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Kapitel 1 AUF DEN SCHWINGEN DES ADLERS

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Mein erstes Stadion hieß Marina. Statt auf Rasen spielten wir auf Asche, unsere Fans waren die Kinder auf den Rutschen, Schaukeln und Wippen am Seitenrand. Das Estadio Marina war ein kleiner Bolzplatz in der Großauheimer Marienstraße – daher der Name. Großauheim ist ein Stadtteil von Hanau, hier bin ich 1985 zur Welt gekommen. Wer in Hanau aufwächst und sich in den Fußball verliebt, der kommt an Eintracht Frankfurt nicht vorbei. Bei mir und meinen Kumpels war es genauso. Wenn wir uns nach der Schule auf dem Marina trafen, wurden wir zu den Helden aus dem Waldstadion. Anfang der 90er hatte die Eintracht eine große Mannschaft zusammen, die fantastischen Fußball spielte. Uli Stein, Uwe Bindewald, Uwe Bein, Andy Möller, Tony Yeboah, später Jay-Jay Okocha – für uns Jungs auf dem Bolzplatz waren sie ferne Idole. Wie von einem anderen Stern schien auch ihr Stil zu sein. „Fußball 2000“ nannte man das damals, und im Waldstadion schmeckte es an den Spieltagen tatsächlich nach Aufbruchstimmung, Zukunft und einem neuen Jahrtausend.

Fußball spielte in meiner Familie nicht nur einfach eine wichtige Rolle, Fußball war unser Leben. Mein Vater arbeitete als Trainer beim VfB 06 Großauheim und war ständig auf dem Vereinsgelände, meine Mutter verbrachte ihre Wochenenden ebenfalls auf dem Sportplatz. Klar, dass mein jüngerer Bruder Nico und ich bald zum Klubinventar gehörten, wenn wir nicht gerade den Bolzplatz aufmischten oder in unserem Hof dem Ball nachjagten. Die Spiele der ersten und zweiten Mannschaft waren für uns Pflichtprogramm, und wenn die Alten anschließend um den Grill standen, spielten wir so lange weiter, bis die Sonne unterging. Alles drehte sich bei uns um Fußball. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir mit meinen Eltern mal in einen Freizeitpark gefahren wären. Schade eigentlich, wenn ich daran denke, wie viel Spaß meine eigenen Kinder hatten, als wir vor ein paar Jahren Disneyland besuchten.

Meine Mutter war sehr streng und autoritär, manchmal geradezu kalt und gefühllos. Mein Vater war eher der Spaßvogel der Familie. Wenn wir Kinder mal Scheiße bauten, konnte er uns nie lange böse sein. Aber wirklich liebevoll bin ich nicht erzogen worden. Das wirkt bis heute nach. Es fällt mir sehr schwer, meine Gefühle zu zeigen. Oft wirke ich auf andere wie ein Eisklotz. Ich kann nicht weinen. Nur einmal habe ich richtig geheult: bei meinem ersten Liebeskummer. Aber selbst als später meine Kinder geboren wurden, blieben meine Augen trocken. Meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, habe ich nie gelernt. Vielleicht ändert sich das ja mal irgendwann. Ich würde es mir wünschen.

Mein Talent auf dem Rasen, der für unsere Familie die Welt bedeutete, war recht früh erkennbar. Sehr zur Freude meines Trainers – meines Vaters. Wir hatten einen richtig guten Jahrgang. Jedes Jahr durften wir Kreismeisterschaften und Kreispokalsiege bejubeln, mehr als 100 Tore pro Saison waren für uns keine Seltenheit. Selbst der Nachwuchs von Eintracht Frankfurt hatte gegen uns keine Chance. Wenn wir bei Turnieren aufeinandertrafen, hieß der Sieger meistens VfB 06. Worüber sich dann auch Eintracht-Legende Jan Furtok freute: Sein Sohn kickte bei uns in der Mannschaft.

Für meinen Bruder war das damals keine einfache Zeit. In der Fußballerfamilie Russ stand ich als talentierter Kicker im Mittelpunkt und Nico in meinem Schatten, darunter hat er sehr gelitten. Zumal recht früh die große SGE ihre Fühler nach mir ausstreckte. Schon in der F-Jugend nahm der Klub Kontakt zu meinen Eltern auf, doch zunächst blieb ich in Großauheim. Meine Eltern träumten weiter von einer Bundesligakarriere ihres Sohnes. Der Marco bei der Eintracht, das war das Ziel. Natürlich war das auch meine Wunschvorstellung, aber ehrlich gesagt beschäftigte ich mich als kleiner Junge nicht mit dem, was morgen oder in ein paar Jahren passierte. Ich wollte Fußball spielen, Tore schießen, Medaillen gewinnen und am Wochenende die tödlichen Pässe von Uwe Bein bewundern.

Zwei Jahre später war es dann so weit. Ich spielte inzwischen in der D-Jugend Bezirksauswahl und damit regelmäßig gegen den Nachwuchs der Eintracht. Nach einem Turnier kam einer der Frankfurter Betreuer auf mich zu und fragte, ob ich nicht mal Lust hätte, zum Probetraining vorbeizukommen. Als ich die Sache mit meinen Eltern besprach, kamen wir zu dem Ergebnis, es doch einfach mal zu versuchen. Bald darauf durfte ich beim „Adler-Tag“ zeigen, was ich alles so in Großauheim gelernt hatte, und, siehe da, nach einer ganzen Reihe von Übungen wollten sie mich gleich dabehalten. Aus heutiger Sicht war dieser Wechsel der Startschuss für meine Karriere als Profifußballer, doch daran war damals noch nicht zu denken. Ich freute mich einfach darauf, das Trikot meines Lieblingsvereins zu tragen und als frisch gebackener D-Jugend-Neuzugang Teil der Adler-Familie zu sein. Ich hatte keine Probleme, neue Freunde zu finden. Ein paar von uns Jungs schafften es später nach ganz oben. Schlussmann Jan Zimmermann wurde zu einem meiner engsten Kumpels, heute ist er Torwarttrainer bei der Eintracht. Auch mit Alexander Huber verstand ich mich gut, allerdings spielte er einen Jahrgang über mir. Ein Jahr älter war auch Patrick Ochs, mit dem ich später viele Schlachten schlagen sollte. Sein Vater Reiner wurde mein erster Trainer, ein richtig guter Typ, bei dem ich in zwei Jahren eine Menge lernen durfte.

Rein sportlich war der Sprung vom VfB 06 zur großen Eintracht extrem. Plötzlich spielte ich nicht mehr gegen die Jungs aus Kesselstadt oder Steinheim, sondern gegen den hoch gehandelten Nachwuchs aus Stuttgart oder München. Auf Turnieren traten wir gegen die Crème de la Crème der europäischen Fußball-Elite an. Gleich in meinem ersten Einsatz hieß der Gegner Girondins Bordeaux. An meiner Spielweise änderte sich aber wenig. Ich blieb der Arbeiter im Mittelfeld, der unauffällige Typ, der den Laden zusammenhielt. In den Vordergrund spielte ich mich nie. In die Hessenauswahl wurde ich erst in der B-Jugend berufen. Da standen andere viel krasser im Fokus. Das Über-Talent schlechthin war Baldo Di Gregorio, der regelmäßig zum begabtesten Kicker ausgezeichnet wurde. Seine Vita zeigt aber, dass Talent nicht unbedingt gleichbedeutend ist mit einer großen Karriere im Seniorenbereich: Zu einem Erstligaspiel hat es für Baldo später auch aufgrund von Verletzungen leider nie gereicht. Dabei galt er damals als der nächste Charly Körbel. Einer, der es später aber sogar zum neuen „Bomber der Nation“ bringen sollte, war Mario Gomez. Gemeinsam mit Tobias Weis, Christian Gentner und Marvin Compper bildete er beim VfB Stuttgart die erfolgreichste Achse unseres Jahrgangs. Wenn Mario in Fahrt kam, schoss er alles kurz und klein.

Für mich war es gar nicht so nachteilig, nicht so sehr im Rampenlicht zu stehen. Im Fahrwasser der Frankfurter Schule verbesserte ich stetig mein Spiel, wurde von Jahr zu Jahr robuster und sammelte Erfahrungen. Von einer professionellen Jugendarbeit, wie sie heute bei der Eintracht und anderen Profiklubs zu sehen ist, waren wir damals zwar noch weit entfernt, aber natürlich bewegte ich mich jetzt auf einem ganz anderen Niveau als in Großauheim. Der Leistungsdruck war von Anfang an spürbar. Nach jeder Saison gab es Einzelgespräche mit den Spielern, in denen entschieden wurde, wer im Verein bleiben durfte oder die Eintracht verlassen musste.

Den entscheidenden Moment in meiner noch jungen Karriere erlebte ich nach meiner ersten Saison in der B-Jugend. In dieser Spielzeit rutschte ich das erste Mal auf die Position als Innenverteidiger. Irgendwann zu Beginn der Spielzeit stellte mich der Trainer in die Viererkette, und offenbar erledigte ich meinen neuen Job so gut, dass ich die komplette Saison über hinten drinblieb. Weil ich außerdem zum Kapitän gewählt worden war, machte ich mir große Hoffnungen, auch im nächsten Jahr Spieler von Eintracht Frankfurt zu sein. Entsprechend groß war der Schock, als ich beim obligatorischen Abschlussgespräch unseren Nachwuchskoordinatoren Holger Müller und Armin Kraaz gegenübersaß und zu hören bekam: „Sorry, Marco, aber du musst dir einen neuen Verein suchen. Wir planen für die neue Saison schon mit anderen Spielern, das wird wahnsinnig schwer, einen Platz für dich im Kader zu finden. Wir glauben nicht, dass es für dich reicht.“ Wie in Trance wankte ich aus dem Büro. Die Nachricht musste ich erst mal verdauen. War’s das jetzt? Aus der Traum von einer Karriere bei der Eintracht? An die Bundesliga verschwendete ich damals keinen Gedanken. Alles, was ich wollte, war, ein Adler zu bleiben. Was sollte denn jetzt aus mir werden? Wobei, die Frage ließ sich relativ einfach beantworten: Wer damals bei der Eintracht aussortiert wurde, ging zu den Offenbacher Kickers. Doch als eingefleischter Frankfurt-Fan hegte ich selbstverständlich eine gesunde Abneigung gegen den Rivalen aus der Nachbarstadt. Was also tun?

Völlig durcheinander schlich ich nach dem Termin bei Müller und Kraaz zurück auf den Trainingsplatz. Hatte ich nicht erst vor wenigen Wochen noch im proppenvollen Waldstadion als Balljunge aushelfen dürfen, um schon mal etwas Bundesligaluft zu schnuppern? Hatte ich nicht in all den Jahren bewiesen, dass ich mit meiner Spielweise für jede Mannschaft ein Gewinn sein konnte? Am Platz angekommen, nahm mich unser Trainer Ralf Falkenmayer zur Seite. Ralf war eine Frankfurter Legende, ein begnadeter Kicker, der sogar vier Länderspiele auf dem Buckel hatte. „Und“, fragte Ralf, „nächstes Jahr B1-Jugend?“„Ne“, antwortete ich kurz angebunden, „die wollen mich nicht übernehmen.“ Da wurde Ralf richtig sauer und marschierte umgehend in das Büro, aus dem ich eben von meinem Platz an der Sonne vertrieben worden war. Ich habe nie erfahren, was genau er seinen beiden Kollegen gesagt hat, aber es dürften deutliche Worte gewesen sein, denn tatsächlich ließen sie sich von ihm umstimmen. „Okay“, hieß es ein paar Tage später, „wir versuchen es mit dir.“ Dass er sich für mich eingesetzt hat, werde ich Ralf bis an mein Lebensende nicht vergessen. Ohne ihn wäre ich wohl nie Profifußballer von Eintracht Frankfurt geworden. Keine Ahnung, wo ich stattdessen gelandet wäre. Möglicherweise in Offenbach …

Doch so blieb ich und begann irgendwann davon zu träumen, eines Tages vor 40 000 Zuschauern im Waldstadion aufzulaufen, auch wenn es bis dahin noch ein sehr langer Weg war.

Die Aufstellung in der Innenverteidigung erwies sich auf lange Sicht als Glücksfall für mich. Hier konnte ich meine Stärken ideal ausspielen: Übersicht, Antizipation, Zweikampfverhalten. Die Härte und Abgezocktheit, mit der ich in späteren Jahren in Verbindung gebracht wurde, musste ich natürlich erst noch erwerben. Heute sind die Jungs aus dem Nachwuchsbereich zwar körperlich, technisch und taktisch viel weiter, als wir es damals je waren, doch auch sie müssen sich Woche für Woche an das Tempo und die Intensität im Profibereich gewöhnen. Das ist ein Prozess. Man muss es wirklich wollen. Meine Motivation war, für den Verein meines Herzens spielen zu können. Die Liebe zur Eintracht wuchs sogar von Jahr zu Jahr. Unvergessen, wie die SGE 1999 den Abstieg in die Zweite Liga mit jenem historischen 5:1-Sieg am letzten Spieltag gegen den 1. FC Kaiserslautern verhindert hatte. Mein Vater musste Mitte der zweiten Halbzeit vor lauter Aufregung vor die Tür und spazieren gehen. Die letzten Tore dieses denkwürdigen Spiels verpasste er, schonte aber das angegriffene schwarz-weiße Herz. Nur zwei Jahre später stiegen wir dann doch ab. Und als sich die Mannschaft 2003 mit einem irren 6:3-Erfolg gegen Reutlingen in allerletzter Sekunde die Rückkehr in die Erstklassigkeit sicherte, war ich live mit dabei. Wir A-Jugend-Spieler bekamen Karten vom Verein, regelmäßig fand ich mich auf der Baustelle Waldstadion ein. Allerdings in gebührenden Abstand zu den Frankfurter Ultras. Der direkte Kontakt zu unseren heißblütigsten Fans war mir als Jugendspieler nicht so ganz geheuer. Im Laufe der Jahre sollte sich das ändern.

Ich gehörte also weiterhin zum Verein, an meiner Position änderte sich wenig. Heraus stachen andere, ich blieb eher unter dem Radar. Meine Trainer wussten aber offensichtlich, was sie an mir hatten. Schritt für Schritt wurde ich als A-Jugendlicher an die erste Mannschaft herangeführt. Irgendwann lud mich Willi Reimann, Trainer der ersten Mannschaft, zu einem Freundschaftsspiel ein. Kurz darauf stand ich mit meinen Helden gemeinsam auf dem Rasen. Einer von ihnen war Andreas Möller, der seine Karriere an alter Wirkungsstätte ausklingen ließ. Andy war eine Legende. Welt- und Europameister, Champions-League-Sieger, UEFA-Cup-Sieger, Deutscher Meister –der Mann hatte fast alles gewonnen, was es im Weltfußball zu gewinnen gibt. Mit ihm zusammen auf dem Platz zu stehen, war das Größte, auch wenn mein Auftritt zitternd vor Ehrfurcht war. Später, als ich selbst zu den Alten gehörte, habe ich junge Kerle wie Marc Stendera oder Sonny Kittel vor Trainingseinheiten oder Testspieler immer zur Seite genommen, um ihnen Mut zu machen: „Spiel einfach so, wie du immer spielst.“ Leichter gesagt als getan, aber vielleicht hat es ihnen ja geholfen.

Wobei die heutige Spielergeneration deutlich mehr Selbstvertrauen hat. Dafür sorgt eine viel umfassendere Ausbildung, als wir sie genossen haben. Ich verhielt mich als junger Spieler wie ein Lehrling, der zum Meister aufschaut und ja keine eigene Meinung hat. Zweimal in der Woche durfte ich mittrainieren, ab und an kam ich bei Freundschaftsspielen zum Einsatz. Einmal sogar auf der Doppelsechs gemeinsam mit Eintracht-Legende Alex Schur, mein bis dato größtes sportliches Highlight. Willi Reimann erlebte ich als sehr strengen und autoritären Übungsleiter. Sein Wort war Gesetz – und ich war der Letzte, der sich darüber beschwerte. Bei meinen Einsätzen für die Profis merkte ich, wie weit ich noch entfernt war von so ausgekochten Routiniers wie Uwe Bindewald oder Oka Nikolov. Oka war damals bereits seit fast einem Jahrzehnt bei der Eintracht, meine komplette Jugend hatte ich ihn bewundert. Es kam mir fast unwirklich vor, mit so einer Ikone plötzlich gemeinsam in der Kabine zu sitzen. Typen wie er oder Bindewald wurden von den Fans verehrt, weil sie so lange einem Verein die Treue hielten. Diese besondere Verbindung zu einem Klub und seiner Kultur war auch mein Ideal, sie trieb mich sogar mehr an als die – zugegeben unwahrscheinliche – Aussicht auf Titel und Triumphe. Während ich mich nach und nach in Position für den ersehnten Profivertrag brachte, kämpfte die SGE verzweifelt um den Klassenerhalt und musste am Ende erneut den Gang in die Zweite Liga antreten.

Aus heutiger Sicht war diese sportliche Katastrophe vielleicht sogar ein Glücksfall für mich. Absteiger haben in der Regel keine prall gefüllte Vereinskassen, die Eintracht war Anfang des neuen Jahrtausends ohnehin chronisch klamm. Statt auf teure Transfers musste die Klubführung auf junge Talente aus den eigenen Reihen setzen. Am 1. Dezember 2003, also just zu dem Zeitpunkt, wo der Verein ums Überleben in der Ersten Liga kämpfte, wurde Heribert Bruchhagen als neuer Vorstandsvorsitzender vorgestellt. „Herri“ hatte es als aktiver Fußballer in die Zweite Bundesliga geschafft und anschließend Karriere als Manager gemacht. Bevor er nach Frankfurt kam, war er zwei Jahre lang Geschäftsführer der DFL gewesen. Der Mann kannte sich also aus. Nur folgerichtig, dass eine seiner ersten Amtshandlungen darin bestand, unseren A-Jugend-Trainer Klaus Schäfer aufzusuchen, um ihn zu fragen, wer von seinen Jungs wohl das Potential hätte, in der neuen Saison zu den Profis zu wechseln. Schäfer nannte Bruchhagen drei Namen: Jan Zimmermann, Christopher Reinhard – und Marco Russ. Nach dem Treffen mit dem neuen Vereinsboss kam Schäfer zu mir: „Sieht ganz gut aus für dich. Die können sich das durchaus vorstellen mit dem Profivertrag. Also mach weiter so und gib richtig Gas!“

Das musste er mir natürlich nicht zweimal sagen. In jedem Training und in jedem Spiel haute ich mich voll rein. Regelmäßig war Bruchhagen bei unseren Auftritten am Riederwald Zaungast, ich wusste genau, dass in seiner Hand meine Zukunft als Fußballer lag. Und eines Tages erhielt ich schließlich die erlösende Nachricht, dass ich zur neuen Saison zu den Profis aufrücken sollte. Die Verantwortlichen sahen mein Talent und meinen Willen, mich ständig verbessern zu wollen, und diese Kombination gab am Ende den Ausschlag. Im Frühjahr 2004

bestellte mich Bruchhagen auf die Geschäftsstelle, die wegen verschiedener Umbaumaßnahmen in einem provisorischen Pavillon untergebracht war. Gemeinsam mit meinem Vater saß ich ihm und Vizepräsident Klaus Lötzbeier gegenüber und bekam den ersten Lizenzspielervertrag meines Lebens vorgelegt. Als Jugendspieler hatte ich bis dahin lediglich die Fahrtkosten erstattet bekommen, so etwas wie ein Grundgehalt gab es nicht, Prämien nur für die Nationalspieler. Umso beeindruckter war ich, als ich die Summe auf dem Vertrag entdeckte: 2500 Euro pro Monat – brutto. Für mich war das damals ein Riesenbetrag. Doch noch viel entscheidender als die Zahl war das Wappen, das auf dem Schriftstück prangte. Als ich den Stift nahm, um mich als Spieler Eintracht Frankfurt mit Haut und Haaren zu verschreiben, hatte ich nur den Adler im Blick. Mehr Motivation ging für mich gar nicht. Ohne auch nur einen Satz aus dem Vertrag zu verhandeln, setzte ich meine Unterschrift auf das Papier. Von diesem Augenblick an gehörte ich selbst zu den Adlern vom Main. Blieb nur die Frage: Wie hoch würden mich meine Schwingen wohl tragen können?

Kämpfen. Siegen. Leben.

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