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Kapitel 3

Rottweil

28. August - Fünf Tage zuvor, erster Spieltag.

Hagen überflog die Checkliste, die er am Vorabend auf den Bierdeckel seiner Stammkneipe gekritzelt hatte. Perso, Kreditkarte, Handy. Er vergewisserte sich durch Abtasten seiner Lederjacke, dass sich die Gegenstände auch wirklich an ihrem Platz befanden. Die Tasche hatte er bereits am Vortag gepackt. Er stopfte drei Schachteln Zigaretten und den Kulturbeutel obenauf. Alles am Start.

„Ist ja schon gut“, murmelte er als Antwort auf das ungeduldige Hupen. Er schloss die Wohnungstüre ab, wuchtete die Tasche auf den Rücksitz des Taxis und ließ sich zu seiner Stammkneipe fahren. Dort angekommen stieg er in den Camaro und steckte den Zündschlüssel ins Schloss.

Der Big Block begann zu wummern und Hagen legte den ersten Gang ein. Er spürte jeden Pulsschlag in seiner Schläfe. Kater, ausgewachsen, unversöhnlich. Das Aspirin zeigte wenig Wirkung. Er versuchte sich den vergangenen Abend zurück ins Gedächtnis zu rufen. Langsam lichtete sich der Nebel. Er sah die übliche Horde lichtscheuer Gestalten an der Theke des Alfons X. Ihre Blicke waren erwartungsvoll und amüsiert auf ihn gerichtet. Er hielt einen seiner berüchtigten Vorträge. Die fünfte Jahreszeit - genau.

Mit seiner aktuellen Verschwörungstheorie war er am Vorabend auf eine beachtliche Resonanz gestoßen. Unterstützt vom Alkoholpegel, der nicht nur den Blick sondern auch die Gedanken tunnelt, hatte er seinem vorwiegend aus jugendlichen Hangarounds bestehendem Publikum erläutert, welche soziologische Funktion der Urlaub im Allgemeinen und der seine im Besonderen habe.

Im unteren Drehzahlband durch die Stadt blubbernd, versuchte er sich seine Argumentation zurück ins Gedächtnis zu rufen, um sie gegebenenfalls für die bevorstehende gemeinsame Autofahrt mit Franjo zur Verfügung zu haben.

Er gefiel sich in der Rolle des Thekenphilosophen und hatte mit seinen Verschwörungstheorien das Weltbild der Rottweiler Kneipenszene wesentlich geprägt. Zentraler Bösewicht dieses Weltbildes war der militärisch industrielle Komplex, der als zentraler Puppenspieler hinter den Kulissen die Fäden zog, an denen die verschiedenen Marionetten hingen, die in unseren Medienwelt über Bildschirme hüpfen und Leitartikler beschäftigen.

Auslöser seines gestrigen theoretischen Exkurses war die Clownsmaske, die über der Theke hing und die Dieter, der Wirt des Alfons X, als Trophäe seines diesjährigen Abstechers in den Kölner Karneval mitgebracht hatte.

Also, wie war das noch? Der Urlaub als institutioneller Nachfolger der Fassnacht. Genau. In der besagten fünften Jahreszeit übernahmen die Narren symbolisch die Macht und taten all die Dinge, die ihnen in den anderen vier Jahreszeiten untersagt waren. Das Unterste wurde nach oben gekehrt – vice versa. Die Untertanen durften die Grenzen ihres Standes überschreiten, jedwede Form von Sünden begehen und einmal im Jahr so richtig über die Stränge schlagen. Anschließend wurden die begangenen Sünden durch eine sechswöchige Fastenzeit gesühnt und die alten Regeln traten wieder in Kraft. Soweit der kulturelle Hintergrund der Fassnacht. Die Vorzüge dieses Ritus lagen auf der Hand: Die unteren Schichten empfanden ihre eingeschränkten Privilegien als weniger bedrückend, wenn sie einmal im Jahr für eine bestimmte Zeit aufgehoben würden, was sich stabilisierend auf die bestehenden

Machtverhältnisse auswirkte. Hagen war bei seinem volltrunkenen Publikum auf uneingeschränkte Zustimmung gestoßen, als er zum Beleg seiner These darauf verwiesen hatte, dass die großen Revolutionen allesamt in Ländern ohne Faschingskultur ausgebrochen waren. Frankreich, Russland und China.

Allerdings hatte die soziologisch stabilisierende Wirkung der Fassnacht einen entscheidenden Nachteil. Sie war auf die katholischen Regionen beschränkt.?Um dieses Manko aufzuheben, hatte der militärisch industrielle Komplex den Urlaub erfunden. Konfessionsübergreifend sorgte der Urlaub jetzt anstelle der Fassnacht für die Sozialhygiene in den entwickelten Industriestaaten und unterband revolutionäre Ambitionen. Im Urlaub kann der Bürger - wie zuvor in der Fassnacht - seinen sozialen Status anheben und er kann gegen so ziemlich jede geltende Norm verstoßen. Hochstapelei, Völlerei, Sauforgien und sexuelle Abenteuer sind das Maß eines gelungenen Urlaubes. Und, obwohl er, Hagen, dieses Komplott durchschaut hatte, war eines klar: Er würde genau diese Parameter in den kommenden Wochen ausgiebig bedienen.

Als er seinen Vortrag beendet hatte, standen drei Biere und vier Jägermeister vor ihm auf der Theke und genau dieses Quantum war der Grund für den Brummschädel, den er verspürte, als er auf das Werksgelände fuhr.

“Sag dem Verrückten, auf dem Werksgelände gilt die Straßenverkehrsordnung“, brummte der Senior, ein stattlicher Mann mit schlohweißem, aber vollem Haar. Der Alte mochte Hagen nicht, da dieser in den zurückliegenden fünfzehn Jahren in verlässlicher Regelmäßigkeit immer dann in Erscheinung getreten war, wenn sein eigener Sohn mit staatlichen und anderen Autoritäten in Konflikt geraten war.

“Sag’s ihm selbst“, entgegnete Franjo und sortierte die verbliebenen Unterlagen auf dem Schreibtisch seines Juniorchef Büros, das teuer und puristisch mit den Klassikern der Moderne eingerichtet war.

Etwas überdimensioniert, wenn nicht sogar fehl am Platze - die Audiotechnik im Büro, die jedem Kreativdirektor einer international tätigen Werbeagentur zur Ehre gereicht hätte.

Immerhin suchte man das überdimensionale und farblich passende Abstrakt - Kunstwerk in Franjos Büro vergeblich. Statt dessen prangten zwei signierte und nummerierte Comicdrucke aus der Feder von Pierre Clement an der Wand, jenem Vertreter der „Nouvelle Ligne Claire“, von dem Franjo überzeugt war, dass sein Durchbruch unmittelbar bevor stünde und den er genau deshalb sammelte.

Er betätigte die Gegensprechanlage seines Telefons:

„So, Frau Hülsberg, ich mach jetzt Schluss. Die Unterschriftenmappe liegt in Ihrem Fach, bis auf den Arbeitsvertrag mit Vogelsänger habe ich alles unterschrieben. Über den müssen wir, wenn ich zurück bin noch einmal reden. Bitte achten Sie darauf, dass die Lieferungen nach Italien pünktlich rausgehen, Herr Körner weiß über alles Bescheid.”

„Alles klar, ich wünsche Ihnen schöne Ferien“, trällerte Frau Hülsberg.

Hagen betrat das Foyer, das zugleich Frau Hülsbergs Büro war, mit federndem Schritt und verstaute seine verspiegelte Sonnenbrille in der schreibunten Lucky Strike Lederjacke, die bis zum kleinsten Werbe-Aufnäher dem Renn-Overall nachempfunden war, den Kevin Schwantz in der Saison 93/94 getragen hatte.

Hagen besaß zwar kein Motorrad, empfand dieses Outfit aber trotzdem als passend, da es seine Figur betonte und ihm eine vermeintlich sportliche Note verlieh.

Seinen aktuellen Gemütszustand konnte man jederzeit an der Stoppellänge seiner Frisur ablesen. Zurzeit befand er sich in der „i can rule the world“ 6mm Laune. Kritisch wurde es, wenn seine Haarlänge die 9mm Marke überstieg. Dann war er entweder im Würgegriff einer ernsthaften Beziehung oder depressiv.

Davon war er jedoch im Moment weit entfernt. Mit einem Lächeln, das er selbst für unwiderstehlich hielt, schlenderte er auf Silke Hülsberg zu.

„Hallo Silke, mein Schatz, wie geht’s?”

„Gut, abgesehen davon, dass ich hier die Stellung halten muss.”

„Ich bin mir sicher, die Stellung ist bei dir in den besten Händen. Wo wir gerade bei Händen sind.“ Hagen grinste vieldeutig und kramte zwei Korken aus seiner Jackentasche. „ Pass auf, ich zeig dir mal was für Fingerfertige. Ein Geschicklichkeitsspiel. Alles was du brauchst sind gute Augen und geschickte Hände. Also, achte genau auf meine Finger.”

Er beugte sich wesentlich weiter über die Besuchertheke, als es für die Vorführung seines Taschenspielertricks nötig gewesen wäre und klemmte je einen Korken in seine beiden Daumenwurzeln.

„Soweit alles klar? Das ist die Ausgangsposition. In jeder Daumenwurzel ein Korken. Jetzt müssen die Korken mit einem einzigen Griff die Hände wechseln. Der Linke nach rechts und der Rechte nach links. Soweit alles klar?“

Silke Hülsberg nickte.

„Dann kann es ja losgehen.“ Hagen verdrehte seine Hände und griff mit Daumen und Mittelfinger seiner rechten Hand nach den Enden des Korkens in seiner Linken. Daumen und Mittelfinger seiner Linken griffen derweil zu den Enden des Korkens in seiner Rechten. Schließlich hielt er beide Korken hoch.

„Wenn du das schaffst, hast du einen Wunsch frei, wenn du es nicht schaffst, habe ich einen Wunsch frei. Ist das ein Deal?”

Silke nahm die Korken, ungläubig, da ihr der Trick kinderleicht erschien. Sie klemmte sich die Korken in die Daumenwurzeln und scheiterte, da sich bei ihr die beiden Korken unentwirrbar verhakten.

Hagen nahm ihr die Korken wieder ab.

„Pass auf, ich zeigs dir noch mal, gaaanz langsam, in slow motion sozusagen.”

Er führte seinen Trick sehr langsam noch einmal vor. Silke, hoch konzentriert, versuchte sich seine Fingerstellung genau einzuprägen.

„Also, das ist ja nicht so schwer. Haben wir einen Deal?”?Silke nickte, sicher es diesmal zu schaffen. Hagen überließ ihr die Korken. „Ist er in seinem -?”

Silke nickte und streckte als sichtbares Zeichen äußerster Konzentration ihre Zungenspitze aus dem Mundwinkel, als sie sich über die Korken her machte. Hagen schlenderte den Gang herunter, machte einen Abstecher in die Kaffeeküche und betrat mit einem dampfenden Cappuccino in der Hand Franjos Büro.

„Hi.”

„Hi, auf dem Werksgelände....”

„....gilt die Straßenverkehrsordnung“, unterbrach ihn Hagen. „Mit dem Spruch bin ich aufgewachsen. Ich dachte, der Senior genießt seine Altersteilzeit.”

Hagen und Franjo waren gemeinsam aufgewachsen und hatten auch gemeinsam in München studiert. Irgendwann waren sie zurückgekommen, um einige Illusionen ärmer, aber zumindest mit der Gewissheit, dass sie die Betriebe ihrer Väter übernehmen konnten und sich um ihre materielle Zukunft nicht wirklich zu sorgen brauchten.

„Planungsarbeiten abgeschlossen? Wo beginnen wir unsere Europatournee?“, wollte Hagen wissen.

Da beide keine Anhänger von Pauschalurlaubsreisen waren, wollten sie, wie jedes Jahr, mit kleinem Gepäck eine improvisierte Reise nach Süden unternehmen. Wie jedes Jahr, war Franjo derjenige, der die Planung übernahm.

„Ich hab was ganz Phantastisches aufgetan, das wird der Brüller.“ Franjo öffnete eine Website und deutete auf den Screen, der eine breit grinsende Fratze darstellte. Darüber der Name der Website TRANSADVENTURE und darunter der Firmenslogan: „Das ist kein Spiel“.

Hagen sah seinen Jugendfreund verständnislos an.

„Das ist das neueste Ding: CRG – Competition Reality Game“, verkündete der Fabrikantensohn triumphierend, „hab ich heute Morgen klar gemacht. Pass auf, das funktioniert so: Es gibt zehn Teams die bestimmte Aufgaben lösen müssen. Diese Aufgaben stellt der Puppet Master, der Strippenzieher und zwar via Internet. Gelöst werden diese Aufgaben in der realen Welt. Zehn Teams für zehn Aufgaben. Nach jeder Aufgabe scheidet ein Team aus. Der Gewinner kassiert zehn Riesen.

Hagen hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon sein Freund die ganze Zeit sprach. Er war davon ausgegangen, dass sie sich ohne festes Ziel, einfach ihren spontanen Eingebungen folgend auf den Weg machen würden. Hagen schüttelte den Kopf und zog seinen Mundwinkel nach oben, deutliches Zeichen verstärkten Unbehagens.

„Ich dachte wir..“

„Jetzt bleib mal locker“, unterbrach ihn Franjo. „Das wird cool, glaub mir, ich habe gerade noch den letzten freien Platz ergattert. Wir fahren an den Ort, an dem die erste Aufgabe zu lösen ist, lösen sie und bekommen dann die nächste Aufgabe gestellt. Das geht durch ganz Europa.“

„Und woher kommen die zehn Riesen?“

„Jeder Teilnehmer zahlt tausend Euro, and the winner takes it all.“

„Nur damit wir uns richtig verstehen. Du hast tausend Euro für diesen Quatsch bezahlt?“

Franjo nickte.

„Tickst du noch ganz sauber? Ich meine, du läufst doch nicht ganz rund. Was ist, wenn das Ganze ein riesengroßer Nepp ist und wir am Ende die Wurst ziehen? Jetzt mal im Ernst, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mich im Urlaub von einem – wie heißt der Vogel?“

„Puppet Master.“

„Was auch immer durch die Gegend scheuchen lasse. Ich will Spaß haben. Tausend Euro, ich fasse es nicht.“

„Vergiss die Kohle, das ist mein Geld. Und bleib mal ganz locker. Spaß werden wir auf jeden Fall haben. Was kann schon passieren? Wir haben eh kein festes Ziel und ein bisschen Competition ist immer gut. Das hier ist die Zukunft, glaube mir. Du zockst, ich zocke, nur in Zukunft passiert das nicht mehr ausschließlich vor dem Rechner, sondern im wirklichen Leben. Wir beide gegen die Anderen. Das ist das neue Ding. Das ist so wie WOW, nur besser und wir sind die Ersten die das machen.“

„Das ist doch Scheiße.“

„Das ist es eben nicht. Das ist ja das Revolutionäre. Hier ist alles drin. Die Aufgaben bekommen wir über das Internet oder per Handy. Wir schalten unsere Gegner aus, gewinnen und lassen es dann richtig krachen. Das ist doch Bombe.“

„Ich weiß nicht.“ Hagens Skepsis war nicht einmal ansatzweise überwunden. Lediglich die Vorstellung sich mit anderen Spielern zu messen, gefiel ihm. Es hatte ihm immer Unbehagen bereitet, nicht zu wissen, gegen wen man bei „World of Warcraft“ eigentlich antrat. „ Was soll da überhaupt gemacht werden? Haben wir schon eine Aufgabe? Lass mal sehen.“

„Wir müssen uns erst einmal akkreditieren“, erklärte Franjo und startete das Programm.

Nach wenigen Augenblicken erschien eine Flash Animation auf dem Screen. Eine Art mittelalterlicher Hofnarr, kantiger Unterkiefer, mit grün/ rot gestreifter Schellenmütze und einem eng ansitzenden Kostüm im gleichen Farbmuster zappelte über den Bildschirm. Er näherte sich dem Betrachter, bis nur noch wenig mehr als sein Auge zu sehen war. Dann erhob er seine krächzende Stimme.

„Liebe Mitspieler, wir freuen uns, dass ihr Euch zur Teilnahme an unserem kleinen Spiel bereit erklärt habt, und gratulieren Euch zu dieser Entscheidung. Ihr werdet in den kommenden Tagen Hinweise erhalten, die es Euch ermöglichen, zehn vorgegebene Aufgaben an zehn verschiedenen Orten in ganz Europa zu lösen. Diese Hinweise werden Euch per Handy übermittelt, also gebt jetzt Eure Handynummer ein, hopp hopp hopp.“

Ein Pop-up Menü erschien und Franjo gab seine Handynummer ein.

„Danke“, krähte die Stimme des Narren, der mit seiner Spielanleitung fortfuhr.

„Neben den Hinweisen, die Ihr direkt über das Handy erhalten werdet, könnt Ihr Euch auf der Transadventure Website über den aktuellen Spielverlauf informieren. Zusätzlich zu diesen Hinweisen erhaltet Ihr eine Reihe weiterer, versteckter Hinweise. Genau genommen finden sich überall versteckte Hinweise.“

Der Hofnarr sprang umher, gab einige seltsam verrenkte Bewegungen, die er mit seltsamen Lauten untermalte, zum Besten und fuhr dann fort:

„Ein wesentliches Merkmal unseres gemeinsamen Spieles ist Beweglichkeit und Schnelligkeit. Nach jeder Spielrunde scheidet derjenige aus, der die Aufgabe als Letzter gelöst hat oder an der Aufgabe gescheitert ist. Durch dieses Verfahren wird die Zahl der Mitspieler in jedem Durchlauf sinken und die Chancen der Verbliebenen steigen. Seid also wachsam. Eine direkte Kommunikation mit der Spielleitung ist nicht möglich. Das Spiel beginnt unmittelbar, nachdem ihr eurer Kennwort eingegeben habt. Euer Kennwort lautet...“ Der Narr verschwand für einen Augenblick und das Kennwort erschien auf dem Screen.

„Congomania?“, fragte Hagen verdutzt.

„Genau, Congomania“, bestätigte Franjo und drückte auf den „save“ Button, woraufhin der Narr erneut erschien und mit seiner Schellenmütze bimmelte.

„Viel Vergnügen und viel Erfolg.“

Hagen verdrehte die Augen und sah seinen Freund von oben herab an.

„Wir werden uns die erste Aufgabe ansehen und dann entscheiden, ob wir mitmachen. Aber erzähl das bloß keinem. Ich will mich nämlich nicht zum Gespött der Leute machen.“

Hagen ging ein paar Schritte zum CD Ständer und inspizierte die Hüllen, die offen neben der Anlage herumlagen.

„Das geht ja fix. Hier ist schon die erste Aufgabe. Es ist ein Rätsel. Pass auf.”

IHR STEHT AUF DER GÄSTELISTE, ZU ZWEIT WENN HENRY ZU BIRDS GEBURTSTAG SCHREIT

Hagen und Franjo sahen einander ratlos an.?„Bird? Thunderbird, Firebird, Big Bird, Donald Byrd?”, rätselte Hagen.

Franjos graue Zellen arbeiteten fieberhaft.?„Donald Byrd schreibt sich mit y, aber das Genre ist richtig. Bird ist der Spitzname von Charly Parker.”

Hagen verzog den Mundwinkel und winkte skeptisch ab.

“Wenn das mal keine Verarsche ist.“

“Unsinn, das ist ein Spiel, wir haben uns entschlossen mitzumachen. Ende aus Mickey Maus. Wir ziehen das jetzt durch.“

„Du bist ein klassischer Nerd. Dein ganzer Speicher ist voll mit blödsinnigem Technik-Schnickschnack. Sobald was Neues rauskommt, bist du der Erste, der es kauft, egal was es ist.“

Franjo schüttelte den Kopf. „Ich bin ein Early Adopter. Und jetzt möchte ich davon nichts mehr hören.“ Franjo klang ernsthaft genervt. „Ich weiß gar nicht was du willst. Charly Parker, das hört sich doch gut an. Wir scheinen es hier mit gebildeten Leuten zu tun zu haben. Also, auf geht’s, wir müssen den Geburtstag von Charly Parker googlen.”

Er hastete mit den Fingern über die Tastatur.

„Charly Parker, 29. August. Das ist heute. Hätte man auch selbst drauf kommen können. Jetzt müssen wir nur noch rauskriegen, wo heute Abend jemand schreit der Henry heißt.”

Franjo fischte eine Zigarette aus der Schachtel.

„Henry Rollins ist der Szene-Schreihals, guck nach wo der spielt und schon haben wir unseren Zielort. Übrigens, ist die Karre gekommen? Ich hab die gar nicht auf dem Hof stehen sehen?”

„Heut Morgen, ist bereits angemeldet und vollgetankt. Steht in der Halle.”

„Gut, ich lade das Gepäck um und warte im Wagen.”

Franjo warf ihm den Schlüssel zu, ohne vom Bildschirm aufzusehen.

Hagen wog den Schlüssel in der Hand als könne er auf diese Weise den Wert des Wagens ermitteln.

Silke war immer noch mit den Korken beschäftigt. Hagen nahm sie ihr ab. „Vorhin hab ich es beinahe -”

„Also gut Schatz. Das ist deine letzte Chance. Guck genau hin, ich mache es noch mal für dich. Gaaanz langsam.”

Hagen klemmte die Korken in die Daumenwurzeln, bewegte die Hände ganz langsam hin und her und fingerte mit den verdrehten Händen die Korken so aus den Daumenwurzeln.

Silke grapschte nach den Korken, wiederum sicher, es diesmal bewerkstelligen zu können. Auch diesmal blockierten sich die Korken und ihre Finger scheiterten an dem Versuch, den richtigen Griff zu finden.

„Das war’s Schätzchen. Tut mir leid, aber du hast verloren. Ich habe also einen Wunsch frei.“ Hagen genoss diesen kurzen Augenblick der Macht und lächelte diabolisch. „Wenn ich zurück bin, werden wir zusammen auf das Sommerfest gehen. Okay? Das ganze Programm, von drei Uhr nachmittags bis drei Uhr nachts. Auf deine Kosten versteht sich. Einverstanden?”

Man konnte Silke deutlich eine gewisse Erleichterung ansehen, sie hatte mit einem unverschämteren Wunsch gerechnet. Sie nickte. Hagen ging zur Tür, blieb stehen, kam noch einmal zurück, und nahm ihr die Korken ab.

„Schönen Urlaub.”?Hagen winkte, ohne sich umzusehen.

Franjo war gerade im Begriff das Büro zu verlassen als der Senior auftauchte. Er reichte ihm einen Zettel.

„Hier, das sind die Telefonnummern unserer Vertriebsleute, sowie die Nummer unseres Anwalts, falls Ihr in Schwierigkeiten geratet, womit man leider rechnen muss. Hast du dich von deiner Schwester verabschiedet?

Franjo steckte den Zettel ein, „Danke, ja heute Morgen, und mach dir keine Sorgen.”

„Viel Spaß.”? Schon vor der Halle waren die hämmernden Beats aus dem Wagen zu hören.

Franjo stellte seinen Alukoffer ab und deutete mit einer Geste an, dass Hagen auf dem Beifahrersitz Platz nehmen solle.

Franjo hatte eine besondere Macke, was Autos anging. Er fuhr keinen Wagen länger als ein Jahr. Auch favorisierte er keine bestimmte Marke, sondern war im Gegenteil darauf bedacht möglichst viele exotische Marken zu testen. In diesem Jahr hatte er sich für einen Gran Turismo entschieden. Dunkelblau mit cognacfarbenem Interieur.

Franjo öffnete den Kofferraum und stellte seinen Pilotenkoffer neben die Reisetasche. Der Koffer war randvoll mit allerlei technischem Schnickschnack.

Franjo nahm Platz, wobei er äußerste Sorgfalt auf die perfekte Einstellung von Sitz, Lenkrad und Außenspiegel verwendete.

„Henry Rollins spielt in Düsseldorf, das ist unser erster Zielort.” Er startete den Motor, schaltete das Navigationssystem ein und gab die Adresse ein.

Beim Hinausfahren warf er einen Blick auf das Bürofenster seines Vaters, hinter dem er dessen Silhouette wahrnehmen konnte.

„Wie heißt der Laden in dem er spielt?“, wollte Hagen wissen, während er sich an der elektrischen Sitzverstellung zu schaffen machte.

„Tor 3.“?„Hört sich gut an.“

„Musik?“

Franjo konnte sich ein süffisantes Lächeln nicht verkneifen: „iPod, wir haben mehr als sechstausend Titel dabei. Soviel zum Thema ich kaufe jedes überflüssige Gadget.“

„Gut, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Wir sind alle froh, dass die CD Ära zu Ende ist“, erwiderte Hagen.

„Und wer hat´s erfunden?“

„Ist ja schon gut. Ich sag nichts.“ Hagen verstaute diverse Utensilien im Handschuhfach und den anderen Ablagefächern.

Anschließend wandte er sich den diversen Schaltern und Knöpfen zu, die sich in seiner Reichweite befanden.

„In 200m rechts abbiegen, vermeldete das Navi und präzisierte wenig später, „jetzt rechts abbiegen zur Autobahn.“

Franjo versuchte Hagen mit einem strengen Blick von dessen Instrumenten Check abzuhalten. Nachdem Scheibenwischer, Warnblinkanlage, Belüftung und Klimaanlage auf ihre Funktionstüchtigkeit hin geprüft waren und die passende Lautstärke eingestellt, erreichten sie die Autobahn.

Hagen drückte auf den Zigarettenanzünder. „Lass mal die Pferdchen raus, ich meine, wir wollen uns doch mal ein Bild von der Performance machen.”

Franjos Gasfuß reagierte nicht.

„Immer schön langsam, der muss erst eingefahren werden.“

„Einfahren, Blödsinn, das ist ein alter Aberglaube aus dem Dampfmaschinen Zeitalter. Moderne Verbrennungsmotoren müssen von Anfang an die strenge Hand des Meisters spüren.”

Franjo fummelte eine Zigarette aus der Jackentasche und entzündete sie am Anzünder.

„Nach Düsseldorf sind’s”, Franjo sah auf sein Navigationssystem: „Dreieinhalb Stunden.”

Hagen schüttelte den Kopf. „Das ist die Ansage für einen Diesel mit Wohnwagen im Schlepp. Wir haben vierhundert PS unter der Haube und ich denke es ist an der Zeit die anderen dreihundertfünfzig raus zu lassen.“

„Warum die Hektik? Wir haben keine Eile, das Wetter ist perfekt und für Unterhaltung ist auch gesorgt, Transadventure sei Dank. Was willst du mehr?”

„Transadventure, ich weiß nicht“, monierte Hagen. „Ich bleibe dabei, das ist ein Nepp. Nepper, Schlepper, Bauernfänger im Cyberspace. Ich hab noch nie was von diesem Reality Game Quatsch gehört. Ich meine in irgendeiner Szene Zeitschrift hätte doch was darüber stehen müssen.“

„Genau darum geht es doch. Wir sind die ersten, die das machen. Gecheckt? Wir sind die Avantgarde. Wenn die Szenezeitschriften berichten, dann über uns. Wenn die berichten, werden wir schon Legende sein. Ich beabsichtige nämlich, dieses Spiel zu gewinnen.“

„Gewinnen ist cool.“ Hagen genoss die Blicke der anderen Verkehrsteilnehmer und war bemüht, niemanden anzusehen. „Und was machen wir jetzt als Erstes? Ich meine, wir fahren zu diesem Konzert, Rollins, das ist ja OK, da kann man nicht meckern, aber was sollen wir da machen? Was für eine Aufgabe sollen wir lösen?“

Franjo schüttelte entnervt den Kopf. „Lass die Sache doch mal locker angehen. Das werden die uns schon sagen. Ich weiß auch nicht mehr als du. Auf jeden Fall sollten wir die Augen aufhalten. Mich interessiert besonders, wer außer uns noch an diesem Spiel teilnimmt. Schließlich kann nur einer gewinnen. Und das heißt, dass wir gegen die Anderen spielen müssen. Das muss doch deinen sportlichen Ehrgeiz wecken, oder?“

„Und wo werden wir pennen?“ wollte Hagen wissen.

„Keine Ahnung, wir checken in irgendeinem Hotel ein, ich versteh das ganze Rumgemecker nicht. Wir waren uns doch einig, dass für unseren Urlaub nichts von der Stange in Frage kommt und jetzt kommst du die ganze Zeit mit diesen Pauchalurlauberbedenken.“

„Is ja schon gut“, wiegelte Hagen ab, „auf jeden Fall sollten wir einen Schlenker über Holland machen. Wir haben nur fünf Gramm Koks, ein bisschen Gras, zehn Ecstasys zweifelhafter Herkunft und das Speed, das du dir letzten Samstag hast andrehen lassen.“

„Ja ja ja. Dir wäre das nicht passiert.“

„Nein, wär’s mir auch nicht. Man kauft nicht bei Leuten die man nicht kennt. Das weiß doch jeder.“

„Dann bin ich ja mal gespannt, wie du deinen Einkauf in Holland abwickelst.“

Hagen fummelte an der elektrischen Sitzverstellung herum. „Das ist was ganz Anderes. Der Drogenhandel ist für den Holländer, was der Uhrenhandel für den Schweizer ist. Eine Frage der nationalen Identität und damit eine Ehrensache.“

Der Maserati machte sich gut auf der Überholspur und sie kamen zügig voran.

Franjo hatte sich auf die Reise akribisch vorbereitet und eigens eine Playlist für die Reise zusammengestellt. Er begann mit englischer Gitarrenmusik der leichteren Gangart, wobei er größten Wert darauf legte, ausschließlich Titel zu spielen, die niemals im Radio zu hören waren. Zumindest nicht auf den Sendern, die man im Hoheitsgebiet des Südwestdeutschen Rundfunks terrestrisch empfangen konnte.

Die Stimme von Chuck Mosley fügte sich weich in den Schwung der Asphaltbahn, die aus einer Zeit stammte, als nicht Technokraten sondern

Szenographen den Straßenlauf bestimmten, der sich in einer gekonnten Abfolge seichter Vollgaskurven durch die Idylle des Taunus fädelte, so, als sei die Landschaftskulisse einem kitschigen Heimatfilm aus den Fünfzigern entliehen.

„Was ich an Chuck Mosley liebe,“ dozierte Franjo, „ist, dass er in seinen soften Songs wie Elvis Costello klingt und in seinen harten Songs eine ganz eigene, unverwechselbare Stimmcharakteristik entwickelt. „Faith no more“ hat nach dem Abgang von Chuck Mosley für mich aufgehört zu existieren.“

„Geiler Sound“, bestätigte Hagen, der aus einem ganz anderen Film gerissen wurde. Er hatte sich gerade ausgemalt, wie er Silke auf dem Sommerfest rumkriegen würde. Hagen hatte eine eigene Methode entwickelt, mit der er eine rekordverdächtige Erfolgsquote erzielte. Die Prosecco Falle.

Seine Methode beruhte auf der simplen Erkenntnis, dass alle jungen Frauen Prosecco mochten und alle jungen Frauen sehr genau wussten, wie viel Prosecco sie vertrugen. Hagens Trick bestand darin, dem Prosecco heimlich Wodka beizumischen, der, geschmacklos wie er ist, ein perfektes Additiv darstellte. Nach drei Prosecco war die Dame seiner Wahl in der Regel enthemmt genug, um seinem Anliegen nachzugeben. Moralische Bedenken waren ihm nie gekommen.

Hagen war gedanklich gerade an der Stelle angekommen, wo er Silkes Nippel zärtlich mit seinen Zähnen bearbeiten würde. Er rückte die ansatzweise aufgetretene Erektion mit seiner Hand zurecht und kramte zwei Zigaretten aus der Schachtel, entzündete beide und reichte eine weiter.

„Wo sind wir denn hier überhaupt?“

„Keine Ahnung, irgendwo vor Frankfurt. Pass mal auf, die Kiste ist unglaublich, wir haben fast zweihundert drauf und wenn ich jetzt aufs Gas gehe“, er trat das Pedal durch, „dann geht noch richtig was.“

„Geht gut“, bemerkte Hagen, „was mich noch mehr überzeugt, ist der Sound. Wirklich Bombe. Unglaublich, was da hinten rauskommt.“

Trotz mehrmaliger Versuche, zuletzt mit geschlossenen Augen, gelang es Hagen nicht, sich wieder in seine Sexphantasie zurückzuversetzen.

Franjo schaltete das Autoradio ein.

„Bitte nicht“, bettelte Hagen, „ich kann dieses Radiogesülze wirklich nicht ertragen.“

„Nur kurz die Nachrichten und die Verkehrsmeldungen“, warf Franjo ein.

„Brüssel. Aufgrund massiver Proteste von Menschenrechtsorganisationen hat die belgische Sabena ihre Cargoflüge in den Kongo mit sofortiger Wirkung eingestellt. Ein Unternehmenssprecher teilte mit, man wolle durch diese Maßnahme dazu beitragen, den Waffenhandel in dieser durch Rebellengruppen

kontrollierten Region einzudämmen. Außenminister Steinmeier ließ erklären, die Bundesregierung begrüße diesen Schritt und werde die Situation im Kongo auf die Tagesordnung der kommenden Außenministerkonferenz setzen.

Und nun zum Sport. Am frühen Abend wurde der Kader für das Länderspiel gegen England vorgestellt. Der Bundestrainer erklärte, man werde mit dem bewährten Konzept gegen England antreten. Das Wetter.“

Franjo drehte den Ton leiser. „Hast du das gehört?“

„Der Kick gegen die Inselaffen, was solls...“

„Nein, ich meine die Meldung davor, die Vorfälle im Kongo.“

Hagen sah Franjo ratlos an. „Keine Ahnung, was da unten los ist, wen interessiert Afrika?“

„Ich dachte ja nur, vielleicht ist es ein Hinweis.“ „Ein Hinweis, worauf?“

„Na du weißt schon. Unser Kennwort, Congomania, und jetzt diese Meldung. Ich meine, er hat gesagt alles kann ein Hinweis sein...“

Hagen schüttelte verständnislos den Kopf.

„Glaubst du, dieser Affe mit dem Schellenbaum auf dem Kopf hat Einfluss auf die Nachrichtenredaktion der deutschen Welle? Du bist echt paranoid.“

„War ja bloß so eine Idee.“

Hagen deutete auf das Hinweisschild vor ihnen, „fahr mal auf den Rastplatz, sei so gut. Ich muss pissen.“

Hagen übernahm das Steuer und sie setzten ihren Weg fort.?„Thank you, Thank you very much“, klang es aus den Boxen. Franjo drehte die Lautstärke auf.

„Das ist der totale Hammer, eigentlich ist der Track längst über seinem musikalischen Verfallsdatum, aber weil man ihn immer noch hören kann habe ich ihn zum Klassiker erklärt.“

Synchron zum Sänger Perry Farrel stimmten Hagen und Franjo in die erste Textzeile ein: „Jane says, I´m done with Sergio, he treats me like a ragdoll.“

Verständnislos betrachteten die anderen Verkehrsteilnehmer Hagen und Franjo, die laut singend, mit den Händen auf Lenkrad und Armaturenbrett hämmernd, die Überholspur unsicher machten. Der Stadt entgegen, die ihrem Namen nach immer ein Dorf bleiben würde.

Das schwarze Coupé fädelte sich in den Stadtverkehr ein und Hagen sah den jungen Frauen hinterher. Franjo hatte das Navi ausgeschaltet, da es für das Konzert noch zu früh war und sie beschlossen hatten, in der Stadt einen Kaffee zu nehmen. Er versuchte sich zu orientieren, mit einem Auge auf der Suche nach einem ansprechenden Café, mit dem Anderen auf der Suche nach einem Parkplatz.

„Hier das sieht doch ganz amtlich aus“, warf Hagen ein. Sie bogen auf den Parkplatz neben den Schadowarkaden und stiegen aus.

„Ist das die Kö?”

Franjo vergewisserte sich, dass keine Wertgegenstände sichtbar waren und verschloss den Wagen im Weggehen per Fernbedienung und zwar ohne sich umzudrehen, statt dessen auf das Geräusch der Zentralverriegelung achtend, so wie er es am Abend zuvor geübt hatte.

„Sieht nicht so aus.”

Sie betraten die Terrasse des Poccinos. Franjo bemerkte den Zeitschriftenladen.

„Bestell mir einen Milchkaffee.”

Franjo kam mit der örtlichen Szenezeitschrift in der Hand zurück und begann darin zu blättern.

„Da. Tor 3, Ronsdorferstrasse. Henry Rollins. Beginn 19.00 Uhr. Das heißt, wir haben noch jede Menge Zeit.”

Hagen hatte seinen Blick fest auf die Schönen am Nebentisch geheftet.?„ Und du bist sicher, dass wir auf der Gästeliste stehen?”, wollte Hagen wissen.

„So steht’s geschrieben.”

„Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass Transadventure so eine „Versteckte Kamera Scheiße“ sein könnte, bei der wir und bis auf die Knochen blamieren und dann zum Gespött der Leute werden, wenn wir zurückkommen?”

„Warten wir’s ab.”

Hagen versuchte ein charmantes Lächeln bei den Damen am Nebentisch, die sich aber sofort abwendeten, als er seine verspiegelte Sonnenbrille aufsetzte.

„Egal was passiert, wir fahren auf jeden Fall nach Holland.” „Klar.”

Paris

Franjo lief im Raum auf und ab, während er sprach. Sein Anwalt zeichnete abstrakte Muster auf ein leeres weißes Blatt Papier. Er sah besorgt aus.

„Wie Sie wissen, hat sich die von Ihnen angegebene Webadresse als nicht existent erwiesen. Wenn Ihr Kollege, wie Sie gerade ausführten, die ganze Zeit über Zweifel an der Seriosität dieses Spiels hatte, müssen Sie doch daran gedacht haben, das Spiel in irgendeiner Weise zu dokumentieren.“

„Was heißt hier dokumentieren?“, warf Franjo verärgert ein, „ wir gehören nicht zu der Sorte von Erbsenzählern, die im Hotel einen tropfenden Wasserhahn suchen, um dann den Reiseveranstalter zu verklagen. Wenn sich das Spiel als Nepp herausgestellt hätte, wären wir auf eigene Faust weiter gezogen, das Spiel war eine Option, nicht mehr und nicht weniger.“

M. Radiguet nickte. „Ich verstehe. Wir können nicht mehr machen, als nach Belegen zu suchen, die Ihre Darstellung des Sachverhaltes bestätigen. Das was zurzeit auf dem Tisch liegt“, er deutete auf die Trophäensammlung aus dem Beutel, „ ist eine Konzertkarte, der Abspülmechanismus einer Herrentoilette, ein zerrissenes T-Shirt, eine Haschpfeife und ein-” er wies auf das Scratchpad und suchte nach einem Wort –

„Ein Scratchpad“, kam ihm Franjo zur Hilfe. „Was auch immer. Vor Gericht dient das bestenfalls zur Belustigung der Geschworenen. Darauf kann man beim besten Willen keine Verteidigung aufbauen. Aber fahren Sie fort. Vielleicht finden wir ja einen Anhaltspunkt, der uns weiterhilft. Sie sind also in Düsseldorf angekommen

Paranoid

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