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11. Kapitel

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Nach fünf Tagen durfte Anette Falkenberg das Bett verlassen. Sie war zwar noch ein bisschen wackelig auf den Beinen, aber sie sprach bereits davon, bald wieder im Geschäft zu stehen.

Vorläufig schmiss aber Sandra den Laden noch allein. Während einer Flaute in den Abendstunden schneite Dorothee Simonis zur Tür herein.

Sie kleidete sich zumeist so übertrieben sexy, dass es schon vulgär wirkte. Der Rock war zu kurz, der Pulli zu eng, sein Ausschnitt zu tief.

Von gutem Geschmack schien Dotty Simonis nichts zu halten. Sie wollte, dass die Leute sich nach ihr umdrehten, und das taten sie, um hinterher verständnislos den Kopf zu schütteln.

„Hi“, sagte Dotty und biss auf ihrem Kaugummi herum. „Nicht viel zu tun hier.“ Sie sah sich im leeren Geschäft um.

„Gerade mal eben“, erwiderte Sandra. „Dafür war heute Vormittag mehr los.“

Dotty zog die Mundwinkel zweifelnd nach unten. Sandra hätte sie am liebsten hinausgeworfen. Was will sie hier?, fragte sie sich. Aus purer Freundschaft besucht sie mich bestimmt nicht. Wir sind keine Freundinnen, werden es nie werden. Und kaufen wird sie hier wohl auch nichts, dafür sind ihr unsere Waren nämlich mit Sicherheit zu spießig. Also – weswegen ist sie hier?

Sandra musterte Dorothee Simonis kühl. „Hast du irgendeinen Wunsch?“

„Wer ist schon wunschlos?“

„Kann ich irgendetwas für dich tun?“

„Jeder kann für jeden irgendetwas tun.“

Was soll das blöde Gerede?, dachte Sandra verdrossen. Lass die Katze endlich aus dem Sack!

„Du bist nicht zufällig vorbeigekommen, richtig?“, fragte Sandra.

Dotty sah sich eine Handtasche an, öffnete alle Reißverschlüsse, fingerte in alle Fächer. „Na ja, ich hatte in der Nähe zu tun, und da dachte ich, ich schau’ mal bei dir rein. Besonders scheinst du dich über meinen Besuch ja nicht zu freuen.“ Sie legte die Handtasche zurück und sah Sandra in die Augen. „Du magst mich nicht, hm?“

Sandra war diese direkte Feststellung unangenehm. „Wie kommst du denn darauf?“

„Ich hab’ das so im Gefühl.“ Dotty zuckte mit den Schultern. „Man kann eben nicht jedem sympathisch sein. Ich jedenfalls habe nichts gegen dich.“

„Ich habe auch nichts gegen dich. Wir haben nur leider irgendwie nicht dieselbe Wellenlänge.“

„Finde ich schade.“ Dotty griff nach der nächsten Handtasche, unterzog auch sie einer genauen Inspektion. „Wie geht es deiner Großmutter?“

„Schon besser.“

„Muss ein schlimmer Schock für die alte Dame gewesen sein, von so einer reißenden Bestie angefallen zu werden.“ Dotty hängte sich den Tragriemen der Tasche über die Schulter. „Ich habe Hunde an und für sich gern, aber wenn sie Menschen angreifen, sollte man sie …“ Sie schüttelte den Riemen mit einem Schulterzucken ab. „Ich meine, es geht doch nicht an, dass man auf der Straße seines Lebens nicht mehr sicher ist.“ Sie legte die Handtasche achtlos beiseite. „Deine Großmutter liegt auch in der Wiesenhain-Klinik, nicht wahr?“

„Ja.“

Dotty trat näher und betrachtete Sandra genau. „Hat dein Gesicht wunderbar hingekriegt, dieser Dr. Krautmann. Scheint ein tüchtiger Arzt zu sein. Werden in der Wiesenhain-Klinik auch Schönheitsoperationen durchgeführt?“

„Ich finde nicht, dass du eine Schönheitsoperation nötig hast.“

„Ich frage nicht meinetwegen“, erwiderte Dorothee Simonis. „Meine Cousine leidet sehr darunter, dass sie so eine große Nase hat. Ein richtiger Geierschnabel ist das – lang, gebogen, schmal und spitz. Vielleicht können Dr. Krautmann und seine Kollegen ihr helfen. Ich kann ihr ja mal einen Tipp geben, wenn ich sie wiedersehe.“

Ich wette, sie hat gar keine Cousine, dachte Sandra. Sie redet einfach nur drauflos. Wann wird sie endlich sagen, was sie wirklich loswerden möchte?

„Du hättest Oliver erlauben sollen, dich zu besuchen, als du zur Schälkur in der Wiesenhain-Klinik warst“, sagte Dotty.

Kommt sie jetzt zur Sache?, überlegte Sandra. „Warum?“, fragte sie.

„Er hatte Langeweile.“

„Ich war kein schöner Anblick.“

„Er sehnte sich nach dir“, sagte Dotty Simonis.

„Ich wollte nicht, dass er mich so sieht.“

Dotty schüttelte nachsichtig lächelnd den Kopf. „Ich habe ihn abgelenkt, während du weg warst.“

Sandra überlief es kalt. Sie starrte Dorothee Simonis mit zusammengekniffenen Augen an. „Was heißt abgelenkt?“

„Na ja, ich hab’ so einiges mit ihm unternommen, um zu verhindern, dass er trübsinnig wird.“

Sandra hörte das Blut in ihren Ohren brausen. Sie hat versucht, mir Oliver auszuspannen, während ich im Krankenhaus war!, dachte sie wütend. „Was unternommen?“, hörte sie sich heiser fragen.

„Kino. Disco. Fahrten ins Grüne …“

Sandra sah vor ihrem inneren Auge, wie Oliver mit Dotty ins Grüne hinausfuhr, dorthin, wo er mit ihr schon gewesen war. Er breitete in unserem Wald, auf unserer Lichtung unsere Decke aus, dachte sie aufgewühlt, legte sich mit ihr drauf. Ein bisschen reden, ein bisschen streicheln, ein bisschen schmusen und dann … O Gott, Oliver, wenn du mir untreu geworden bist, wenn du mich mit diesem Flittchen betrogen hast, während ich diese Prozedur in der Wiesenhain-Klinik über mich ergehen ließ, dann – dann …

„Fahrten ins Grüne“, echote Sandra, nahe daran, einen Tobsuchtsanfall zu bekommen.

Dotty nickte mit einem triumphierenden Glitzern im Blick.

„Und was noch?“, krächzte Sandra.

„Du kannst sicher sein, dass es mir gelungen ist, ihn auf andere Gedanken zu bringen.“ Dorothee Simonis stemmte eitel die Hände in die Taille. „Ich weiß, wie man das macht.“

„Hast du ihn verführt?“ Es ging fast über Sandras Kräfte, das zu fragen.

„Oliver ist ein hübscher Junge.“

„Habt ihr miteinander geschlafen?“, wollte Sandra mit vibrierender Stimme wissen.

„Ich bin eigentlich nur hier, um dir zu sagen, dass ich dir Oliver jederzeit gern abnehme, wenn du keine Verwendung mehr für ihn hast.“

„Würdest du jetzt bitte gehen“, sagte Sandra ganz leise, und sie fügte in Gedanken aggressiv hinzu: Ehe ich einen Lustmord begehe!

Liebe auf der Station - 4 Arztromane: Liebe und Schicksal Großband 9/2021

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