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Carlshaven, Büro der Mordkommission, 14. März 2016
ОглавлениеEs klopfte und die hagere Gestalt eines glatzköpfigen Mannes mittleren Alters erschien im Türrahmen.
„Hat der Herr Kommissar kurz Zeit für mich?“
Björn Handerson seufzte innerlich. Er mochte Hans Schreiber nicht besonders, was allerdings weniger an Schreibers leicht verschrobener Persönlichkeit lag, als eher an dessen Berufsstand. Journalisten waren Handerson zutiefst zuwider. Und dass er in die Verlegenheit geraten war, diesen speziellen Journalisten in der jüngsten Vergangenheit gleich zwei Mal bei Mordermittlungen um Hilfe bitten zu müssen, machte die Situation für ihn nicht besser. Aber anscheinend wurde er den Geist, den er vor gut eineinhalb Jahren gerufen hatte, nun so schnell nicht mehr los.
„Na, kommen Sie schon rein. Was gibt’s?“
Schreiber bewegte sich langsam auf den Besucherstuhl zu, der vor Handersons Schreibtisch stand und ließ sich bedächtig darauf sinken.
„Ganz alleine heute?“, fragte der Journalist, ohne auf die ihm gestellte Frage zu antworten.
„Frau Carenin ist auf Fortbildung und Herr Müller trainiert seinen Hund. Der hat demnächst seine Prüfung. Also, der Hund, nicht der Kollege. Oder beide zusammen, das weiß ich nicht genau. Was kann ich für Sie tun, Herr Schreiber?“
Schreiber seufzte. „Ich vermisse Monique. Das ist sie.“ Er zog ein Foto aus seiner Brieftasche, das ihn in etwas jüngeren Jahren zeigte, wie er den Arm um eine attraktive, rotblonde Frau Ende Dreißig legte.
„Und wieso kommen Sie damit zu mir? Das hier ist die Mordkommission. Für Liebeskummer sind wir nicht zuständig.“
„Das weiß ich, und darum geht es nicht. Ich glaube, ihr ist etwas zugestoßen.“
„Ok, ok, fangen wir noch mal von vorne an. Wer ist diese Monique und wieso glauben Sie, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte?“
„Monique van Leeuwen ist eine Kollegin von mir. Sie hatte für den sechsten März ein Treffen mit mir vereinbart, zu dem sie aber nie erschienen ist.“
„Na ja, so etwas soll vorkommen — ist mir auch schon öfter passiert, dass mich eine Frau versetzt hat.“
„Nein, nicht so ein Treffen. Wie gesagt, es geht nicht um Liebesdinge. Monique ist Journalistin und war an irgendeiner Sache dran. Es sollte eine ganz große Story werden. Mehr wollte sie dazu aber am Telefon nicht sagen. Sie hatte mich für vorletzten Sonntag am frühen Abend zu sich nach Hause eingeladen, um mir ihre Rechercheergebnisse zu präsentieren, aber sie hat nicht geöffnet. Ich habe mehrere Stunden gewartet. Auch an den Tagen danach habe ich mehrfach versucht, sie zu erreichen, aber sie war nicht da.
„Vielleicht hat sie es sich einfach anders überlegt und ist in Urlaub gefahren.“
Schreiber schüttelte den Kopf.
„Haben Sie eine Ahnung, was so ein freischaffender Journalist verdient? Reichlich wenig, glauben Sie mir, und bei dem, was man in Amberland als kleiner Freiberufler an Steuern zahlt, kann man sich Urlaub nicht leisten. Ich bin froh, dass ich vor fünf Jahren das Glück hatte, beim Kurier angestellt zu werden. Ne, also im Urlaub ist die bestimmt nicht. Und es sieht ihr auch gar nicht ähnlich, sich mit jemandem zu verabreden und dann nicht aufzutauchen. Monique ist der verlässlichste Mensch, den ich jemals getroffen habe. Nein, da muss irgendetwas passiert sein. Ich habe schon die Krankenhäuser abtelefoniert, aber da ist in der letzten Woche keine Frau eingeliefert worden, auf die Moniques Beschreibung passt.“
„Sie sagten, dass Ihre Kollegin an irgendeiner Story dran gewesen sei. Kann das etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben?“
„Vielleicht, aber ich habe, wie gesagt, keine Ahnung, worum es bei dieser Sache ging, da Monique sehr geheimnisvoll getan hat und sich über das Telefon nicht äußern wollte.“
Handerson sah ihn an. Er schien ernsthaft um seine Kollegin besorgt zu sein. Dass Hans Schreiber sich um irgendwen Sorgen machte, war für Handerson eine neue Seite an dem Journalisten, der sich sonst allerhöchstens darum sorgte, wo er den nächsten Exklusivbericht für den Carlshavener Kurier herbekam, um sich seinen Lebenslauf zu verschönern. Er krempelte die Ärmel hoch, rückte die Tastatur näher zu sich heran und sagte: „Gut, dann lassen Sie uns einmal eine Vermisstenanzeige aufnehmen. Dafür bin ich zwar nicht wirklich zuständig, aber machen kann ich das auch. Wie sagten Sie, war noch gleich der Name? Monique van Leeuwen?“