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27. Juli

Anja

So, jetzt müssten wir aber irgendwann schonmal die Tapetenfarbe abstimmen, ich schreibe mal Herrn Reller. Bestimmt hat er wieder Stress. Er ruft an, könnte in einer halben Stunde da sein. Prima, wir sind auch gleich im Rewe fertig, dann eben nochmal durch die Stadt, das schaffen wir.

Leonhardt

Jetzt habe ich doch schon wieder Frau Marisch vergessen, wir wollten doch noch die Farben oben abstimmen. Ich rufe gleich mal durch, so in einer halben Stunde hätte ich Zeit. Perfekt, das passt auch bei Frau Marisch. Na dann drehe ich mal um und fahre nach Marberg.

Anja

Heute darf ich die Leiter hoch, irgendwie müssten wir ja mal an der Wand die Farbe sehen und abstimmen. Sehr charmant der Herr Reller, er reicht mir die Hand, hilft mir hoch, so etwas mag ich ja ganz besonders. Ich sage auch nicht, dass ich das schon allein schaffe. Klar könnte ich, aber wenn einem so etwas Charmantes passiert, einfach mal annehmen und bedanken.

Leonhardt

Oh, mal eine Frau, die sich die Leiter hoch helfen lässt. Heute können Frauen ja alles allein und Mann darf einfach nicht mehr Mann sein.

Schön, wie mein Frank die Tapete klebt. Seht jetzt schon gut aus. Dann wollen wir mal schauen, ob sich Frau Marisch traut, mal richtig mit Farbe zu spielen.

Anja

Das gefällt mir, was der Mitarbeiter von Herrn Reller so mit meiner schönen Tapete macht. Ich bin immer noch froh, dass ich sie einfach gekauft habe, um mich für eine lange Zeit daran zu erfreuen. Jetzt müsste noch eine richtig dunkle Farbe an die Wand. Bin gespannt, was Herr Reller vorschlägt.

Das gefällt mir, richtig dunkel darf es sein. Aber sollten wir wirklich so nah nebeneinanderstehen? Unangenehm ist es jedenfalls nicht, also bleibe ich ganz nah dran an ihm.

Leonhardt

Sie traut sich. Und die Farbe ist noch dunkler, als ich sie gewählt hätte. Gut so.

Ich muss ihr noch den Preis für ihre Tapete für die Wohnzimmerwand schicken.

550 € für die Wand im Wohnzimmer schicke ich Frau Marisch. Sie will wissen, ob ich da noch etwas machen kann. Bissel was geht immer, also komme ich ihr noch etwas entgegen. Möchte sie haben, sie kann nicht widerstehen, weil es einfach zu schön aussieht. Das stimmt und das wird mit der Couch auch sehr schick aussehen. Und klar, wer kann bei schönen Dingen schon widerstehen antworte ich ihr. Und sie antwortet mir: „Der Versuchung kann man eben nur widerstehen, wenn man ihr nachgibt.“ Klar, und das ist ja auch sehr menschlich. Aber es ist eben schon eine Qual, den vielen Versuchungen nicht nachzugeben, antworte ich ihr.

Anja

Was schreibt er: „…wer kann schon bei schönen Dingen widerstehen?“ Na das soll man ja auch nicht. Ich schreibe ihm, dass man da schon sehr wählerisch sein und muss, denn es sollte sich ja schließlich lohnen.

Er schreibt mir: „Sie sind so erfrischend ehrlich!“

Wie meint er das denn? Stimmt doch, bevor ich einen fetten Eisbecher esse, überlege ich, ob ich echt Bock habe, danach zehn Kilometer zu laufen. Oder meint er die Versuchung des Fleisches? Klingt fast so. Also eigentlich habe ich das ganze Leben gemeint. Alles andere ist Zeitverschwendung. Und das Leben ist auch einfach zu kurz, um unehrlich zu sein, habe ich ja gerade hinter mir, dieses Denken, dass schon alles gut werden wird.

Er schreibt, dass das Leben freilich zu kurz ist und er gerade nicht weiß, was er sagen soll. Verstehe ich nicht, was hat er denn für Menschen in seiner Umgebung?

Er schreibt, dass ihm dass noch nicht passiert ist, also er anscheinend keine offenen Menschen in seiner Umgebung hat. Oh, also habe ich ihn geschockt, na das wollte ich ja nicht, aber das war doch „nur“ ehrlich. Komisch, sollte doch so sein, dass man offen sein kann.

Leonhardt

Wie?

„Da darf und muss man schon sehr wählerisch sein, denn lohnen sollte es sich schließlich!“

Was war das denn? Also sowas habe ich ja noch nie gehört. So zack, so ist es. Stimmt ja auch, aber wer sagt so etwas schon so frei heraus und ehrlich. Bin total perplex und schreibe ihr, wie erfrischend ehrlich ich das finde. Jemanden, der so frei heraus die Dinge benennt, habe ich noch nie getroffen, die wird immer spannender, die Frau Marisch. Jetzt will sie an sich arbeiten, weil es mich baff macht. Nein, bitte nicht, sowas Ehrliches ist zu selten, als dass man es ändern sollte.

Und sie schreibt noch, ob sie in mir ein neuartiges Gefühl hervorgerufen hat? Ja, das haben sie. Und wirklich, so etwas ist mir noch nicht passiert und es weckt die Neugier in mir. Und sie meint, dass sie ihren täglichen Auftrag, jemandem ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, erfüllt hätte.

Na aber, ein Lächeln haben wir uns doch gegenseitig ins Gesicht gezaubert. Was habe ich denn bloß mit ihr gemacht. Oder ist sie immer so? Das wäre noch besser.

Nie berührt

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