Читать книгу Herz und Totschlag - Johanna Hofer von Lobenstein, Aj Sherwood - Страница 9

KAPITEL 2

Оглавление

JON

»Bist du dann bald fertig?«, fragte Donovan neben mir. Er wippte ungeduldig auf den Zehenspitzen und schien es sehr eilig zu haben, mich zur Tür hinauszubugsieren.

Mein Gesicht war immer noch halb mit Rasierschaum bedeckt, also warf ich ihm einen entnervten Blick zu und ließ den Rasierer sinken. »Sehe ich aus, als wäre ich fertig? Und wozu eigentlich die Eile? War vielleicht irgendeine Substanz in deinem Power-Riegel, von der ich wissen sollte?«

»Heute ist doch Garretts Vorstellungsgespräch«, gab er zurück, schon mit einem Fuß zur Tür hinaus und drauf und dran, die Treppe hinunterzustürmen.

Ah, richtig. Heute war Mittwoch. Gestern war so viel los gewesen, dass ich dieses Detail ganz vergessen hatte. Ich beschloss, meinen Lover ein bisschen aufzuziehen, während ich mich fertig rasierte. »Du hast ihn bestimmt nur vorgeschlagen, weil du deinen Freund wieder um dich haben willst.«

»Ja, klar. Aber davon abgesehen kann Garrett diesen Job im Schlaf erledigen, wenn er sich erst mal eingearbeitet hat. Und er wird eine super Rückendeckung für dich sein.«

Ich erstarrte, den Rasierer mitten auf der Wange. Unsere Blicke, blau und goldbraun, trafen sich im Spiegel. »Wie bitte? Was soll das denn heißen?«

Seine freudige Erregung war plötzlich etwas gedämpft. Er schaute achselzuckend weg. »Eine Sache, die man bei der Army anerzogen bekommt, ist, dass nie ein einzelner Mann der Dreh- und Angelpunkt sein sollte. Jeder ist ersetzbar. Babe, ich weiß, dass ich als dein Anker entscheidend für deine geistige Gesundheit bin, versteh mich bitte nicht falsch. Es ist nur so: Wenn mal etwas schiefläuft, will ich sicher sein können, dass du noch eine weitere Person hast, auf die du dich verlassen kannst. Garrett hat mir so oft den Arsch gerettet, dass ich es kaum zählen kann, und er ist genau der umsichtige Mann, den du an deiner Seite brauchst, wenn mir mal etwas zustoßen sollte.«

Tief einatmen. Tief ausatmen. Ich zügelte mein Temperament, denn intellektuell verstand ich schon, was er meinte. Doch alles, was er sagte, war mir zuwider. Er wollte mich nicht schutzlos zurücklassen, für den Fall, dass etwas Schlimmes geschah. Die Kollegen bei der Psy waren ihm noch nicht so vertraut, aber Garrett kannte er, und er konnte einschätzen, wie er reagieren würde. In seinen Augen waren das zwei Fliegen mit einer Klappe. Er würde seinen Freund wiederhaben und gleichzeitig eine wichtige Versorgungslücke schließen.

»Die Vorstellung gefällt dir nicht«, stellte er fest; sein Blick war wachsam.

Ich legte den Rasierer aus der Hand, denn ich wollte mir im Moment lieber nichts Scharfes an die Kehle halten. »Mir gefällt nicht, dass du es als gegeben hinnimmst, dass früher oder später die Kacke am Dampfen sein wird, und zwar so sehr, dass du dabei verletzt werden könntest. Mir gefällt nicht, dass du dich schon so sehr damit abgefunden hast, dass du einen weiteren Sicherheitsmann für mich einplanst. Ich kenne deine Geschichte zwar gut genug, um zu verstehen, warum du diese Entscheidungen triffst, und ich werde dir auch nicht widersprechen. Aber die Vorstellung, dass dir etwas passieren könnte, die gefällt mir überhaupt nicht.«

Er kam ins Bad zurück, legte mir die Hände um die Taille und gab mir einen sanften Kuss auf die Schläfe. »Ich verspreche dir, es zu vermeiden, so gut ich kann.«

Einen Moment lehnte ich mich mit geschlossenen Augen an ihn, genoss die solide Wärme in meinem Rücken und versuchte, mich wieder zu fangen. Vor mir selbst konnte ich durchaus zugeben, dass das, was mich wirklich aufregte, etwas ganz anderes war. Er hatte das alles beschlossen, ohne mit mir darüber zu sprechen. Andererseits waren wir noch nicht so lange ein Paar, dass ich es ihm zum Vorwurf machen konnte. Es waren gerade mal vier Monate, also mussten wir uns erst angewöhnen, alles miteinander abzustimmen. Donovan war zwar älter, aber er hatte bisher nur schlechte Erfahrungen mit Beziehungen gemacht. Wir waren noch dabei, unsere beiden Leben miteinander in Einklang zu bringen. Sosehr ich den Impuls verspürte, ihm deswegen Vorwürfe zu machen: Ich war schlau genug, es nicht zu tun.

»Donovan.« Mit einem tiefen Seufzer suchte ich nach den richtigen Worten. »Ich verstehe, wie du denkst, oder zumindest glaube ich, dass ich das tue. Vielleicht kannst du das nächste Mal einfach früher etwas dazu sagen?«

»Ich habe dich vor vollendete Tatsachen gestellt«, stellte er trocken fest.

»Ein bisschen schon, ja.«

»Entschuldige«, seufzte er und kuschelte sich so an mich, dass er meinen Oberkörper ganz umfangen hielt. »Das ist eine Berufskrankheit, weißt du? Außerdem freue ich mich darauf, wieder mit ihm zusammenzuarbeiten.«

»Jaja, das hatte ich schon mitbekommen«, antwortete ich mit einem Augenrollen. »Was ich nicht verstehe, ist, warum du es jetzt so eilig hast. Es ist ja nicht so, als müsste ich bei dem Gespräch dabei sein.«

Er hob überrascht den Kopf, sodass sich unsere Blicke wieder im Spiegel trafen. »Nein?«

Meinerseits verwundert, legte ich den Kopf schief. »Äh, nein. Wie kommst du denn darauf, dass ich dabeisitze?«

»Weil es bei meinem Vorstellungsgespräch so war?«, antwortete er mit hochgezogenen Augenbrauen.

Oh. Richtig. Na gut, so gesehen war das eine berechtigte Vermutung. »Nein, Babe. Das mache ich sonst nie. Ich bin damals nur reingegangen, um einen Blick auf dich zu erhaschen, weil du den anderen so unheimlich warst. Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, wie ich in Jims Büro gekommen bin, so instinktiv lief das Ganze. Ich weiß nur noch, dass ich dich behalten wollte, also musste ich handeln.«

»Ach so. Na ja, dann haben wir es natürlich nicht eilig.« Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er ließ mich los und trat wieder auf den Flur hinaus, damit ich mich weiter rasieren konnte.

Ich sah ihm an, dass er den restlichen Tag vor sich hin schmollen würde, wenn ich nichts unternahm. Anscheinend hatte er seinen Plan davon abhängig gemacht, dass ich seinem Freund eine Fünf-Sterne-Empfehlung aussprach. Kopfschüttelnd drehte ich mich um und zeigte auf seine Hosentasche. »Ruf mal Carol an.«

Überrascht, aber wieder hoffnungsvoll zog er sein Handy aus der Schutzhülle, rief unsere Kollegin an und stellte den Anruf auf Lautsprecher. Es klingelte dreimal, dann nahm sie ab. »Hey, Donovan.«

»Hey, Carol, ich bin’s.« Ich sprach etwas lauter, damit sie mich gut hörte. Im gekachelten Badezimmer hallte meine Stimme merkwürdig wider. »Kannst du mir bitte einen Gefallen tun? Heute früh bewirbt sich jemand als Kriminalberater. Kannst du ihn dir mal ansehen und Jim deinen Eindruck von ihm mitteilen?«

Sie schwieg einen Augenblick nachdenklich. »Wozu das denn?«

»Um Donovan zu erlösen«, antwortete ich mit einem Augenzwinkern. Er strahlte mich an. »Der Mann ist ein guter Freund von ihm.«

»Also kannst du nicht für ihn bürgen, damit es nicht nach Vetternwirtschaft aussieht«, fasste Carol mit einer Spur Sarkasmus zusammen. »Und darum soll ich mich jetzt in aller Herrgottsfrühe beeilen.«

»Mir ist schon klar, dass Aurenlesen nicht deine Stärke ist, aber einen brauchbaren Eindruck bekommst du doch auch. Mehr braucht Jim gar nicht.«

»Jaja, schon gut. Donovan, du schuldest mir ein Mittagessen.«

»Es wird mir ein Vergnügen sein«, versicherte er ihr strahlend.

»Du hast Glück, dass du so ein lieber Kerl bist. Okay, ich beeile mich. Wann ist denn das Gespräch?«

»Halb neun.«

»In zwanzig Minuten also. Ein bisschen mehr Vorlauf konntet ihr mir nicht geben?«, nörgelte sie gutmütig, aber ich konnte hören, dass sie sich fertig machte.

»Seine Schuld, nicht meine. Danke, Carol. Bis später!« Ich bedeutete Donovan, aufzulegen.

Das tat er, dann beugte er sich zu mir herunter und gab mir einen dicken Kuss auf die Stirn. »Danke.«

»Du hast Glück, dass du so ein lieber Kerl bist«, wiederholte ich Carols Worte, dann scheuchte ich ihn aus dem Bad. »Und wenn du möchtest, dass wir da irgendwann vor zehn Uhr aufschlagen, dann solltest du mich jetzt mit dem Rasieren weitermachen lassen.«

Er verschwand sofort und rief mir noch zu: »Ich mache dir einen Kaffee zum Mitnehmen, okay?«

Dieser Mann. Was sollte man nur mit so viel Energie anfangen?

* * *

Um fünf nach halb neun waren wir im Büro, etwas später, als es Donovan lieb gewesen wäre. Das Vorstellungsgespräch lief bereits. Carol kam uns entgegen, die Miene zu einer schwer zu deutenden Grimasse verzogen. Auf ihren Meridianen blitzte es aber neugierig und zufrieden – eine interessante Mischung, gelinde gesagt. Dass sie unter Zeitdruck aus dem Haus geeilt war, sah man ihr nicht an – kein Härchen lag nicht wohlfrisiert an seinem Platz, und ihr Make-up akzentuierte perfekt ihre großen braunen Augen.

Sie trank einen großen Schluck Kaffee, um Donovan hinzuhalten, der neben mir fast platzte vor Neugier. Dann zwinkerte sie mir zu und bemerkte: »Es macht richtig Spaß, ihn so aufzuziehen!«

»Da sagst du mir nichts Neues«, entgegnete ich grinsend. »Ich hätte gar nicht gedacht, dass es etwas gibt, das ihn dermaßen aus der Ruhe bringt. Aber jetzt musst du aufhören, sonst haut es ihn noch aus den Latschen.«

Immer noch schmunzelnd wandte sich Carol an Donovan: »Ich habe einen ganz guten Eindruck von deinem Freund bekommen, als er hier auftauchte, und habe Jim eine Nachricht geschickt. Er hat eine wirklich sympathische Aura. So ähnlich wie du.«

Donovan, der den Atem angehalten hatte, stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. »Und das hast du auch Jim gesagt? Danke, Carol. Jetzt schulde ich dir definitiv ein Essen.«

»Warum machst du dir überhaupt solche Sorgen?«, wollte ich wissen. So wie er drauf war, hatte ich allmählich das Gefühl, dass ich noch nicht die ganze Geschichte kannte. »Hier geht es gar nicht nur um uns, oder?«

»Nein. Ich mache mir auch Gedanken um ihn«, gab Donovan zu und rieb sich den Nacken.

Das war eine Antwort und dann auch wieder nicht. »Ich weiß, dass er eine Weile flachgelegen und die letzten sechs Monate nicht gearbeitet hat. Er ist aus medizinischen Gründen ausgeschieden, oder?«

»Das schon, aber …« Als er sah, dass Carol ihm nicht folgen konnte, erklärte er: »Garrett war mit mir bei der Army, und vor etwa acht Monaten wurde er aus medizinischen Gründen entlassen. Kreuzbandriss.«

Carol zuckte zusammen. »Der Arme. Ist es nicht ausgeheilt?«

»Doch, das schon, und er kann sein Knie auch wieder voll belasten. Aber bei der Army ist ein Kreuzbandriss nun mal ein Todesurteil. Damit gilt man als nicht mehr diensttauglich, also wurde er entlassen, obwohl er eigentlich bleiben wollte. Garrett bekommt das Herumsitzen nicht besonders. Er hat schon während der Reha fast einen Koller bekommen, hat sich den Kopf darüber zerbrochen, was er jetzt tun soll – so wie ich, bevor ich hierherkam. Ich hätte ihn gerne bei der Psy, ihm zuliebe und euch allen zuliebe. Er braucht eine sinnvolle Aufgabe, einen Job, bei dem er auf Zack bleibt. Hier hätte er den.«

»Und es hätte den doppelten Vorteil, dass wir hier dann noch jemanden hätten, dem wir vertrauen können, wenn es mal brenzlig wird?«, führte Carol nachdenklich weiter aus. »Rundum eine Win-win-Situation, verstehe. Ich glaube, Jim war schon halb überzeugt, weil du ihn empfohlen hast, und Garrett ist auf jeden Fall sehr einnehmend. Er hat mich gegrüßt, als er hereinkam. Ich muss allerdings gestehen, dass ich ihn niemals für einen ehemaligen Soldaten gehalten hätte, wenn ich nicht gewusst hätte, dass er bei den Special Forces war.«

Das konnte ich gut verstehen. Donovan sah tatsächlich aus wie ein Soldat, groß gewachsen und imposant, ein Alphatier im besten Sinne. Das konnte man von Garrett Wilson nicht gerade sagen. Er war so sehr das Gegenteil von Donovan, dass sie nebeneinander schon fast komisch wirkten.

Ich konnte durch das Panoramafenster in Jims Büro hineinschauen. Garrett saß mit dem Rücken zu uns, also sah ich nicht viel außer seinem Kopf und den Schultern: ordentlich gekämmte, kurze blonde Haare und ein gut sitzendes khakifarbenes Jackett. Aber dieser eine Blick auf ihn sagte mir eine ganze Menge.

»Wie hell ist er denn?«, fragte Donovan neugierig. In seiner Stimme lag keinerlei Zweifel, dass sein Freund in meinen Augen besonders hell leuchtete. Das hatte er mich noch gar nicht gefragt, seit ich Garrett kennengelernt hatte. Es hatte auch noch nie so recht gepasst.

»Ganz schön hell«, erwiderte ich, während ich noch Garretts Rücken anstarrte.

Als hätte er es gespürt, drehte sich Garrett zu uns um, bemerkte Donovan, grinste und sagte dann etwas, worüber Jim lachen musste. Na bitte, wenn sie während eines Vorstellungsgesprächs Witze machten, dann lief es ja wohl bestens.

»Er bringt immer alle zum Lachen«, stellte Donovan kopfschüttelnd fest. Er wirkte hauptsächlich amüsiert. »Sieht so aus, als ob alles wunderbar läuft. Vielleicht habe ich mir umsonst Sorgen gemacht.«

»Das würde ich auch sagen.« Carol trank noch einen Schluck, dann verkündete sie umstandslos: »Und ich würde gerne Sushi zu Mittag essen.«

»Schick mir eine E-Mail mit deiner Bestellung, und ich besorge dir welches«, versprach Donovan, den das nicht weiter zu irritieren schien.

Sie tätschelte seinen Arm und schlenderte in ihr Büro.

Da wir auch zu tun hatten, begab ich mich in meines und schaute mir noch einmal an, was heute anstand: ein paar Vernehmungen am späten Vormittag und am Nachmittag, ein neuer Fall von Marcy, der auf den ersten Blick etwas abstoßend aussah (oh bitte, nicht noch ein Fall mit Fremdgehen!), und ein paar Abrechnungsbögen, die ich abzeichnen musste. Die nahm ich mir zuerst vor. Sharon hatte eine ganz klare Meinung zu Abrechnungsbögen, die zu lange auf Schreibtischen herumlagen. Als sich das letzte Mal mehr als fünf bei mir angesammelt hatten, hatte sie so einige Worte darüber verloren, und keins davon war kein Kraftausdruck gewesen. Donovan kümmerte sich unterdessen um die E-Mails.

Etwa fünfzehn Minuten später verdunkelten zwei Silhouetten die Tür, und ich sah auf. Garrett und Jim standen im Türrahmen, beide ein Lächeln auf dem Gesicht. Garrett sprühte förmlich vor Glück und Vorfreude, also brauchte ich mich gar nicht erst zu erkundigen, wie Jims Entscheidung ausgefallen war.

»Ja?«, fragte Donovan hoffnungsvoll, während er sich in seinem Stuhl umdrehte und nach vorn beugte, bereit, jeden Moment aufzuspringen.

»Tja, Havili, jetzt hast du mich wieder an der Hacke«, informierte Garrett ihn zufrieden.

Donovan erhob die Faust in Siegerpose, dann machte er einen Riesenschritt auf Garrett zu, hob ihn mit beiden Armen hoch und drückte ihn einen Moment fest an sich, bevor er an seinen Platz zurücksprang. »Yes! Danke, Jim!«

»Ich hatte Ihre Empfehlung und Carol, die mich gedrängt hat, ihn einzustellen, da wäre ich ein Idiot, wenn ich den Mann nicht genommen hätte«, antwortete Jim. »Außerdem denke ich, dass er gut zu uns passt. Ich bin allerdings überrascht, dass Sie nichts gesagt haben, Jon.«

»Damit uns niemand Vetternwirtschaft vorwerfen kann«, erklärte ich, während ich aufstand, um auch zu gratulieren. »Donovan wollte ihn unbedingt. Na dann: Willkommen bei der Psy, Garrett.«

»Danke, Mann. Ich freue mich wirklich, hier anzufangen.«

Nachdrücklich empfahl ich ihm: »Geh am besten zuallererst bei Sho vorbei. Das ist unser IT-Experte. Er kann dir alle EMP-Schutzeinrichtungen geben, die du brauchst, wenn du dich in meiner Nähe aufhalten willst.«

Dem breiten Lächeln auf seinem Gesicht nach zu schließen, amüsierte ihn das. »Bane, du gibst dem Charakterzug ›elektrisierend‹ eine ganz neue Bedeutung. Ich habe das Gefühl, dass es ein großer Spaß sein wird, mit dir zusammenzuarbeiten. Und wenn ich dabei nur Mäuschen spiele.«

»Das kann schon sein«, sagte ich leicht angesäuert. Immerhin schien er Humor zu haben.

»Tyson ist wegen eines anderen Falls unterwegs«, teilte Jim uns mit. »Ich würde Wilson also gerne bei Ihnen mitlaufen lassen. Dann können Sie ihm alles zeigen, bis Tyson zurück ist und ihn weiter einarbeiten kann. Ich gehe mal davon aus, dass das für Sie okay ist.«

»Absolut«, versicherte Donovan strahlend. »Das wird ein Spaß. Genau wie früher.«

»Das klingt ja, als wären wir uralt.« Garrett gab Donovan einen spielerischen Schubs. »Das muss ich mir verbitten. Ich möchte das sehr deutlich machen, Havili. Ich bin nicht alt. Ich bin jünger als du.«

»Ganze drei Tage …«, erwiderte Donovan ironisch.

»Jünger ist jünger. Ich muss mir von dir nichts gefallen lassen.«

»Als Ältester in dieser Agentur, und zwar um ganze zehn Jahre, möchte ich Sie beide jetzt bitten, den Mund zu halten«, sagte Jim mit einem Schmunzeln, das die Lachfältchen um seine Augen hervortreten ließ, und deutete zur Untermalung auf seine grau gesprenkelten Haare. »Ich mache mich mal an den Papierkram. Donovan, wenn Sie ihn fertig ausgestattet haben, bringen Sie ihn wieder zu mir. Und bitte halten Sie sich bereit, alle drei. Ich habe eine E-Mail von einem fremden Revier bekommen. Wir sind offiziell angefordert worden.«

Ich richtete mich auf und versuchte, seine Emotionen zu lesen. Es war ein Knäuel aus Neugier, Wissbegier, Nervosität und einer Spur Angst. »Oha. Schlimm?«

»Jedenfalls nicht gut«, brummte Jim, dann wandte er sich an die anderen. »Sie werden es beide noch sehen: Wenn wir von einem fremden Revier als komplette Agentur angefordert werden, ist die Situation schon aus dem Ruder gelaufen. Manche Reviere mögen übersinnlich Begabte nicht und weigern sich, mit ihnen zusammenzuarbeiten, es sei denn, sie haben keine andere Wahl mehr. Bei unserem Revier hier ist das nicht so – wir werden oft genug dazugeholt. Aber wenn wir offiziell angefordert werden, von Leuten, die normalerweise gar nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir existieren? Dann weiß ich, dass es schlimm wird und dass meine Leute vor Ort nicht gut behandelt werden. Manche Reviere betreten wir erst gar nicht, so schlecht ist die Stimmung zwischen uns.«

»Es kann sogar noch riskanter werden, wenn wir auswärts arbeiten sollen und die Entfernung zu groß zum Pendeln ist, sodass wir in einer anderen Stadt bleiben müssen«, ergänzte ich mit einem flauen Gefühl. »Will ich überhaupt wissen, wer uns angefordert hat?«

Mit einer Grimasse gab er zurück: »Das Polizeirevier in Clarksville.«

»Ach du Scheiße«, stöhnte ich auf.

Herz und Totschlag

Подняться наверх