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Über das Anderssein

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von Filfyn

In meinem Leben habe ich einige bi- oder homosexuelle Menschen kennengelernt, aber mich wirklich mit ihnen über ihre Sexualität unterhalten, habe ich nie, weil das für mich keine Bedeutung hatte. Wenn die Sprache auf die Liebe kam, habe ich mit meinem Freund genauso über Männer gelästert, wie ich es mit einer Freundin getan hätte. Welches Geschlecht mein Gegenüber dabei hat, war und ist mir immer noch völlig egal.

Dieses Essay soll ein Plädoyer für meine Haltung sein, die Ist-mir-egal-wen-du-liebst-Haltung. Weil es nämlich nicht wichtig ist, wie man rumläuft oder wen man liebt, die Hauptsache ist, man ist dabei glücklich.

»Das sieht ja voll schwul aus!«

Eine Beleidigung, die man heutzutage oft genug zu hören bekommt. Dabei stellen sich mir gleich zwei Fragen: Kann etwas denn auch lesbisch aussehen, oder Transgender, oder …? Und: Was sieht denn nun eigentlich schwul aus? Gibt es ein Erkennungsmerkmal, einen Stempel sozusagen? Oder haben alle, die nicht heterosexuell sind, eine bestimmte Aura, die man sehen kann? Oder vielleicht riechen?

Die bis heute anhaltende Freundschaft mit dem ersten homosexuellen Menschen, den ich kennengelernt habe, hat mich eines gelehrt: Homosexualität hat kein Gesicht, keinen Habitus, keine Kleidung. Man riecht sie nicht, man hört sie nicht, man sieht sie nicht.

Mancher mag einwenden, dass es ‚unnormale‘ Dinge gibt, die man sehr wohl sehen kann: Wer Travestiekünstler*innen nicht wahrnimmt, ist schlichtweg blind. Nur, was sind sie denn, außer bunt?

Dass Menschen alles ablehnen, was nicht der Norm entspricht, mag in unseren Genen begraben liegen – eine Überlebensstrategie.

Das Problem dabei ist, dass wir schon lange Herr der Natur sind, womit unser primärer Lebenssinn lange nicht mehr das nackte Überleben ist. Warum also wird dieses antiquierte und überflüssige Denken zur Erklärung herangezogen, wenn es darum geht, die Ablehnung der LGBTQ-Community zu rechtfertigen?

Einfach, weil es bequem ist. Wenn etwas in den Genen liegt, kann man nichts dagegen tun, denn gegen die Gene ist man machtlos. Also ist es auch nicht notwendig, sich überhaupt näher mit dem Ganzen zu beschäftigen, man wird es ohnehin ablehnen.

Das mag alles einfach sein, aber fair ist es in keinem Fall. Was kann denn der Rest der Welt für ein westlich orientiertes, heteronormatives Weltbild in Europa?

Richtig, er kann rein gar nichts dafür.

Gerade aus diesem Grund ist die Ausrede, dass es ‚in meinen Genen liegt, das abzulehnen‘ keine Rechtfertigung. Gesellschaftlich entwickelte Normen liegen in keinen Genen. Sie liegen maximal in der Erziehung durch die Gesellschaft.

Fakt 1 abseits aller Normen ist: Sexualität ist nicht vererbbar. Wer versteht das Herz schon? Und noch viel wichtiger: Sie ist nicht erlernbar. Wen wir lieben, steckt tief in uns drin und da können auch Schläge und ähnliches nichts daran ändern.

Fakt 2 ist: Kindern geht es ohne heteronormatives Rollenbild nicht schlechter, egal wie viele Studien noch versuchen, das Gegenteil zu beweisen.

Ich frage mich also, was dieses Akzeptanzproblem hervorruft, denn nichts an den eben genannten Fakten ist negativ. Mir fällt auch sonst nichts Negatives ein, wenn ich an gleichgeschlechtliche Beziehungen denke. Selbst das Argument ‚Da fehlt doch dann aber die weibliche/männliche Bezugsperson‘ kann ich für mich entkräften: Was ist denn mit den Großeltern oder Paten? Sicher, die wichtigsten Bindungspersonen sind immer noch die Eltern, aber doch nicht die einzigen.

Im Übrigen kriegen wir auch nicht zu wenig Kinder, wie die meisten argumentieren, wenn es um homosexuelle Paare geht. Die Weltbevölkerung ist also gesichert, ja, in den letzten Jahrhunderten ist sie sogar kontinuierlich gewachsen, auch dank der Medizin, und daran wird sich vermutlich auch länger nichts ändern. Und wenn, dann ist es nicht so tragisch, denn irgendwann ist auch für die Erde Schluss.

Also schadet es doch nicht, wenn es ein paar mehr Paare gibt, die nicht selbst Kinder kriegen, aber zumindest einige Waisen adoptieren können, nicht wahr?

Was also will ich am Ende erreichen, wenn all das gar nicht so tragisch wie dargestellt, aber die Gesellschaft mit ihren Normen nicht sofort umkehrbar ist?

Für mich geht es darum, dass ich so einen Text eigentlich gar nicht mehr schreiben müsste. Denn alle Formen der Selbstverwirklichung oder sexuellen Orientierung sollten bereits so selbstverständlich und tolerierbar sein, dass man nicht länger über sie diskutieren muss.

Jeder von uns ist einzigartig und manche drücken es offensiver aus, als andere. Die Gesellschaft stört sich nur an ersterem, aber einen Grund dafür hat sie nicht. Es soll, nein, es muss der Tag kommen, an dem es egal ist, wie du aussiehst, welche sexuelle Orientierung du hast, was du magst, wie gut du in der Schule bist:

Egal wie du bist, du bist liebenswert! Immer und überall. Nichts was du tust, sollte die anderen Menschen interessieren, solange man sein Gegenüber nicht verletzt. Und als verletzen zählt nicht, den persönlichen Geschmack desjenigen nicht zu treffen.

Kurzum, dies ist ein Plädoyer für die Liebe und positive Ignoranz, denn was stört es dich im Gespräch, welche sexuelle Orientierung dein Gegenüber hat? Er oder sie ist nicht weniger klug, weil er oder sie Männer oder Frauen liebt.

Das alles sollte keine Rolle spielen, wenn es darum geht, jemanden sympathisch oder unsympathisch zu finden. Spielt es für einen doch eine Rolle, sollte derjenige, den es betrifft, doch lieber sich selbst verurteilen, nicht sein Gegenüber.

Für mehr positive Ignoranz und Nächstenliebe!

PMP - Das Pride Month Project

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