Читать книгу Sammelband 6 Krimis: Tödlicher Rachefeldzug und andere Krimis für Strand und Ferien - A. F. Morland - Страница 50
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ARCHIBALD DUGGAN WARTETE auf einen Telefonanruf, der selbst für ihn Seltenheitswert hatte. Schon jetzt wusste Duggan: Der Anrufer würde ihn des Mordes bezichtigen.
Der CIA-Agent saß in einem kleinen Büroraum der amerikanischen Botschaft in Paris. Wenn er den Blick vom Schreibtisch hob, konnte er über die Grünflächen vor den Champs-Élysées hinweg die gesamte Place de la Concorde übersehen.
Auf der smaragdgrünen Schreibtischplatte lagen Berge von französischen Tageszeitungen, Illustrierten und Wochenzeitschriften herum. „Offiziell“ hatte Archibald die Aufgabe, alle Artikel, die für die Amerikaner interessant sein konnten, herauszuschneiden und nach bestimmten Richtlinien zu sortieren. Man hatte ihn als wissbegierigen Hospitanten eingeführt. In Wirklichkeit interessierten ihn ganz andere Dinge.
Duggan war allein in dem kaum zwanzig Quadratmeter großen, unglaublich hohen Raum. Das Ticken der elektrischen Uhr über der Tür war lange Zeit das einzige Geräusch, dann hupten unten auf der Avenue Gabriel ein paar Wagen. Wie so oft hing ein weicher Dunstschleier über den Dächern von Paris.
Archibald Duggan sah schlecht aus. Die blonden Haare hingen ein wenig wirr in die Stirn, die Augen saßen tief in ihren Höhlen. Ein breites Heftpflaster zierte den Hals, und auf dem Kinn war eine lange Schramme zu erkennen. Es sah so aus, als wäre Duggan mit den scharfen Krallen einer Katze in Berührung gekommen. Oder mit den langen Fingernägeln einer Dame ...
Jemand klopfte gegen die Tür. Duggan schreckte hoch. Aber es war nur Zicavo, der Pförtner. Ein sonnenverbrannter Korse von fast zwergenhaftem Wuchs. Aus einem der Mundwinkel hing ihm stets ein aufgeweichter Zigarettenstummel.
„Voilà!“, rief er und schleuderte Duggan einen zusammengeschnürten Zeitungspacken auf den Tisch. Dann warf er seinen zerkauten Zigarettenstummel in Duggans Aschbecher, wo sich schon an die zwanzig Kippen häuften. „Sie rauchen zu viel, Monsieur Duggan!“
„Hm ...“, brummte Archibald ungemütlich.
„Mein Gott, wie sehen Sie bloß aus!“ Zicavo trat unwillkürlich einen Schritt zurück. „Sind Sie krank?“
„Unsinn!“, fuhr Duggan ihn an. „Mir ist es noch nie so gut gegangen wie heute ...“
Kopfschüttelnd verließ der Korse den Raum.
Archibald Duggan war wieder mit sich und seinen Problemen allein.
Wieder klopfte es, und ehe Duggan das übliche „Herein!“, gemurmelt hatte, stand Wilbert Briggs im Raum.
„Ich suche den Leitartikel der ,La Nation'“, sagte Briggs, einer der kenntnisreichsten Männer der Dolmetscherabteilung.
„Hier ...“ Duggan reichte ihm den gewünschten Ausschnitt, vermied es aber, Briggs dabei anzuschauen.
„Was ist denn los mit Ihnen, Duggan?“, fragte nun auch Briggs. „Sind Sie auch ein Opfer des Pariser Nachtlebens geworden?“
„Ja ... Das heißt nein ...“, erwiderte Duggan stockend.
„Na, wird schon wieder werden“, lächelte Briggs, klopfte Duggan auf die Schulter und verließ das Büro.
Da endlich — das Telefon.
Duggan presste den weißen Hörer ans Ohr. „Hallo ...?“
„Sind Sie es, Duggan?“
„Allerdings ... Mit wem habe ich die Ehre ...?“
„Das werden Sie schon noch erfahren ...“ Der Mann am anderen Ende der Leitung hustete kurz. Er hatte englisch gesprochen, aber mit einem deutlichen französischen Akzent. Offenbar war er bemüht, seine Stimme zu verstellen. „Hören Sie, Duggan, wir wissen, dass Sie Yvette gekannt haben, Yvette vom ,Moulin Rouge' ...“
„Und?“, fragte Duggan zurück. Er bemühte sich, seine Stimme gepresst klingen zu lassen. „Ist das vielleicht strafbar?“
„Nein ... Aber es ist strafbar, sie zu ermorden!“
„Was ist ... was ist los?“, stotterte Duggan. Es wirkte sehr echt.
„Yvette ist vorgestern ermordet worden, Mr. Duggan! Und wir haben Beweise, dass Sie an dem Mord beteiligt waren. Hieb- und stichfeste Beweise, mein Lieber! Ein Wort bei der Polizei, ein kleiner Brief — und Sie können Ihre Privatwohnung für die nächsten zwanzig Jahre an andere vermieten ...“
„Verdammt!“, stieß Duggan hervor.
„Doch ein paar Geldscheine könnten die Sache schlagartig ändern ...“
„Combien?“, fragte Duggan, und mimte den Erregten. „Wie viel wollen Sie?“
„Fünftausend Dollar!“, kam es zurück.
„Soviel habe ich nicht ...“, stöhnte Duggan.
„Sie haben bis morgen Zeit, sagen wir vierzehn Uhr ... Dann sind Sie fällig. Ich melde mich wieder!“
Ein kurzes metallisches Knacken. Der Franzose hatte aufgelegt ...