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New York 1991

Steve Tierney nahm das Diktiergerät zur Hand und versuchte zum letzten Mal, endlich seinen Bericht abzuschließen. Aber im Grunde wusste er, dass es auch diesmal nichts werden würde. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Als sein Blick seitwärts ging, sah er seine eigene Hand ein wenig zittern.

Ich bin schon weit gekommen!, durchfuhr es ihn. Er atmete tief durch, erhob sich von seinem unbequemen Bürostuhl und legte das Diktiergerät auf den unaufgeräumten Schreibtisch. Tierneys Büro lag in der Lower East Side, weil er sich nichts Teureres leisten konnte. Doch jetzt hatte er vielleicht die Chance, den Aufstieg vom Schmalspur-Schnüffler zum Gentleman-Ermittler zu schaffen. Aber die Sache war noch nicht sicher. Sie stand auf Messers Schneide und wenn er Pech hatte, schnitt ihm dieses Messer am Ende die Kehle durch. Tierney musste höllisch aufpassen und wusste das auch. Aber die Versuchung war einfach zu groß gewesen. Eine solche Chance gab es nicht zweimal...

Tierney trat ans Fenster und blickte hinaus in die Dunkelheit. Es war schon spät. Eigentlich hatte er längst zu Hause sein wollen, aber in seinem Job durfte man nicht auf die Uhr schauen.

Er dachte plötzlich an seine Frau Karen und an Michael, seinen Sohn, der in ein paar Wochen zehn Jahre alt wurde. Um ihretwillen hätte ich mich nie auf diese verdammte Geschichte einlassen sollen!, ging es ihm schmerzhaft durch den Kopf. Aber jetzt war es zu spät dafür, irgendetwas zu bereuen. Jetzt musste er die Sache durchstehen und hoffen, dass alles gut ging. Wenn die Sache ausgestanden war, würden sie alle drei davon profitieren und eine bessere Zukunft haben. Keine nächtlichen Observationen von untreuen Ehemännern mehr, kein stundenlanges Herumlungern in der Nähe von Geldautomaten mehr, um irgendwelchen Scheckkartenbetrügern auf die Spur zu kommen...

Security Consulting für große Unternehmen - etwas in der Art schwebte Tierney für die Zukunft vor. Mit festen Bürostunden nach Möglichkeit. Und natürlich mit mehr Zeit für seine Familie.

In diesem Moment zuckte Tierney unwillkürlich zusammen. Das passierte ihm jetzt öfter. Seine Nerven hatten ziemlich gelitten, seit er in dieser Sache drin hing. Er hatte ein Geräusch an der Tür gehört. Jemand drückte auf die Klingel, aber die funktionierte schon seit langem nicht mehr. Also klopfte es eine Sekunde später.

Tierney hatte sein Schulterholster abgeschnallt und auf den Schreibtisch gelegt. Jetzt ging sein Griff dorthin, um die Waffe in die Hand zu bekommen. Es war eine Beretta und er fühlte sich schon wesentlich besser, als er den Pistolengriff in seiner Rechten spürte.

Mit der Waffe im Anschlag ging er in Richtung Tür, an der es zum zweitenmal klopfte, diesmal schon etwas ungeduldiger.

Tierney warf einen Blick durch den Spion. Im Flur stand ein Mann, den er nicht kannte.

"Was wollen Sie?", rief Tierney.

"Machen Sie auf, ich muss mit Ihnen sprechen!", kam es durch die Tür. "Aber nicht so, dass alle Welt das mitbekommt! Oder nehmen Sie keine Klienten mehr an?"

Tierney überlegte kurz. In seinem Hirn arbeitet es fieberhaft. Der Kerl da draußen war vermutlich kein Klient - obwohl Tierney dafür bekannt war, dass man ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichen konnte. Aber in seiner jetzigen Lage glaubte er einfach nicht daran. Viel näherliegender war eine andere Möglichkeit. Jemand hatte vermutlich eine Art bezahlten Todesengel vorbeigeschickt, um Steve Tierney loszuwerden.

"Einen Moment!", rief Tierney, ohne die Absicht zu haben, dem Fremden wirklich zu öffnen. Er wollte nur Zeit gewinnen. Tierney schlich rückwärts und blickte sich in seinem schäbigen Büro um, in dem er jetzt wie in einer Mausefalle saß. Er hatte keine Chance hinauszukommen. Es gab keinen Balkon, keine Feuerleiter, nicht einmal die Möglichkeit zu einen Sprung aus dem Fenster, dessen Rahmen sich so verzogen hatte, dass er es im Winter hatte festnageln müssen, um nicht bei der Erledigung des leidigen Bürokrams zu erfrieren.

In Tierneys Büro gab es kaum Deckung. Es war kein Ort, um sich dort zu verstecken. Die Einrichtung war karg. Außer dem Schreibtisch befanden sich da nur ein paar selbsttragende Regale an den Wänden, in denen er die Akten mit seinen Ermittlungsunterlagen aufbewahrte.

Tierney war gerade bis zum Schreibtisch gekommen, da gab es ein hässliches Geräusch. Es klang fast so, als hätte jemand kräftig geniest, aber Tierney wusste, dass es etwas anderes war.

Eine Pistole mit Schalldämpfer! Der Kerl hatte kurzerhand das Schloss zerschossen. Die Tür öffnete sich einen Spalt.

Tierney machte das Licht aus und ging hinter dem Schreibtisch in Deckung. Dann entsicherte er seine eigene Waffe. Er packte die Beretta mit beiden Händen und wartete einfach die nächsten Sekunden ab, die endlos langsam voranzuschreiten schienen. Das erste, was er durch die Tür kommen sah, war der langgezogene Schalldämpfer.

Einen Augenblick noch wartete er. So lange, bis der Kerl zur Hälfte hereingekommen war. Tierney sah von dem Eindringling nicht viel mehr als einen schattenhaften Umriss. Aber als Ziel reichte das völlig aus. Steve Tierney dachte gar nicht daran, zu warten, bis der Killer versuchte, ihn zu töten. Seine einzige Chance war, ihm zuvor zu kommen. Und so tauchte er aus seiner Deckung hervor, legte die Beretta an und feuerte.

Der Eindringling reagierte allerdings blitzschnell. Er ließ sich zur Seite fallen und dann machte es 'Plop!'. Dreimal schnell hintereinander feuerte der Killer und traf. Ein Ruck ging durch Tierneys Körper. Er taumelte nach hinten und riss seine Beretta noch einmal hoch, um zu feuern. Doch bevor er dazu Gelegenheit bekam, hatte der Killer noch einmal abgedrückt. Der Schuss traf Tierney direkt in der Brust. Die Kugel trat auf der anderen Seite wieder aus und ließ die Fensterscheibe zu Bruch gehen. Tierney wurde nach hinten gerissen, so dass er dann aus dem Fenster kippte. Sieben Stockwerke, das war schon ein ganz ordentlicher Sturz. Der Killer machte indessen das Licht wieder an.

Der Fenstersturz war eigentlich nicht geplant gewesen. Letztlich bedeutete er für den Killer aber nur, dass er jetzt schneller arbeiten musste. Eine Viertelstunde, so schätzte er, hatte er mindestens. Er warf einen kurzen Blick hinaus aus dem Fenster. Ein hässlicher Anblick.

Es war schon jemand bei dem Toten und hatte sich über ihn gebeugt, ein anderer kam herbei. Aber es würde niemand hinauf ins Büro kommen, solange nicht die Polizei eingetroffen war. Das wusste der Killer aus Erfahrung. So waren die Leute nun einmal. Sie wollten etwas sehen, aber sich in nichts hineinziehen lassen.

Der Killer steckte seine Pistole ein und wandte sich dann den Akten zu, mit denen Steve Tierney seine Regale vollgestellt hatte. Eine nach der anderen wurde herausgerissen, durchgeblättert und dann auf den Boden geworfen.

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