Читать книгу Heimat-Roman Extra Großband 6 Romane Juni 2017 - A. F. Morland - Страница 47
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ОглавлениеDie Abkürzung, die Peter vorgeschlagen hatte ging über steile Felsenhänge und an gefährlichen Spalten vorbei.
Das Unwetter, das sich über ihnen zusammenbraute, kam schneller heran, als selbst der bergerfahrene Krönacher erwartet hatte.
Die ersten Blitze begannen über den Himmel zu zucken. Das Donnergrollen blieb noch verhalten im Hintergrund.
"Unserer Tour stand net gerad unter einem guten Stern", erklärte der Peter missmutig. Er ahnte, was ein solches Wetter bedeuten konnte. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass er so etwas mitmachte, wenngleich es ihm ansonsten meistens gelungen war, rechtzeitig zurück zu sein.
Als ob die düsteren, schwerer werden Wolken dem Bergführer antworten wollten, krachte es plötzlich und ein ohrenbetäubender Donner grollte über sie hinweg.
Dann setzte der Regen ein.
Erst nur ein paar Tropfen, dann begann es wie aus Eimern zu gießen.
Nicht lange und die beiden Männer waren bis auf die Haut durchnässt. Dazu wurden die Hänge jetzt glitschig.
Dann erreichten sie einen Felsvorsprung, unter dm sich eine Art Kanzel befand, auf der es verhältnismäßig trocken war.
"Vielleicht warten wir hier das Schlimmste erst einmal ab, bevor wir weitergehen!", schlug Raimund vor.
Peter schien das zu widerstreben.
Seinem Gesicht war deutlich anzusehen, dass ihm dieser Gedanke nicht gefiel. Aber nach einem kurzen Blick um Himmel schien er einzusehen, dass der andere recht hatte.
"Gut", rief Peter.
Sie lagerten so dicht wie möglich an der Felswand. Der Vorsprung über ihnen wirkte wie ein Dach.
"Mei, wer hätte gedacht, dass sich das Wetter heute noch derart ändern würde!", meinte der Raimund respektvoll, während das Unwetter nur so toste.
Ein heftiger Wind zerrte an ihren Kleidern und Ausrüstungsgegenständen. Und den Hut mit dem Gamsbart, den der Peter auf dem Kopf getragen hatte, riss es hinab in die Tiefe. Nur wenige Augenblicke war er noch zu sehen.
"Vielleicht willst jetzt etwas von der Brotzeit", meinte der Raimund.
"Von dir nehm ich nix!"
"Aber mein Geld, das nimmst! Schließlich hast mich als Tourist hier heraufgeführt!"
"Pah! Das war nur, weil mein Vater die Tour mit der alten Sepha festgemacht hatte. Aber wenn ich gewusst hätt', wen ich da in die Berge führen soll... Mei!"
Raimund Wiesner begann indessen zu essen. Mochte dem Peter nun der Magen knurren oder nicht! Wenn er derart stur war, hatte er es nicht anders verdient.
Peter Krönacher sah Raimund indessen aufmerksam zu.
Und dann meinte er plötzlich: "Ich hab mich über dich erkundigt!"
"So?"
"Ein Herumtreiber bist! In der Welt bist herumgezogen, aber nix gelernt hast!"
Raimund hörte auf zu kauen.
"Das mag sein oder auch net! Dich geht's auf jeden Fall nix an, Kruzifix nochmal!"
"Die Marianne..."
"Wenn die Marianne dich net will, Krönacher, dann ist das net meine Sache! Damit hab ich nix zu tun!"
Aber da war der Peter anderer Ansicht. "Mit allem hast was zu tun! Wenn du dich net zwischen mich und die Marianne gedrängt hättest..."
"Mei, das hat doch keinen Sinn, Krönacher!", unterbrach Raimund ihn. "Lass uns net wieder von vorn mit unserem unseligen Streit anfangen!"
Peter seufzte und nickte schließlich.
"Gut", murmelte er. "Aber dann mal raus mit der Sprach, Wiesner! Was willst du eigentlich hier bei uns?" Dann erhob der Peter sich plötzlich und fragte: "Wie weit ist es schon zwischen dir und der Marianne?"
"Ich habe ihr ein paar Rosen geschenkt! Mei, das ist alles! Aber mit dir hat das Madel nix im Sinn, Krönacher! Sieh das endlich ein!"
Dann ertönte plötzlich ein dumpfes, unheimliches Geräusch, das sie beide für einen Moment erstarren ließ.
Sie sahen sich an und beiden ging es kalt über den Rücken.
Peter Krönacher wusste, was das war.
"Der Berg...", flüsterte er.
Im nächsten Moment begann dann, die Kanzel, auf der sich Peter und Raimund befanden wegzubrechen. Im wahrsten Sinne des Wortes verloren sie den festen Boden unter den Füßen.
"Wiesner!", rief der Krönacher-Peter verzweifelt, aber der junge Bergführer sah nur noch, wie Raimund im nächsten Augenblick mitsamt einer ungeheuren Masse von Geröll und Erdreich hinab in die Tiefe taumelte.
Dann spürte Peter selbst, wie unter ihm der Boden wegbrach.
Er strauchelte, hielt verzweifelt an einem der wenigen Sträucher fest und krabbelte dann ein Stück den Hang hinauf.
Überall brach das Erdreich weg und alles ergoss sich in einer gewaltigen Lawine in die Tiefe.
Ein furchtbarer Erdrutsch, wie er in den letzten Jahren immer öfter vorgekommen war, besonders bei plötzlichen starken Regenfällen.
So schnell, wie es geschehen war, war es auch schon vorbei.
Zitternd stand der Peter da und blickte hinab in die Tiefe.
Steil ging es den Hang hinab, aber der war jetzt weich und unberechenbar. Von dem Wiesner-Raimund war nichts mehr zu sehen.
Den Peter fröstelte.
Mei, ein tiefes Grab hat er gefunden!, wurde es dem jungen Bergführer klar. Er schluckte.
Das hatte er nun wirklich nicht gewollt, ganz gleich, was zuvor auch an großspurigem Gerede über seine Lippen gekommen war.
Es war furchtbar.
Und im Verlauf der nächsten Augenblicke wurde dem jungen Mann dann auch nach und nach klar, dass es wohl kaum mehr als der pure Zufall war, der ihn selbst gerettet hatte.
Der Regen platschte ihm ins Gesicht und der Wind zerrte an seinen nassen Kleidern. Und in all das mischten sich unmerklich ein paar Tränen hinein.
"Wiesner!", rief er ins Tal hinab.
Es gab ein schwaches Echo.
Und zur Antwort erhielt der Krönacher-Peter nichts weiter als ein dumpfes Donnergrollen.