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Gemeinsames Beten – auch beim Arbeiten im Kuhstall
ОглавлениеAuch das Rosenkranzbeten lernten wir in der Familie, noch bevor wir so recht verstanden, was es damit auf sich hatte. In den langen, düsteren Winterabenden, wenn auf den Feldern keinerlei Arbeiten anstanden und auch im Wald nichts Dringendes zu verrichten war, saßen oft alle Familienmitglieder in der Küche (der einzige Ort, der immer geheizt wurde) und beteten gemeinsam den Rosenkranz, mitunter sogar den Psalter, sprich: drei Rosenkränze hintereinander.
Auch Papa und die Mägde und Knechte waren dabei. Als wir schon älter waren, beteten wir Kinder vor, sonst tat es Mama oder eine der Mägde. Dabei falteten wir keine Hände; denn es wurde fast immer gleichzeitig auch gearbeitet: Die Frauen strickten oder häkelten; die Männer schnitten dicke Kohlstümpfe in kleine Häppchen, um sie fürs Vieh und für die Schweine fressbar zu machen. Oder, und das war vor allem Papas Sache, da wurde – ja, auch während des Rosenkranzgebets – manchmal ein Hobby-Handwerk betrieben, das geräuschlos ausgeführt werden konnte wie z.B. Strohnäpfe anfertigen oder Weidenkörbe flechten.
Wenn einem aufgeklärten und fortschrittlich Eingestellten dieses Beten und gleichzeitige Arbeiten nicht so recht passte, antworteten die Theologen meist beschwichtigend mit jesuitischer Logik: Beim Beten zu arbeiten, nein, das gehe wirklich nicht, wohl aber, beim Arbeiten zu beten; das sei allemal angebracht! Denn beten dürfe und solle man immer und überall!
Freilich gab es auf dem einen oder anderen Hof auch Auswüchse. Von einem älteren Ehepaar erzählte man schmunzelnd: Sie hätten wirklich überall gebetet, laut und vernehmlich, auch beim Melken oder beim Ausmisten im Kuhstall. Das hörte sich dann mitunter so an: Gegrüßt seist du, Mari . . . – dann hörte man ein heftiges Aufklatschen auf dem Stallboden, und der Mann brüllte dazwischen: Du alte Britschen, kannst net wartn, bis i den Eimer weggestellt hob!? Währenddessen betete seine Frau weiter: Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes . . . – Das klang für fremde Ohren nicht gerade sakral und einer Gebetsatmosphäre würdig. Manche hielten es für ulkig, andere für ein Vergehen gegen Gott und alles Heilige. Die Einheimischen sahen es anders; sie kannten die Beiden und wussten um ihren guten Willen. Und der liebe Gott, so meinten sie, schmunzle auch dazu. – Solche und ähnliche Episoden wurden mündlich weitergegeben, meist in kleiner Runde, wenn man sich gerade der guten alten Zeiten erinnerte.