Читать книгу Die Cabane und die Sennhütte - Александр Дюма - Страница 5
Erster Band
Fünftes Kapitel
Worin man sieht, daß es zuweilen unangenehm ist, schöne Erbsen in seinem Garten zu haben
ОглавлениеUm die Mitte des Sommers des Jahres 1845 geschah ein Ereigniß, welches auf seltsame Weise auf das Leben des Monsieur Coumbes einwirkte. Eines Abends, als er sich des Schattens seines Feigenbaums, vereint mit dem seines Hauses erfreute und halb zurückgelehnt auf seinem Stuhle saß, den Kopf auf die letzte Querstange gelehnt, folgte er mit dem Auge nicht den vergoldeten Wolken, die nach Westen hinzogen, sondern dem Fortschritte der Feigen, die sich abkundeten, am Stiel jedes der Blätter eines Baumes, und die er bereits zum voraus kostete, als er das Geräusch der Stimmen von zwei Personen vernahm, die an dem Gitterzaun von Rohr, welcher seinen Garten nach der Straße hin einschloß, vorübergingen. Die eine Stimme sagte zu der anderen:
»Wahrhaftig, Sie sollen sogleich über die Beschaffenheit des Sandes urtheilen; weder in Bonneveine, noch in Aygalades, noch in Blancarde, weder für Gold noch für Silber könnten. Sie finden, was Sie hier sehen werden. Der König von Frankreich, mein Herr, der König von Frankreich hat nichts Aehnliches in seinem Garten!«
In demselben Augenblick, und während Monsieur Coumbes mit klopfendem Herzen darüber nachdachte, an wen diese Lobeserhebungen möchten gerichtet sein, blieben die Personen vor dem kleinen hölzernen Gitterthore stehen, welches seine Wohnung einschloß. Der Eine von ihnen war ein Grundbesitzer aus der Nachbarschaft, der Andere ein junger Mann, den Monsieur Coumbes zum ersten Mal in Montredon sah.
Der Erstere blieb stehen, deutete auf den Garten, der in seiner ganzen Fülle von Grün prangte, und vorzüglich auf das Erbsenbeet, welches sich bei dem Hauche des Seewindes wellenförmig bewegte, und rief mit einer Geberde, die seinem Ausdruck. Feierlichkeit verlieh:
»Sehen Sie!«
Monsieur Coumbes wurde roth wie ein junges Mädchen, dem man zum ersten Mal ein Compliment wegen ihrer Schönheit macht, und er war fast im Begriff, die Augen niederzuschlagen.
Der junge Mann betrachtete den Garten mit geringerer Begeisterung, als der Andere, aber dennoch mit anhaltender Aufmerksamkeit; dann entfernten sich beide, und Monsieur Coumbes konnte nicht schlafen. – Die ganze Nacht träumte er von den Complimenten, die er an die höfliche Person richten wollte, sobald er ihr begegnen würde.
Am folgenden Tage begoß er seine Lieblingspflanzen und Milette war ihm dabei behilflich, als er wieder ein Geräusch hörte, welches diesmal nicht von der Straße herkam, sondern von der Seite, wo ein langer Raum von Dünen seine Wohnung von einem halben Dutzend Häusern trennte, die man das Dorf Madrague nannte, welcher Raum bis dahin wüst gelegen und nur Schilfgras, Imortellen und wilde Nelken getragen, die sie je nach der Jahreszeit mit ihren weißen, gelben oder rosenfarbigen Blumen tapezierten.
»Wer zum Henker kommt da?« sagte Monsieur Coumbes, von dem Honig angelockt, den er am Abend gekostet hatte. Dann, ohne Milette Zeit zu lassen, ihm zu antworten, trug er einen Stuhl an einer Einfassung von Rohr dahin, und es leise aus einander schiebend begann er, sich in den Stand zu setzen, eine Neugierde zu befriedigen.
Diese Stimmen waren nichts mehr oder weniger, als die von drei oder vier Arbeitern; aber diese Arbeiter trugen Taue, Pfähle und Meßstangen; sie zogen Winkel auf dem wüsten Terrain, welches die Cabane des Monsieur Coumbes begrenzte, und dieser war kein Mann, der nicht gefragt hätte, was dies bedeuten solle?
Man sagte ihm, daß ein Bewohner von Marseille, angelockt vielleicht von der glänzenden Aussicht, welche die Wohnung des Monsieur Coumbes den Vorübergehenden darbot, diese Strecke Land gekauft habe und dort eine Villa nach dem Muster der einigen erbauen lassen wolle.
Monsieur Coumbes war ziemlich gleichgültig bei dieser Nachricht. Er war nicht Menschenhafter aus Grundsatz. – Er hatte die Einsamkeit mehr angenommen, als sie aufgesucht; die Gesellschaft seiner Mitmenschen hatte. Nichts, was ihn anzog, obgleich er nicht dahin gekommen war, sie zu fliehen.
Dennoch empfand er bald die Unbequemlichkeiten davon. Am folgenden Tage gruben die Maurer einen Graben längs dem leichten Zaun, der die beiden Wohnungen trennte. Monsieur Coumbes erneuerte seine Fragen und es wurde ihm geantwortet, daß sein künftiger Nachbar das Rohr nicht für eine genügende Einfassung halte und beabsichtige, so weit es ihn selber angehe, es durch ein mächtiges Viereck von Steinen zu ersetzen.
Die Gleichgültigkeit des Monsieur Coumbes ging bei diesen Worten in das Gegentheil über. Er bedachte, daß diese unnützen Befestigungen machen würden, daß er die Aussicht auf das Meer und das Cap Croisette verlieren würde, und in demselben Augenblick begeisterte er sich wie wahnsinnig für ihre Schönheiten. Dann demüthigte dieser Bau den einigen. Dieses Rohr mußte eine sehr klägliche Figur gegen die schöne Mauer seines Nachbarn spielen. Im Vergleich mit einer Villa würde seine Cabane beträchtlich in der öffentlichen Meinung sinken. Diese letzte Rücksicht war so stark, daß er sogleich einen Maurer aus der Nachbarschaft kommen ließ und ihn anwies, es seinem Nachbar gleich zu thun.
Diese Ausgabe war dem Geiste der Ordnung und Sparsamkeit, der in allen Handlungen des Monsieur Coumbes herrschte, sehr zuwider; aber seine Eigenliebe als Besitzer wußte alle diese Vorwürfe zum Schweigen zu bringen. Er sagte sich, daß eine Mauer seinen Garten viel besser schützen werde, als das Rohr es bisher gethan; daß sie überdies noch den Vorzug habe, das Obst und das Gemüse, welches ihm jetzt nicht fehlen könne, vor den Dieben zu schützen. Und als die vierfache Mauer vollendet war, hatte sie ein so gutes Aussehen, sie war so weiß, so zierlich verstrichen; die Flaschenstücke, womit man den oberen Rand verziert hatte, schimmerten so hübsch in der Sonne, daß Monsieur Coumbes eine lebhafte Erkenntlichkeit gegen den empfand, der mit diesem Bau den Anfang gemacht und ihn zu dieser Ausgabe bestimmt hatte.
Monsieur Coumbes fuhr also fort zu fischen, zu graben und so gut er konnte glücklich zu sein, und er kümmerte sich nicht weiter um seinen Nachbar, als daß er an die hübschen Partien dachte, die sie in Gesellschaft machen könnten, wenn er vielleicht das Fischen lieben sollte.
Indessen, als er einige Zeit später einen Blick auf die Arbeiten warf, die einen raschen Fortschritt nahmen, bemerkte er, daß sie von einer Wichtigkeit waren, die er bis dahin nicht hatte vermuthen können, und zum ersten Mal fühlte er einen neidischen Gedanken im Herzen. Aber er beeilte sich, ihn zurückzudrängen. Wenn die Cabane des Nachbarn die grandioseste wurde, so blieb die seinige doch die hübscheste in Montredon. Hatte er je die schöne Fregatte des Königs, welche er mit dem Schatten ihrer Segel das Meer bedecken sah, beneidet, wenn er mit seiner hübschen Jolle manöverirte?
Er machte sein Herz nicht so leicht von diesen bösen Ideen frei, daß er doch nicht ein geheimes Gefühl der Freude empfinden sollte, als er bemerkte, daß das Gebälk des Hauses eines Nachbarn schwer und massiv sei; daß es mehrere Fuß über das Mauerwerk hinausragte und endlich, daß es durch einen Mangel an richtigem Verhältniß das Gebäude entstellte, welches es bedecken sollte. Aber die Dachdecker, die Tischler und die Maler kamen – diese brachten Dachziegel von neuer Form, jene fügten an alle Etagen Balkons, so zierlich gearbeitet, daß sie Spitzen glichen, die letzteren bemalten die Wände, so daß sie wie reich geäderte tannene Planken aussahen und sie machten ihre Sache so gut, daß nach und nach Harmonie in das Gebäude kam, und daß es ein ländliches aber sehr elegantes Aussehen erhielt.
Es war eine Sennhütte, und die Sennhütten, die damals noch nicht so gewöhnlich waren, wurden sehr bewundert. Wir wollen indessen nicht behaupten, daß Bewunderung das Gefühl war, welches diese bei Monsieur Coumbes erregte. Er betrachtete sie mit einer Miene der üblen Laune, eine starken Augenbrauen zusammengezogen und seine Lippen zusammengekniffen; und noch einmal hatten seine Vernunft und sein gesunder Sinn einen Kampf gegen die leidenschaftlichen Eingebungen seines Stolzes zu bestehen. Er siegte noch diesmal darüber, aber immer nur beinahe; denn obgleich eine Neugierde lebhaft erregt war, so daß er eifrig wünschte, den Namen des glücklichen Eigenthümers dieser neuen Besitzung zu wissen, konnte er sich nicht entschließen zu gehen und die Arbeiter zu fragen. Es schien ihm, als ob eine Röthe die Furcht hätte verrathen müssen, welche ihm diese künftige Rivalität verursachte. Er war verlegen, unruhig, und sah nur verstohlen die röthlichen Mauern der Cabane an, die ihn nichtsdestoweniger so stolz und glücklich machten.
Dieser Name beschäftigte ihn ohne Aufhören, ungeachtet der Sorge, die er anwendete, jeden Gedanken zu entfernen, der ihn an die neue Sennhütte erinnerte. Der Zufall übernahm es, ihn davon in Kenntniß zu setzen.
Das benachbarte Bauwerk war so rasch vorgeschritten, daß noch einige Gemüse den Glanz beurkundeten, der den Garten des Monsieur Coumbes charakterisierte. Der Staub von dem Mörtel und Kalk, den die Maurer durch die Atmosphäre verbreiteten, hatte diese Gemüse auf ärgerliche Weise überzogen, und der Packträger, eine Bürste in der Hand und einen Wassereimer zu seinen Füßen, war beschäftigt, die davon zu befreien.
Er hörte einen Wagen rollen und diesen Wagen vor den Gitterthor anhalten, welches den Garten des Nachbars schloß.
Am Morgen hatte er einige Zurüstungen bemerkt, welche andeuteten daß die Arbeiter den neuen Besitzer erwarteten, und da Monsieur Coumbes nicht zweifelte, daß er es sei, so kletterte er auf seinen Stuhl und erhob leise den Kopf über die Mauer, welche die beiden Gebiete trennte. Er sah die Arbeiter im Hofe gruppiert; Einer derselben hatte einen ungeheuren Blumenstrauß in der Hand. Er sah ihn dem Wagen sich nähern und ihn Einem von Denen überreichen, welche ausstiegen.
Derjenige, welchem man den Blumenstrauß überreichte, war ein Mann von fünfundzwanzig Jahren, sein gekleidet und mit einer offenen und entschiedenen Gesichtsbildung. Drei Freunde begleiteten ihn. Er nahm den Blumenstrauß und legte dagegen ein Trinkgeld in die Hand des Arbeiters. Dieses Trinkgeld mußte befriedigend sein, denn das Gesicht des Mannes ging von der Unbeweglichkeit zur Begeisterung über. Er rief mit entsetzlichem Geschrei: »Es lebe Monsieur Riouffe!« Und seine Kameraden, welche gewiß waren, daß sie es nicht umsonst thun würden, mischten mit wahnsinniger Freude ihren Hurrahruf mit dem seinigen.
Dieser Name Riouffe war Monsieur Coumbes völlig unbekannt.
Während die jungen Leute das Haus im Innern in Augenschein nahmen, hatten sich die Arbeiter dem Observationsposten des Monsieur Coumbes gegenüber versammelt, und er sah, wie sie ihr Geld zählten und theilten. Das Trinkgeld betrug fünf Louisdor.
»Pest!« sagte Monsieur Coumbes, »hundert Franken! Er muß sehr reich sein, dieser Herr, und es wundert mich nicht mehr, daß er so viel für sein Haus ausgegeben hat. Als das meinige fertig war, gab ich, glaube ich, den Arbeitern zehn Franken, und es giebt Viele, die sich rühmen und die nicht so viel geben. Hundert Franken! er besitzt wohl alle Schiffe im Hafen von Marseille, dieser Mann !
Um so besser, das wird einige Abwechselung in die Nachbarschaft bringen. Und dann ein so reicher Mann, wie dieser, muß seinen Fisch kaufen; und ich bin gewiß, daß dieser nicht kommen wird, um in meinem Wasser zu fischen und die Küste zu verwüsten. Er hat das Ansehen eines wackeren Burschen, heiter, frei und ohne Umstände; er wird Mittagsgesellschaften geben und mich vielleicht einladen. Zum Henker! er muß mich einladen, bin ich nicht sein Nachbar? Ei! ich bin bezaubert, daß es ihm eingefallen ist, sich in Montredon niederzulassen!«