Читать книгу Darky Green - Adrian Plass - Страница 16

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Das Herz der Stadt, in der Darky lebte, war ein kleines Zentrum mit Geschäften, das eine ständig wachsende Bevölkerung versorgte. Das Herz war am Versagen. Es war seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen. Während der letzten Jahre waren private Wohnsiedlungen an völlig unerwarteten Stellen emporgesprossen; unerwartet zumindest, soweit es die Alteingesessenen betraf. Felder, Bäume, Teiche, die zu ihrer physischen und mentalen Landschaft gehörten, verschwanden wie durch einen bösen Zauber. Manche, die sich an Kaulquappen, an Wassermolche und an Spaziergänge mit Kindern oder Hunden erinnerten, waren entsetzt. Aber natürlich konnten sie sich nicht beklagen. Viele dieser neuen Siedlungen waren vollgepackt mit engen Behausungen, die eine fast zynische Illusion von Wohlstand und Klasse in verkleinerter Form boten. An Abnehmern dafür schien kein Mangel zu herrschen.

Viele Leute aus Lipsham fuhren die fünf Meilen nach Kington, um ihre wesentlichen Einkäufe zu erledigen, aber an dem Tag, als Darky auf Brautschau ging, standen und krochen so viele Autos auf den Straßen wie an jedem anderen Samstagvormittag. Die Bürgersteige der schmalen High Street waren gedrängt voll mit Menschen. Leute kauften ein, plauderten, riefen einander zu und wichen Autos aus und tranken Kaffee und trennten sich und trafen sich wieder. Manche warteten, umgeben von prall gefüllten weißen Plastiktüten, mit ausdruckslosen Augen auf Busse oder Taxis. Sie schlenderten, sie rannten, sie lungerten herum. Einzelne Männer und Frauen, hier und da auch ein junges Paar, bewegten sich langsam entlang der High Street oder durch die beiden schäbigen kleinen Fußgängerzonen und starrten mit ohnmächtiger Eindringlichkeit durch die Schaufenster, die Hände in den Taschen oder die Finger nachdenklich gegen die Lippen gepresst, auf die Immobilienangebote, die Teppiche, die Möbel, die Fernseher und die Urlaubsreisen. In dem einen oder anderen der unverhältnismäßig hohen Zahl von Wohltätigkeitsläden musterten hoffnungsvolle, aber spärlich informierte Zuschauer der gegenwärtigen Welle von Fernsehsendungen über Antiquitäten die Unterseiten von unscheinbaren kleinen Porzellangefäßen in der vagen Hoffnung, eines jener Herstellerzeichen zu finden, die offenbar so hoch im Kurs standen.

Ein geschäftiger Herbsttag.

Darky bemerkte nichts von alledem; zumindest achtete er nicht auf Einzelheiten. Heutzutage befand er sich im Zentrum des Universums, statt immer nur an den äußeren Rändern herumzuhängen und verzweifelt darauf zu warten, dass irgendetwas Gutes passierte. Diese Stadt und all diese Menschen waren nichts als eine Art grauer Nebel, ein Hintergrund, der insofern nützlich war, als sich seine bunten Jacken gut davon abhoben. Und seine Hosenträger. Darky liebte seine roten Hosenträger. Sie erschienen ihm wie ein Beweis für etwas. Er hatte sich angewöhnt, seine Daumen dahinter einzuhaken und sie nach vorne auszudehnen, kurz bevor er einem seiner verängstigten, schwitzenden Opfer erklärte, was genau als Nächstes mit ihm passieren würde. Es war seine eigene Idee, dieses Hinausdehnen der Hosenträger; fast so, als hätte er ein Gedicht oder ein Lied geschrieben. Darky war sehr stolz darauf.

Der einzige Laden in der High Street, der ihn auf seinem Weg zum Friseur aufhalten konnte, war der Computerladen. Dorthin war er jetzt unterwegs. Er folgte immer derselben Route, sobald er auf der Kuppe seiner Straße in Richtung High Street abgebogen war. Vor dem »Guilder’s Arms« überquerte er die Straße, dann bog er links ab, ging an dem Gebrauchtwagenhändler vorbei, wo der Typ hinter dem Haus seine Reparaturen machte, dann über die beiden schmalen Straßen, an denen sich das Einbahnstraßensystem teilte, am Teppichgeschäft vorbei, dann an dem Laden, wo man sich mittags Sandwichs und so holen konnte, dann an dem Fotogeschäft dieses seltsam aussehenden Typen mit den dicken Brillengläsern und dem völlig behaarten Gesicht, und schon stand er direkt vor dem Computerladen. Das Doppelglasschaufenster war voll von Computern, Druckern, Mäusen (sowohl schnurlos als auch mit Kabel), Laminiergeräten, Scannern, Softwarepaketen, Pappkartons mit Disketten, Tintenpatronen und Paketen mit Druckerpapier in verschiedenen Größen. Mit einem Wort, ein erschöpfendes Arsenal all der Dinge, die ein Computerbesitzer oder -enthusiast benötigen oder sich wünschen konnte. Der Laden war sehr gut sortiert.

Darky besaß keinen Computer. Er wollte auch keinen haben. Er hätte keinen haben wollen, selbst wenn man ihn ihm kostenlos angeboten hätte. Er legte sogar ausdrücklich großen Wert darauf, mit solchen Dingen nichts zu tun zu haben. Für ihn hatten sie mit Buchstaben und Wörtern und solchen Dingen zu tun, mit allem, was er mit der Schule in Verbindung brachte. Ein Computer war ein gewaltiger, hoch aufragender Berg von Dingen, die er nicht wusste und nie würde lernen können. Ein Gegenstand, der imstande war, jene riesige alte Lawine negativer Selbstwahrnehmung wieder in Gang zu setzen. Die niederschmetternde Scham darüber, wie ihm seine eigene Beschränktheit in der Schule immer wieder auf grauenhafte, erdrückende Art und Weise bewiesen worden war, lastete immer noch von Zeit zu Zeit auf seiner Seele. Irgendetwas stieg dann in ihm auf, so als ob er sich übergeben müsste. Es gab Momente, in denen manche Stimmen aus seiner Vergangenheit in seinem Kopf so laut und wirklich wirkten, als ob er sie gerade jetzt hörte.

»Zicke zacke Hühnerkacke!

Darky Green hat eine Macke!

Ene mene Hotzenplotz!

Darky hat im Kopf nur Rotz!«

Darky Green

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