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GRÄFIN KRACH GEBORENE MANDEL

Innere Stadt | K. u. K. Hofzuckerbäcker Demel

Der Autor Friedrich Torberg setzte der K. u. K. Hofzuckerbäckerei Demel in seinem Buch Tante Jolesch ein literarisches Denkmal: „Der Demel ist mehr als eine Institution. Eine Legende.“ Eine, die bis heute zu Gaumenschmeicheleien und Ausflügen in die Geschichte des süßen Wien einlädt.

„Haben schon gewählt?“, fragt die Demelinerin. Sie ignoriert keinesfalls Grammatikregeln, sondern spricht das „Demel-Deutsch“ mit seiner charakteristischen Mischung aus Majestätsplural und Höflichkeitsform. Die förmliche Anrede und die „Demelinerinnen”, das ausschließlich weibliche Bedienpersonal, sind nur zwei der vielen Traditionen, die von den wechselnden Besitzern seit der Gründung des Hauses im Jahr 1786 beibehalten wurden: von August Dehne, der die Zuckerbäckerei 1857 an seinen Gesellen Christoph Demel verkaufte, von Anna Demel, die bis 1956 täglich an der Kassa thronte, und vom Künstler Friedrich Ludwig Berzeviczy-Pallavicini. Eine Zeit lang besaß Udo Proksch die Institution, seit 2002 ist die Hofzuckerbäckerei Teil des Nobelcaterers DO & CO.

Seitdem wacht Dietmar Muthenthaler über die Demel’sche Backtradition und die klassischen Rezepte von Dobos-, Fächer- und Annatorte – und der „Demel’s Sachertorte“. Diese ist neben der „Original Sacher-Torte“ des Hotels Sacher eines der kulinarischen Wahrzeichen der Stadt. Während dieses sein Tortenrezept wie ein Staatsgeheimnis hütet, geht der Demel ganz offen damit um. „Geheim ist unser Sacher-Torten-Rezept gar nicht: Die Torte besteht im Wesentlichen aus einer Sandmasse, die zu gleichen Teilen aus Mehl, Zucker, Schokolade und Eiern besteht“, so Muthenthaler. „Wir verraten bloß nicht, welche Schokolade wir verwenden.“

In Demels Schaubäckerei kann man allmorgendlich zusehen, wie bis zu 300 Eduard-Sacher-Torten glaciert werden, wie die Annatorte mit Pariser Creme gefüllt und mit feinem Nougat umhüllt wird. Von Hand und mit viel Geduld werden täglich vierzig Sorten Teegebäck gebacken. Natürlich wird auch der Teig für die Strudel von Hand gezogen, wie es sich gehört: bis er so dünn ist, dass man durch ihn Zeitung lesen könnte.


Kunstvolle Auslage und süßes Museum

Eine Besonderheit des Demel ist aber auch die Nähe zur Kunst. Das Zuckerbäckerhandwerk ist hier Kunsthandwerk im wahrsten Sinne des Wortes: Bereits unter Anna Demel hatte es eine Zusammenarbeit mit der Wiener Werkstätte gegeben, die die Verpackungen gestaltete. Der Künstler und spätere Besitzer Berzeviczy-Pallavicini führte diese Tradition fort und etablierte die künstlerische Schaufenstergestaltung, für die der Demel heute berühmt ist. Zuckerfiguren wie die „Gräfin Krach geborene Mandel“ oder ein übergroßes Fabergé-Ei werden kreiert, die den Originalen in Sachen Kunstfertigkeit zur Ehre gereichen. Immerhin achtmal pro Jahr werden die Auslagen neu dekoriert, Muthenthaler erarbeitet dafür mit seinem Team neue zuckersüße Figuren.

Dabei lässt er sich auch vom vielfältigen Fundus im hauseigenen Museum inspirieren. Dieses lädt zu einer süßen Zeitreise ein: Handgemachte Bonbons aus dem 19. Jahrhundert, Originalentwürfe längst verspeister Torten und Zuckerbüsten von Tennisstars wie Roger Federer sind zu bewundern. Dabei erfährt der Besucher einiges über die Kulturgeschichte der süßen Verführungen: etwa, dass der Wiener Gesellschaft einst Mandelmilch, Gefrorenes und Sorbets serviert wurden, dass sich Kaiserin Sisi ihr geliebtes Veilcheneis durch unterirdische Gänge in das ehemalige Burgtheater in der Hofburg bringen ließ oder dass der einstige Demel-Chef sich so vor der jährlichen vorweihnachtlichen Audienz bei Kaiser Franz Joseph fürchtete – der Kaiser wählte die Süßigkeiten für den Christbaum selbst aus –, dass er den Tag davor und danach im Bett verbringen musste. Dabei war der Demel bei Hofe bereits etabliert: Schließlich belieferte er den Hofball und Tanzfeste mit Buffets und den berühmten, zu Pyramiden geschlichteten Hofzuckerln.

Der Demel verwöhnt seine Gäste bis heute mit traditionellen und neuen Torten und eigenen kulinarischen Kreationen am kalten Buffet. Friedrich Torberg setzte dem Demel in seiner berühmten Tante Jolesch ein literarisches Denkmal: „Die Zuckerbäckerei, die nur noch vom kalten Buffet übertroffen wird, als auch das kalte Buffet, das nur noch von der Zuckerbäckerei übertroffen wird“ – der Demel sei „mehr als eine Institution“, nämlich eine Legende – mit angeschlossenem Museum.


K. u. K. Hofzuckerbäcker Demel: Kohlmarkt 14, 1010 Wien Täglich 9 – 19 Uhr. www.demel.at

Demelmuseum: Freitag 10 – 12 Uhr. Preis: 4 €

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