“

„Steckt mein Vater dahinter?“

„Sie sollten sich mit solchen Fragen nicht beschäftigen. Nicht in Ihrer Situation. Sie haben das außerordentliche Glück, Menschen an Ihrer Seite zu wissen, die um Ihr Wohl besorgt sind.“ Franjo amüsierte der väterliche Ton, den der junge Anwalt aufsetzte und fragte sich, ob man das an der Universität lernte.

Während Radiguet sprach, überflog er die Akte, schnell, aber konzentriert und gewissenhaft. Es schien, als fotokopiere er alle wesentlichen Details in sein Gedächtnis. Es erstaunte Franjo, dass der junge Mann das Gespräch fortsetzte, während er die Akte studierte.

„Wenn das, was die Beamten gerade vorgetragen haben, zutrifft, und allem Anschein nach tut es das in den wesentlichen Punkten, sind Sie in großen Schwierigkeiten, Herr Gönner. In sehr großen Schwierigkeiten. Der Mann, dessen Ermordung ihnen vorgeworfen wird, ist nicht irgendwer.“ Er blätterte um und sah Franjo für einen Augenblick an, um sich dann wieder dem Ordner zuzuwenden. „M. Schoenwater gehört, obwohl er belgischer Staatsbürger ist, zu den ersten Kreisen dieses Landes. Und bei uns achtet man auf einander.“

„Wäre ich in weniger großen Schwierigkeiten, wenn eine unbedeutende Person ums Leben gekommen wäre?“, wollte Franjo wissen.

Radiguet verdreht die Augen. „Juristisch gesehen, nein, aber faktisch gesehen schon, denn die Gegenseite wird ihre besten Leute auf den Fall ansetzen.“ Der junge Anwalr begab sich zur Tür. „Ich werde jetzt auf den Gang gehen und mir die Füße vertreten. Ich werde in exakt fünf Minuten wiederkommen und erwarte dann Ihre Entscheidung.“

Franjo nickte und M. Radiguet verließ den Raum.

Franjo griff nach einer Zigarette, entzündete sie und begann nun seinerseits im Raum auf und ab zu gehen.

Was hatte das zu bedeuten? Radiguet wollte Hagen nicht verteidigen, sondern nur ihn. „Mein Mandant sieht sich nicht in der Lage, sich zu Vorwürfen zu äußern, die sich im Kern gegen eine andere Person richten.“

Das hatte der junge Anwalt gesagt. Wie es aussah, lief die Sache darauf hinaus, Hagen die Hauptlast der Anklage aufzubürden. Hagen hatte geschossen, nicht in der Villa und auch nicht auf den Toten, aber das war im Moment nebensächlich. Der junge Mann schien bereits eine Verteidigungsstrategie im Kopf zu haben, was Franjo einerseits beruhigte, ihm andererseits aber auch Kopfzerbrechen bereitete. Kein Deal, das war die Vereinbarung, die sie in der Villa getroffen hatten und daran würde er sich halten.

Einen eigenen Anwalt zu beauftragen war jedoch kein Deal mit der Staatsanwaltschaft und vier Augen sehen mehr als zwei. Es könnte sich also durchaus als Vorteil erweisen, wenn zwei Kanzleien mit dem Fall beauftragt wurden. Zudem waren sie unschuldig. Das würde sich sehr schnell erweisen. Schließlich war das Spiel an dem sie teilgenommen hatten Realität und der Ablauf der vergangenen Tage einigermaßen dokumentiert. Franjo nickte, drückte die Zigarette aus und setzte sich wieder.

Radiguet betrat den Raum. „Wie sieht es aus, sind Sie zu einer Entscheidung gekommen?“

„Ich bin einverstanden mit Ihrem Vorschlag. Allerdings wünsche ich, dass eine namhafte Kanzlei mit der Verteidigung meines Freundes beauftragt wird. Die Kosten dafür übernehme ich.“

„Das ist sehr nobel von Ihnen, wird Ihren Freund aber nicht retten“, entgegnete der Anwalt mit einer Bestimmtheit, die Franjo erschreckte.

Caspin hielt Foch zurück, als dieser die Klinke zum Vernehmungszimmer bereits in der Hand hatte.

„Hör zu Foch, du schuldest mir was. Den bewaffneten Raub in der Rue Hermés habe ich dir überlassen. Ich tauche im Bericht gar nicht auf obwohl es mein Informant war der uns den Tipp gegeben hat und ich den Kerl hoch genommen habe. Jetzt kannst du was für mich tun. Ich brauche das Geständnis der Beiden bevor Cardiff aus Marseille zurück ist. Das ist wichtig. Hörst du? Bevor Cardiff aus Marseille zurück ist. Und diesmal wirst du es sein, der im Bericht nicht vorkommt. Haben wir uns verstanden?“ Foch murmelte etwas Unverständliches.

„Haben wir uns verstanden, Foch?“

„Alles klar. Das ist dein Fall und der ist ganz nach Vorschrift vom Schreibtisch aus gelöst worden.“

Caspin nickte zufrieden, klopfte Foch auf die Schulter und drückte die Klinke herunter.

Das Vernehmungszimmer war nichts anderes als ein normales Büro in dem die Jalousien herunter gelassen worden waren. Im hinteren Teil befand sich ein Arbeitsplatz, im vorderen ein Besprechungstisch, an dem Hagen saß und rauchte. Die Anzahl der Zigarettenstummeln im Aschenbecher deutete auf eine längere Wartezeit hin und war ein untrügliches Indiz für die Nervosität des Wartenden. Caspin wies dem Dolmetscher einen Platz an und klappte seine Mappe auf. Erst dann würdigte er Hagen eines Blickes.

„Mein Name ist Commissaire Caspin und das ist mein Kollege Foch. Da sie der französischen Sprache nicht mächtig sind, haben wir einen Dolmetscher bereitgestellt.“

Caspin begann im Raum auf und ab zu gehen, wobei er die aufgeschlagene Mappe wie ein Lehrer in den Händen hielt.

„Ich will mich gar nicht mit langen Vorreden aufhalten. Mir ist in meiner gesamten Laufbahn kein Fall untergekommen, bei dem die Beweislage eindeutiger war als in Ihrem Fall.“ Er klopfte auf die Mappe, die er in seinen Händen hielt. „Wir haben bereits jetzt eine absolut wasserdichte Kette von unwiderlegbaren Indizien.

Erstens: Sie sind unmittelbar nach der Tat am Tatort festgenommen worden. Zweitens: Ihre Fingerabdrücke befinden sich sowohl auf der Tatwaffe, als auch auf den Patronenhülsen. Drittens: Es wurden Schmauchspuren an ihren Händen und an ihrer Kleidung nachgewiesen. Und - wir haben ihre Fingerabdrücke im Wochenendhaus des Opfers gefunden, in das sie ganz offensichtlich am Vortag eingebrochen sind, um sich des Schlüssels der Villa zu bemächtigen.“ Er ließ die Mappe sinken. „Zudem haben wir nicht weniger als vier illegale Substanzen in ihrem Blut gefunden. Bedauerlicherweise wirkt sich der Umstand, dass sie zur Tatzeit massiv unter Drogen standen, strafmildernd aus.“

Er baute sich vor Hagen auf und sah ihn eindringlich an. „Das bedeutet, wenn Sie jetzt die Gelegenheit nutzen und ein umfassendes Geständnis ablegen – später wird Ihnen das nämlich nicht mehr viel nutzen – dann, und nur dann, werden Sie vielleicht noch ein paar Jahre ihres Lebens in Freiheit verbringen können. Bitte schön, legen sie los.“

Hagen zündete sich am Stummel der aufgerauchten Zigarette eine neue an und wartete bis der Dolmetscher seine Übersetzung beendet hatte.

„ Gut gebrüllt Löwe. Aber jetzt passen Sie mal gut auf. Sie können hier nämlich was dazu lernen. Die Dinge sind nicht immer so wie sie erscheinen. Ich werde Ihnen jetzt mal den wirklichen Ablauf darlegen.“

Hagen stand auf und deutete auf den Computer, der auf dem Schreibtisch hinter ihm stand. „ Können Sie das Ding da drüben anschmeißen? Und den Beutel, den Leinenbeutel brauche ich.”

Caspin wartete bis der Dolmetscher übersetzt hatte, sah Foch an und nickte. Kommissar Foch startete den Rechner, während Caspin etwas Unverständliches in den Gang bellte. Wenig später brachte ein Uniformierter den Beutel und stellte ihn auf den Tisch. Hagen deutet auf den Beutel, in dem sie die Trophäen des Spiels gesammelt hatten.

“Darf ich?”

“Nur zu.”

Hagen kramte verschiedene Gegenstände hervor, ordnete sie sorgsam in eine bestimmte Reihenfolge und breitete sie auf dem Tisch aus. Zum Vorschein kamen: eine Eintrittskarte für ein Rockkonzert, ein Toiletten- Abspülmechanismus, ein zerrissenes T-Shirt, ein Chillum, eine Schachfigur, ein Scratchpad, ein Schlüssel, eine Zielscheibe und die Baseballkappe. Hagen zählte die Gegenstände und nickte.

„Neun, stimmt.“ sagte er. Foch und Caspin sahen sich amüsiert an. Hagen ging auf den Rechner zu.?“ Komme ich mit dem Ding da ins Internet?“ Der Dolmetscher nickte.

Hagen winkte den Kommissar zu sich und ließ sich in den Stuhl fallen. „Manchmal zeigen sich die wahren Sachverhalte erst auf den zweiten Blick, meine Herren.“ Hagen tippte die Internetadresse „transadventure.com“ ein und blickte triumphierend in die Runde.

“Sie werden gleich Gelegenheit haben, Ihre Entschuldigung vorzutragen, in Deutsch, Französisch oder Kisuaheli, das ist mir völlig wurscht.”

Hagen beugte sich über den Screen, Caspin und Foch folgten ihm neugierig.

„Error 404, bad request“ war dort zu lesen.

Panik machte sich auf Hagens Gesicht breit. Er tippte die Adresse ein weiteres Mal ein – mit demselben Resultat.

Er sank kraftlos auf seinen Sitz.

Caspin fasste ihn fast tröstend an der Schulter.

“Netter Versuch. Hören Sie zu. Ich weiß nicht, was Sie da vorhaben. Ob sie auf unzurechnungsfähig machen wollen oder was auch immer. Die Fakten bleiben dieselben und kein Anwalt der Welt wird sie da raus boxen können.“

Die Stimme des Beamten bekam etwas sanftes, fast freundschaftliches.

„Erleichtern Sie Ihr Gewissen und schildern sie uns den genauen Ablauf. Von der ersten, bis zur letzten Minute. Sie werden sehen, dass es Ihnen dann besser geht. Beginnen Sie ganz am Anfang, am besten mit dem Tag ihrer Abreise aus Deutschland.

Paranoid

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