Читать книгу Heart to heart - Alexia Meyer Kahlen - Страница 12

7.

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Paula kam früher aus der Schule, weil die letzten beiden Stunden überraschend ausgefallen waren. Marlene Lippold war gerade dabei, in der großen Wohnküche das Mittagessen zuzubereiten. Paula stellte ihre Schultasche ab und wollte gleich auf ihr Zimmer verschwinden, doch die Mutter hielt sie zurück.

»Ich habe das Gefühl, ich sehe dich kaum noch und wir reden auch gar nicht mehr.«

»Mir ist gerade nicht so nach Reden«, wich Paula aus.

Die Mutter ignorierte ihren Einwand und zog sie neben sich auf einen Stuhl. »Paula, du weißt, dass Papa und ich deine Entscheidung in Bezug auf das Reiten vollkommen akzeptieren. Bogart ist dein Pferd, du kannst mit ihm tun oder lassen, was du willst. Aber es tut mir weh zu sehen, wie du um die Pferde hier am Hof einen großen Bogen machst. Du bist doch gar nicht mehr du selbst! Wo ist meine kleine Paula, die praktisch in einer Pferdebox groß geworden ist, die wir schon als Kleinkind nur auf ein Pferd setzen mussten, wenn sie geschrien hat oder nicht einschlafen konnte, und die sich dann sofort beruhigt hat, deren Augen geleuchtet haben, wenn sie jede freie Minute draußen bei den Pferden sein konnte. Wo ist diese Paula geblieben?«

Bei den Worten ihrer Mutter spürte Paula plötzlich eine tiefe Traurigkeit. »Ich weiß nicht, wo sie geblieben ist, Mama. Ich weiß es nicht«, flüsterte sie. Und fügte hinzu: »Vielleicht habe ich sie ja schon lange vor dem Unfall verloren.«

»Darf ich dich in den Arm nehmen?«, fragte die Mutter sanft und Paula nickte.

Für einen Moment genoss sie in den Armen der Mutter einfach das Gefühl, dass alles gut war. Hier und jetzt war alles gut. Doch einen Augenblick später war die lauernde Angst wieder da und Paula machte sich steif. »Ich muss jetzt wirklich auf mein Zimmer, Hausaufgaben machen.«

Ihre Mutter blickte zur Schultasche hinüber, die Paula in der Küchenecke stehen gelassen hatte.

Paula atmete tief aus. »Ich will einfach nur allein sein, okay?«

»Ich glaube nicht, dass dir das guttut, Paula. Du igelst dich ein, kapselst dich ab, weichst aus. So bekommst du das nicht in den Griff. Was hältst du davon, vielleicht doch eine Art Therapie zu machen, um die Folgen des Unfalls zu verarbeiten?«

»Niemals«, stieß Paula aus. »Ich bin nicht psycho. Ich will einfach nur meine Ruhe haben.«

Sie sprang auf und rannte in ihr Zimmer.

Jeder in der Familie schien sich dieser Tage besonders um sie zu bemühen und Paula hasste das. Als ihr Vater sie ein paar Tage später fragte, ob sie mit ihm nicht mal wieder eine schöne Kutschfahrt machen wollte, hätte sie am liebsten ausgerufen: »Nicht auch noch du, Papa!«

Doch dann erinnerte sie sich an die Abmachung mit Johannes. Vielleicht war das ja eine gute Gelegenheit, mit ihm in Ruhe über den großen Pferdetauschplan zu sprechen, wie sie und Johannes ihn insgeheim nannten.

Es war ein prachtvoller Frühlingsnachmittag, und Paula überwand sich, mit ihrem Vater die beiden Friesen Aaron und Caius zu putzen und ihm beim Anschirren zu helfen.

Dann kletterte sie neben ihn auf den Kutschbock und es ging los.

Ihr Vater bohrte nicht in ihr rum, wie Johannes oder die Mutter. Da war eine Verbindung zwischen ihnen, die Paula guttat. Nachdem sie einige Zeit einfach nur dem rhythmischen Klang der Pferdehufe gelauscht hatte, spürte sie, dass sie sich ruhiger fühlte, fast schon ein bisschen glücklich.

»Johannes ist ja im Sommer mit der Schule fertig«, begann ihr Vater plötzlich aus heiterem Himmel ein Gespräch.

Paula nickte.

»Er hat mir gesagt, dass er auch das Schmiedehandwerk ergreifen will«, fuhr ihr Vater fort. »Das macht mich natürlich stolz und froh. Auf unserem Hof wird die Schmiedekunst dann in der vierten Generation weitergetragen.«

Paula riss überrascht die Augen auf. »Also, ich habe in den vergangenen Monaten viele Berufsideen von Johannes gehört, aber Schmied war nicht darunter«, gab sie zurück. »Aber wenn das so ist, dann freue ich mich natürlich für ihn«, setzte sie schnell hinzu. »Und für dich, Papa. Ich weiß, wie viel dir das bedeutet. Und diesen Wunsch kann ich dir leider nicht erfüllen.«

»Ach, meine Paula.« Der Vater legte einen Arm um sie. »Das musst du doch auch nicht. Ich will nur, dass du glücklich bist.«

Paula versuchte schnell, das Thema von sich wieder auf Johannes zu lenken.

»Hat er sonst noch was gesagt?«, fragte sie nach.

Ihr Vater zuckte mit den Schultern. »Wir haben besprochen, dass er in eine auswärtige Lehrschmiede geht, wie ich selbst, mein Vater und mein Großvater das auch schon getan haben. Wenn er sein Handwerk gelernt hat, kommt er zurück und steigt hier mit ein, Arbeit ist ja genug da.«

Ein Stich durchfuhr Paula. Johannes würde weggehen. »Und was will er mit Easy Joe machen? Lässt er ihn hier stehen oder nimmt er ihn mit?«, fragte sie betont nebensächlich.

»Hmmm, das ist die Frage«, gab ihr Vater zurück. Paula wartete, ob noch etwas von ihm kam. Das war eine Steilvorlage, um über den großen Pferdetauschplan zu sprechen. Auch wenn sie sich gerade etwas ärgerte, dass Johannes sie in seine Pläne, Schmied zu werden, nicht eingeweiht hatte.

Die Friesen schritten entspannt im Schritt an der Kuhweide des Biobauern vorbei. Paula gab sich einen Ruck.

»Papa, ich wollte schon länger mal mit dir über Bogart reden.« Sie spürte, wie ihr Herz zu klopfen begann, und zwang sich, einfach weiterzureden. »Ich kann ihn nicht abgeben. Aber ich kann ihn auch nicht mehr reiten. Das Vertrauen ist einfach nicht mehr da.«

Ihr Vater hörte ihr ruhig zu.

»Und ich habe gedacht, dass du ihn vielleicht als Reitpferd übernehmen könntest. Also, n-natürlich nur, wenn du das willst«, brachte Paula stotternd hervor und kam sich dabei total blöd vor.

Ihr Vater sagte nichts, aber mit einem schnellen Seitenblick sah Paula ein feines Lächeln auf seinem Gesicht.

»Du weiß es schon?«, fragte sie vorsichtig.

»Mama und ich haben gesprochen. Wir beide denken schon länger daran, vom Kutschbock wieder in den Sattel zu steigen. Mama will einfach nur so ein bisschen freizeitreiten, aber ich kann mir durchaus vorstellen, bei Geländeritten mitzumachen, vielleicht sogar die eine oder andere Jagd zu reiten. Da wäre ein gut ausgebildetes Vielseitigkeitspferd wie Bogart ideal.«

War das jetzt wahr? Lief sie mit ihrer Idee bei ihrem Vater wirklich weit offene Türen ein?

»Heißt das, du kannst dir echt vorstellen, Bogart zu übernehmen?«, hakte Paula noch mal nach.

»Die Frage ist eher: Kannst du dir vorstellen, Bogart wirklich abzugeben? Denn genau darüber wollte ich mit dir reden«, gab ihr Vater zurück.

Hier war er nun, der Ausweg aus der schmerzhaften Zwickmühle, in der Paula sich seit ihrem Unfall befand. Doch jetzt, wo die Lösung sozusagen auf einem Silbertablett vor ihr lag, zögerte sie. So viel Arbeit hatte sie in die Ausbildung von Bogart gesteckt, um ihn an den Punkt zu bringen, wo er jetzt war. Wenn sie ihn abgab, würde sich die Tür zu ihrem großen Traum endgültig schließen. Denn ein neues geeignetes Pferd zu finden und auf den Stand zu bringen, würde Jahre dauern. Und dann war der Zug mit dem Jugendperspektivkader endgültig abgefahren. Oder war er das vielleicht sowieso schon?

Zum ersten Mal seit dem Unfall wagte Paula, sich diese Frage zu stellen. Und es tat weh. Denn sie konnte spüren, dass unter all dem Nebel, in den sie sich in den vergangenen Wochen gehüllt hatte, ihre Leidenschaft noch brannte. Für Pferde, für die Vielseitigkeit und ja, auch für ihren großen Traum von Olympia.

»Ich brauche noch etwas Zeit«, flüsterte sie.

»Alle Zeit der Welt, mein Engel«, gab ihr Vater zurück und drückte Paula. »Du hast alle Zeit der Welt.«

Nachdem sie mit ihrem Vater Aaron und Caius versorgt hatte, beschloss Paula spontan, zu Bogart auf die Weide zu gehen.

Die Frage, die ihr Vater ihr gestellt hatte, wollte sie nicht mehr loslassen: »Kannst du dir vorstellen, Bogart wirklich abzugeben?«

Konnte sie das? Wollte sie das? Mit allen Konsequenzen? Oder war es für sie nur ein leichter Ausweg aus ihrem inneren Schmerz?

Am Weidetor blieb sie stehen. Ihr altes Reitpony Kaya hob sofort den Kopf und blickte zu ihr herüber. Bogart blieb mit seinem Kopf im Gras.

Das war ihr vorher noch nie bewusst aufgefallen. Kaya nahm sie immer wahr, wenn sie auf die Weide kam, egal, wie gut ihr das Gras schmeckte. Sie hatte sie bekommen, als sie fünf war, und in den ersten Jahren hatte Paula jede freie Minute mit ihrem Pony verbracht, nicht nur wenn sie sie ritt. Sie waren zusammen spazieren gegangen, hatten im Fluss geplanscht, und im Sommer hatte sie ihre Hausaufgaben immer auf der Weide gemacht, während Kaya neben ihr graste. Sie war irgendwie ihre beste Freundin gewesen, der sie alles anvertraut hatte und die ihr das Gefühl gab, sie wirklich zu verstehen.

Irgendwann, als sie älter wurde, war das in den Hintergrund getreten, und es war mehr um ihre Erfolge auf den Ponywettbewerben gegangen. Aber auch da hatte sie die Platzierungen und Siege immer stolz mit Kaya geteilt. Sie waren auf einer tiefen Ebene einfach fraglos verbunden.

Paula blickte zu Bogart hinüber, der sie immer noch nicht wahrnahm. Oder wahrnehmen wollte? Sie hatten den Wallach damals nach seinen Anlagen ausgesucht, er war gekauft worden als ein junges, vielversprechendes Turnierpferd. Das war von Anfang an die Natur ihrer Beziehung gewesen. Freundlich, fair, leistungsorientiert.

Unter dem Sattel hatten sie eine feine Verbindung, und Paula wusste, dass sie sich in Prüfungen hundert Prozent auf ihn verlassen konnte. Aber darüber hinaus gab es einfach keine Verbindung zwischen ihnen, das wurde ihr jetzt schmerzlich bewusst.

Sie schlüpfte unter dem Zaun hindurch auf die Weide und ging zu Bogart hinüber. Als sie sich näherte, hob er den Kopf und blickte sie an, als wolle er sagen: Was brauchst du heute von mir? Was kann ich für dich tun?

Sie strich über seine Mähne. Er war ein gutes Pferd. Johannes hatte recht. Viel zu jung, um in den Ruhestand zu gehen.

Ihr Kopf sagte: Behalte ihn. Versuch es noch mal. Du hast so viel in ihn reingesteckt. Er ist deine einzige Chance, deinen Traum doch noch zu leben.

Doch ganz tief in ihr verborgen wusste ihr Herz, dass es so nicht weiterging. Nicht wegen ihrer Angst, sondern weil sie vage spürte, dass etwas zwischen ihnen fehlte. Immer gefehlt hatte. Der Unfall hatte es nur schmerzlich ans Licht gebracht.

Paula sah plötzlich mit großer Klarheit, dass ihr Weg mit Bogart zu Ende war. Er hatte seine Aufgabe in ihrem Leben erfüllt, und wenn diese nur darin lag, sie genau an diesen Punkt zu bringen. Keine Ahnung, ob und wie es weiterging. Aber so nicht.

»Danke, du Lieber. Danke für alles, was ich durch dich lernen durfte«, flüsterte sie.

Als verstehe er ihre Worte, berührte Bogart mit seinen Nüstern sanft ihre Wange. Plötzlich war sie da, diese Verbundenheit, die sie mit Kaya so fraglos teilte. Und die zwischen ihnen immer gefehlt hatte. Sie zögerte kurz. Gab es vielleicht doch noch einen Weg für sie beide?

»Lass ihn gehen«, sagte eine innere Stimme.

Paula atmete tief aus. Ja, sie musste ihn freigeben. Alles andere wäre nicht fair.

»Du wirst mit Papa eine gute Zeit haben. Ein schönes Pferdeleben. Viel entspannter als mit mir«, flüsterte sie ihm zu und musste ein bisschen lächeln. »Definitiv entspannter.«

Sie strich ihm noch mal über den Rücken. Dann wandte sie sich um und verließ die Weide, ohne sich noch mal umzublicken.

Johannes passte sie ab, bevor sie ins Haus ging. Ihm war anzusehen, dass er es vor Spannung kaum aushielt.

»Und?«

»Verräter«, gab Paula zurück.

»Wieso bin ich ein Verräter?« Johannes konnte gucken wie die Unschuld in Person.

»Du hast gesagt, dass ich die Erste bin, die von deinen Plänen erfährt. Und jetzt muss ich es von Papa hören«, gab Paula zurück.

»Sorry.« Er blickte zerknirscht auf den Boden. »Es gab gestern einfach die perfekte Gelegenheit, da musste ich es tun.«

Schnell schob er hinterher: »Hast du ihm das mit Bogart verklickert?«

Paula schwieg. Sollte er ruhig ein bisschen zappeln.

»Okay, dann sage ich dir zuerst, was ich rausgefunden habe. Mama und Papa wollen …«

»Weiß ich alles schon«, unterbrach Paula ihn.

Johannes blickte sie überrascht an. »Also, wenn du es von Papa weißt, dann ist ja alles klar. Ich meine, dann weiß ja jetzt jeder alles.«

Paula verdrehte die Augen »Du machst mich wahnsinnig mit deinen komplizierten Manövern.«

»Schwesterherz, das nennt man Diplomatie«, grinste Johannes. »Und nun bin ich bereit, Phase 2 meines großen Plans zu launchen.«

»Zu was?«

»Launchen. Der Welt zu verkünden.«

Paula musste unwillkürlich über ihren Bruder lachen. »Und das wäre?«

»Ganz im Ernst jetzt«, antwortete Johannes. »Ich merke schon länger, dass mich das Trailreiten mit Joe nicht mehr reizt. Du kennst mich doch. Ich brauche immer neue Herausforderungen. Und was mich total fasziniert, ist, mit einem Pferd frei zu kommunizieren. So eine Verbindung aufzubauen, dass du dich vom Boden aus oder auch vom Pferderücken ohne merkliche Hilfen und auch ohne Hilfsmittel verständigen kannst.«

Paula blickte ihren Bruder fragend an. »Wieso brauchst du dazu ein neues Pferd? Du hast doch mit Joe schon eine total gute Verständigung.«

Johannes schüttelte den Kopf. »Da ist noch was ganz anderes möglich, das spüre ich. Ich will mit einem jungen Pferd arbeiten, das noch frisch im Kopf ist. Es von Anfang an ganz auf mich einstellen.« Er grinste breit. »Und dann ein Showprogramm machen, mit dem ich in den großen Arenen der Pferdewelt auftrete.«

»Du hast einen Knall«, gab Paula zurück. »Und den Teil mit den großen Arenen würde ich Papa nicht erzählen, der rechnet nämlich fest damit, dass du bei ihm einsteigst.«

Johannes machte eine Geste, als verneige er sich vor einem großen Publikum. »Johannes Lippold – Schmied und Showman«.

Paula gab ihm einen Schubs. »Du Träumer. Werde endlich erwachsen!«

Frank Lippold hatte für den Samstagabend eine Familienkonferenz einberufen. Paula hatte ihrem Vater noch am selben Abend von der Begegnung mit Bogart auf der Weide erzählt und was sie für sich verstanden hatte. Das erste Mal seit Wochen fühlte sie sich ums Herz etwas leichter. Hatte das mit ihrem Entschluss zu tun, Bogart gehen zu lassen?

Nachdem der Abendbrottisch abgeräumt war, ergriff der Vater das Wort. »Die letzten Wochen waren durch Paulas Unfall für uns alle nicht einfach. Und auch bei Johannes gibt es zum Sommer ja einen großen Umbruch. Am Ende sitzen Mama und ich hier allein mit einem Haufen Pferde, die versorgt werden wollen. Ich würde deshalb jetzt gerne von meinen Kindern wissen, wie ihr euch eure Zukunft mit oder ohne Pferd vorstellt, sodass wir planen können. Mamas Erbschaft gibt uns finanziell einen kleinen Spielraum und wir wollen euch daran teilhaben lassen.«

»Also, ich bin raus«, ergriff Paula als Erste das Wort.

Einen Moment erfüllte betretenes Schweigen den Raum.

»Liebes, du hast noch so viele Chancen, deine Träume zu verwirklichen …«, versuchte die Mutter, ihr zuzureden.

»Bitte, Mama«, unterbrach Paula sie. Sie fühlte sich so klar wie lange nicht mehr. »Ich brauche einfach Zeit, muss alles neu sortieren. Ich bin total froh, dass Papa mit Bogart weitermacht, und mehr weiß ich im Moment nicht.«

»Danke, Paula«, schaltete sich der Vater ein. »Für dich erwarten wir also in absehbarer Zeit erst mal kein Pferd auf dem Hof.« Er wandte sich an seinen Sohn. »Johannes? Was sind deine Pläne?«

Johannes räusperte sich. Für seine Verhältnisse war er ungewöhnlich ernst. »Ich will noch mal ganz neu anfangen. Ich meine damit nicht nur meinen Beruf als Schmied, sondern auch die Pferde. Ich weiß, dass ich es in mir habe, ganz frei mit Pferden zu kommunizieren und zu arbeiten. Ich will mir einen Namen damit machen, erst mal im Internet, auf YouTube und Instagram, und wenn ich dann wieder hier bin, will ich auch Kurse anbieten und so. Als zweites Standbein zur Schmiede. Wir haben hier doch alles: Reitplatz, Wiesen, Ställe, da will ich was draus machen. Das neue Pferd würde ich auch an die Lehrschmiede mitnehmen, wo immer das sein wird. Da kann ich dann jeden Tag mit ihm weiterarbeiten.«

Paula war beeindruckt. Ihr großer Bruder hatte sich richtig Gedanken gemacht. Und es schien im Moment in der Pferdeszene ja der Renner zu sein, die traditionellen Ausbildungswege hinter sich zu lassen und allen möglichen Schnickschnack mit den Pferden am Boden zu veranstalten. War nicht ihres, aber wenn es Johannes dahin zog, warum nicht.

Frank Lippold nickte. »Ihr wisst, dass wir euch bei allen Plänen unterstützen, sofern sie Hand und Fuß haben und ihr euren Beitrag dazu leistet. An was für ein Pferd hast du denn gedacht?« Und mit einem verschmitzten Seitenblick auf seine Frau fügte er hinzu: »Ich weiß ja nicht, welche Summe dir Mama in Aussicht gestellt hat.«

Johannes war plötzlich Feuer und Flamme. »Ich mache mir da schon länger Gedanken. Habe viel recherchiert. Es sollte auf jeden Fall ein Warmblut sein, das auch über ein gewisses Erscheinungsbild verfügt. Ich bin durch Zufall auf einen alten Hannoveraner-Züchter gestoßen, gar nicht so weit von hier entfernt, der eine kleine Zucht mit sehr besonderen Pferden hat. Es fängt schon damit an, dass er nicht jedem jedes Pferd verkauft. Er guckt sich die Leute ganz genau an und gibt ein Pferd nur ab, wenn es wirklich zum neuen Besitzer passt. Er hat auch keine festen Kaufpreise, sondern gibt seine Pferde Platz über Preis weg.«

»Wie heißt der?«, hakte der Vater nach.

»Martin Winkler.« Paula wollte den Namen in die Suchmaschine ihres Handys eingeben, aber Johannes winkte ab. »Vergiss es. Der hat keine Webseite, keine E-Mail-Adresse. Selbst um die Telefonnummer rauszufinden, habe ich bald eine Woche gebraucht. Man meint fast, der will nicht gefunden werden. Außer von den richtigen Leuten.«

»Hast du mit ihm schon Kontakt aufgenommen?«, schaltete Marlene Lippold sich jetzt ein.

»Ja. Wir könnten sogar jetzt am Wochenende hinfahren. Er hat im Moment zwei fast vierjährige Wallache, die im Prinzip abgegeben werden könnten, sagt er.«

»Sehr geheimnisvoll«, meinte Frank Lippold. »Komisch, dass ich den gar nicht kenne. Aber gut, fahren wir mal hin und schauen uns an, was er hat.« Er wandte sich an Paula. »Kommst du mit?«

Obwohl sie Johannes gespannt gelauscht hatte, schüttelte sie schnell den Kopf. »Macht das mal ohne mich. Boomer und ich hüten den Hof.«

Heart to heart

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