Читать книгу 50 Dinge, die ein Wiener getan haben muss - Alexandra Gruber Carina - Страница 6

Оглавление

02

ZWISCHEN DEN HÄUSERN

Innere Stadt | Jüdisches Museum

Nur ein kurzer Spaziergang trennt das Jüdische Museum und die Shoah-Gedenkstätte am Judenplatz. Man sollte sich trotzdem mehr Zeit nehmen. Denn eine App lädt zu einem Rundgang durch das jüdische Wien ein.

Eines der nachhaltigsten Erlebnisse ist es, wenn ein schon oft gesehenes Gebäude, eine bisher übersehene Gedenktafel oder ein scheinbar belangloses Geschäftslokal plötzlich eine Geschichte bekommen. Die kostenlose Museums-App „Zwischen den Häusern des Jüdischen Museums“ ermöglicht genau dies: Sie führt auf den Spuren jüdischen Lebens zu zwanzig Adressen in der Innenstadt – zu Shoah-Gedenkstätten, aber ebenso zu Orten des Wiener Alltags.

Der Rundgang kann entweder beim Jüdischen Museum in der Dorotheergasse oder beim Museum Judenplatz begonnen werden. Dort steht auch das Shoah-Mahnmal von Rachel Whiteread, das eine Bibliothek mit nach innen gewandten Büchern darstellt und der 65 000 Juden aus Österreich gedenkt, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden und daher keine Geschichten mehr erzählen können.

Direkt unter dem Mahnmal liegen die Ausgrabungen der ersten jüdischen Gemeinde Wiens. Das einst florierende jüdische Viertel wurde in der „Wiener Geserah“ 1420/​21 auf Befehl des Habsburgers Herzog Albrecht V. ausgelöscht.

Das virtuelle Museum führt aber nicht nur zu den Gedenkorten der Judenverfolgungen, sondern auch zu Orten jüdischen Alltagslebens, etwa zum Hotel, in dem der Kaffeehausliterat Peter Altenberg wohnte, zur Wohnung, in der Wiens erster Weihnachtsbaum – von einer Berliner Jüdin in die Stadt gebracht – stand, oder in das Geschäft, in dem Alma Mahler-Werfel einzukaufen pflegte.

Jüdisches Museum

Dass die jüdische Geschichte nicht nur auf die Jahre von 1938 bis 1945 eingeengt wird, ist ein Anliegen der Museumspädagogin Hannah Landsmann vom Jüdischen Museum in der Dorotheergasse. Während die App die verschiedenen Orte des Geschehens zeigt, erfährt man bei Exklusivführungen in kleinem Kreis (maximal vier Personen) vertiefende Informationen: Wie ging es den Rückkehrern aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern? Was löste den Konflikt zwischen Bruno Kreisky und Simon Wiesenthal aus? Was hat es mit dem Hafer auf sich, der im Museum ausgestellt ist?


Unten links: Fahrrad von Theodor Herzl

Landsmann und ihre Kollegen nehmen sich für die Besucher gerne viel Zeit. Die Exklusivführungen finden auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten statt und bieten die Möglichkeit, mit den Mitarbeitern einen Dialog zu führen, statt nur einem Frontalvortrag zuzuhören. Nach dem Museumsbesuch lädt das Museum die Besucher zu einem Gespräch bei Kaffee und Kuchen ein. „Ich bin auch zuständig für Entschleunigung“, sagt Landsmann lachend. Für jene, die es eilig haben, gibt es eine dreißigminütige Führung mit den Museumshighlights. Dieser Besuch führe aber manchmal dazu, dass man wiederkommt, wie Landsmann betont. Die Besucher können sich einen Multimediaguide ausborgen, der Interviews mit Zeitzeugen ebenso enthält wie Bilder der Shoah, Stimmen zu Festtagen und Alltagsleben. „Der Multimediaguide beinhaltet auch viele Objekte, die wir im Museum nicht ausstellen können“, sagt Landsmann.

An Liebespaare wendet sich die Führung „Unsere Stadt zu zweit“: Hier sieht man zum Beispiel einen Hochzeitsring mit einem Haus als Aufsatz oder erfährt die berührende Geschichte, wie eine Überlebende eines Konzentrationslagers sich in einem DP-Camp (Lager zur Unterbringung von sog. Displaced Persons nach Ende des Zweiten Weltkriegs) in ihren Hebräischlehrer verliebte und ihn heiratet, inklusive Hochzeitsfoto und dreistündiger Hochzeitsreise zu den Krimmler Wasserfällen. Ein weiteres Programm lädt Besucher ein, in jedem der drei Stockwerke zuerst je drei Objekte zu fotografieren und sich beim gemeinsamen Rundgang die Geschichte der ausgewählten Gegenstände von den Vermittlern erklären zu lassen.

Die Idee, das Museum durch die App in die Stadt hinauszutragen und den Ausstellungsstücken und Geschehnissen einen Ort zu geben, sowie die Führungen im Museum selbst ermöglichen einen vielschichtigen Einblick in die jüdische Geschichte, die uns umgibt.


Jüdisches Museum: Dorotheergasse 11, 1010 Wien. Kostenlose Führungen mehrmals im Monat. www.jmw.at

Downloadlink zur App: www.jmw.at/​app/​jewishvienna

Museum Judenplatz: Judenplatz 8, 1010 Wien

50 Dinge, die ein Wiener getan haben muss

Подняться наверх