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Carlshaven, Haus von Monique van Leeuwen, 15. März 2016, 10 Uhr

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Nachdem Björn und Peter ihre Kollegin auf den neuesten Stand gebracht hatten, war die Mordkommission zur Wohnung der Toten gefahren. Das Haus stand in einem gutbürgerlichen Stadtteil von Carlshaven. Bis Ostern waren es nur noch zwölf Tage und die Verstorbene hatte ihr Haus dementsprechend dekoriert. Im Vorgarten hingen überall bunte Plastikeier an den Buchsbäumen. Vor der Haustür stand eine Tüte mit Brötchen und eine Flasche Milch. Nichts deutete darauf hin, dass die Bewohnerin hierhin nicht mehr zurückkehren würde.

Unter den persönlichen Sachen, die man bei der Leiche gefunden hatte, war auch ein Schlüsselbund gewesen. Handerson probierte die Schlüssel durch. Peter und Anna schauten derweil durch die Fenster im Erdgeschoss. Während Björn noch nach dem richtigen Schlüssel suchte, öffnete sich die Tür des gegenüberliegenden Hauses und eine ältere Dame trat heraus.

„He, Sie, was machen Sie denn da?“

Björn rollte mit den Augen. Wenn es auf eines Verlass gab, dann waren es neugierige Nachbarinnen einer gewissen Altersklasse. Er wandte sich der Dame zu und zeigte ihr seinen Dienstausweis.

„Kommissar Handerson, Mordkommission Carlshaven. Das sind meine Kollegen, Sergeant Peter Müller und Sergeantin Anna Carenin. Und Sie sind?“

„Anna-Maria von Hochstedt. Mordkommission? Was ist denn passiert?“

„Frau van Leeuwen wurde gestern tot aufgefunden.“

„Oh, das ist aber schrecklich. Ja, wurde sie denn ermordet?“

Handerson fand, dass Frau-von-und-zu nicht gerade einen besonders besorgten Eindruck machte. Die Frage zielte wohl eher darauf ab, beim nächsten Kaffeekränzchen mit den Freundinnen etwas Interessantes und Schauerlich-schreckliches erzählen zu können. Mit einer Ermordeten im Bekanntenkreis war sie dann vermutlich fortan die neue Königin der allwöchentlichen Kaffeegesellschaft.

„Das können wir leider noch nicht sagen.“ Sie mussten der Nachbarin ja nicht gleich alles auf die Nase binden. „Wann haben Sie Frau van Leeuwen denn zuletzt gesehen?“

„Mh, das war vor etwa zwei Wochen. Da ist sie abends um acht hier mit ihrem Auto weggefahren. Sie war ganz dunkel gekleidet. Das war so gar nicht ihre Art.“

„Ach nein? Was war denn ihr bevorzugter Kleidungsstil?“

„Na ja, sehr bunt.“ Frau von Hochstedt verzog das Gesicht. Ihrer Ansicht nach war der Geschmack der Verstorbenen wohl zu bunt gewesen und hatte nicht in dieses Viertel gepasst.

„Sie sagten, Sie hätten sie vor etwa zwei Wochen zuletzt gesehen. Wissen Sie es noch etwas genauer?“

Die alte Dame überlegte. „Es muss der Samstag gewesen sein. Ich weiß noch, dass ich anschließend einen Krimi im Fernsehen geschaut habe. Der läuft immer samstags.“

„Da stehen Brötchen und eine Flasche Milch vor der Tür. Standen die dort die letzten zwei Wochen auch?“

„Ja. Na ja, ich dachte, die ist wieder mal auf einem Auslandseinsatz und hat vergessen die Sachen abzubestellen. Daher habe ich das Zeug nach drei Tagen immer reingenommen.“

Handerson rollte innerlich mit den Augen. Das war mal wieder typisch. Auf der einen Seite waren solche Leute überneugierig, aber bei so etwas dachten sie nicht besonders nach. Er war sich sogar ziemlich sicher, dass Frau-von-und-zu auch kein Problem damit gehabt hatte, Brötchen und Milch höchstselbst zu vernichten.

„Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?“

„Nein. Was hätte mir denn auffallen sollen?“

„Vielen Dank, Frau von Hochstedt. Wir werden uns jetzt im Haus von Frau van Leeuwen umsehen. Wenn wir noch Fragen haben sollten, dann kommen wir noch einmal auf Sie zu.“

An dem Schlüsselbund war genau ein Schlüssel übrig, den Björn noch nicht ausprobiert hatte. Er hoffte inständig, dass es der war, mit dem sich die Haustür öffnen ließ, da er keine Lust hatte, sich weiter mit der Nachbarin zu unterhalten. Er hatte Glück. Während die drei in Windeseile im Haus verschwanden, machte Frau von Hochstedt einen langen Hals und versuchte, einen Blick ins Innere zu erhaschen. Björn schloss schnell die Tür.

„Puh, warum sind Rentner eigentlich immer so nervig?“

„Na komm“, sagte Anna, „immerhin wissen wir jetzt, dass sie vermutlich Samstagabend das letzte Mal gesehen wurde und eine für sie völlig untypische Kleidung trug.“

„Die trug sie auch noch, als Hektor sie in dem Loch gefunden hatte“, ergänzte Peter. „Da sie zu ihrer Verabredung mit Schreiber am Tag darauf nicht aufgetaucht ist, muss sie wohl irgendwann in der Nacht zum Sonntag oder am Sonntagvormittag getötet worden sein.“

„Ok“, sagte Björn. „Dann haben wir zumindest jetzt den Tatzeitpunkt etwas eingegrenzt. Bleibt immer noch die Frage, wo sie getötet wurde.“

„Sag mal, diese Frau von Hochstedt hat davon gesprochen, dass Monique mit einem Auto weggefahren sei. Aber bei ihren Sachen war doch gar kein Autoschlüssel, oder?“, wollte Anna von Björn wissen.

„Nein, da war keiner bei. Aber vielleicht hat die gute Frau sich auch getäuscht und das Auto steht in der Garage. Also los, lasst uns mal auf die Suche nach Hinweisen gehen.“

Sie zogen sich Handschuhe an und durchsuchten das Haus. Einen Hinweis darauf, wo Monique an dem Abend hingefahren war, an dem sie zuletzt gesehen wurde, konnten sie allerdings nicht finden. Genauso wenig wie ein Auto. Der Laptop der Verstorbenen war das einzig Interessante. Nach einigen Stunden fuhren sie mehr oder weniger ergebnislos wieder zurück zur Dienststelle.

Endstation Containerhafen

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