Читать книгу LebensLust - Liebe das Leben ... - Alexa McNight - Страница 6
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Ein ganz und gar gruseliger Traum war das:
Der Gong des Fahrstuhls hallte durch die Redaktion, und wenig später spazierte Tristan Kennedy den Gang zwischen den Schreibtischen entlang. Seine dunklen Augen blickten grimmig um sich, und seine Tätowierungen schienen sich zu bewegen, sich auf seiner Haut auszubreiten. Ein paar Redakteure stießen ängstliche Laute aus, andere verkrochen sich unter ihren Tischen.
Mit einem Satz sprang Kennedy auf Emmas Schreibtisch. Erschrocken rollte sie auf ihrem Stuhl zurück, knallte gegen die hinter ihrem Platz aufgestellte Trennwand. Ihr Stuhl bockte und warf sie ab. Auf dem Boden sitzend, starrte sie von Kennedys Stiefeln über seine langen Beine und den in der Lederjacke steckenden Oberkörper. Ein Grollen stieg aus seiner Kehle auf, und sein Mund verzerrte sich, als er zu Emma hinabsah. Wie ein Racheengel stand er da – das blonde Haar ein ihn Lügen strafender Heiligenschein – und er fragte nach Leander.
Emma wagte es, den Zeigefinger zu bewegen, um auf den Glaskasten zu deuten, aus dem der Herausgeber von KINGz in diesem Moment trat.
»Du hast eines meiner Bilder ohne meine Einwilligung für dein letztes Cover verwendet«, knurrte Kennedy und Leander wurde weiß im Gesicht. »Dafür wirst du mich entschädigen oder ich sorge für deinen Ruin.«
Leander wurde noch blasser und nickte. »Was verlangst du?«
»Eine Fotoreportage in deinem Magazin. Und sie ...« Kennedy deutete auf Emma, die noch immer am Boden kauerte. »... wird mich begleiten.«
Wenn auch unerhört kleinlaut, so wagte Leander doch ein Widerwort: »Das geht nicht. Ich brauche Emma hier.«
Kennedy sprang vom Tisch, packte Emma beim Kragen und zog sie hoch. »Sie kommt mit mir oder du wirst in deinem Leben nicht ein Wort mehr drucken lassen.«
Leander ließ die Schultern sinken, murmelte ein »Sie gehört dir« und trottete zurück zum Glaskasten.
Kennedy lachte triumphierend und zerrte Emma unter den Blicken ihrer entsetzten Kollegen den Gang entlang zu den Fahrstühlen. Bei dem Versuch, sich zu befreien, verlor sie einen ihrer Pumps. Muriel eilte herbei, hob den Schuh auf und wollte ihn ihr geben, doch Emma bekam ihn einfach nicht zu fassen.
»Ich will nicht! Ich brauche meinen Schuh!«, rief sie, doch wurde weitergezerrt. Sie schlug um sich, doch konnte nichts gegen das Scheusal ausrichten. »Mein Schuh, mein Schuh!«, jammerte sie noch im Halbschlaf in ihr Kissen, strampelte die Bettdecke weg, drehte sich auf den Rücken und riss die Augen auf. Ihr Herz galoppierte in ihrer Brust, wie eine Stute auf der Flucht vor einem Wespenschwarm.
»Bloß ein Traum!«, murmelte sie vor sich hin. »Alles nur geträumt zum Glück ...« Dass die Realität aber gar nicht so anders aussah und sie Kennedy tatsächlich an der Backe hatte, ließ sie verstummen und den Samstag mit ganz schlechter Laune beginnen.
Der Latte Macchiato schmeckte irgendwie fad. Die anderntags so leckeren Bagels waren trocken, und weil das Frühstück ohnehin nicht genossen werden konnte, fuhr Emma nebenbei den Laptop hoch und hämmerte den Namen Tristan Kennedy ins Google-Suchfeld. Da ihn offenbar jeder kannte, wollte sie nun auch erfahren, mit wem sie es hier zu tun hatte.
Auf einer Webseite, die düster, aber alles andere als unprofessionell erstellt war, fand sie einen mageren Willkommensgruß und einige Themenordner.
In den ersten hatte er Fotos von Frauen einsortiert, die Emma, so ungern sie es tat, als hocherotisch bezeichnen musste. Nie hatte sie solche Bilder gesehen. Keine der Frauen räkelte sich gekünstelt lasziv vor Kennedys Kamera. Es waren vielmehr Momentaufnahmen, auf denen ihre Körper nur einen Teil der Erotik ausmachten. Viel erotischer waren ihre Mienen: mal eine Aufforderung, mal ein herablassendes Lächeln, mal ein überraschter oder schüchterner oder nachdenklicher Blick. Die meisten waren in einem Studio aufgenommen – und ohne Zweifel mit ausgezeichneter Technik. Mit Erstaunen erkannte Emma die Gesichter bekannter Schauspielerinnen und Sängerinnen.
Im nächsten Ordner befanden sich Detailaufnahmen von Körpern: harte Nippel, runde Schenkel, von Gänsehaut überzogene Pos, nach mehr verlangende Münder, ja sogar Mösen – und nicht einmal letztere Bilder waren obszön, denn Kennedy hielt nicht einfach drauf, sondern ließ bei diesen Bildern eine Handlung die Grundlage sein.
Auch unter den fotografierten Männern entdeckte Emma einige Celebrities. Sie versteckten ihr bestes Stück in einer kräftigen Hand. Sie schwammen nackt im Pool. Sie waren bei einem Seitensprung ertappt und wandten sich um, um dem Störenfried einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. Sie ließen die Muskeln spielen, testeten die Matratze und einige von ihnen waren augenscheinlich fickbereit.
Emma blinzelte, um ihrer Fantasie Einhalt zu gebieten, schloss die Seite und stand auf, um ihren verschmähten Bagel in den Müll zu befördern. Den inzwischen kalten Kaffee tauschte sie gegen einen Orangensaft aus und lud ihre aktuellen Rezepte auf den Bildschirm. Dass sie den Auftrag hatte, Chicagos erotischste Locations zu finden, bedeutete nämlich nicht, dass KINGz in den beiden nächsten Ausgaben auf Ernährungstipps und gesunde Rezepte verzichten würde. Leander wollte erst dann jemanden Neues für die Position finden, wenn er von Emma als Lifestyle-Redakteurin überzeugt war.
Emma hingegen war so von ihrer neuen Aufgabe gefangen, dass sie die Rezepte mit Langeweile anging und ihre Gedanken immer wieder abdrifteten: Zu Tom alias TiWrites und zu der Überlegung, wie sie ihn aus seinem Schneckenhaus locken konnte. Vor vollendete Tatsachen musste er gestellt werden, und dies konnte nur auf eine Weise geschehen: Indem er erfuhr, dass Emma die Frau war, die er seit langem als LebensLust kannte und schätzte.
Vielleicht war es plump, vielleicht ein kühnes Vorhaben. Vielleicht würde es TiWrites überraschen. Vielleicht würde er es ablehnen, aber wenn er auch nur ein bisschen neugierig auf sie war, würde er darüber nachdenken und einwilligen.
Emma rief ihren Mail-Account auf und schrieb TiWrites eine Nachricht, in der sie ihn aufforderte, sie zu treffen. In ihrer Vorstellung malte sie sich das Weitere herrlich bunt aus: Tadaaa, so eine Überraschung! »Duuu, Tom, bist TiWrites!«, würde sie sagen. »Duuu, Emma, bist LebensLust!«, würde er feststellen und so etwas wie eine Erleuchtung haben, die ihn infrage stellen ließ, dass er noch irgendwen anders in seinem Bett brauchte, wo er doch Emma hatte, seine Muse, seine LebensLust.
Nachdem sie die Mail gesendet hatte, konnte sich Emma endlich auf ihre Rezepte konzentrieren – vom zwischenzeitlichen Aktualisieren des Posteingangs abgesehen.
Erst am frühen Abend blinkte eine Nachricht von TiWrites im Posteingang. Mit klopfendem Herzen öffnete Emma sie und las:
»Wie lauten deine neuen Stichworte?«
Verwundert scrollte sie nach unten und stellte fest, dass er tatsächlich auf ihre letzte Mail antwortete. In die Grübelei, was sie davon halten sollte, klingelte ihr Telefon mit Toms Namen auf dem Display. Emmas Verwirrung wurde größer. Er sendete diese Mail und rief sie gleich darauf an? Ahnte er etwa auch etwas? Das konnte er nicht. Es hatte nie einen Anlass gegeben.
Emma wappnete sich und nahm das Gespräch entgegen.
Tom verlor kein Wort darüber, sondern lud sie zum Abendessen in ein Restaurant ein. Emma widerstand der Versuchung, ihr Telefon zu schütteln und ihn die Frage wiederholen zu lassen. Tom wollte mit ihr in ein Restaurant? Nicht in einen Club und dann in die Kiste? Oder gleich in die Kiste? Es geschahen noch Wunder auf diesem Planeten! Offenbar auch ohne, dass sie den Zaunpfahl schwang.
Sie verabredeten sich für zwanzig Uhr, beendeten das Gespräch, indem sie ihre Vorfreude ausdrückten. Ganz brav. Ganz erwachsen. Ganz ohne dreckige Gedanken.
Kaum hatte Emma aufgelegt, da rief Muriel an.
»Wir müssen reden«, sagte sie. »Lust auf einen Drink?«
Muriel hatte so recht, und zudem war es ihr anzurechnen, dass sie sich dafür am Samstagabend Zeit nehmen wollte. Emma wollte sich bei ihr entschuldigen, für diese dämliche Äußerung vom Donnerstag. Aber nicht an diesem Abend.
»Ich bin morgen eine Stunde eher beim Brunch, okay?«, schlug sie deshalb vor. »Heute Abend bin ich zum Essen verabredet.«
Muriels Neugier war geweckt. »Zum Essen? Mit wem?«
»Das erzähle ich dir auch morgen«, versprach Emma. Wo die Sache mit ihr und Tom nun endlich in die richtige Richtung ging, war es wirklich Zeit, Muriel einzuweihen.
***
Tom sah umwerfend aus. In der Redaktion oder wenn sie in einen Club gingen, trug er meist T-Shirts mit blöden Sprüchen drauf, die wohl eine Rebellion gegen seine Anfang Dreißig sein sollten. Heute trug er ein schmal geschnittenes hellblaues Hemd, eine ebenfalls schmale dunkle Stoffhose, schicke Schuhe – und das gewohnte verführerische Grinsen auf den Lippen. Seine dunklen Haare schienen noch feucht von der Dusche.
Er machte ihr ein Kompliment zu ihrem Kleid. Es war neu. Sein Muster bestand aus verzerrten roten-schwarzen Karos.
»Ist es neu? Ich habe es noch nie an dir gesehen«, sagte er dazu.
Das war ungewöhnlich aufmerksam. Nichtsdestotrotz wollte Emma nicht zugeben, dass sie für den Abend mit ihm ein neues Kleid ausgesucht und sogar das Etikett abgeschnitten hatte.
»Nein. Hab ich schon ein paar Monate«, behauptete sie also. »Ich ziehe das nur nicht in der Redaktion an.«
Tom grinste. Der Kerl war sowas von attraktiv, sowas von heiß und sich dessen sowas von bewusst. So bewusst, wie Emma sich war, dass sie verdammt noch mal wieder in seinem Bett landen würde. Freiwillig unfreiwillig. Ungeachtet aller guten Vorsätze, es diesmal, wo sie schon essen gingen, beim Essengehen zu belassen. Das Leben war eine Schlampe!
***
Auf die Kellnerin im Restaurant traf das auch zu. Scheißfreundlich hatte sie sich Tom als Pery Lynn vorgestellt, wohingegen sie Emma offenbar gern den Hals umgedreht hätte. Emma wollte Tom schon fragen, ob es sich um eine Verflossene oder einen One-Night-Stand handelte, da fiel ihr auf, dass die Frau sich an den umliegenden Tischen nicht anders verhielt. Den weiblichen Gästen knallte sie ihre Teller so garstig hin, dass die Pasta auf den Tisch rutschte, während sie den Männern am liebsten die Serviette auf dem Schoß glattgestrichen hätte. Die eine oder andere Szene hatte das zur Folge. Eine Frau schüttete ihrem Begleiter Wein ins Gesicht und konnte nur mit Mühe vom Gehen abgehalten werden.
Mit heimlichem Vergnügen verfolgten Emma und Tom, was um sie herum geschah, und sie mussten sich einige Male auf die Lippen beißen, um nicht zu lachen.
»Ist diese Pery Lynn Schauspielerin?«, flüsterte Emma. »Passiert hier noch irgendwas? Ein Mord vielleicht? Ist es ein Criminal Dinner?«
Tom zuckte die Schultern und behauptete, keine Ahnung zu haben. Emma glaubte ihm nicht. Er wusste irgendwas.
»Eine der Ladies hier bringt die Tussi jedenfalls gleich um die Ecke, wenn sie keiner aufhält«, murmelte Emma weiter und beobachtete, wie Pery Lynn an einem Tisch das Weinglas des Mannes auffüllte, während sie das leere Glas der Frau beflissentlich ignorierte. Deren Griff um das Essbesteck festigte sich so sehr, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.
»Wenn es sein muss, mit der Gabel.«
Emma und Tom hatten das Gleiche bestellt: Steak, eine Folienkartoffel und Gemüse. Emma bekam ihren Teller hingedeppert, Toms Teller wurde mit einem freundlichen Spruch vor ihm abgestellt. Pery Lynn hatte sich schon umgewandt, da fiel ihr etwas ein und sie drehte sich zurück, warf einen prüfenden Blick auf Emmas Steak, dann auf das von Tom. Kurzerhand tauschte sie die Teller aus. Mit einem Augenzwinkern ließ sie Tom wissen, dass er nun das größere Steak hatte. Er bedankte sich verwundert und bot Emma an, das rückgängig zu machen, sobald das Biest verschwunden war. Emma prustete los und bekam sich während des ganzen Essens kaum noch ein.
Es wurde noch besser, als Pery Lynn die Teller abräumte. Sie beugte sich zu Tom, und zwar so, dass er unweigerlich eine herrliche Aussicht in ihr Dekolleté genießen konnte. Mit gesenkter Stimme erkundigte sie sich, ob er Dessert wollte. Tom wollte Dessert. Sie fand das schön und wandte sich, ohne Emma gefragt zu haben, dem nächsten Tisch zu, um dort die gleiche Show abzuziehen. Ein neuer Kommentar blieb Emma im Hals stecken, denn die Frau, die ihrem Begleiter eben den Wein ins Gesicht geschüttet hatte, stand jetzt auf und schnappte sich Pery Lynn. Statt sie, wie befürchtet, mit der Gabel abzumurksen, riss sie ihre Bluse auf und drückte sie auf einen nicht besetzten Nachbartisch. Pery Lynn wehrte sich nicht, als die Frau ihre Hände über dem Kopf zurückhielt und deren Begleiter ihren Rock hochschob.
Emma sah zu Tom. Er beobachtete sie.
»Du wusstest, dass das passieren würde?«
Abermals zucke er die Schultern. Wie um zu fragen, ob das denn eine Rolle spielte. Für Emma tat es das. Sie hatte sich mit ihm zum Dinner verabredet. Die Erkenntnis, dass es doch nur um Sex gegangen war, traf sie. Er hätte sich zumindest erkundigen sollen, ob sie so etwas reizvoll finden würde.
Der Mann am Nachbartisch knetete Pery Lynns Brüste, zerrte ihr dann den Slip von den Hüften, öffnete seine Hose und schob ihre Beine auseinander. Die Kellnerin ließ ein neuerliches lustvolles Murren hören und forderte ihn auf, sie für ihr Verhalten zu bestrafen, bis die Frau, die sie festhielt, ihren Mund mit einem Kuss verschloss. Der Typ, der ohnehin nichts anderes vorgehabt hatte, kam ihrer Aufforderung nur zu gern nach und rammte seine Erektion in ihre Möse. Sein Becken klatschte gegen ihren runden Arsch, und bei jedem neuen Stoß keuchte Pery Lynn in den Mund der anderen. Die Gäste der anderen Tische gesellten sich hinzu, um das Geschehen aus nächster Nähe zu beobachten und den Typen anzufeuern, die von ihnen bezeichnete Schlampe noch derber zu ficken. Einige andere Männer hatten den Hosenstall geöffnet und rieben sich die prallen Schwänze.
»Dessert, so so!«, stellte Emma fest und warf Tom einen weiteren Blick zu. Das Kinn in die Hand gestützt, war er inzwischen auf die Szene konzentriert.
»Wann bist du an der Reihe?«, fragte Emma.
Er sah zu ihr, von ihrem Ton irritiert und um eine Antwort verlegen.
»Ich frage mich auch, wie meine Rolle aussieht«, fuhr Emma immer wütender fort. »Soll ich mich auf den Tisch setzen, die Beine breitmachen, damit du dich aufwärmen kannst. Und soll ich dann abwarten, wer hier noch so alles Bock auf eine willige, anonyme Möse hat?«
Nur zu gut konnte sie sich vorstellen, was in ein paar Minuten in diesem Restaurant los sein würde. Und sie hatte keinen Bock darauf. Also nahm sie ihre Tasche, stand auf und ging ohne ein weiteres Wort. Einen Arsch, schimpfte sie ihn im Stillen auf dem Weg nach draußen, einen vor Geilheit total blinden Arsch. Dass sie außer ihren Qualitäten noch andere hatte, das sah er offenbar nicht oder es interessierte ihn schlichtweg nicht. Denn NEIN, natürlich verabredete er sich nicht zu einem gewöhnlichen Essen, sondern dachte auch hier bloß ans verdammte Vögeln! Wäre es ein Pizza-Imbiss gewesen, wäre ihm das vielleicht noch lieber gewesen. Wieso sich lange aufhalten ... mit ewigen Gesprächen und einem teuren Essen, wenn man doch nur ficken wollte?!
Wenn er sie jetzt nicht als die Emma sah, die sie war, überlegte sie, als sie auf die Straße trat, würde es da tatsächlich einen Unterschied machen, wenn er feststellte, dass sie LebensLust war? Vielleicht wäre das für ihn nur ein Argument für noch mehr Sex, richtig hemmungslosen Sex, wie sie und er ihn in seinen Storys hatten.
Emma knurrte, weil ihr die Überlegung Tränen in die Augen trieb. Sie wollte nicht heulen, sondern nur verärgert sein – völlig zu recht – also blinzelte sie ein paar Mal und konzentrierte sich wieder auf ihren Ärger. Auch auf sich selbst war sie sauer.
Wie naiv verhielt sie sich denn bitte mit diesem Kerl? Wartete seit Monaten darauf, dass er den richtigen Schritt tat, um am Ende immer wieder in sein Bett geschubst zu werden! Aber sie würde ihn schon lehren, so mit ihr umzuspringen. Sie würde ...
»Emma!«, hallte es durch die Straße.
Toms Schritte erklangen hinter ihr. Emma ging schneller. Die El-Station war bereits in Sicht. Vielleicht hatte sie Glück und die nächste Bahn war gleich da.
Taub für Toms weitere Rufe und seine schon klägliche Bitte, zu warten, stieg Emma die Stufen zur Station hinauf. Auf der Hälfte hatte Tom sie eingeholt und schnaufte an ihrer Seite.
»Emma, verdammt, was ist denn auf einmal los?«
Was verdammt noch mal los war? Das fragte er noch? »Erwartest du darauf etwa eine Antwort?«
»Ach, Süße, bitte! Sei nicht sauer!«
Sie hasste es, wenn er sie Süße nannte. Das war so allgemein. Jede konnte Süße sein.
Emma blieb stehen und konfrontierte ihn. »Ich bin davon ausgegangen, dass wir in einem Restaurant essen. Du bist davon ausgegangen, dass wir in einem Restaurant ficken.« So wenige Worte es auch waren, sie redete sich in Rage. »Wenn du schon nicht auf die Idee kommst, ganz normal mit mir essen zu gehen, wieso besitzt du dann nicht mal den Anstand, mich zu fragen, ob ich Lust auf so etwas habe?«
»Es sollte eine Überraschung sein.«
Emma drehte sich um und nahm die letzten Stufen bis zum menschenleeren Bahnsteig. »Na, die ist dir gelungen!«
Tom blieb neben ihr und rechtfertigte sich weiter. »Ich dachte, das sei eine Inspiration für deine Artikel.«
»Die Locations stehen längst fest.« Emma warf einen Blick auf die Anzeige. Die nächste El würde in zwei Minuten hier sein. Das war viel zu lange.
»Ich bin müde«, murmelte sie. »Ich fahre jetzt nach Hause und wünsche dir noch viel Vergnügen.«
»Ach Emma! Ich finde es schade, dass der Abend so endet.«
Prinzipiell konnte sie ihm da nur zustimmen. Schade war das, wie vieles andere auch.
»Klar«, frotzelte sie weiter und blickte in die Richtung, aus der die Bahn kommen würde. »Viel lustiger wäre es doch gewesen, hätten wir noch das Dessert verspeist.«
Es war ein Samstagabend. Noch nicht mal dunkel. Und sie fuhr nun nach Hause. Tolle Sache!
»Vergiss das alles, okay?« Er klang verzweifelt. »Lass mich dich wenigstens nach Hause bringen.«
Emma vermied es, Tom anzusehen. Sie würde nicht nachgeben. Nein, das würde sie nicht! Sie konnte sich denken, wo eine Heimfahrt mit ihm enden würde. »Nein, danke. Ich fahre gern mit der El.«
Um Distanz zwischen sie beide zu bringen, schlenderte sie zu dem Glasstand, in dem die Fahrpläne ausgehängt waren. Sie starrte auf die Uhrzeiten, ohne sie zu lesen. Dann hörte sie die El kommen, drehte sich um und hatte Toms Gesicht genau vor ihrer Nase.
»Ich lasse dich so nicht gehen«, stellte er klar und stützte einen Arm neben ihr ab, um sie daran zu hindern, zur Bahn zu gehen. Seine Stimme, die sich verändert hatte, löste einen wohligen Schauder auf Emmas Rücken aus.
Sie würde nicht nachgeben!
»Ich will nicht, dass du sauer auf mich bist«, fügte er an und brachte sein Gesicht noch näher zu ihrem. Die einfahrende Bahn war ihm egal. Emma bemerkte wohl, dass der Zug hielt, doch sie war in seinem Blick, in den in diesem Moment so unwiderstehlich grünen Augen, gefangen.
Toms Nasenspitze strich über die von Emma. Seine Lippen streichelten ihre, wie eine Bitte, sie küssen zu dürfen.
Küss ihn doch!, jubelte ihr Herz.
Du wirst nicht nachgeben!, beharrte ihr Verstand.
Ungeachtet der wartenden El fuhr Toms freie Hand unter Emmas Kleid und schob ihren Slip beiseite. Sein Finger legte sich auf ihren Kitzler, drückte ihn kurz so fest, dass sie leise stöhnte, dann umkreiste er ihn. Abermals strichen seine Lippen über ihre, und diesmal antwortete Emma ihm, nahm seinen Mund, küsste ihn.
Die El fuhr mit Getöse ab, und der Lärm, mit dem sie sich entfernte, wurde vor allem deshalb so schnell leise, weil das Blut in Emmas Ohren rauschte. Toms Kuss und seine Berührung machten sie taub für alle Geräusche, und sie ließen auch ihren Verstand verstummen. Sie keuchte gegen seine Lippen, denn sein Finger trieb ihre Lust höher und höher. Ein Murren entschlüpfte ihr, als er seinen Mund zurückzog. Sie wollte ihn weiterküssen, doch er schien andere Pläne zu haben. Ohne seine Hand von ihrer Mitte zu nehmen, ging er an ihr herunter und verschwendete nicht viel Zeit. Er schob ihr Kleid nach oben, drängte sich zwischen ihre Beine und ließ seine Zunge übernehmen, was sein Finger begonnen hatte.
Emma vergrub die Hände in Toms Haaren und stöhnte, weil er an ihrer Klit saugte und dies ein so grandioses Gefühl in ihr freimachte. Seine Zunge umrundete die längst geschwollene Perle, fuhr zwischen ihren Schamlippen entlang und tauchte in sie ein, leckte sie aus. Sie wollte mehr von ihm, sie wollte ihn tiefer, also stellte sie einen Fuß auf seine Schulter und presste seinen Kopf fester an sich. Bald war sie so nass, dass ihre Lust in feinen Spuren ihre Schenkel hinablief und in der Spitze ihrer halterlosen Strümpfe versickerte. Ein Zittern setzte in ihrem Unterleib ein. Der Atem verließ ihren Mund in Stößen. Lauter und lauter wurde ihr Stöhnen und echote über den verlassenen Bahnsteig. Von Toms Zunge auf den Gipfel ihrer Begierde getrieben, löste sich ihr Geist für den Moment der völligen Ekstase aus ihrem Körper. Wie von allein spannten sich alle Muskeln an, Emma legte den Kopf zurück und schrie, als sie kam, schnappte nach Luft und legte die Hände an Toms Wangen, um seine Zunge zu stoppen.
Wenige Sekunden ließ er seinen Mund noch da, wo er war und fing die Tropfen ihrer Lust auf, dann löste er sich von ihr und stand auf. Er küsste sie und ließ sie seine nassen Lippen kosten.
Nur langsam kehrte Emmas Bewusstsein zurück. Befriedigt und beseelt lehnte sie an der gläsernen Wand. Mit halbem Ohr vernahm sie das Klimpern von Toms Gürtel, das Surren seines sich öffnenden Hosenstalls, das Knistern der Kondompackung. Sie stieß einen überraschten Laut aus, als er sie packte, ihre Beine spreizte und um seine Hüfte legte, sie gegen die Glaswand presste und seine Eichel durch ihre nasse Mitte schickte.
Emma schloss die Hände in seinem Nacken, um sich festzuhalten und ihn näher zu ziehen. Toms Blick war das Aphrodisiakum, das ihre Gier prompt wieder weckte. Mit der bekannten vehementen Dringlichkeit pulsierte sie in ihrem Bauch, provozierte ein verlangendes Ziehen.
»Tief?«, fragte er mit einer Stimme wie Samt und Seide.
»Tiefer!«, raunte Emma an sein Ohr, schmiegte ihre Wange an seine, schloss die Augen und murrte, weil die Spitze seines Schwanzes über ihre Klit strich.
»Fest?«, hörte sie Tom fragen.
Sie nickte und flüsterte. »Fester!«
Mit einem Stoß war er in ihr, versenkte seinen Schaft bis zum Anschlag und knurrte. »Ich liebe es, wenn du so lüstern und so feucht bist. Dich zu ficken ist der Hammer.«
Emma sah ihn wieder an. Ein neuer Schrei steckte in ihrem Hals und stieg aus ihrer Kehle in die frischer werdende Nachtluft, als Tom ein zweites Mal zustieß.
»Und ich liebe es, wenn du schreist, wenn du dich vergisst«, murmelte er und schwieg dann, um wieder in sie zu pumpen, scheinbar immer ein bisschen tiefer. Fester ohne Zweifel. Zu gern hätte Emma seine Eier gepackt und sie massiert, denn sie wusste, dass er darauf stand, doch er besorgte es ihnen beiden so hart, dass sie ihre Hände in seinem Nacken nicht zu lösen wagte.
Vom eben erlebten Orgasmus war Emmas Empfindsamkeit noch auf einem so hohen Level, dass der Weg zum Höhepunkt diesmal noch kürzer war. Sie grub die Finger in Toms Schultern, schlang die Beine um ihn, verkrampfte sich und spürte, dass das Pulsieren seines Schwanzes in die Zuckungen ihres Unterleibs einstimmte. Er kam mit einem Ächzen und sie folgte ihm nur wenige Sekunden später, erschlaffte in seinen Armen. Die Stirn auf seine Schulter gelegt, atmete sie auf. Tom streichelte ihren Rücken und setzte sie vorsichtig ab, um sich das Gummi abzuziehen und im Mülleimer zu entsorgen.
Emma richtete ihren Slip, die Strümpfe und zog das Kleid über ihre Hüften. Ihr Blick streifte den von Tom, der seine Hose schloss und sie angrinste.
»Darf ich dich jetzt nach Hause fahren?«
Emma hatte das Ja schon auf den Lippen, doch sie verbannte es. Warum auch immer, es erschien ihr richtig, trotzdem mit der El zu fahren, deren Lichter in der Ferne auch schon zu sehen waren.
Sie schüttelte den Kopf, schulterte ihre Tasche und ließ sich von Tom einen Kuss auf die Stirn geben.
»Dann bis Montag!«, sagte er.
»Bis Montag«, entgegnete sie und hielt das Seufzen zurück, bis sie in der Bahn war.
Das eigenartige Gefühl, das sie nach dem Sex gepackt hatte, verstärkte sich während der Fahrt. Eine Unruhe war es, eine Unzufriedenheit. So ganz andere Erwartungen hatte sie an diesen Abend gehabt. Zu Hause angelangt, lud sie die letzte Mail von TiWrites auf den Bildschirm und antwortete darauf, indem sie ihm drei neue Stichworte gab. Ohne echte Freude schrieb sie:
»Shopping, Reiz und Heimlichkeit.«