Читать книгу Heiligkeit und Vollmacht - Aaron Merritt Hills - Страница 10
KAPITEL 2
ОглавлениеFragen und Definitionen
Gibt es in Gilead irgendeine Salbe für die Wunde der Braut Christi? Gibt es im Erlösungswerk des himmlischen Bräutigams irgendeine Vorsorge für eine vollkommene Rettung von ihrer Sünde? Hat dieses himmlische Wesen - der heilige Sohn Gottes - der aus der Herrlichkeit kam, um sich eine Braut zu seinem ewigen Eigentum zu bereiten es für sie möglich gemacht, dass sie "wie er" in dieser augenblicklichen bösen Welt ist? Heiligkeit ist sein Charakter. Heiligkeit ist das, was er liebt. Hat er Vorsorge für ihre Heiligkeit getroffen, damit sie sein Herz vollkommen erfreut? In der feierlichen Stunde im Obersaal sagte er in seiner Fürbitte: "Ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie geheiligt seien". Ist Heiligung das gesegnete bluterkaufte Vorrecht der Gläubigen? Was ist Sünde? Was ist Heiligkeit? Was bedeutet Heiligung im Leben eines erlösten Kindes Gottes? Wie sieht die Errettung aus, die eine verlorene oder gefallene Menschheit braucht? Was ist die Taufe mit dem Heiligen Geist und was tut sie für die Gläubigen? Das sind die lebenswichtigen Fragen die uns zum Zentrum unseres Themas führen.
Webster definiert Sünde als (1) Übertretung des Gesetzes Gottes; Ungehorsam dem göttlichen Befehl gegenüber; jegliches Missachten des Willens Gottes, sei es in Motiv oder Handlung; moralisches Zukurzkommen im Charakter. (2) Sünde wird in der Theologie sowohl als Erbsünde als auch als konkrete Tat angesehen. Aktuelle Sünde ist die Tat eines moralischen Wesens, das eine ihm bekannte Regel oder Pflicht verletzt. Unter Erbsünde wird allgemein die angeborene Schlechtigkeit des Herzens verstanden, der Mangel an Übereinstimmung des Herzens mit dem göttlichen Willen, die Verdorbenheit unserer menschlichen Natur oder die Korruptheit des moralischen Charakters des Menschen, die, wie angenommen wird, als Folge von Adams Übertretung geschah, und die sich in moralischen Wesen in aktiven Taten des Ungehorsams zeigt."
Das "Century Dictionary" fügt seiner Definition von Sünde diese Anmerkung hinzu: "Die zutreffende Definition von Sünde ist eine vieldiskutierte Frage, die die Theologen grob in zwei Auslegungslager teilt: Die einen betonen, dass alle Sünde in willentlichen und bewussten Taten eines Individuums besteht, die anderen heben hervor, dass Sünde den moralischen Charakter der menschlichen Rasse mit einschließt. Erbsünde ist die innere Verdorbenheit und Korruption, die allen Menschen gemeinsam ist. Aber ob diese angeborene Verdorbenheit richtigerweise Sünde genannt werden sollte, oder ob es sich nur um eine Neigung handelt, die erst dann zur Sünde wird, wenn ein Individuum eine bewusste und willentliche Tat begeht, ist eine Frage, über die Theologen unterschiedlicher Meinung sind.
Autoren die über Sünde, Verdorbenheit und Heiligkeit schreiben, können allgemein und mit genügender Trennschärfe für die Diskussion in drei Gruppen eingeteilt werden:
1. Diejenigen die sagen, dass alle Sünde in der falschen Ausübung des Willens besteht und dass es keine moralische Verdorbenheit der Natur gibt, von der wir Erlösung bräuchten.
2. Diejenigen die sagen, dass Sünde sowohl bewusste Übertretung als auch ein sündiger Zustand ist, der die Quelle der Übertretung ist. Für beides sind wir verantwortlich, können in diesem Leben aber nicht vollständig davon erlöst werden.
3. Diejenigen die sagen, dass wir sowohl einzelne Sünden des Willens haben wie auch eine korrupte Natur, aber dass wir von beiden in diesem Leben erlöst werden können.
Der Autor ist der Meinung, dass die dritte Gruppe die Wahrheit richtig erfasst hat, und dass sowohl die Schrift, als auch die Vernunft und die Erfahrungen der Geheiligten Gottes diese Position rechtfertigen. Es liegt nicht in seiner Absicht in diesem Buch zu polemisieren; er möchte lediglich die grundsätzlichen Positionen der im Widerstreit liegenden Schulen genügend darlegen um klar machen zu können, was seiner Meinung nach die Wahrheit ist und dem Wort Gottes entspricht.
So wie er in der Oberlin Review vom Mai und August 1846 über moralische Verdorbenheit schreibt, ist Präsident Finney ein Repräsentant der ersten Gruppe. Er argumentiert gegen die Position von Präsident Edwards, Dr. Woods von Andover, der Presbyterianischen Kirche und älterer Calvinisten im Allgemeinen und schreibt: "Moralische Verdorbenheit kann nicht mit unwillentlichen Handlungen oder innerer Verfassung begründet werden, denn das moralische Gesetz findet nur auf freie und verstandesgeleitete Willensentscheidungen Anwendung." "Moralische Verdorbenheit ist Sünde. Sünde ist Gesetzesübertretung und muss eine Wahlmöglichkeit beinhalten." "Moralische Verdorbenheit kann keine Eigenschaft der menschlichen Natur sein oder der Verfassung, in der sich der Mensch befindet. Die Verdorbenheit des Menschen kann auch nicht aus einem vergangenen und gefallenen Zustand der Natur stammen. Denn sie ist eine physische, keine moralische Verdorbenheit." "Sie kann aus keinem Teil des Verstandes oder des Körpers bestehen, noch aus irgendeiner unwillentlichen Tat oder aus einem Zustand des Verstandes oder des Körpers." "Sie kann aus nichts außerhalb der Wahlmöglichkeit des Menschen bestehen. Sonst wäre sie durch die Gesetzgebung nicht erfasst." "Moralische Verdorbenheit kann also genau genommen nur eigensüchtiger und willentlicher Absicht zugeordnet werden." "Moralische Verdorbenheit ist die des freien Willens, nicht der Möglichkeit an sich, sondern die Verdorbenheit bei der freien Tat." " Sie besteht in der Übertretung des moralischen Gesetzes".
An diesen Zitaten sieht man, dass Präsident Finney jegliche moralische Verdorbenheit der menschlichen Natur ablehnte, jede Erbsünde, die die gefallene Menschheit geerbt hätte. Er führte die Anwendung des Begriffs „moralische Verdorbenheit der Natur des Menschen" auf das äußere, freiwillige Verhalten des Menschen zurück. "Die Verdorbenheit kann nicht", sagte er, "in einem sündigen Zustand oder in einer schon angelegten Neigung zur Sünde bestehen." Moralische Verdorbenheit ist an sich selbst Sünde und nicht die Ursache der Sünde. Sie ist nicht etwas hinter der Sünde, das als Ursache wirkt, sondern sie ist das Wesen der Sünde und alles, was es an Sünde gibt."
Wie dann, so mag der Leser fragen, erklärt Finney die allgemeine Verdorbenheit oder Sündhaftigkeit des Menschen? Folgendermaßen: "Der Mensch ist nicht moralisch, sondern körperlich verdorben. Physische Verdorbenheit kann auf allen Kräften und unfreiwilligen Zuständen des Körpers und des Geistes basieren, der Intelligenz, der Empfindsamkeit und den Möglichkeiten des Willens. Das heißt, das Tun und die Zustände des Intellekts können gestört, verdorben und nicht mehr integer und gesund sein. Das Empfindungsvermögen des Bewusstseins kann traurigerweise körperlich verdorben sein. Der Appetit und die Leidenschaften, die Wünsche und das Verlangen, die Abneigungen und der Widerwillen der Gefühle geraten in große Unordnung und Anarchie. Unnatürliche Triebe werden erzeugt, und das ganze Empfindungsvermögen wird zu einer Wildnis, einem Chaos von widerstreitenden und lärmenden Wünschen, Gefühlen und Leidenschaften." "Das Empfindungsvermögen wirkt vom Moment der Geburt an als kraftvoller Impuls auf den Willen ein und sichert sich seine Zustimmung und Handlungskraft, bevor der Verstand überhaupt entwickelt wird." "Es war die Vorherrschaft der Handlungskraft des Empfindungsvermögens über die Vernunft, die zur Übergabe des Willens an die Selbstgenügsamkeit führte, verbunden mit dem Einfluss des allgemein verdorbenen menschlichen Beispiels, das zur allgemeinen Sünde führt." Finney argumentiert damit, dass die These von der erblichen korrupten menschlichen Natur Im Gegensatz zur Güte Gottes steht und ihn - von der Schöpfung her betrachtet - zum Urheber unserer Sünde machen würde. Aber Finneys eigene Theorie lässt Gott auch nicht besser da stehen. Einmal ist es Gott der Schöpfer, der korrupte Wesen schafft, das andere Mal ist es auch Gott, der so wie er das Umfeld der Entwicklung der Psyche und der moralischen Kräfte gestaltet hat, die allgemeine Sünde verursacht. Bei beiden Annahmen ist Gottes Handeln gleichermaßen offensichtlich und das Ergebnis genau das Gleiche.
Viele Beweise, die ich hier nur kurz nennen will scheinen schlüssig zu zeigen, dass hinter allen Handlungen des Willens eine korrupte Natur liegt, die wir leider alle durch Zugehörigkeit zur menschlichen Rasse geerbt haben:
1. Die Universalität der Sünde ist ein starker Indizienbeweis. Die Tatsache, dass es jede Ente, sobald sie geschlüpft ist, zum Wasser zieht, beweist, dass sie von Natur aus ein Wasservogel ist. Die Tatsache, dass schon jedes Kind mit dem Beginn seiner moralischen Fähigkeiten zu sündigen beginnt, egal aus welchem Zeitalter oder Klima, aus welcher Familie, ethnischen Gruppe, oder Umgebung es stammt, ist ein schrecklicher Beweis dafür, dass seine Fähigkeiten selber korrupt sind.
2. Die Schrift lehrt ausdrücklich die Lehre von der Verdorbenheit unserer menschlichen Natur. "Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig" (Jer 17, 9 S). "Die Gedanken des menschlichen Herzens sind böse von seiner Jugend an" (1 Mose 8,21 F). Mit "Herz" in der Sprache der Heiligen Schrift ist der Mensch selbst gemeint, seine Seele, das was er denkt und fühlt und wählt. "Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geiste geboren ist, ist Geist" (Joh 3, 6 E). Das heißt, ein Kind von verdorbenen Eltern wird eine verdorbene Natur haben. Eph 2, 3 (F) lautet: "Wir sind ... von Natur aus Kinder des Zorns, gleichwie die anderen" Juden wie Heiden waren alle "von Natur aus" Gott nicht wohlgefällig.
Der natürliche Mensch versteht die Dinge des Geistes Gottes nicht (1 Kor 2, 14 F). In Eph. 4, 18 (F) spricht Paulus von den Heiden als "entfremdet dem Leben Gottes wegen der Verstockung ihres Herzens, wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist." In Eph 2, 5 (F) werden alle von Natur aus als "tot in Übertretungen und Sünden" dargestellt." Viele andere Stellen könnten zitiert werden, die die Verdorbenheit der Natur des Menschen lehren oder implizieren. Röm 8, 7+8 (L+N): "Denn fleischlich gesinnt sein ist wie eine Feindschaft wider Gott. ... Wer also von seiner eigenen Natur bestimmt ist, kann Gott nicht gefallen."
3. Die allgemeine Notwendigkeit einer Wiedergeburt ist ein Argument für diese Wahrheit. Die Wiedergeburt ist eine Veränderung des Herzens und der inneren Natur durch den Heiligen Geist. Jesus machte in Bezug darauf bei Babys oder Kindern keine Ausnahme. Die Bibelstellen dazu beziehen sich offenbar ohne Ausnahme auf alle Nachkommen Adams. Herkunft, Familie oder Alter spielen dabei keine Rolle. Gott hat die Menschen und ihre "Kleinen" immer in die Vorkehrungen seiner Gnade mit einbezogen, betrachtet sie von Geburt an als erlösungsbedürftig und als am Heilsplan Interessierte. Ohne Zweifel wird ein Kind, das früh im Leben stirbt, auf irgendeine uns unbekannte Weise diese Gnade der Wiedergeburt empfangen. Der alte Bund mit der Beschneidung als Siegel und die Säuglingstaufe bei denen, die sie praktizieren, sind Zeichen dafür, dass auch Kinder sich in einem Zustand der Verschmutzung befinden und reinigende Gnade benötigen.
4. Ein anderes Argument besteht in der Universalität des Todes, der Strafe für die Sünde. Viele meinen, dass dies sowohl den physischen Tod als auch den geistlichen Tod mit einschließt. Der physische Tod von Säuglingen ist demnach ein biblischer Beweis dafür, dass sie mit einer korrupten Natur geboren wurden, was mit absoluter Sicherheit auch im geistlichen Tod enden wird, sofern sie nicht die Subjekte erlösender Gnade werden, was allgemein nicht bezweifelt wird.
5. Die Verdorbenheit der menschlichen Natur wird vom Volk Gottes allgemein als Tatsache angenommen. Wahre Christen, Männer und Frauen von unbestrittener Reinheit und Frömmigkeit, sind davon überzeugt, dass ihr Herz und tief in ihnen ihre Natur verdorben sind. Diese Verdorbenheit rebelliert gegen ihr heiliges Sinnen, widersetzt sich ihrem Gewissen und leistet ihren reinsten Absichten und Bestrebungen Widerstand. Sie stöhnen unter dieser Verdorbenheit wie unter einer schweren Last. Dieses Bewusstsein innerer Knechtschaft und Korruption durchdringt die gesamte christliche Literatur und verleiht ihrem Schmerz in klagenden geistlichen Liedern Ausdruck. Einer der reinsten Seelen und hochgeschätztesten Komponisten von Kirchenliedern schreibt:
"Mein Gott, ich weine mit jedem Atemzug nach einer gütigen Macht die rettet, die das Joch der Sünde und des Todes bricht und so den Sklaven erlöst"
Und wieder:
"Ihre Herzen, von Natur aus alle unrein und alles was sie tun ist schuldbeladen"
Und noch einmal:
"Herr, lass meine ganze Hoffnung nicht vergeblich sein und schaffe in mir ein völlig neues Herz"
Dieses Empfinden für ihre innere Verdorbenheit macht den Seelen ernsthafter Christen große Mühe und bringt sie dazu angstvoll auszurufen: "Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes?" (Röm 7, 24 L)
Wer von denen die sich entschlossen haben nach Gottes heiligem Gesetz zu leben und der mit seinen inneren Feinden rang, kann solche Worte nicht aus eigener Herzenserfahrung sprechen?
Wer spürt nicht, wie schwer die unkontrollierbaren Leidenschaften die ihn so beherrschen ganz alleine auf Gott auszurichten sind, und wie es ihm praktisch unmöglich ist, sein unheiliges Temperament zurückzuhalten und zu verbessern, und wie leicht in ihm verbotener Ärger oder hassvolle Rache provoziert werden oder wie er niedrigen und würdelosen Lüsten unterworfen ist und wird sich dabei nicht bewusst, dass das alles nur von einer sündhaften und korrupten Natur herrühren kann?
Solange das Leben des Menschen ein Krieg ist - nicht nur gegen die Welt und Satan - sondern auch gegen diese irrenden Empfindlichkeiten, diese wilden Leidenschaften und Neigungen der eigenen Seele, gegen diese Quellen des Bösen im eigenen Wesen, trägt der Mensch den ständigen Beweis für die Verdorbenheit seiner Natur an sich selbst herum, und zwar so lange, bis er durch heiligende Gnade ganz zu einem "Teilhaber der göttlichen Natur" gemacht wurde.
Es gibt kein Argument gegen das menschliche Bewusstsein. Dr. Samuel Johnson sagte: "Ich weiß, dass ich frei bin, und das ist das Ende aller Diskussion." Dr. Daniel Steele von der Boston University sagt: "Das Bewusstsein tötet den Calvinismus ", und das trotz der gusseisernen Logik des Calvinismus: Gegen dieses allgemeine Bewusstsein innerer Verunreinigung und Verschmutzung, der bösen Gefühle und abnormalen Neigungen und kranken Vorstellungen - trotz unserer freien Wahl und unseres freien Willens - kann man nicht argumentieren.
Es gibt neben Willensakten noch etwas anderes und das Gewissen und das Gesetz Gottes sind sich dessen bewusst: Die Natur des Menschen ist korrupt.
6. Andere haben weise darauf hingewiesen, dass das Evangelium seinem ganzen Wesen nach der natürlichen menschlichen Verdorbenheit Rechnung trägt:
Luther Lee sagt in seinen Buch "Elemente der Theologie":
"Auf den ersten Blick gibt es zwei Hauptwahrheiten des Evangeliums. Auf ihrer Grundlage entfaltet sich das ganze Evangelium: Erstens: Alle sind verloren und brauchen Erlösung. Zweitens: Christus ist der Erlöser aller Menschen. Er kann und will alle die zu ihm kommen retten, damit sie Leben haben. Diese grundlegenden Wahrheiten des Evangeliums mit all seinen Facetten nehmen offenbar einen gefallenen und korrupten Zustand der menschlichen Natur an; denn sie können nur Wahrheiten im Hinblick auf die Wahrheit unserer inneren Verdorbenheit sein. Wenn der Mensch der Natur nach nicht korrupt ist und alle Sünde in freiwilligen Handlungen besteht, wäre es vollkommen möglich, jegliche Sünde zu vermeiden. Dann bräuchte es kein Sühnopfer für die Sünde, keinen "Wiederhersteller" und auch den Mittler zu Gott Jesus Christus nicht. Es wäre gotteslästerlich wenn man behaupten wollte, dass die Menschen allgemein nicht mit Gott versöhnt sind, und daher einen Mittler brauchen, und verloren sind, und daher Erlösung zu brauchen, wenn sie sich noch im selben Zustand befinden würden, in dem Gott sie geschaffen hat. Wenn also Menschen nicht von Natur aus korrupt sind, kann man frei von jeder Sünde leben, ohne das Sühneblut auskommen, das unsere Sünden wegwäscht und ohne den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert. Das würde die Logik des Evangeliums völlig auf den Kopf stellen.
Wie der heilige Fletscher schrieb: "Wenn der Mensch nicht verdorben ist, warum muss er dann im Blut des makellosen Lammes gewaschen werden?" Wenn seine Seele nicht krank ist, wozu braucht er dann einen göttlichen Arzt? Mit einem Wort, wenn er nicht in Sünde geboren wird, warum ist dann die neue Geburt so notwendig, ohne die wie Christus sagt niemand das Reich Gottes sehen kann? (S. 123).
Dr. Charles Hodge ist ein fairer Vertreter der zweiten Gruppe. Er war ein Verfechter des radikalsten Calvinismus und lehrte, dass die Sünde Adams seinen Nachkommen zugerechnet wurde und ihre ganze Natur verdorben ist; dass das eigentliche und wahre Wesen der Sünde in dieser Verdorbenheit besteht, die sowohl konkrete Schuld als auch innere Unreinheit umfasst; dass die Sünde als solche selbst in den Wiedergeborenen ihren Charakter behält und ihre Seele geistlich tötet und völlig unfähig macht, vor Gott etwas Gutes zu tun. (Band II, Sys. Theol., S. 230). Er lehrte ferner, dass Heiligung in diesem Leben niemals vollkommen sein wird; dass die Sünde in diesem Leben niemals vollständig überwunden werden kann und dass selbst der fortgeschrittenste Gläubige um die Vergebung seiner Sünden beten muss." (Band III, Sys. Theol., S. 245, 258)
Das ist wirklich ziemlich bitter. Und es sind düstere Aussichten, wenn wir alle weiter die Schuld von Adams Sünde tragen müssen, wenn wir als Christen in unseren Herzen diese Verdorbenheit nicht loswerden können und wenn weder das Erlösungswerk Christi, noch die unendliche Gnade Gottes, noch die heiligende Kraft des Heiligen Geistes uns in diesem Leben reinigen können. Das ist wirklich entsetzlich, und wenn Christen das glauben, könnte es die ganze christliche Kirche mit der Qual der Verzweiflung erfüllen.
Rev. Asbury Lowrey, D. D., Autor von "Positive Theologie" und "Möglichkeiten der Gnade", ist ein Vertreter der dritten Gruppe und erläutert die wesleyanische Sicht. Er schreibt:
"In allen ihren Stadien ist Erlösung ein harter Kampf gegen die Sünde. Sünde ist ein fremdes Element, das den Interessen Gottes und des Menschen völlig entgegengesetzt ist. Sünde aus biblischer Sicht ist zuerst ein Makel im Menschen, dann auch was der Mensch Böses tut. Zwischen einem sündigen Zustand und einer sündigen Tat besteht ein klarer Unterschied. In der Praxis ist Sünde eine Übertretung des Gesetzes. Ein sündiger Zustand impliziert eine korrupte Natur, eine Neigung zum Bösen, ein Gott entfremdetes und seiner Heiligkeit entgegengesetztes Herz." "Aber gemäß der Schrift gibt es einen Kulminationspunkt der Gnade, den der Mensch in diesem Leben erfahren kann - einen Zustand durch den wir, wie Paulus schreibt, vollkommen und vollständig im ganzen Willen Gottes da stehen können." " Das vollendete Werk der Erlösung von der Sünde nennen wir vollständige Heiligung oder vollkommene Heiligkeit. Die Bibel gebraucht verschiedenen Begriffe und Ausdrücke dafür wie z.B. "Vollkommenheit", "Heiligung", "vollkommene Liebe", "reines Herz", "tot gegenüber der Sünde", "gekreuzigt mit Christus", "der Sinn Christi", "Teilhaber der göttlichen Natur", "frei von Sünde", "erfüllt mit dem Geist", "Gott mit ganzer Seele, Geist und Kraft zu lieben", "gereinigt von aller Sünde und von aller Ungerechtigkeit", "gereinigt von aller Unreinheit des Fleisches und des Geistes" , "die Heiligkeit in der Furcht Gottes zu vollenden", "dass der Leib der Sünde zerstört werde", "dass er die Werke des Teufels zerstöre", "die Söhne Levis reinigen und sie wie Gold und Silber reinigen", "von all deiner Unreinheit und von all deinen Götzen werde ich dich reinigen". Alle diese Sätze haben im Wesentlichen die gleiche Bedeutung." "Sie stehen für die Reinigung der Seele des Gläubigen und für die Wiedergabe des Bildes Christi in ihm." (Möglichkeiten der Gnade, S. 142, 210).