Читать книгу Liebe auf der Station - 4 Arztromane: Liebe und Schicksal Großband 9/2021 - A. F. Morland - Страница 9
2. Kapitel
Оглавление„Siehst du, was ich sehe?“, fragte Julian Krautmann seine Zwillingsschwester Lisa. Sie saßen in dem roten Kleinwagen, den sie gebraucht, aber noch sehr gut erhalten – zu ihrem achtzehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatten, und befanden sich auf dem Heimweg.
„Ja“, antwortete Lisa, „und es gefällt mir irgendwie nicht.“
„Mir auch nicht.“
Sie blickten beide in dieselbe Richtung. Julian hatte an einer Verkehrsampel angehalten, und auf der gegenüberhegenden Seite der Straßenkreuzung warteten ein Motorrollerfahrer und sein Klammeräffchen auf Grün.
„Oliver Wiechert und Dorothee Simonis“, brummte Julian. „Ich weiß jemanden, dem bei diesem Anblick die Galle hochkommen würde.“
„Sandra Falkenberg“, sagte Lisa. „Genau.“
„Ich dachte, Oliver würde Sandra so sehr liehen“, bemerkte Lisa.
Julian zuckte die Schultern. „Vielleicht bringt Oliver die mannstolle Dotty nur irgendwo hin.“
„Ja, und dafür bedankt sie sich dann auf ihre spezielle Weise“, sagte Lisa giftig. „Sieh nur, wie sie sich an ihn schmiegt! Sie genießt es richtig, sich an ihm festzuhalten. So ein Luder! Keine Beziehung ist ihr heilig. Je besser sich zwei verstehen, desto mehr ist ihr das ein Dorn im Auge. Wenn ich einen Freund hätte, und Dotty Simonis würde sich so an ihn ranschmeißen …“
„Was würdest du dann tun?“
„Das Gesicht würde ich diesem Biest zerkratzen.“
Das Lichtsignal wechselte auf Grün, Julian fuhr weiter. Der Motorroller fuhr vorbei, ohne dass Dotty und Oliver die Krautmann-Zwillinge bemerkten.
„Ich sage Sandra nichts davon“, murmelte Julian.
„Ich auch nicht.“
„Aus solchen Dingen hält man sich besser raus“, meinte Julian. „Die Angelegenheit kann ja auch völlig harmlos sein.“
„Von Olivers Seite aus vielleicht, aber ganz bestimmt nicht von Dottys. Sie scheint sich mal wieder selbst beweisen zu müssen, dass sie jeden haben kann, wenn sie will.“
Julian feixte. „Warum versucht sie’s nicht mal bei mir?“
„Du bist nicht interessant für sie.“
„Na, hör mal.“
„Erstens bist du erst achtzehn, während sie schon vierundzwanzig ist, und zweitens bist du nicht gebunden.“ Julian schlug mit der Hand auf das Lenkrad, als würde er sich ärgern. „So ein Pech aber auch.“
Die Zwillinge kamen nach Hause. „Cäcilie, was gibt es zu essen?“, fragte Julian die Haushälterin.
„Leute, die nicht grüßen können, bekommen von mir prinzipiell nichts“, entgegnete die alte Wirtschafterin.
„Oh, Entschuldigung. Ich muss meine guten Manieren draußen im Auto vergessen haben.“
„Scheint so.“
Julian schnappte die Wirtschafterin blitzschnell mit beiden Händen, zog sie zu sich und drückte ihr einen schmatzenden Kuss auf die Wange. „Guten Abend, Cäcilie.“
Die Haushälterin lachte. „Verrückter Kerl.“ Sie hatte ein so großartiges Verhältnis zu allen vier Krautmann-Kindern, als wären es ihre eigenen.
„Was gibt’s zu essen?“, wiederholte Julian seine Frage.
„Geschmorten Kalbsbraten mit pikanter Füllung.“
„Großartig.“ Julian rieb sich begeistert die Hände. „Und wann?“
„Sobald euer Vater nach Hause kommt“, antwortete Cäcilie.
Julian legte die Hand auf seinen Magen und verzog schmerzlich das Gesicht. „Das erlebe ich nicht“, stöhnte er. „Ich sterbe vor Hunger.“
„Dann nimm dir einstweilen ein Stück Brot“, riet die Wirtschafterin ihm.
„Der Mensch lebt nicht von Brot allein“, versuchte Julian sie zu belehren.
Cäcilie schmunzelte. „Den Rest bekommt der Mensch in etwa einer halben Stunde.“