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KAPITEL 1 NEUSTADT

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Als ich in die C-Jugend kam, machte mir mein Papa einen Vorschlag, den er schon bald bereuen sollte.

„Mario“, sagte er zu mir, „für jedes Tor, dass du in dieser Saison schießt, bekommst du von mir fünf Mark.“

Pro Treffer einen Heiermann, Anfang der 80er-Jahre war das für einen 13-Jährigen eine recht stattliche Prämie. Nach 40 Toren und insgesamt 200 DM nahm er mich zur Seite: „Mario, das wird mir zu teuer.“ Was nur beweist, was für ein schlauer Mann mein alter Herr war, denn am Ende der Saison hatte ich 76 Tore geschossen. Als Libero.

Ich stamme aus Neustadt an der Weinstraße am Rand des Pfälzerwaldes. Jedes Jahr wird hier die Deutsche Weinkönigin gekürt und weil nirgendwo auf der Welt besserer Wein hergestellt wird, machte ich hier auch meine ersten Erfahrungen mit den edlen Früchten. Wenn ich mal keinen Bock aufs Training hatte, verzog ich mich in die Weinberge und schlug mir den Bauch mit Trauben voll. Jahre später stieg ich auf gepresste Trauben um.

In meiner Familie drehte sich alles um Fußball. Meine arme Mutter: Ihr Mann und ihre drei Söhne waren komplett fußballverrückt, jedes Wochenende verbrachte sie auf irgendwelchen Sportplätzen, um Mike, Matthias und mich kicken zu sehen. Zum Glück bekam sie dann ganz zum Schluss doch noch eine Tochter: Monja, unser Nesthäkchen. Papa arbeitete als Maschinenschlosser bei Bilfinger, Mama bei der Post. Nicht selten kam es vor, dass unser Vater wochenlang ins Ausland musste. Ich habe ihn dann ganz besonders vermisst. Er war nicht nur mein Papa, er war mein Held, mein Vorbild. Ihn kannte jeder in Neustadt. Er hatte immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, aber wenn ihm einer blöde kam, dann fackelte er nicht lange. Später, als ich älter war, nahm er mich mit in seine Stammkneipen, aber er zeigte mir auch eine Welt jenseits vom Tresen. Unvergessen sind die wunderbaren Tage, wenn wir alle zusammen einmal im Jahr mit dem Wohnwagen ans Meer oder ins Allgäu fuhren.

Ich hatte schon als kleiner Junge einen recht ordentlichen Schuss, aber eigentlich wollte ich Torwart werden. Als mich meine Eltern schließlich mit fünf in der F-Jugend vom VfL Neustadt anmeldeten, polsterte mir meine Mama die Hose aus, damit ich mir bei meinen Glanzparaden auch nicht die talentierten Beine ruinierte. Aber gleich in einem der ersten Einsätze kassierte ich 13 Stück und fing an zu heulen. Die Lust am Torwart-Dasein war mir gründlich vergangen. Erst als mir mein Vater versprach, dass ich nie wieder Torhüter sein musste, ging ich wieder zum Training.

Mein erster Trainer war Jürgen Weber, ein junger Kerl, der bei uns in der Straße wohnte. Es dauerte nicht lange, bis ich sein bester Spieler wurde.

„Mario hatte unübersehbare Fähigkeiten, allen voran diesen rechten Fuß, mit dem er schon damals Tore produzierte, über die noch Wochen später gesprochen wurde. Schon in der E-Jugend spielten wir auf dem Großfeld. In einem Spiel gegen Wachenheim zirkelte Mario einen Eckball direkt ins Tor, sowas hatte ich von einem Jungen in seinem Alter zuvor noch nie gesehen.“

(Jürgen Weber)

In der Saison 1975/76 nahm mich mein Vater das erste Mal mit auf den Betzenberg. Auf mich hatte das Stadion eine geradezu magische Anziehungskraft. Der Rasen, die Banden, die Tribünen, das Flutlicht, alles. Ich sah die Männer da unten auf dem Platz und dachte: Genau das will ich auch. In der ersten Reihe der Ostkurve, direkt am Spielfeldrand, sog ich alles um mich rum auf wie ein Schwamm. Ich beobachtete alles haargenau. Wie machte sich Klaus Toppmöller warm? Wie reagierte Hans-Peter Briegel auf die Anweisungen des Trainers? Wann setzte Walter Frosch zur Grätsche an? Mir war schon als kleiner Junge völlig klar, dass auch ich Profi werden würde. Und zwar nicht nur irgendein Bundesligaspieler, sondern einer der besten.

Aber eigentlich gehörte mein Herz Borussia Mönchengladbach. Ich verehrte Allan Simonsen, den kleinen Dänen. Wenn ich nach Mönchengladbach fuhr, trug ich sein Trikot. Auf dem Schulhof konnte ich meine Leidenschaft für die Borussia nicht so offen zeigen, aber zu Hause schlief ich in Gladbach-Bettwäsche.

In meinem Verein war ich bald der beste Spieler und auch außerhalb der Stadtgrenzen hatte man von mir Notiz genommen. Ich wurde erst für die Kreisauswahl und dann für die Südwestauswahl nominiert. Trotzdem spielte ich mit 15 immer noch beim VfL Neustadt. Aber das sollte sich ändern und der Mann, der daran den größten Anteil hatte, hieß Hans-Günther Neues. Er erkannte als Erster mein Potenzial, es sogar zu den Profis schaffen zu können – und er verfügte über die richtigen Verbindungen. Neues organisierte ein Freundschaftsspiel zwischen dem VfL Neustadt und dem FCK und stellte mich vor den Augen der anwesenden Verantwortlichen aus Kaiserslautern auf meiner angestammten Position als Libero auf. Ich machte ein gutes Spiel, verschuldete allerdings auch einen Elfmeter. Nach dem Spiel zogen sich die Herren vom FCK zurück. Banges Warten vor der Umkleidekabine. Schließlich war die Beratung vorüber und man teilte mir mit, dass man mich für die A-Jugend haben wollte. Der nächste Schritt auf der Karriereleiter!

Eigentlich bin ich ein super Typ

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