Читать книгу Passwort zur Seele | Erotischer SM-Roman - Alexandra Gehring - Страница 6
ОглавлениеDas Date
Nur unscharf nahm sie die Landschaft um sich herum wahr. Regentropfen klatschten an die Scheibe, wurden vom Fahrtwind mitgerissen. Ein Gegenzug rauschte mit dem typischen, zischenden Geräusch an ihrem Fenster vorbei, ließ sie kurz zusammenzucken. Noch war sie relativ ruhig und gelassen, widmete sich dann erneut ihrer Zeitschrift. Melanie blätterte zur nächsten Seite, schaute, was das Konkurrenzblatt sonst noch zu bieten hatte. Amüsiert las sie ihr Horoskop. ... Besondere Ereignisse bereichern in diesen Tagen ihr Leben ...
Sie musste schmunzeln. Woher wussten die das? Das traf nun wirklich den Nagel auf den Kopf.
Wiederholt schaute sie auf ihr Handy. Beruhigt nahm sie zur Kenntnis, dass es keine neuen Informationen gab, also alles wie geplant.
Sie suchte die Zugtoilette auf, betrachtete sich im Spiegel und fuhr mit dem Konturenstift ihre geschwungenen Lippen nach.
ER wollte, dass sie mit der Bahn anreiste. Nur noch wenige Minuten, ihre Anspannung stieg.
Trotz der sommerlichen, warmen Temperatur, fühlten sich ihre Hände kalt an. So langsam war es doch vorbei mit ihrer inneren Ruhe und Gelassenheit. Unruhig wechselte sie ihre Sitzposition, schaute starr aus dem Fenster. Der Regen hatte nachgelassen, und die Sonne setzte sich mehr und mehr durch.
Als der Zug in den Bahnhof einfuhr, spürte sie, wie ihr Herz klopfte, ihre Hände feucht wurden. Bekleidet nur mit ihrem neu erworbenen roten, knielangen Sommerkleid, dunkelroten, hochhackigen Schuhen, rotem BH, ohne Slip, betrat sie den Bahnsteig. Das Kleid war blickdicht, das war nicht ihr Problem, es waren ihre Sinne, ihr Bewusstsein, ihre Empfindungen.
Ein Luftzug umspielte ihren nackten Arsch, ihre Pussy und erinnerte sie erneut deutlich an ihre Mission.
Mit einem Lächeln auf den Lippen drückte sie ihr Kleid an ihren Körper. Eines hatte ER von Anfang an erreicht, es war schon jetzt ein erregendes, sinnliches Erlebnis. Alles war so anders, von ihm gewollt anders.
Aber wer war ER?
Sie stand jetzt auf dem Bahnsteig, hatte nur ihre Clutch in der Hand. Er wusste genau, wie er sie aus ihrem geordneten, gewohnten Alltag in seine Welt holte. Außer ihrer Geldbörse, ihrem Handy, Schlüssel, Scheckkarte, Lippen- und Konturenstift hatte sie nichts dabei. Diese Psychospielchen schienen ihm nicht fremd zu sein. Im Gegenteil.
Melanie schaute sich um.
Als sie auf die runde Bahnhofsuhr zusteuerte, dem abgesprochenen Treffpunkt, ging ein sinnlich, aufwühlendes Prickeln durch ihren Körper. Sie würde einen Unbekannten treffen und nicht nur das. Melanie fuhr mit ihrer Zunge über ihre Lippen. Unzählige Reisende liefen mit ihren Rollkoffern an ihr vorbei. Die Türen schlossen sich, der ICE setzte seine Fahrt fort. Auf den Schultern ihres Vaters sitzend, winkte ein kleines Mädchen ihrer Mutter hinterher. Abschiede. Ankünfte. Schon immer hatte Melanie ein gewisses Faible für Bahnhöfe gehabt, liebte auch beruflich diese Art des Reisens.
Eine neue Durchsage ertönte aus den nachhallenden Lautsprechern, kündigte die Einfahrt eines ICE an. Nur wenige Minuten später fuhr der auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig ein. Melanie beobachtete, wie eine Schulklasse ausstieg und sich nach und nach um den Lehrer sammelte.
Ein kurzer Blick hoch auf die Uhr. Wenige Minuten über der Zeit.
»Melanie?« Sie schaute hoch, ihn an, nickte. Sie hatte nicht zu reden, einfach nur zu befolgen. Auch das hatte er geschrieben.
In seinem dunklen Anzug, dem weißen Hemd, seiner sportlichen Statur, entsprach er ihrem Bild, das sie aufgrund seiner Profilangaben in ihrer Fantasie erstellt hatte. Sie hatte kein Foto von ihm. Lars. Es hätte auch anders kommen können ...
In einem SM-Portal hatte er sie angeschrieben. Er sei glücklich verheiratet, hätte zwei Kinder, wohne im Umkreis der bayrischen Landeshauptstadt. Beruflich sei er selbständig, Inhaber einer größeren Firma. Klar und deutlich hatte er geschrieben, dass er keine Freundin oder gar Partnerin suche. Er war glücklich mit seiner Familie. Es ging ihm nur um das exzentrische Ausleben seiner Lust und der seiner Gespielin. Natürlich setzte er beidseitige absolute Diskretion voraus.
Melanie wollte die Steigerung. Mit seiner offenen, jedoch unaufdringlichen Art zu schreiben, hatte er einen wahren Taumel in ihrem Kopfkino ausgelöst.
Mehrmals täglich checkte sie ihren E-Mail-Account, hatte vergeblich auf Nachrichten von ihm gewartet. Er hatte sie bewusst kurz gehalten, und hielt somit den Spannungsbogen hoch.
Ihr war klar, dass sie sich wie ein junges, pubertierendes Mädchen verhielt, nicht wie eine gestandene, achtunddreißigjährige verheiratete Frau, die eine dreizehnjährige Tochter hatte. Vernünftig war nun wirklich anders, aber ... vernünftig hatte sie zu lange gehabt!
»Lass uns zum Auto gehen!« Melanie gefiel der sonore volle Klang seiner Stimme.
Wenige Minuten später saß sie in den edlen, dunkelroten Ledersitzen des schwarzen, luxuriösen Jaguars.
Auf der Fahrt zum Studio sprach er nur sehr wenig.
»Zeig dich mir!«
Sie zog das Kleid hoch, zeigte ihm ihre glattrasierte Votze. Ein kurzer Blick reichte ihm. Es war sein Recht, sie zu kontrollieren.
Ohne Slip war angeordnet.
Auch diese ganz unpersönliche, gewollt lieblose Behandlung hatte sie erwartet. Es war ein Teil des Spiels, eine der vielen Facetten, die SM bot. Sie war ein Objekt für ihn, ein Objekt, das er benutzen würde. Melanie erwartete keine Komplimente oder gar Sympathiebekundungen. Sein ruhiges, selbstsicheres, maskulines Auftreten empfand als sie sehr angenehm, spürte sie doch, wie hibbelig sie das jetzt schon machte. Er verhielt sich real so, wie er es ihr geschrieben hatte, wie sie es erhofft hatte.
»Gefällt dir die Musik von Coldplay?«
Melanie schaute ihm ins Gesicht, bestätigte es ihm mit einem leichten Nicken.
Er machte die Musik um einiges lauter, klopfte leicht mit seinen Fingern im Takt auf das Lenkrad. »Ab sofort bleibt dein Handy aus. Dein Safeword lautet ›Schluss‹. Ich biete dir zusätzlich eine ›Pause‹ an. Rufst du das Wort, kannst du dich drei Minuten erholen. Es ist unsere erste Session, sonst biete ich das nicht an.«
Melanie nickte stumm, hatte verstanden. Er hatte Ahnung. Ein Safeword wurde in Extremsituationen benutzt, ein Wort, an das man sich in Sekundenschnelle, unter vollem Stress, erinnern konnte. Fantasiereiche oder kompliziert konstruierte Worte konnten zu einem Blackout mit unliebsamen Folgen führen. Bisher lief alles in ihrem Sinne.