Читать книгу Die Berliner Mauer - Alexander Schug - Страница 11
ОглавлениеStation 1: Humboldthafen - Gedenkstein Günter Litfin
Verkehrsanbindung:
Station Hauptbahnhof: Fern- und Regionalverkehr, S 5, S 7, S 75, S 9, Bus M 41, M 85, TXL, 120, 123, 147, 240, 245, N 20, N 40
Ausgangspunkt der Tour ist die Hugo-Preuss-Brücke am Alexanderufer in unmittelbarer Nähe des Berliner Hauptbahnhofs. Von der Brücke aus haben Sie einen guten Blick auf den Berliner Humboldthafen, dem Schauplatz der ersten Todesschüsse an der Berliner Mauer 1961, die damals noch vielerorts ein Provisorium aus einfachen Bauzäunen war. »24. Aug. 1961, 16.15 Uhr: Tod durch fremde Hand. Hals- und Mundboden-Durchschuß, verbunden mit Ertrinken.« Der Totenschein fasste ins Amtsdeutsch, was nur elf Tage, nachdem das SED-Regime mit der Absperrung zum Westteil der Stadt begonnen hatte, die Öffentlichkeit erschütterte: Der 24-jährige Günter Litfin starb bei seinem Fluchtversuch über das Bahngelände zwischen Friedrichstraße und Lehrter Bahnhof (heute Standort des Hauptbahnhofs). Von Grenzposten entdeckt, versuchte er durch den Spreekanal im Humboldt-Hafen die Westseite schwimmend zu erreichen, bis ihn die gezielten Schüsse in den Kopf trafen. Die Leiche wurde Stunden später aus der Spree geborgen. Während in der DDR-Presse verleumderische Artikel erschienen, nahm die West-Berliner Öffentlichkeit regen Anteil am Schicksal dieses ersten Gewaltopfers an der Mauer. Gegenüber der Stelle, an der Günter Litfin ins Wasser gesprungen war, wurde zum Jahrestag seines Todes ein Gedenkstein aufgestellt, der bis 1995 die zentrale Gedenkstätte des Landes Berlin für die Mauertoten war.
Aufgrund von Bauarbeiten zwischenzeitlich entfernt, befindet sich der Gedenkstein heute an der Sandkrugbrücke an der Invalidenstraße einige hundert Meter von der Hugo-Preuss-Brücke entfernt. Sobald das Alexanderufer, der Flucht- bzw. Bergungsort von Günter Litfin, fertig gestellt ist, soll der Stein dort platziert werden.13 Eine Infostele der Geschichtsmeile Berliner Mauer auf der Hugo-Preuss-Brücke in Richtung Regierungsviertel erinnert an das erste Gewaltopfer an der Mauer. Im Ost-Berliner Ortsteil Weißensee ist heute eine Straße nach Günter Litfin benannt. 2003 eröffnete dessen Bruder Jürgen, der vom Tod seines Bruders aus dem West-Fernsehen erfahren hatte, die Günter-Litfin-Gedenkstätte in der Kieler Straße in einem ehemaligen Wachturm.
Lesetipp: Jürgen Litfin, Tod durch fremde Hand. Das erste Maueropfer in Berlin und die Geschichte einer Familie, Husum 2007 Der Bruder des ersten Gewaltopfers an der Mauer schildert die bewegende Geschichte seiner Familie, die nach dem missglückten Fluchtversuch jahrzehntelang ins Fadenkreuz der Stasi geriet. |
Vertiefung: »Husarenstück« zu Wasser
Die Spree war für die Grenztruppen ein besonderes Sicherheitsrisiko. Eine gefährliche Flucht in die Freiheit gelang 1962 mit einem gekaperten Ausflugsschiff der ›VEB Weiße Flotte‹. Vierzehn junge Ost-Berliner steuerten das Schiff unter dem Dauerfeuer von Volkspolizei und Grenztruppen in den Westen. Die ›Friedrich Wolf‹, mit 60 Metern der längste Passagierdampfer und das Flaggschiff der ›VEB Weiße Flotte‹, hatte für den Tag der Flucht die Genehmigung zur Fahrt ins Grenzsperrgebiet am Berliner Osthafen. Das Hafenbecken und das Nordufer gehörten zu Ost-Berlin, das Südufer dagegen zum Westteil der Stadt. Den Fluchtwilligen gelang es, in der Nacht auf den 8. Juni 1962 den trinkfreudigen Kapitän und den 1. Maschinisten zu überwältigen und das Schiff in ihre Gewalt zu bringen. Als das am frühen Morgen in den Hafen einlaufende Boot plötzlich nach Backboard drehte und damit in Richtung Freiheit steuerte, eröffnete ein herbei geeiltes DDR-Polizeiboot das Feuer aus Maschinengewehren. Der Untersuchungsbericht der DDR-Behörden zählte am Ende 138 abgegebene Schüsse. West-Berliner Polizisten verhinderten mit eigenen Warnschüssen das Entern des Ausflugschiffes durch die Grenzsoldaten. Alle Beteiligten blieben unverletzt. Das ramponierte Boot wurde später samt ausgenüchtertem Kapitän und 1. Maschinisten in den Ostsektor zurückgebracht. 2006 entstand für den WDR eine Fernsehdokumentation dieser spektakulären Flucht mit eingestreuten Spielfilmszenen.14
Foto der West-Berliner Polizei vom Passagierdampfer »Friedrich Wolf« nach dem Beschuss der DDR-Grenzsoldaten, 8.6.1962
Der Humboldthafen mit der Mauer am Ufer. Im Hintergrund der Bettenturm der Charité, 1989
Auf dem Weg …
Von der Hugo-Preuss-Brücke führt der Weg entlang des Kapelle-Ufers in Richtung Regierungsviertel. Sie passieren oberhalb der Spree die Kreuzung Reinhardt-Straße und gehen bis zum Schiffbauerdamm. Sie befinden sich hier im ehemaligen Grenzgebiet, auf der die Mauer stand. Doch auch die Wasserfläche der Spree zählte noch zu Ost-Berliner Gebiet, weshalb bei Fluchtversuchen aus der DDR erst das Erreichen der anderen Spreeseite rettendes Ufer bedeutete. An die Opfer der Mauer erinnert eine Installation, die Sie direkt hinter der Bundespressekonferenz erreichen: das »Parlament der Bäume«.