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Am Abend nach der Schießerei in den Hängen zu den westlichen Uinta Mountains verlor Grainger die Spur der beiden Reiter an einem kleinen Gebirgsfluss. Durch den Regen und Schneefall der vergangenen Tage führte er reichlich Wasser. Dass sie trotzdem hinein geritten waren, verriet ihre Angst.

Grainger ritt am Ufer entlang bis die Dunkelheit einbrach und er Gräser, Gestein und Moos am Boden nicht mehr unterscheiden konnte. Es war klar, dass sie flussaufwärts in die Berge hinein geritten waren. Der Mann von der U.S. Government Squad war entschlossen ihre Fährte zu verfolgen bis er die Kerle gefunden hatte.

Er band seinen Schimmel, den er glücklicherweise wieder hatte einfangen können, im niedrigen Ufergestrüpp fest, rollte sich in seine Decke und schlief bis ins Morgengrauen. Auf Kaffee und warmes Frühstück verzichtete er, trank stattdessen Wasser und aß alten Maisfladen und getrocknetes Fleisch aus seinem Proviant. Danach ging es weiter.

Das Flussufer und die Berghänge wurden steiler. Gegen Mittag ritt er durch einen Bergwald. Und endlich, am frühen Nachmittag, entdeckte er Hufspuren im weichen Uferboden.

Immer dichterer Wald bedeckte die Hänge. Das Unterholz verhüllte zeitweise die Wildpfade und die Spuren der Banditen. Aber Grainger verlor sie dennoch nie ganz aus den Augen.

Seine Hartnäckigkeit wurde belohnt: In der Abenddämmerung entdeckte er ein Rauchfahne auf einer felsigen Anhöhe. Er machte sein Pferd fest, schnappte sich sein Gewehr und schlich hinauf.

Einer hockte am Feuer und briet einen Hasen. Vermutlich hatten sie das Wild aus einer indianischen Falle gestohlen, denn Grainger hatte keinen Schuss gehört. Beiläufig registrierte er also die Nähe von Indianern. Pawnees, fürchtete er.

Der zweite Mann lag zusammengekauert unter seinen Decken und schnarchte. Grainger wunderte sich, denn die Kerle schienen sich in Sicherheit zu wiegen. Vielleicht, weil sie sich im Jagdrevier der verbündeten Pawnees bewegten?

Grainger legte das Gewehr an und trat aus der Deckung. „Riecht verdammt gut, was du da brutzelst“, sagte er. „Lass jetzt bloß deine Bleispritze stecken!“ Der Kerl fuhr hoch und griff nach seinem Revolver. Grainger drückte ab. Die Wucht des Treffers schleuderte den anderen ins Geröll neben das Feuer.

Der zweite richtete sich auf und tastete nach seinen Waffen. „So süß kann doch sterben nicht sein, dass du jetzt unbedingt auf mich schießen willst!“, zischte Grainger. Der Kerl schluckte und sah ihn an. „Hoch die Arme und aufstehen!“ Er gehorchte.

Grainger fesselte ihn mit seinen Gürteln und einem Seil, das er in ihren Satteltaschen fand. Er band ihn an eine verkrüppelte Kiefer, die auf der felsigen Anhöhe wuchs. Anschließend drehte er den Hasenbraten um und kostete ihn. Er war noch nicht ganz gar.

Der Mann von der U.S. Government Squad zerrte die Leiche vom Feuer weg und lehnte sie gegen die Kiefer. „Damit du weißt, was dich erwartet, wenn du nicht redest.“

„Ich hab keine Ahnung, ehrlich.“ Der Angstschweiß stand dem Mann auf der Stirn. Seine bisherigen Erfahrungen mit Grainger hatten ihn anscheinend mächtig beeindruckt.

„Natürlich nicht.“ Grainger holte sein Pferd und ließ sich am Feuer nieder. Der Braten war gar. Er riss sich ein Stück ab und aß. „Was weißt du über Jim Barrymore?“ Der Mann schwieg. Grainger hatte Heißhunger. Er schnitt einen Hasenschenkel ab, stand auf und ging zu ihm. „Du hast keinen Hunger, was?“ Der Mann schwieg. „Um so besser. Dann bleibt ein Stück vom Braten für den Grizzly übrig.“

„Was für ein Grizzly?“ Der Kerl machte ein erschrockenes Gesicht.

„Habt ihr seine Spuren nicht gesehen?“ Grainger sprach mit vollem Mund. „Ihr seid mir schöne Waldläufer!“ Kopfschüttelnd ging er zurück zum inzwischen heruntergebrannten Feuer. „Das bisschen, was ich übrig lasse, wird ihm natürlich nicht reichen. Eine Appetithäppchen für so einen Burschen, weiter nichts.“

Er ließ sich wieder am Feuer nieder und nahm einen Schluck Wasser. Aus den Augenwinkeln sah er, dass der Kerl jede seiner Bewegungen verfolgte. „Aber macht ja nichts, du bist ja noch da, und von dir wird er schon satt werden, was?“ Er grinste zu dem Mann hinüber. Dem fiel die Kinnlade auf die Brust.

Grainger aß seelenruhig weiter. Minuten verstrichen. Irgendwann brach der Mann das Schweigen. „Du lässt mich nicht wirklich allein hier zurück, oder?“

„Verlass dich drauf.“ Grainger schmatzte genüsslich. „Sobald ich gegessen habe.“

„Nimm mich mit, bitte...!“

„Kommt drauf an, was du mir zu erzählen hast.“

„Ich kenne Jim nicht gut, ehrlich! Bin durch ihn hier zur Bande gestoßen.“ Mit einer Kopfbewegung deutete er auf den Toten. „Jimmy hat uns immer durch ein Inserat zusammengetrommelt, wenn wieder ein Zug unterwegs war, der sich lohnte. Ich hab meinen Anteil gekriegt, und das war’s. Um mehr habe ich mich nicht gekümmert, ehrlich nicht.“

„Wie sieht Barrymore aus?“

„Wie sieht er aus, wie sieht er aus...!“ Der Kerl schlug einen weinerlichen Tonfall an. „Groß, kantiges Gesicht, graues, langes Haar. Zur Zeit trägt er gern einen schwarzen Wildledermantel. Ach ja, und einen Ring mit schwarzem Stein trägt er auch.“

„Wo trefft ihr euch gewöhnlich, bevor es zur Bahntrasse geht?“ Grainger schnitt sich ein großes Stück vom Rücken ab.

„In dem alten Kupferbergwerk oben am Pass von Coalville. Meistens ein oder zwei Tage davor. Je nachdem, welche Stelle Jimmy für den Überfall rausgesucht hat.“

„Beschreib mir die Gegend, beschreib mir den Weg dahin. Ich will alles wissen.“ Der Kerl erzählte und Grainger aß.

Irgendwann war er satt und leckte sich die Finger ab. Der Mann schwieg. „Und wo finde ich Barrymore, wenn ich nicht bis zum nächsten Überfall warten will?“

„Keine Ahnung. Er wohnt in allen möglichen Hotels entlang der Bahnstrecke.“

„Ich meine – wo finde ich ihn jetzt?“ Der Kerl antwortete nicht. Grainger hüllte sich in seine Decken und streckte sich neben der Glut und den Resten des Hasenbratens aus. „Denke darüber nach, du hast Zeit bis zum Morgengrauen.“

Er schlief bis das erste Licht des neuen Tages ihn weckte. Nach einem Kaffee und dem Rest des Bratens stand er auf und sattelte seinen Schimmel. Sein Gefangener schien kein Auge zugemacht zu haben. Er zitterte vor Kälte. „Du sagst mir, wo ich Barrymore finde oder ich lasse dich hier. Mir egal, ob die Wölfe dich fressen oder ein Grizzly.“

„Ich weiß es doch nicht...! Er hat irgendwo in den Bergen eine Blockhütte, einen Tagesritt entfernt oder so, mehr weiß ich nicht! Ich hab nur gehört, dass er zu den Pawnees reiten wollte, weil die ein Geschäft mit ihm am Laufen haben...!“

„Wo liegt das Lager der Pawnees?“

„Südlich in einem Flusstal, vielleicht drei Stunden von hier.“

„Okay.“ Grainger band den Kerl vom Baum los und fesselte ihn auf den Sattel seines Pferdes. Sie ritten nach Süden. Oben, auf den Höhenzügen, wurde der Weg weniger beschwerlich. Die Sonne löste sich vom Horizont und stieg über die Schneegipfel. Grainger lenkte seinen Schimmel über einen Bergkamm. Den Zügel des Pferdes seines Gefangenen hatte er an seinem Sattelknauf befestigt.

Links und rechts des Kammes fielen die Berghänge nicht gerade senkrecht, aber doch ziemlich steil ab und Grainger musste sein Pferd anhalten, als zweihundert Meter weiter plötzlich ein Reiter auf dem schmalen Pfad auftauchte. Der Fremde hielt sein Pferd ebenfalls an und wartete.

Gefährlich sah der einsame Reiter nicht aus. Grainger trieb seinen Schimmel an. Nach fünfzig Metern sah er, dass ein Indianer auf dem Pferd saß, nach weiteren fünfzig Metern erkannte er Lorraine. Ein paar Schritte vor ihr hielt er sein Pferd an. Er stieg er aus dem Sattel und ging zu ihr. „Du hier? Ist das Zufall?“

„Nein.“ Auch sie stieg vom Pferd und trat zu ihm, so nahe, dass er den vertrauten Duft roch. „Ich wusste, dass du die beiden geflohenen Reiter des Tomahawk-Mannes verfolgen würdest und ich wusste, dass sie zum Pawnee-Lager reiten würden.“

„Du warst dort?“ Er strich ihr eine Strähne ihres blauschwarzen Haares aus der Stirn. Allein der Anblick ihres schönen Mundes weckten die herrlichsten Erinnerungen und erregten ihn.

„Ja. Geschäfte. Und Barrymore war auch dort. Als die Leute, die er zur Jagd auf Garrett ausgeschickt hatte, nicht zurückkamen, ritt er fort.“

„Weißt du wohin?“

„Nein. Aber ich weiß, wo er irgendwann in den nächsten Tagen unweigerlich auftauchen wird, um sich für den nächsten Überfall vorzubereiten.“

„Jetzt bin ich aber gespannt.“

„Er benutzt eine Blockhütte weit oben in den Bergen als geheimen Unterschlupf. Einer der Pawnees hat mir den Weg dorthin beschrieben.“

Grainger grinste. „Ich glaube, ich kann mir gratulieren, dir begegnet zu sein.“

„Das glaube ich auch.“ Sie lächelte. „Ich werde dich begleiten.“

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