Читать книгу Eigentlich bin ich ein super Typ - Alex Raack - Страница 9

KAPITEL 4 HERTHA

Оглавление

Mit Berlin hatte ich bislang nicht viel zu schaffen gehabt. Natürlich hatte ich wie jeder andere Deutsche auch verfolgt, wie sich im Herbst 1989 wie durch ein Wunder auf einmal diese doch eigentlich unüberwindbare Mauer öffnete, ich sah die Bilder von feiernden Wessis und Ossis, die Trabi-Kolonnen, die glücklichen DDR-Bürger mit ihrem Begrüßungs-Hunderter in der Hand. Aber ernsthaft mit der Stadt beschäftigt hatte ich mich nicht. Auch nicht mit der Hertha, die 1991 nach nur einem Jahr in der Bundesliga als Tabellenletzter abgestiegen war.

Während Rot-Weiss Essen im Chaos versank, suchte ich nach einem neuen Arbeitgeber, doch obwohl ich eine gute Zweitliga-Saison gespielt und mich meiner Meinung nach für höhere Aufgaben empfohlen hatte, meldete sich niemand bei mir. Zum dritten Mal in meiner Laufbahn stand ich nun am Scheideweg und wusste nicht, in welche Richtung es gehen sollte.

Was Basler zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen kann: Hertha-Manager Reinhard Roder hat den neuen Trainer Bernd Stange zu einem der letzten Saisonspiele von RWE geschickt, um Günther Schipper zu beobachten. „Aber vor Ort fiel mir nur einer auf“, erinnert sich Stange, „Mario Basler. In der Essener Fankurve habe ich die Jungs gefragt, was das für einer ist. Die haben mir geantwortet: ,Ein Riesenfußballer mit genauso großen Macken.‘“

Irgendwann bekam ich einen Anruf von Hertha-Boss Wolfgang Holst. Er lud mich nach Berlin ein, also setzte ich mich in meinen BMW 320i und knallte quer durchs Land in die wiedervereinigte Stadt. Unweit vom Bahnhof Zoo hatte Holst eine Fußballkneipe mit passendem Namen: Holst am Zoo. Ein Ort ganz nach meinem Geschmack, die Kombination aus Fußball und Tresen fand ich seit jeher sehr reizvoll. Bei ein paar frisch Gezapften besprachen wir die Details und schließlich sagte ich zu. Auf der Geschäftsstelle der Berliner unterschrieb ich einen Zweijahresvertrag und wurde ein Herthaner. Für einen echten Schnäppchen-Preis: Die Berliner überwiesen 150.000 D-Mark nach Essen.

Gut möglich, dass ich in der großen Stadt schnell vereinsamt wäre, aber zu meinem Glück war ich die erste Zeit in einem Hotel untergebracht, wo auch zwei andere Neuzugänge wohnten. Uli Bayerschmidt und Christian Hausmann wurden bald zu guten Kumpels. Gemeinsam gingen wir zum Training oder nach Feierabend was essen in den unzähligen Restaurants der Riesenstadt. Ausgiebige Kneipenbesuche gehörten zunächst nicht zu unserem Aufwärmprogramm, für uns Neulinge zählte in diesen ersten Wochen und Monaten nur der Fußball. Erst später, als wir uns die Stammplätze erarbeitet hatten, kostete ich auch von der reichhaltigen Auswahl des Berliner Nachtlebens. Bald schon hatten wir ein beliebtes Ritual: Nach den siegreichen Heimspielen marschierten wir ins Kasino und statteten danach einem angesagten Bordell einen Besuch ab. Natürlich nur, um vom dortigen Spirituosenangebot zu kosten. Um den Ostteil der Stadt machten wir allerdings einen großen Bogen. Erstens waren die Ostberliner eh alle im Westen der Stadt und zweitens reizte mich der runtergerockte DDR-Charme nicht wirklich.

Für unsere tägliche Dosis DDR sorgte dagegen unser Trainer. Bernd Stange hatte früher die ostdeutsche Nationalmannschaft trainiert und schien gar nicht daran zu denken, seine Trainingsmethoden zu hinterfragen nur weil die Mauer gefallen war. Ich merkte sehr bald, dass Stange und ich in komplett unterschiedlichen Systemen groß geworden waren. Ich glaube, in den ersten drei Wochen der Saisonvorbereitung hatte ich nicht einmal den Ball am Fuß; Stange ließ uns laufen, sprinten und wieder laufen. Fußball spielen war offenbar erstmal zweitrangig. Ich fühlte mich wie ein Leichtathlet kurz vor den Olympischen Spielen. Wobei sich das knüppelharte Training nicht gerade negativ auf meine Athletik auswirkte, bald war ich der schnellste Spieler im Kader. Ein Maßstab, den Stange später an neue Fußballer im Probetraining anlegte: Die bedauernswerten Burschen mussten durch eine Lichtschranke sprinten und sich an meiner Bestzeit messen. Unnötig zu erwähnen, dass niemand meine Fabelzeit knacken konnte.

Neben meinen Kumpels Uli Bayerschmidt und Christian Hausmann hatten wir noch zwei blutjunge Spieler im Kader, die in Berlin die Grundlagen für ihre großen Karrieren legen sollten: Niko Kovac und Carsten Ramelow. Niko war schon damals ein richtiger Kämpfer, eine Maschine, der die Meter machte, die ich mir dann sparen konnte. Carsten war noch nicht volljährig, als wir uns das erste Mal begegneten, als A-Jugendspieler durfte er bei uns mittrainieren und lernen, ähnlich wie ich es Jahre zuvor beim FCK hatten machen dürfen. Obwohl ich selbst erst 22 Jahre alt war, versuchte ich meinen noch recht geringen Erfahrungsschatz mit Carsten und Niko zu teilen, sie merkten jedenfalls schnell, dass ich immer ein offenes Ohr für sie hatte.

Als die Saison begann, fand ich mich auf einer eher ungeliebten Position wieder. Bernd Stange war der Meinung, dass ich gemeinsam mit Uli Bayerschmidt und André Winkhold in einer defensiven Dreierkette am besten aufgehoben wäre und stellte mich in den ersten Spielen als Rechtsverteidiger auf. Toll fand ich das nicht, aber ich hielt meinen Mund und beschloss, Stange davon zu überzeugen, dass meine Stärken eher in der Offensive lagen. Gleich im ersten Pflichtspiel der Saison sollte ich Gelegenheit dazu bekommen. Gegen Stahl Brandenburg taten wir uns lange schwer, ehe ich uns in der 58. Minute mit meinem ersten Tor im Hertha-Trikot in Führung brachte. Und was für ein Tor das war! Eine Freistoßflanke von Armin Görtz hatte der Stahl-Keeper nur in die Mitte abwehren können, wo ich Gewehr bei Fuß stand und den Ball volley in den gegnerischen Kasten drosch. Meine erfolgreiche Direktabnahme sollte der einzige Treffer des Spiels bleiben.

Doch nur drei Tage später machten wir uns zu den Deppen der Nation, als wir in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den Oberligisten SC Jülich ausschieden. Vor ganzen 2000 Zuschauern war dem Underdog in der Verlängerung der entscheidende Treffer gelungen und als wir aus dem tiefen Westen zurück nach Berlin kamen, schien es uns, als würde ganz Berlin über uns lachen.

Es dauerte lange, bis ich wieder einen Sieg bejubeln durfte, mehr schlecht als recht wurschtelten wir uns durch die Anfangsphase der Saison und gewannen erst am achten Spieltag gegen den VfB Oldenburg. Immerhin: Ich hatte mich von Saisonbeginn an als Stammkraft etabliert und war von Bernd Stange auch bald wieder ins Mittelfeld zurückbeordert worden. Gegen St. Pauli und im Rückspiel gegen Stahl Brandenburg gelangen mir meine Treffer zwei und drei und endlich fanden wir auch mit der Mannschaft in die Spur. Das erklärte Ziel – das Erreichen der Aufstiegsrunde – war nun zum Greifen nah. Ein wichtiger 2:0-Sieg am letzten Spieltag gegen den SV Meppen machte die Qualifikation dann perfekt.

Leider wurde dieses Spiel von einem tragischen Zwischenfall überschattet. Gegen die zu diesem Zeitpunkt auf Tabellenplatz zwei stehenden Meppener gingen wir kurz vor der Halbzeit durch ein Kopfballtor meines Kumpels Christian Hausmann in Führung. Dabei prallte er so unglücklich mit dem Meppener Torwart Manfred Kubik zusammen, dass er mit großen Schmerzen im Hüftbereich ausgewechselt werden musste. Was niemand von uns ahnen konnte: Christian hatte sich bei dem Zusammenstoß schwer verletzt, seine Milz war gerissen. Vielleicht wäre er verblutet, wenn nicht zufällig sein Onkel im Stadion gewesen wäre. Der war Arzt und hatte gleich erkannt, dass etwas sehr Schlimmes passiert sein musste, schlug sich bis zu den Kabinen durch und sorgte dafür, dass sein Neffe sofort ins Krankenhaus gebracht wurde. In einer Notoperation retteten die Mediziner Christians Leben. Als sie ihn aufschnitten, waren bereits zwei Liter Blut in seine Bauchhöhle gelangt…

Natürlich war das Ergebnis nach diesem Tag zweitrangig und es dürfte Christian nur unwesentlich aufgemuntert haben, dass wir auch dank seines Treffers gewonnen hatten. Die Ärzte mussten ihm eine Niere und die Milz entfernen, eine Woche lang lag er auf der Intensivstation. Schlimme Tage. Christian machte nie wieder ein Spiel und musste seine Karriere mit nur 28 Jahren beenden.

Der damalige Modus in der Zweiten Bundesliga sah zu Beginn des neuen Jahres eine Meister- und eine Abstiegsrunde vor – Grund dafür waren die sechs neu hinzugekommenen Mannschaften aus der aufgelösten DDR-Oberliga. Mit Bayer Uerdingen, dem VfB Oldenburg, dem SV Meppen, St. Pauli und Hannover 96 hatten wir uns für die Meisterrunde qualifiziert. Das war meine Chance, in der kommenden Saison endlich in der Bundesliga zu spielen. Schon zu lange lief ich meinen Träumen hinterher, seit vier Jahren wartete ich darauf, mich endlich in der deutschen Eliteklasse zu beweisen. Wir starteten sensationell in die Meisterrunde, schlugen den FC St. Pauli, Uerdingen und Meppen. Besonders der 3:2-Auswärtssieg gegen Bayer Uerdingen bleibt für mich unvergessen. Die Werkself, trainiert von Friedhelm Funkel, war mit Leuten wie Bernd Dreher, Stephan Paßlack, Andreas Sassen oder Heiko Laessig hochkarätig besetzt und ging schon nach neun Minuten in Führung. Nach 89 Minuten stand es 2:2, Theo Gries hatte zweimal für uns ausgeglichen. Aber um den Aufstieg zu packen, brauchte es mehr als ein Unentschieden. Genau daran dachte ich, als ich mir den Ball circa 40 Meter vor dem Kasten der Uerdinger zum Freistoß zurechtlegte. Noch eine Minute bis zum Ende der regulären Spielzeit, vielleicht war das schon die letzte Möglichkeit, hier doch noch den Sieg zu erringen.

Aus 40 Metern haut ein normaler Fußballer in so einer Situation nicht direkt drauf. Aber ich war kein normaler Fußballer, ich wusste, dass ich noch genügend Dampf im rechten Fuß hatte, um Torwart Bernd Dreher zu überraschen. Außerdem rechnete sowieso niemand damit, dass ich es von dieser Position aus mit einem direkten Torschuss versuchen würde. Ich legte mir den Ball zurecht und ging dabei meine Optionen durch. Dreher hatte nur einen Mann als Mauer aufgestellt, diesem Kollegen zielte ich direkt auf die Schläfe. Natürlich zog er den Kopf zur Seite und dieser Augenblick reichte aus, um Dreher auszutricksen. In einer nicht enden wollenden Flugbahn raste mein Geschoss auf sein Tor zu, traf den rechten Innenpfosten und schlug von dort im Netz ein. 3:2, in quasi letzter Minute! Beinahe wäre ich beim Jubel erdrückt worden, die halbe Ersatzbank war auf den Rasen der Grotenburg gesprintet, um diesen Treffer zu feiern. Eines der schönsten Tore meiner Karriere – und dazu noch so wichtig.

Unsere drei Erfolge in den ersten drei Spielen der Aufstiegsrunde hatten uns zu einem Topfavoriten im Kampf um den Aufstieg gemacht. Doch einem 2:2 gegen Oldenburg folgte eine überraschende 1:2-Niederlage gegen Hannover 96, das Rückspiel gegen Uerdingen wurde damit bereits zu einem vorläufigen Endspiel.

Wir verloren mit 0:5. Ein Debakel. Bayer versohlte uns an diesem Tag richtig schön den Arsch. Zwar gewannen wir danach gegen Meppen, aber die folgende Niederlage gegen Oldenburg und das anschließende Unentschieden gegen Hannover besiegelten unseren Verbleib in der Zweiten Liga. Uerdingen stieg auf. Enttäuscht verzogen wir uns in den Sommerurlaub.

Enttäuschend war dann auch unser Start in die neue Spielzeit, erst am sechsten Spieltag durften unsere Fans das erste Mal einen Sieg bejubeln: beim mageren 1: 0-Erfolg gegen den Wuppertaler SV. Doch nach zwei weiteren Niederlagen gegen Fortuna Köln und Hansa Rostock hing bei uns der Haussegen richtig schief. Leidtragender war wie immer in solchen Fällen der Trainer: Bernd Stange wurde entlassen. Bis uns der neue Übungsleiter vorgestellt wurde, trainierte Karsten Heine die Mannschaft interimsweise. Ich hatte bis dahin eine eher mäßige Saison gespielt, war noch ohne Tor und Vorlage und die miese Stimmung innerhalb der Truppe übertrug sich auch auf mich. Auch wenn ich eher lustlos trainiert hatte, war ich doch einigermaßen überrascht, als ich am Dienstag nach dem Rostock-Spiel in die Kabine kam und dort eine – vorsichtig ausgedrückt – frostige Atmosphäre herrschte. Ich versuchte die Situation mit einem Gag aufzulockern, aber statt der üblichen Lacher blieben meine Kollegen still. Was war denn hier los? Unser Interimstrainer Heine klärte mich auf: „Mario, du wirst heute nicht mit uns trainieren. Du wirst auf der Geschäftsstelle erwartet.“ Perplex schulterte ich meine Sporttasche und marschierte zum Präsidium. Ziemlich geknickt teilte mir Wolfgang Holst mit, dass sich die Mannschaft beim Trainer über mich beschwert hatte und man sich dazu entschieden habe, mich für ein Spiel zu suspendieren. Das war ja mal ein Hammer. Wie ich später herausfand, hatten sich vor allem die älteren Spieler über mich aufgeregt und meinen Ausschluss gefordert.

Ich fand das natürlich alles lächerlich und wusste gleich, dass sich die Mannschaft damit nur selbst ins Bein geschossen hatte. Das Heimspiel gegen Düsseldorf verbrachte ich auf der Haupttribüne neben unserem Präsidenten. Kurz nach dem Anpfiff beugte ich mich zu ihm rüber:

„Herr Präsident, das Spiel geht 0:0 aus.“

„Warum?“

„Weil ich nicht spiele.“

Was soll ich sagen, die Partie endete tatsächlich torlos. Mich überraschte das gar nicht. Während des gesamten Spiels war ich sogar von einem Kamerateam begleitet worden, das wahrscheinlich gehofft hatte, einen wütenden Mario Basler zu erleben. Stattdessen war ich die Ruhe selbst und machte noch Mätzchen mit der Kamera. Am Montag nach dem Unentschieden wurde unser neuer Trainer vorgestellt: Günter Sebert, die Legende von Waldhof Mannheim. Er nahm mich gleich beiseite und fragte, was passiert sei. Ich erzählte ihm meine Version der Geschichte und durfte wieder mittrainieren. Sehr zum Unmut unseres Goalgetters Theo Gries, der die kleine Revolte gegen mich angeführt hatte. Im nächsten Spiel gegen Osnabrück ließ mich Sebert zunächst auf der Bank und brachte mich erst in der 67. Minute. Für Theo Gries. Ich brannte darauf, der Mannschaft und dem neuen Trainer zu beweisen, was für ein Riesenfehler es war, mich nicht spielen zu lassen. Mit meinem ersten Ballkontakt erzielte ich das 1:1.

Bei meinem Amtsantritt in Berlin war Mario vereinsintern gesperrt. Sein Standing war nicht das Beste. Bei den Mitspielern wie bei den Fans. Die hatten ihn in den letzten Spielen beim Warmlaufen ausgebuht. Vielleicht hätte ein anderer Trainer ihn auch draußen gelassen, aber ich wusste ja ganz genau, was er konnte. Ich wusste aber auch, dass er kein einfacher Spieler war und man als Trainer einen Weg finden musste, ihn richtig anzupacken. Mir war klar, dass ein zufriedener Mario Basler eine enorme Verbesserung für meine neue Mannschaft war.

Ich wusste, dass seine Laufarbeit eher unbefriedigend war. Fußballerisch brauchte ich ihm nichts mehr zu erklären, er musste nur anfangen zu laufen! Gleich am ersten Tag suchte ich den Kontakt zu ihm und erklärte ihm die Situation: „Hör zu, wenn du mit Niko Kovac nicht zurechtkommst oder Theo Gries den Ball nicht zuspielst, dann werde ich dich nicht spielen lassen. Aber wenn du bereit bist, meinen Anweisungen zu folgen und dir den Hintern aufzureißen, dann garantiere ich dir, dass dich die Zuschauer lieben werden und du bald für gutes Geld in der Bundesliga spielst.“

In einer meiner ersten Trainingseinheiten machten wir einen Cooper-Test. Drei Runden hinter den beiden Vorletzten – unseren Torhütern – kam Mario als Letzter ins Ziel. Nach dem Training lud ich ihn auf einen Teller Pommes ein. Ich sagte: „Du wirst in diesem Leben kein Marathon-Läufer mehr und das musst du auch nicht. Aber was spricht dagegen, wenn du dich beim nächsten Lauf in die erste Reihe stellst und alles rausholst, was geht? Im Spiel genauso: Du rennst so viel, wie du kannst, und wenn es nicht mehr geht, hole ich dich nach 70 Minuten runter.“ Nach und nach wurde es besser. Seine Mitspieler respektierten ihn wieder, die Jüngeren schauten zu ihm auf und die Zuschauer applaudierten, wenn er ausgewechselt wurde.

(Günter Sebert)

Unter Sebert, als Aktiver 21 Jahre lang knallharter Abwehrspieler bei Waldhof Mannheim, findet Hertha zunächst nur mühsam wieder in die Spur. Auf drei Niederlagen im Herbst 1992 folgt ein Unentschieden gegen Seberts früheren Klub und dieses Remis scheint etwas freigesetzt zu haben. In den kommenden 15 Spielen gewinnt die Hertha zwölfmal, Basler erzielt fünf Tore und ist an etlichen weiteren Treffern unmittelbar oder indirekt beteiligt. Im März 1993 ist aus den Berlinern wieder eine Spitzenmannschaft geworden und aus dem 24-jährigen Basler einer der besten Mittelfeldspieler der Liga. Gegen Waldhof Mannheim gelingt Basler ein so wunderbarer Treffer, dass sogar der gegnerische Trainer Toppmöller nach der Partie vom Torschützen schwärmt und ihm eine goldene Zukunft voraussagt. Nur: Wo wird die stattfinden?

In der Winterpause hatte sich mir beim Hallenturnier in der Berliner Deutschlandhalle mal wieder die perfekte Bühne geboten. Ich tobte mich richtig aus und machte mit meinen Gegenspielern, was ich wollte. Das schien nicht unbemerkt geblieben zu sein. Nach dem Halbfinale stand ich am Pissoir, als plötzlich Werder-Trainer Otto Rehhagel reinkam. Er wartete, bis ich mir die Hände gewaschen hatte und drückte mir einen Zettel in die Hand. Darauf eine Telefonnummer. Otto raunte: „Rufen Sie mich heute Abend an.“ Dann verschwand er wieder.

Im Turnier erreichten wir sogar das Endspiel, verloren aber knapp gegen die Bayern. Abends rief ich Rehhagels Nummer an. Otto kam ziemlich schnell zur Sache: Er habe mich spielen sehen und wolle mich verpflichten. Wann wir uns sehen könnten?

Schon am nächsten Morgen kam er in meine Berliner Wohnung. Beim Frühstück sprachen wir über die Details, seine Vorstellungen, meine Wünsche und so weiter. „Mario“, sagte er am Ende des Gesprächs, „können Sie sich vorstellen, für Werder Bremen zu spielen?“ „Klar“, antwortete ich, „das ist das Ziel.“ „Kann ich mich darauf verlassen, dass diese Zusage auch dann noch gilt, wenn sich ein anderer Verein melden sollte?“, fragte Otto. „Herr Rehhagel“, sagte ich, „ich gebe Ihnen mein Wort.“ Wir vereinbarten für zwei Tage später ein Treffen in Bremen zur Vertragsunterzeichnung und verabschiedeten uns.

Einen Tag später rief Reiner Calmund an und bot mir das Dreifache. Als ich die Summe – 50.000 DM pro Monat – hörte, musste ich erstmal schlucken. Bei der Hertha verdiente ich 3000. Aber ich hatte Otto zugesagt und ich würde mein Wort auch halten. Schweren Herzens sagte ich Bayer Leverkusen und Reiner Calmund ab.

Am Mittwoch fuhr ich mit meiner Frau nach Bremen, lernte natürlich Beate Rehhagel kennen und ließ mir von Willi Lemke die Vertragsdetails erklären. Meine zukünftigen Chefs baten mich inständig, den Deal geheim zu halten, aber damit hatte ich kein Problem. Ich hatte eines meiner ganz großen Ziele erreicht. Ich war Bundesligaspieler. Bei einem Spitzenteam mit einem Spitzentrainer für ein Drittel der Kohle, die ich in Leverkusen verdient hätte. Aber wer will schon nach Leverkusen?

„Bis zum Hals Weltklasse. Darüber Kreisklasse.“

(Bernd Stange, Trainer)

Eigentlich bin ich ein super Typ

Подняться наверх