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Kati - Jahr III

Lange Zeit glaubte ich, dass mit mir etwas nicht stimmte. Wie konnte man nicht wissen, ob man wirklich Tänzerin werden wollte, und dennoch die ganzen Opfer auf sich nehmen, die mit der Ballettausbildung verbunden waren? Die blutigen Füße, die schmerzenden Glieder, die wenige Freizeit.

Die anderen Mädchen, die mit mir die Akademie besuchten, wussten genau, was sie wollten. Sie liebten das Tanzen, während es für mich immer nur ein notwendiges Übel war. Aber das war, bevor ich wusste, was Tanzen wirklich ist.

Als ich es zum ersten Mal spürte, war ich siebzehn. Ich trainierte bereits seit neun Jahren regelmäßig, anfangs zweimal die Woche, dann drei- und später sechsmal. Schließlich wurde ich sogar an der Akademie für Ballett und Tanz aufgenommen, obwohl mir der Ausdruck fehlte. Man gab mir eine Chance, weil meine Technik überdurchschnittlich war und mein Körperbau stimmte.

Damals ging es mir nicht um den großen Auftritt im Ballett. ;Es ging mir um die Arbeit an der Stange. Ich mochte die strenge Gleichförmigkeit, mit der wir jedes Mal aufs Neue alle Übungen der Reihe nach abarbeiteten. Ich mochte das Gefühl, meinen Körper vollkommen meinem Willen zu unterwerfen, ihn dazu zu bringen, sich über das normale Maß hinaus zu dehnen, zu formen und zu kräftigen.

Doch so sehr ich die Arbeit an der Stange genoss, so sehr hasste ich die Arbeit in der Mitte des Raumes. Ich fühlte mich ausgeliefert und haltlos, trotz der strengen Schrittvorgaben des klassischen Balletts. Die freie Improvisation in den Modern-Dance-Stunden war für mich die Hölle. Trotzdem konnte ich mich nicht entschließen, dem Ganzen ein Ende zu machen. Ich mogelte mich irgendwie durch die Prüfungen, indem ich vorgab, etwas zu fühlen, aber mehr als einmal hatte ich wahrscheinlich einfach nur großes Glück.

Es wurde besser, als ich meinen Körper so gut beherrschte, dass ich die Übungen in der Mitte technisch perfekt ausführen konnte. Aber ich sehnte mich immer an die Stange zurück.

Bis zu jenem Moment, der alles veränderte. Ich stand allein in der Mitte des Saales, wieder einmal, genervt von den Schritten, die ich ausführen sollte und in denen ich keinen großen Sinn sah. Die anderen waren längst nach Hause gegangen, aber ich wusste, dass ich auch das Tanzen endlich meistern musste, wenn ich ein weiteres Jahr an der Akademie überstehen wollte.

Ich ließ nicht locker und arbeitete bis zur Erschöpfung daran, meinen Körper dazu zu bewegen, endlich zu tanzen. Aber mein Herz war nicht dabei. Das war es nie.

Ich wusste lange nicht, was an jenem Tag anders gewesen war. Es waren der gleiche Saal und die gleichen Bewegungen. Sogar die gleiche Musik. Sie kam von einem vorsintflutlichen Plattenspieler, der schrecklich rauschte, aber Madame weigerte sich, einen CD-Player anzuschaffen. Sie sagte immer, es käme nicht auf den perfekten Klang an, sondern auf die Seele der Musik.

Ein Stück aus dem Feuervogel, das ich nicht einmal besonders mochte, tönte aus den Lautsprechern, während ich mich mechanisch im Takt bewegte und die Bewegungen abspulte. Der Schweiß rann mir über die Stirn, die Füße taten mir weh, und ich hatte innerlich mit dem Training schon abgeschlossen.

Dann, von einer Sekunde auf die andere, rutschte alles an seinen Platz. ;Alles, was ich je gelernt, trainiert und verflucht hatte, ergab plötzlich einen Sinn. Aus den einzelnen Übungen, die ich aneinanderreihte, wurde ein große, allumfassende Bewegung; perfekt im Einklang mit der Musik. Ich tanzte wirklich und wahrhaftig, zum ersten Mal in meinem Leben.

Viele Menschen erleben diesen Moment nie, und das ist der Grund, warum sie irgendwann aufhören zu trainieren. Sie finden, dass es das Opfer nicht wert ist. Diejenigen aber, die einmal wirklich getanzt haben, würden ohne zu zögern alles dafür opfern.

Fast alles.

Es war dieser Moment, der in mir das unstillbare Verlangen weckte, Tänzerin zu werden. Nur aus dem einen Grund: dieses Gefühl wieder und wieder, so oft wie nur möglich zu spüren.

An jenem Tag trug ich die roten Schuhe.

Die blutroten Schuhe

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