Читать книгу Deutscher Herbst 2015 - Alexander Meschnig - Страница 14
Оглавление18. Oktober 2015
EIN LEHRSTÜCK IN SACHEN SOZIALRASSISMUS
I.
Im manichäischen Weltbild der medialen und politischen Eliten steht in der »Flüchtlingskrise«, die offiziell so benannt wird, obwohl der überwiegende Teil der täglich zu tausenden Ankommenden illegale Einwanderer sind, das »helle« gegen das »dunkle« Deutschland, wie etwa Jakob Augstein in einer seiner letzten SPIEGEL-Kolumnen nochmals betonte. Derselbe Augstein, der einer engagierten Polizistin bei Maischberger in vollendeter Arroganz ihre täglich erlebte Realität politisch korrekt »wegerklärte«. Tröstlich zu wissen, dass der Maulheld Augstein bei der ersten körperlichen Auseinandersetzung mit etwas weniger zimperlichen Migranten schnell nach der Polizei rufen würde, nach Frauen wie Tania Kambouri, die sich dafür noch in einer Talkshow von einem Millionärssohn duzen lassen muss.
Aus Sicht von Leuten wie Augstein, Göring-Eckardt oder Hofreiter ist jede kritische Einstellung zur schrankenlosen Einwanderung in Deutschland eine Art Krankheit, eine xeno phobische Haltung, das heißt eine der Realität unangemessene Angst vor Fremden bzw. vor dem Fremden allgemein. Verantwortlich dafür: mangelnde Bildung, Rassismus und primitive Atavismen, vor allem bei (weißen) »Männern mit Lehr- und Pflichtschulabschluss«, wie es in der ZEIT vor kurzem exemplarisch dazu hieß. Die moralisch erhöhende Haltung, alle, die sich nicht den weltoffenen Jargon des Juste milieu angeeignet haben, als rassistisch zu denunzieren, ist ihrerseits im besten Sinne sozialrassistisch zu nennen. Die Abscheu vor allem Ländlichen, Provinziellen, dem apolitischen Arbeiter, dem »kleinen Mann«, die Abwertung der Praktiker vor Ort, der Polizisten und Lehrerinnen, die Verachtung der Kneipe oder des Stammtisches – dieser Hass, der sich in einem aggressiven Antirassismus manifestiert, ist in Deutschland weit verbreitet. Man liebt den Fernsten und hasst den Nachbarn, der sich der verordneten Willkommenskultur verweigert, mit aller sonst nicht vorhandenen Leidenschaft.
II.
Die Idee des Multikulturalismus und die schrankenlose Bejahung der massenhaften Zuwanderung war von Anfang an, neben dem Interesse aus der Wirtschaft, ein Lieblingsprojekt linksgrüner Akademiker, die mit den Neuankommenden in der Regel weder beruflich noch vom Wohnstandort her in Konkurrenz oder Nachbarschaft treten. In der Regel wissen die gehobenen Mittelschichten nichts von der Lebenswirklichkeit derjenigen, denen sie reflexhaft Rassismus unterstellen, wenn sie von den Integrationsleistungen, die sie täglich erbringen müssen, schlicht überfordert sind und dagegen aufbegehren. Wer Tür an Tür mit einer arabischen Großfamilie mit angeschlossenem Clan wohnt und über keinerlei finanzielle Mittel verfügt, umzuziehen, hat in der Regel andere Alltagsprobleme als ein Heribert Prantl in seinem Münchner Nobelviertel. In der Leugnung der Probleme und der Diskreditierung der deutschen Unterschichten, der »vergifteten Mitte der Gesellschaft«, drückt sich ein Sozialrassismus aus, der von den Betroffenen immer deutlicher gespürt wird und aktuell wohl stärker als je zuvor zu ohnmächtiger Wut oder resignativer Apathie führt: Wie soll man etwa einem Hartz IV-Empfänger erklären, dass Asylanten, die nicht die deutsche Sprache beherrschen, zum Teil Analphabeten sind und keinen Cent in die Sozialkassen eingezahlt haben, faktisch mit Menschen gleichgestellt werden, die 20 oder 30 Jahre gearbeitet haben und unverschuldet arbeitslos geworden sind?
Niemand spricht heute darüber, was der millionenfache Zustrom für diejenigen bedeutet, die die Integration der Neuankommenden in ihrem Lebensumfeld faktisch zu bewerkstelligen haben. Den Dauergeschichten sympathischer Flüchtlinge in den Leitmedien stehen keine Geschichten von verzweifelten Einheimischen gegenüber, deren Welt sich gegen ihren expliziten Willen verändert, die ihre Straße, ihr Dorf, ihre Stadt nicht mehr erkennen und ihr vertrautes Umfeld zunehmend als fremd wahrnehmen. Allein, wer eine solche Äußerung des Fremdseins, des Verlustes an Heimat, des Unwillens, die von außen erzwungenen Veränderungen zu begrüßen, von sich gibt, wird von den Tugendwächtern sofort als ewiggestrig denunziert und in den GEZ-Medien als Beispiel für den latenten Ausländerhass vorgeführt. Aber warum sollten die unmittelbar Betroffenen eine praktisch schrankenlose »Einwanderungsgesellschaft« gut finden, die ihr Leben in einer Weise verändert, die niemals gewünscht wurde? Vielleicht war ihr Leben bis dato auch »bunt« genug, vielleicht will man einfach nur so weiterleben wie bisher. Offensichtlich hat die Regierung aber beschlossen, dass es dieses Recht nicht (mehr) gibt. Vielmehr sind wir nun alle zwangsweise und bei Strafe moralischer Ächtung dazu verpflichtet, die ungeregelte Einwanderung als Chance und Bereicherung für uns zu begreifen. Denn es gilt: »Wir« schaffen das.
Dieselben Leute, die leidenschaftlich jeden Indianerstamm im Amazonasgebiet oder die Tibeter in China schützen wollen, lassen für die Bevölkerung ihres eigenen Landes nichts davon gelten. Das Mantra lautet: Der deutsche respektive europäische Nationalismus ist zu überwinden, und die Schar der Hereinströmenden ist dabei hilfreich; der viel rabiatere und aggressive Nationalismus vieler Migranten – man denke nur an die Türkei – ist dagegen Ausdruck ihrer kulturellen Eigenständigkeit und muss bewahrt werden. Der Sozialrassismus der »edlen Seelen« wirkt umso absurder, je lauter der »deutsche Spießer«, seine nationalen Ressentiments und seine Xenophobie beklagt werden. Dass ein großer Teil der täglich Ankommenden in ihren mentalen Grundhaltungen wesentlich reaktionärer sind als der vielgeschmähte »Dunkeldeutsche«, könnte man zumindest ahnen. Ein unverstellter Blick auf die Situation in den Herkunftsländern der Einwanderer dürfte dabei genügen. Aber lieber hält man am Bild des tumben und engstirnigen Deutschen fest, der im Kontrast zum herzlichen und weltoffenen Afghanen oder Iraker steht, von dem wir alle lernen können. Dass die momentane Masseneinwanderung tribalistischer Kulturen Deutschland liberaler, demokratischer und friedlicher machen wird, kann nur jemand glauben, der weit entfernt von allen Schnittpunkten sozialer Verwerfungen lebt oder seine Augen immer noch fest vor der Wirklichkeit verschließt. Es scheint aber, als würden die Nachhutgefechte schwächer, die Argumente pro Masseneinwanderung immer absurder, die Repräsentanten täglich lächerlicher, unfähig zu begreifen, dass die momentane Situation schon längst die Ausrufung des nationalen Katastrophenfalls auslösen müsste. Alle nun rasch verabschiedeten Gesetze werden nichts daran ändern, dass wir uns von dem Land, in dem wir jahrzehntelang in stabilen und sicheren Verhältnissen gelebt haben, verabschieden werden müssen. Vertreter der Grünen haben diese Dynamik ja offiziell schon mehrfach begrüßt. Weder können hunderttausende von illegalen Einwanderern abgeschoben werden, noch wird Deutschland mental in der Lage sein, seine Grenzen, wenn nötig mit Gewalt, zu schützen.
III.
Das aktuell beklagte Erstarken rechter oder sogenannter »populistischer« Parteien in Ländern wie Schweden, Norwegen, Holland, Österreich oder Dänemark hat denn seinen Grund im Wesentlichen darin, dass die etablierten Parteien entweder keine Antworten auf die aktuellen Probleme der massenhaften Zuwanderung haben oder sich ängstlich wegducken, um ja nicht dem Vorwurf des Rassismus anheim zu fallen. Der Aufstieg der gerne als populistisch abgewerteten Parteien geht dabei nicht zufällig synchron mit einer schleichenden Auflösung der europäischen Nationalstaaten, deren Grundlage stets homogene Gesellschaften waren. Mit der Globalisierung und der Masseneinwanderung sind Letztere im Verschwinden. An ihre Stelle treten – das hat der Pulitzer-Preisträger Arthur Schlesinger bereits 1991 in seinem Buch The Disuniting of America für die USA beschrieben – separierte ethnische und religiöse Gemeinschaften, die Solidarität nur noch innerhalb ihrer Gruppe kennen und das in vielen Fällen auch nie anders gekannt haben – eines der größten Hindernisse für die Integration von Zuwanderern aus traditionalen Gesellschaften, die im Staat und seinen Organen vielfach nur einen abstrakten Feind sehen, der lediglich für die Bezahlung von Sozialleistungen gut ist. Man kann sich vorstellen, was es bedeutet, wenn partikularistische Interessen von ethnischen/religiösen Gemeinschaften auf eine Gesellschaft treffen, die jeder lautstarken Minderheit, meist auf Druck linksgrüner Politiker und diverser Lobbys, vorauseilend Sonderrechte zuspricht.
Dass viele der deutschen Wähler und Wählerinnen sich nicht mehr von ihren politischen Repräsentanten vertreten fühlen und voraussichtlich bei der nächsten Möglichkeit Parteien wählen werden, die von den staatstragenden Kritikern als »Protestparteien« bezeichnet werden, ist evident. Wahlen in Demokratien haben auch den Sinn und Zweck, gegen »alternativlose« Bündnisse zu votieren. Insofern müsste die von ihrer Regierung praktisch aufgegebene Bevölkerung, die nicht Teil der Willkommenskultur sein will und deswegen als »Dunkeldeutschland« abgewertet wird, vollkommen autoritätsfixiert sein, würde sie immer noch Parteien wie insbesondere die SPD wählen, die ihre Interessen längst einer anderen Klientel zugewandt hat.
Die Kosten der ungeregelten Zuwanderung von ursprünglich zu Jahresanfang prognostizierten 200 000 Migranten, dann 400 000, schließlich 800 000, jetzt schon hinter vorgehaltener Hand auf 1,5 Millionen angewachsen, werden unweigerlich zu Steuererhöhungen, Sicherheits- und Verteilungsproblemen führen. Bürgerkriegsähnliche Zustände in Städten, ethnische Segregation, Gewaltverhältnisse und gesellschaftliche Polarisierungen sind mehr als wahrscheinlich. Die Augsteins, Roths und Prantls werden davon nicht berührt werden; die heute täglich von ihnen Diffamierten werden die massiven Veränderungen in ihren sowieso schon beschwerlichen Alltag integrieren müssen. Im Allgemeinen nennt man das »Verträge zu Lasten Dritter«.