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a) Sprachspiele beim späten Wittgenstein
ОглавлениеSprachspiele
Familienähnlichkeit
Da gemäß Wittgenstein die Bedeutung der sprachlichen Zeichen wesentlich durch ihre Verwendung in Sprachspielen festgelegt wird, so wollen wir den Begriff „Sprachspiel“ selbst ein wenig erläutern. Gemäß Wittgenstein lässt sich jedoch dieser Ausdruck nicht definieren, sondern auch er kann nur anhand von Beispielen erläutert werden. Sprachspiele zeichnen sich nicht dadurch aus, dass es ein Merkmal (außer der Eigenschaft, „Sprachspiel“ genannt zu werden) gäbe, das allen Sprachspielen zukäme. Vielmehr lässt sich für jedes potentielle Wesensmerkmal immer ein Sprachspiel finden, das es nicht besitzt, obwohl es selbstverständlich zur Klasse der Sprachspiele gehört. Wenn es auch kein durchgängiges Wesensmerkmal für eine Klasse von Objekten gibt, die unter einen Begriff fallen, so gibt es doch ein verknüpfendes Band, die „Familienähnlichkeit“ (Wittgenstein 1952/1984a, §67): So wie die Ähnlichkeiten zwischen den Mitgliedern einer Familie jeweils aufgrund von verschiedenen Merkmalen bestehen, so auch die Ähnlichkeiten von Sprachspielen untereinander. Wenn A und B einander ähnlich sind (aufgrund von Gesichtszügen) und B und C einander ähnlich sind (aufgrund von Temperament), dann müssen A und C einander noch nicht zwangsläufig ähnlich sein – weder aufgrund von Gesichtszügen noch aufgrund von Temperament. Es gibt aber eine Reihe, ein durchgängiges Band, einen Faden von Ähnlichkeiten, der alle Familienmitglieder bzw. alle Sprachspiele (allgemeiner: alle Objekte, die unter einen Begriff fallen) zu verknüpfen erlaubt. Zu einem Sprachspiel gehören ganz wesentlich gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die sich nicht im Sprechen erschöpfen, wie z.B. Autoritätsverhältnisse, Verpflichtungen und Verantwortungsverhältnisse. So lässt sich bei genauerer Betrachtung das Sprachspiel des Befehlens wie folgt in soziale Rahmenbedingungen einbetten: Wenn Person x gegenüber Person y Autorität bezüglich der Handlung z hat und x nun y befiehlt, z zu tun, dann ist y verpflichtet, z zu tun, und x trägt für die Folgen von z die Verantwortung.
Es sind nicht einfach die grammatischen Regeln für einen sprachlichen Ausdruck, sondern die Gepflogenheiten im Umgang mit dem Ausdruck, die Verhaltensweisen einer Sprachgemeinschaft, die ein Sprachspiel ausmachen. Welche Rolle spielen denn nun Sprachregeln im Rahmen dieses Ansatzes? Wir möchten jetzt darlegen, dass Sprachregeln gemäß Wittgenstein die Gepflogenheiten zu charakterisieren erlauben, die bedeutungskonstitutiv sind, aber dass die Regeln selbst erst durch die Einbettung in die Gepflogenheiten der Sprachgemeinschaft ihr Fundament bekommen.