Читать книгу Die Cabane und die Sennhütte - Александр Дюма - Страница 4

Erster Band
Viertes Kapitel
Cabane und Sennhütte

Оглавление

Monsieur Coumbes besaß in ausgezeichnetem Grade das Gefühl einer socialen Stellung. Er war keiner von denjenigen Leuten, welche den Liebesgott mit einer Setzwage anstatt des Scepters darstellen und welche von der Hand ihrer Köchin geschmiedete Fesseln annehmen; ei! er würde es nicht gewollt haben, und wenn diese Hand die Hand der Grazien gewesen wäre. Er gehörte selbst nicht einmal zu denen, welche denken, wenn die Thüre geschlossen, wenn der Tisch gedeckt und der Wein aufgestellt ist, wer kümmert sich darum, wo Babette untergebracht ist?

Er hegte eine allgemeine Abneigung gegen das ganze weibliche Geschlecht. Milette hatte die einzige Ausnahme von dieser Ansicht gebildet. Er erstaunte zu sehr darüber, um nicht seine Kaltblütigkeit zu behaupten, um nicht bei gesunder und vollständiger Vernunft zu bleiben, selbst in den Augenblicken, wo der König der Götter die einige verlor. Wenn der Gesang dieser Frau jene Einwirkung auf ihn äußerte, den die Frühlingssonne auf die Natur äußert, so ging sie nicht so weit, um ihn das Decorum, die Feierlichkeit der Geberden und der Sprache vergessen zu lassen, welche einem Herrn seiner Dienerin gegenüber zukommen. Und oft gerade in dem Augenblick, wenn die Glut der Sinne ihn vergessen lassen wollte, daß je zwischen ihnen ein Abstand geherrscht, protestierte die Würde des Monsieur Coumbes durch einige ernste Worte, durch einige stark motivierte Anweisungen hinsichtlich der Sorgen des Haushalts, welche die junge Frau erinnern mußten, daß ihr Herr, wie es auch scheinen möchte, sich niemals entschließen würde, in ihr etwas Anderes, als eine Dienerin zu sehen.

Die Leidenschaft spielt nicht immer in der Annäherung der beiden Geschlechter eine so wesentliche Rolle, wie es scheinen mag. Tausend verschiedene Gefühle können zu einem Verhältniß führen. Milette hatte Monsieur Coumbes nachgegeben, weil sie eine übergroße Dankbarkeit für die Dienste hegte, die er ihr geleistet; weil der Packträgermeister, rechtschaffen, geordnet und glücklich, mit einer seltenen Festigkeit der Ideen zum Vermögen gelangte fand er eine überzeugte Bewunderin. Der gewöhnliche Kopf des Besitzers der Cabane von Montredon war für ihre Augen mit einer Glorie umgeben; sie betrachtete ihn wie einen Halbgott, hörte ihn respektvoll an, theilte seine leidenschaftliche Vorliebe und war in seinem Gefolge dahin gekommen, eine armselige Hütte in wahrhaft olympischen Proportionen zu finden. Was Monsieur Coumbes auch von der Dienstfertigkeit der armen Frau verlangte, so hatte dieselbe doch keine Gelegenheit vorübergehen lassen, sich kund zu geben: die Ueberzeugung von ihrer Untergebenheit ließ sie jede Weigerung als unmöglich ansehen.

Da sie sich nie übertriebenen Hoffnungen hingegeben hatte, so kannte sie auch die Täuschung nicht da sie keine Demüthigung fühlte; sie nahm ihre Stellung, wie ihr Herr sie ihr bereitete, mit einer zärtlichen und erkenntlichen Resignation an.

So vergingen die Jahre, indem sich in dem starken Koffer des Packträgermeisters Thaler auf Thaler häuften, indem er Butten Erde auf Butten Dung in dem Gärtchen zu Montredon schüttete. Aber ihre Bestimmung war verschieden; während der Nordwestwind Erde und Dung wegschleuderte, blieben die Thaler zurück, rundeten sich ab und vermehrten sich.

Sie vermehrten sich so gut, daß Monsieur Coumbes nach fünfzehn Jahren am Montag jeder Woche eine Schwäche empfand, wenn er Montredon, einen Feigenbaum, sein Gemüse und eine Beete verlassen mußte, um ein schmales Zimmer in der Rue de la Darfe wieder zu erreichen, und daß diese wöchentlichen Krisen von Woche zu Woche heftiger wurden. Die Liebe zu der Cabane und die Liebe zum Reichthum kämpften eine Weile mit einander in seinem Herzen. Gott selbst verweigerte es nicht, in der streitigen Sache auf Monsieur Coumbes zu wirken. Im Jahre des Heils 1845 fesselte er den besonderen Feind dieses Mannes in den Schluchten des Berges Ventoux, und schickte uns einen milden und feuchten Sommer. Der Sand von Montredon that zum erstenmal Wunder, seitdem der Packträgermeister seine Villa besaß. Der Salat vertrocknete nicht im Keim, die Bohnen schossen schnell auf, die schwachen Stengel der Goldäpfel bogen sich unter ihren gerippten Aepfeln; und an einem Sonnabend, als Monsieur Coumbes in seinem Garten ankam, zählte er, indem eine Ueberraschung seinem Glück gleich kam, zweihundertsiebenundsiebzig Blüthen auf einem Erbsenbeete. Er erwartete so wenig diesen ungehofften Erfolg, daß er sie aus der Ferne für Schmetterlinge gehalten hatte. Dieses Ereigniß besiegte allen seinen Widerstand. Sobald sich eine Blume in dem Garten des Monsieur Coumbes öffnete, würde es nicht zu viel gesagt sein, daß er bei ihrem Erblühen zugegen war. Er verkaufte seine Stelle, zog seine Gelder ein und brachte sie unter, vermiethete sein Zimmer anderweitig und ließ sich gänzlich in Montredon nieder.

Milette sah diese Veränderung der Wohnung nicht gern.

Während wir uns übermäßig über die Thaten und Handlungen des Besitzers der Cabane ausgelassen, haben wir eine Person ein wenig vernachlässigt, welche eine gewisse Rolle in dieser Erzählung spielen soll. Freilich hätte das Dasein dieser Person während der siebzehn Jahre, die wir eben überschritten haben, unseren Lesern nur ein mittelmäßiges Interesse eingeflößt. Wir wollen von dem Kinde Miletten's und Pierre Manas‘, reden.

Er hieß Marius, wie viele Marseiller. So pflanzt die Erkenntlichkeit der Bewohner des alten Marseille die Erinnerung des Helden fort, der ihr Land vor den Einfällen der Cimbern schützte; ein rührendes Beispiel, welches sie noch der Bewunderung derjenigen empfiehlt, welche die die Franzosen nennt. Er hieß also Marius.

Zu der Zeit, wohin wir gekommen sind, war er im vollen Sinne des Worts ein hübscher Knabe, einer von jenen jungen Leuten, welchen die Frauen nicht begegnen können, ohne den Kopf umzuwenden wie ein Pferd beim Blasen der Trompete.

Wir wollen es unseren Leserinnen überlassen, sich nach ihrem Gefallen das Bild unseres jungen Marius auszumalen, indem sie ihren besonderen Geschmack befolgen, wobei wir sie voraus um Verzeihung bitten, wenn in der Folge dieser Erzählung die Wahrheit uns nöthigt, der Vorliebe zu widersprechen, welcher wir in diesem Augenblick zu Gefallen zu reden suchen.

Die arme Milette liebte ihren Sohn zärtlich; sie hatte eine Menge Gründe dazu, wovon der beste war, daß sie, so natürlich dieses Gefühl sein mochte, sich Zwang anzuthun genöthigt war.

Ohne Abneigung gegen Marius zu empfinden, liebte ihn Monsieur Coumbes nicht. Er war völlig unfähig, die Mutterfreuden zu schätzen; aber er rechnete zu gut, um nicht die Kosten abzumessen.

Milette opferte für die Erziehung ihres Kindes den bescheidenen Lohn, den Monsieur Coumbes ihr so pünktlich zahlte, als wenn ihr Gesang ihn nicht zuweilen begeistert hätte, und Monsieur Coumbes beklagte die arme Frau und bedauerte die Opfer, die sie sich aufzuerlegen genöthigt war, um diesem kleinen Burschen das Abc lernen zu lassen, und erleichterte dieselben gewöhnlich durch das sparsame Mitleid, welches er ihr bezeugte und welches er nicht nur durch Beileidsbezeugungen, sondern auch durch heftige Verweise, die er dem Knaben zu Theil werden ließ, kund gab.

Als dieser Letztere herangewachsen war, gestaltete sich die Sache anders! Monsieur Coumbes hatte zu einem persönlichen Trost einen Grundsatz erfunden, den wir allen denjenigen empfehlen, welchen die Aufrichtigkeit ihres Spiegels unangenehme Wahrheiten sagt: er behauptete, daß ein hübscher Bursche nothwendigerweise ein schlechtes Subject sei; und Marius wurde entschieden ein hübscher Bursche. Die Stirn des Monsieur Coumbes wurde finsterer, wenn er ihn ansah. Er schalt Milette, daß sie eine thörichte Zärtlichkeit für ihr Kind zeige, indem er behauptete, daß ihre Liebe zu ihm sie von ihren häuslichen Pflichten ablenke. Er beklagte sich wiederholt über die Nachlässigkeit, die sie, wie er sagte, bei der Zubereitung irgend eines Gerichts gezeigt, und schrieb dieselbe der Zerstreuung zu, die dieser herbeiführe, den er zum voraus den Taugenichts nannte, und zu gleicher Zeit übte er vermöge seiner Folgerichtigkeit eine beständige Wachsamkeit über eine Börse aus; denn er hielt es bei den Augen, die der junge Mann besaß, für unmöglich, daß er sie ihm nicht einst rauben sollte.

Die Folge dieser Stimmung des Monsieur Coumbes war, daß Milette sich genöthigt sah, sich zu verbergen, um ihr Kind zu umarmen. Dieser schien es nicht zu bemerken. Er besaß einen angebornen Adel der Seele, die erhabenen Gesinnungen, die seine Mutter auszeichneten.

Milette hatte ihn mit der Vergangenheit unbekannt gelassen; sie hatte ihm Nichts von ihrer traurigen Geschichte erzählt, aber sie wiederholte ihm ohne Aufhören, daß er denjenigen lieben und verehren müsse, welchen sie niemals anders als seinen Wohlthäter nannte; und das Kind hatte sich gezwungen, die Erkenntlichkeit kund zu geben, wovon ein Herz überströmte, und die er empfunden haben würde, selbst wenn Monsieur Coumbes keinen weiteren Anspruch gehabt hätte, als die Zuneigung, die er einer Mutter einzuflößen gewußt hatte, welche Marius so zärtlich liebte.

Wenn Marius, als er größer wurde, fortfuhr, Monsieur Coumbes viel Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu erweisen, so fügte er noch eine Geduld ohne Grenzen und voll Respekt hinzu. Es war einleuchtend, daß der junge Mann bei einem Scharfblick errathen zu haben glaubte, daß festere Bande, als die der Wohlthat zwischen dem Packträgermeister und ihm herrschten.

Was ihn in diesem Glauben bestärken konnte, war, daß Monsieur Coumbes, als er sich nach und nach gewöhnt hatte, ihn Vater zu nennen, Nichts dagegen hatte. Als Monsieur Coumbes Marseille verließ, um nach Montredon zu ziehen, war Milettens Sohn seit einem Jahre als subalterner Commis in ein Handlungshaus eingetreten, und jeden Abend machte er sich aus dem Staube, um seine Mutter zu umarmen. Es war dieser Abendkuß, den sie verlieren sollte, welcher Milette das Bedauern einflößte, welches ihr die Stadt zu verursachen schien. Sie wurde so traurig, daß Monsieur Coumbes es bemerkte. Er war so freudig über die ganze Linie zu siegen, alle Spötter zum Schweigen gebracht zu haben, welche behauptet hatten, um Bäume in einem Garten zu haben, würde er genöthigt sein, sich die Decorationen von dem großen Theater zu borgen, so daß er sein Glück nicht durch Miletten's Gesicht wollte stören lassen.

Er erlaubte ihr folglich, ihren Sohn jeden Sonntag kommen zu lassen.

Die Cabane und die Sennhütte

Подняться наверх