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1.1 Grundideen der Philosophie der Idealsprache

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Philosophie der idealen Sprache

Die Philosophie der idealen Sprache ist aus einer Abwendung von der im Jahrhundert dominierenden idealistischen Erkenntnistheorie entstanden. Der Idealismus behauptet, dass etwas nur existiert, insoweit es von uns erkannt wird: Unsere Erkenntnisbedingungen bestimmen das Sein der Dinge. Die Gegenposition ist der philosophische Realismus, demgemäß die Dinge auch unabhängig davon existieren, ob es überhaupt Menschen gibt, und damit auch unabhängig davon, welchen Erkenntnismöglichkeiten und -bedingungen wir unterliegen. Die Welt ist eine Menge von Tatsachen, die vom Erkenntnissubjekt unabhängig bestehen.

Mit der Verschiebung vom Idealismus zum Realismus ging eine Verschiebung der systematischen Leitdisziplin von der Erkenntnistheorie zur Sprachphilosophie einher. Die Begründer der Philosophie der idealen Sprache – Frege, Russell und der frühe Wittgenstein – haben alle eine mathematische bzw. naturwissenschaftliche Ausbildung genossen und das logisch-mathematische Handwerkszeug zu einem zentralen methodischen Instrument für die Analytische Philosophie gemacht. Die Philosophie der idealen Sprache zeichnet sich dementsprechend dadurch aus, dass die Frage nach der Bedeutung von Sätzen mit Hilfe von logischen Analysen der Sätze beantwortet werden soll.

Zu den Grundüberzeugungen, die die Philosophie der idealen Sprache ausmachen, sind vor allem die folgenden zu zählen:

Bedeutungsrealismus

(1) Bedeutungsrealismus statt subjektivistischer Bedeutungstheorie: Gemäß der subjektivistischen Bedeutungstheorie ist die Bedeutung eines Satzes eine Vorstellung bzw. allgemeiner ein psychischer Zustand eines Menschen. Diese Theorie, die ihren Ursprung bei Locke hat, geht davon aus, dass die Bedeutung einer Äußerung eines sprachlichen Ausdrucks die Vorstellung ist, die der Sprecherdamit verbindet. Ein Grundproblem dieser Position ist jedoch, dass wir zumindest nicht ohne weiteres verständlich machen können, dass Sätze eine objektive Wahrheit zum Ausdruck bringen und dass eine Kommunikation mittels Äußerungen erstaunlich oft auch funktioniert. Wenn die Bedeutung eines Satzes den subjektiven Vorstellungen eines Sprechers entspricht, dann entstehen mehrere Schwierigkeiten: Die Bedeutung eines Satzes könnte sich von Subjekt zu Subjekt ändern, so dass eine wissenschaftliche Behauptung keinen festen Gehalt hätte. So könnte man keine einzige wissenschaftliche Behauptung als wahr ausweisen, sondern Wahrheit wäre ein personenbezogenes Prädikat, d.h. etwas wäre „wahr für Karl“ bzw. „wahr für Sophie“, aber nicht schlicht und ergreifend „wahr“. Diese Überlegung war ein zentrales Argument für Frege, eine subjektivistische Position zu Bedeutung und Wahrheit abzulehnen. Entscheidend ist dabei die Beobachtung, dass eine Bedeutungstheorie nur dann adäquat ist, wenn sie der Tatsache Rechnung tragen kann, dass ein Satz einen bestimmten Sachverhalt p ausdrücken kann und viele Menschen diesen Sachverhalt aufgrund der Äußerung erfassen können. Frege war nun der Meinung, dass diese Bedingung dazu führt, dass die Bedeutungstheorie radikal von allen psychologischen Aspekten getrennt werden muss. Mit dieser Schlussfolgerung ist Frege jedoch zu weit gegangen, wie wir bei der Diskussion der Fregeschen Sprachphilosophie deutlich machen werden: Gerade dann, wenn – wie es Frege vorschlägt – mehrere Dimensionen der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke unterschieden werden, genügt es, wenn eine dieser Dimensionen realistisch bestimmt ist und einen objektiven Gehalt festlegt. Ziel einer realistischen Bedeutungstheorie und damit insbesondere der idealsprachlichen Theorie der Satzbedeutung ist es, die Bedeutung eines Satzes so anzugeben, dass der Sachverhalt deutlich wird, dessen Bestehen mit einem Aussagesatz behauptet wird.

Logische Analyse

(2) Die logische Analyse der Alltagssprache soll zweierlei erreichen:

Mehrdeutigkeiten vermeiden und die Tiefenstruktur eines Satzes offenlegen.

(2a) Mehrdeutigkeiten vermeiden: Die Philosophie der idealen Sprache geht davon aus, dass der objektive Gehalt eines Satzes mittels logischer Symbole eindeutig angegeben werden kann. Dabei rückt die Beobachtung in den Vordergrund, dass Ausdrücke der natürlichen Sprache oftmals mehrdeutig sind und eine Darstellung durch logische Symbole hilft, diese Mehrdeutigkeiten zugunsten einer Lesart aufzulösen. Betrachten wir drei Beispielsätze, in denen das Wort „ist“ vorkommt:

(i) „Putin ist ein Politiker.“

(ii) „Cicero ist Tullius.“

(iii) „Gott ist.“

In (i) wird „ist“ als Teil des Prädikates „ist ein Politiker“ verwendet, in (ii) ist der Ausdruck eine Abkürzung für das zweistellige Prädikat „ist identisch mit“, und in (iii) kann „ist“ durch den Ausdruck „existiert“ ersetzt werden. In der formallogischen Symbolsprache hat jede Verwendungsweise von „ist“ eine andere Darstellung, so dass eine Verwechslung der Bedeutungen gar nicht erst auftreten kann.

(2b) Entdecken der Tiefenstruktur eines Satzes: Die logische Analyse soll darüber hinaus Sätze der Alltagssprache, die auch „Normalsprache“ genannt wird, in einer Weise zerlegen, dass anstelle einer leicht zugänglichen Oberflächenstruktur die logische Tiefenstruktur eines Satzes zu Tage gefördert wird. Erst die Tiefenstrukturanalyse ermöglicht es uns, die Bedeutung eines Satzes vollständig und adäquat zu erfassen.

(3) Der einfache Satz und nicht das Wort ist die grundlegende Einheit, für die sinnvoll eine Bedeutung angegeben werden kann. Einem Wort kann eine Bedeutung nur insofern zugeordnet werden, als es in einem Satz vorkommt (Frege 1884/1987, 23).

Diese Grundannahmen voraussetzend, haben Frege, Russell und der frühe Wittgenstein ihre je eigene Variante einer realistischen Bedeutungstheorie entwickelt.

Einführung in die Sprachphilosophie

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