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1. Kapitel

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„Hervorragend“, sagte Dr. Florian Krautmann. Er betrachtete sein bezauberndes Gegenüber und rieb sich zufrieden die Hände. „Ich denke, wir können mit dem Ergebnis zufrieden sein.“

„Das bin ich, Herr Doktor“, nickte die junge Patientin. „Sehr sogar.“

Sandra Falkenberg war mit Akneproblemen zu Florian Krautmann in die Wiesenhain-Klinik gekommen, und der Chefarzt hatte ihr zu einer Schälbehandlung unter ärztlicher Aufsicht geraten. Neben der wichtigen mechanisch-kosmetischen Basistherapie waren es im Wesentlichen zwei Präparate, deren Wirksamkeit erwiesen war: Benzoylperoxyd in unterschiedlichen Konzentrationen und Vitamin-A-Säure. Dr. Krautmann hatte letzterer den Vorzug gegeben. Die bei dieser Behandlung aufgetretene Entzündung war ein durchaus gewollter Effekt und kein Anlass zur Beunruhigung gewesen.

Als Sandra nach Abschluss der Behandlung wieder einen Blick in den Spiegel zu werfen wagte, war sie von dem erzielten Erfolg begeistert. „Ich habe eine Haut wie ein neugeborenes Baby“, strahlte sie.

Der Klinikchef warnte die junge Frau vor der gesteigerten Lichtempfindlichkeit der Haut nach Vitamin A-Säure-Anwendungen und verschrieb ihr einen Ovulationshemmer, der neben dem Östrogen ein Gestagen mit antiandrogener Wirkung enthielt. Solange Sandra Falkenberg bei dieser „Pille“ blieb, würde sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Akneprobleme mehr haben.

„Danke, Dr. Krautmann“, sagte Sandra glücklich. „Sie wissen nicht, was Sie für mich getan haben.“

„So schlimm war Ihre Akne doch gar nicht“, erwiderte der Chefarzt freundlich lächelnd.

„Ich habe mein Spiegelbild an manchen Tagen gehasst.“

Bei manchen Aknepatienten konnte der morgendliche Blick in den Spiegel jeden Tag aufs Neue Bitterkeit, Verzweiflung und Depressionen auslösen. Durch eine länger bestehende Akne konnte ein charakteristisches Persönlichkeitsbild mit misstrauischer Zurückhaltung, aggressiver Gespanntheit und angehäuften Schuldgefühlen entstehen. Das wusste Dr. Florian Krautmann. Aber Sandra Falkenberg war meilenweit davon entfernt gewesen, als sie zu ihm gekommen war, um sich von ihm helfen zu lassen.

Sie hätte ihr Spiegelbild nicht zu hassen brauchen. Sie war trotz ihrer Akne eine äußerst hübsche junge Frau gewesen.

Oliver Wiechert, ihr Freund, hatte sich auch überhaupt nicht an den wenigen Follikelentzündungen gestoßen, aber Sandra hatte sich eingebildet, dass diese wegen ihres angeschlagenen Selbstwertgefühls unbedingt weg müssten. Das waren sie nun – und Sandra war nach Langem wieder unbeschwert glücklich und mit ihrem Aussehen zufrieden.

Vor Kurzem waren Lisa und Julian, die achtzehnjährigen Krautmann-Zwillinge, zu der unternehmungslustigen Clique gestoßen, der auch Sandra Falkenberg und Oliver Wiechert angehörten. Vielleicht hatte das dazu geführt, dass Sandra sich an den Klinikchef um Hilfe gewandt hatte, und Florian freute sich, dass er seiner sympathischen Patientin helfen konnte.

„Lisa und Julian können auf ihren tüchtigen Vater stolz sein“, sagte Sandra. Sie senkte den Blick. „Ich habe leider keine Eltern mehr. Mein Vater starb an einer doppelseitigen Lungenentzündung, als ich noch nicht auf der Welt war. Meine Mutter folgte ihm fünf Monate nach meiner Geburt ins Grab. – Gehirntumor.“

„Kamen Sie ins Waisenhaus?“, fragte Florian Krautmann.

Sandra schüttelte den Kopf. „Meine Großeltern, die Eltern meines Vaters, nahmen mich zu sich und zogen mich auf.“

„Leben sie noch?“

„Nur meine Großmutter“, antwortete Sandra Falkenberg. „Sie ist vierundsechzig. Großvater ist vor zwei Jahren kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag von uns gegangen. Wir vermissen ihn sehr.“

„Lisa hat mir von einem Lederwarengeschäft erzählt, das Ihnen und Ihrer Großmutter gehört.“

„Man kann damit nicht gerade reich werden, aber am Hungertuch brauchen Oma Anette und ich auch nicht zu knabbern.“ Sandra schenkte Dr. Krautmann mit ihrem „neuen“ Gesicht ein bezauberndes Lächeln. „Wenn Sie mal einen schönen Aktenkoffer oder eine schicke Reisetasche brauchen, kommen Sie zu uns. Sie können mit einem Preisnachlass rechnen, wie Sie ihn sonst nirgendwo bekommen.“

„Ich werde mir Ihr Angebot merken“, nickte Florian Krautmann.

„Es gilt selbstverständlich für Ihre ganze Familie.“

„Sie sind sehr großzügig“, erwiderte der Chefarzt.

„Ich muss mich doch irgendwie für Ihre Hilfe bedanken.“

„Ich habe Ihnen gern geholfen.“ Sandra Falkenberg reichte dem Klinikchef die Hand, und das glückliche Strahlen ihrer braunen Augen wärmte sein Herz. „Auf Wiedersehen, Dr. Krautmann.“ Sie lächelte. „Es muss ja nicht unbedingt wieder in Ihrer Klinik sein.“

„Ich wünsche Ihnen alles Gute“, gab Florian Krautmann zurück, und die schöne Patientin verließ sein Büro. Ihr Gang wirkte so, als würde sie auf Wolken schweben.

Florian hatte mehr für ihre Seele als für ihr Gesicht getan, und es erfüllte ihn mit Freude, sie so glücklich und zufrieden gemacht zu haben.

Zehn Minuten nachdem Sandra Falkenberg sich verabschiedet hatte, klopfte Schwester Annegret an seine Tür. „Chef …“

„Was gibt’s, Annchen?“

Die grauhaarige Pflegerin trat seufzend ein. „Die arme Frau Schmidt …“

„Wie geht es ihr?“, erkundigte sich der Klinikchef.

„Sie hat seit dreißig Stunden Wehen. Die Zäpfchen und die Spritze wirken noch immer nicht. Die Frau ist schon ganz verzweifelt. Sie hängt seit zwei Stunden am Tropf, aber es geht nichts weiter. Das Baby will und will nicht kommen.“

„Was sagt der Wehenschreiber?“, fragte Dr. Krautmann.

„Wir kriegen immer dieselben Werte.“

„Ist das Baby okay?“, wollte Florian Krautmann wissen.

„Ja, mit dem Kind ist alles in Ordnung.“

„Ich sehe mir die Patientin mal an“, entschied der Klinikchef und begab sich mit Schwester Annegret in den Kreißsaal, wo eine junge, zarte blonde Frau sich schon so lange damit abquälte, ihr Baby auf die Welt zu bringen. Er untersuchte Laura Schmidt, die schrecklich leidend aussah. Sie konnte weder sitzen noch in irgendeiner Position liegen, hatte nahezu ständig Schmerzen und war schon fast am Ende ihrer Kräfte.

Der Muttermund war zwar schon offen, aber noch nicht weit genug. Das Baby, ein Mädchen, wie die Ultraschalluntersuchungen ergeben hatten, kam noch nicht durch.

Laura Schmidt sah den Chefarzt verzweifelt an. „Ich habe solche Schmerzen, Herr Doktor.“

„Es ist bald vorbei“, tröstete Florian Krautmann sie.

„Können Sie mir nichts gegen diese furchtbaren Schmerzen geben?“, flehte die werdende Mutter.

„Wenn ich Ihnen etwas gebe, dauert die Gehurt noch länger“, antwortete Dr. Krautmann.

„Ich kann nicht mehr“, schluchzte die Patientin.

„Tut mir leid, Frau Schmidt, aber Sie müssen da durch.“

„Ich halte das nicht mehr aus“, jammerte die junge Frau mit schmerzverzerrtem Gesicht.

Dr. Krautmann streichelte die schweißfeuchte Hand der Patientin. „Sie werden Ihr Baby noch in dieser Stunde bekommen, dann ist es ausgestanden.“ Er lächelte sie aufmunternd an. „Nur Mut, es wird alles gutgehen. Ich sehe in einer halben Stunde wieder nach Ihnen.“

Als er dreißig Minuten später feststellte, dass der Kopf des Kindes noch immer nicht durch die Öffnung des Muttermundes passte, sah er sich gezwungen, diesen über das Köpfchen des Babys zu schieben. Ihm war klar, dass das äußerst schmerzhaft für die Patientin war, aber nur so ließ die Geburt sich vorantreiben. Laura Schmidt schrie grell auf, und für einen Moment befürchtete Dr. Krautmann, sie würde das Bewusstsein verlieren, aber sie blieb ansprechbar, und von da an nahm die Niederkunft endlich ihren gewünschten Lauf.

Schwester Annegret und zwei Hebammen halfen der jungen Frau, ihr Kind zu gebären, während Dr. Krautmann sich immer wieder um die Herztöne des Babys kümmerte.

Schließlich erblickte das kleine Mädchen das Licht der Welt. Es wurde gewaschen, gemessen, gewogen und fotografiert, und als Dr. Krautmann der jungen Mutter ihr süßes Baby zeigte, schaffte diese trotz der großen Strapazen, die sie ausgestanden hatte, ein glückliches Lächeln.

Liebe auf der Station - 4 Arztromane: Liebe und Schicksal Großband 9/2021

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