Читать книгу Heißes Pflaster für Killer: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 58
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Milo und ich setzten uns in den Sportwagen. Milo fuhr den eingebauten Computer hoch. Der Flachbildschirm wurde aktiviert.
Ich telefonierte in der Zwischenzeit mit unserem Kollegen Max Carter aus der Fahndungsabteilung und gab ihm die Beschreibung durch. „Gibt es irgendjemanden, der mit Eileen Genardo oder Jack Mancuso im Zusammenhang steht und so aussieht? Die Tätowierung ist ja nicht gerade ein Allerweltsmerkmal.“
„Sekunde, Jesse. Ich bekomme hier gerade in diesem Augenblick eine Nachricht herein.“ Einige Augenblicke lang hörte ich nur undeutlich ein paar Stimmen im Büro unseres Kollegen aus der Fahndungsabteilung. Dann meldete sich Max wieder. „Bist du noch dran, Jesse?“
„Sicher.“
„Ihr seid doch eigentlich auf der Suche nach Jack Mancuso.“
„Richtig.“
„Die ist zu Ende. Jemand hat ihn auf einer Müllkippe in Staten Island abgelegt. Clive und Orry sind dorthin unterwegs.“
„Der Mann, den ich dir gerade beschrieben habe, könnte sein Mörder sein, Max“, gab ich zurück.
Durch das Handy konnte ich hören, wie Max' Finger über die Computertastatur glitten. „Ich habe hier einen. Die Daten schicke ich euch auf den Rechner in eurem Wagen. Der Kerl heißt Norman Brodie und ist der Mann fürs Grobe im Dienst von Sonny Ricone. Der gilt als aufstrebender Zuhälter, handelt wahrscheinlich auch in begrenztem Umfang mit Drogen, ist aber zu geschickt, als dass ihm die Justiz ernsthaft gefährlich werden konnte. Er betreibt seit ein paar Jahren den Club ‚Hidden Joy’. Adresse ist 332 Broadway, Brooklyn.“
„Ist das nicht der Club, in dem Jack Mancuso mal Türsteher war?“
„Ja, genau. Aber das war früher, als das ‚Hidden Joy’ noch einem gewissen Jaden Nichols gehörte – Ricones schärfsten Konkurrenten. Niemand hat je herausbekommen, wieso Nichols plötzlich dem Besitzerwechsel im ‚Hidden Joy’ zugestimmt hat. Da lief irgendetwas im Hintergrund, wovon bis heute niemand die volle Wahrheit kennt. Wenn ihr wollt, kann ich mich ja noch mal mit dem zuständigen Vice Department kurzschließen.“
„Das wäre sehr nett, Max.“
„Sonny Ricone hat übrigens noch eine andere Immobilie, deren Besitz ihn immer wieder mit der Justiz in Konflikt bringt“, berichtete Max weiter. „Das Hotel Parrinder liegt ganz in der Nähe. Die Adresse habe ich euch mitsamt den Daten über Normann Brodie geschickt.“
„Was hat es mit dem Hotel Parrinder auf sich?“, fragte ich.
„Ein getarntes Bordell. Ricone vermietet natürlich nur die Zimmer und hat mit alledem nichts zu tun. Zumindest konnte er das mit Hilfe seiner Anwälte gegenüber der Justiz immer so überzeugend darlegen, dass man ihn bis jetzt nicht belangen konnte!“
Ich blickte auf die Uhr. „In diesem Club dürfte um diese Zeit noch nichts los sein, daher nehmen wir uns zuerst das Hotel vor. Ich wette, dass Norman Brodie sich an einem dieser beiden Orte herumtreibt, wenn er noch immer noch Sonny Ricones Mann fürs Grobe ist!“
Ich beendete das Gespräch.
Milo ging mit dem Rechner unseres Sportwagens online und holte die Daten aus dem E-Mail-Fach, die Max uns übersandt hatte.
Nach der Fahndungsdatei hatte Norman Brodie bereits diverse einschlägige Verhaftungen und Anklagen hinter sich. Vier Jahre hatte er wegen gefährlicher Körperverletzung bereits auf Rikers Island verbracht und war dort unter bis heute nie wirklich geklärten Umständen in einen Streit mit einem Mithäftling verwickelt worden.
Für letzteren hatte der Streit tödlich geendet.
Brodies Behauptung, aus Notwehr gehandelt zu haben, war seinerzeit beim Prozess nicht zu entkräften gewesen, so hatte ihn die Jury freisprechen müssen. Ein hervorragender Anwalt hatte ihn damals vertreten. Wahrscheinlich hatte Ricone für dessen Bezahlung gesorgt.
Wir erreichten das Hotel Parrinder und parkten in einer Seitenstraße. Die letzten 50 Meter mussten wir zu Fuß gehen.
Dem Hotel war deutlich anzusehen, dass es seine beste Zeit längst hinter sich hatte. Es handelte sich um einen Sandsteinbau aus den Dreißigern. Ein Hauch des mondänen Flairs, das von diesem Hotel in früheren Zeiten ausgegangen war, konnte man immer noch spüren.
Der Eingangsbereich war einem griechischen Säulenportal nachempfunden.
Wir traten ein.
Der Portier beobachtete uns misstrauisch. Eine junge Frau in einem knappen, eng anliegenden Kleid kam die Freitreppe hinunter. Sie trug hochhackige Schuhe, mit denen man gut balancieren musste, außerdem kramte sie in ihrer Handtasche herum und bemerkte uns daher zunächst nicht. Das gelockte schwarze Haar trug sie mit einem einfachen Haargummi zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst.
„Sag mal, Brad – hast du inzwischen was von Eileen gehört?“, fragte sie den Portier, erreichte den Fuß der Freitreppe, blickte auf und stutzte plötzlich, als sie uns sah.
Der Portier gab ihr keine Antwort.
Die junge Frau musterte Milo und mich von Kopf bis Fuß. Wir trugen ganz normale Zivilkleidung und hatten eigentlich darauf geachtet, weder Waffe noch Dienstmarke offen zu zeigen.
Aber es gibt immer wieder Menschen, die einen sechsten Sinn zur Erkennung von FBI-Agenten, Beamten der City Police oder Cops aus anderen Einheiten haben.
„So ein Mist!“, murmelte sie.
Milo trat an den Tresen, um zu verhindern, dass der Portier irgendwelche Alarmknöpfe drückte.
„Wir suchen Mister Norman Brodie“, wandte er sich an den Portier. „Ist der hier im Haus?“
Der Portier wirkte unsicher. Er zögerte einen Augenblick und schüttelte schließlich den kopf. „Tut mir Leid, Sir.“
„Und wer sind Sie?“
„Brad Myers. Ich bin hier das Mädchen für alles, aber keine Auskunftsagentur.“
„Wir können das Gespräch gerne an der Federal Plaza fortsetzen, wenn Ihnen das lieber ist, Mister Myers.“
Während sich Milo weiter mit dem Portier unterhielt, trat ich auf die junge Frau zu und hielt ihr meinen Ausweis unter die Nase. „Trevellian, FBI! Sie erwähnten jemanden mit dem Namen Eileen.“
Sie schluckte. „Das ist richtig.“
„Eileen Genardo.“
„Was ist mit ihr?“
„Sie wird nicht zurückkommen“, erklärte ich. „Sie ist nämlich tot und wenn Sie sie gekannt haben, können Sie uns vielleicht ein paar wertvolle Hinweise geben.“
„Ach, ja?“
„Wie heißen Sie?“
„Jennifer Garrison.“ Sie schluckte. „Eileen ist tot?“
Ich nickte. „Haben Sie noch nichts davon gehört?“
„Ich hatte heute noch keine Gelegenheit Radio zu hören oder die Glotze einzuschalten.“
„Sie kannten Eileen offensichtlich.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Aber nur flüchtig. Und ich muss jetzt auch weg.“
„Wir brauchen Ihre Aussage.“
„Verdammter Mist“, murmelte sie.
„Wir sind nicht von der Vice-Abteilung“, erklärte ich. „Uns interessiert ausschließlich der Mörder, der Eileen Genardo und fünf weitere Frauen auf dem Gewissen hat. Dass Ihr Gewerbe nicht legal ist, ist dabei zweitrangig. Und was Ihre Geschäfte angeht...“
„Es tut mir Leid, ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen“, behauptete sie. „Ich kannte Eileen nur sehr flüchtig. Ich wohne im ersten Stock, Zimmer 16. Eileen wohnte daneben.“
„Seit wann wohnte sie hier?“
„Seit ein paar Wochen. Aber mehr weiß ich wirklich nicht.“
„Wann haben Sie Eileen das letzte Mal gesehen?“
„Gestern Nachmittag sind wir uns auf dem Flur begegnet.“
„Aber Sie haben den Portier gerade danach gefragt, wo sie geblieben ist. Das klingt nicht gerade danach, dass sie Ihnen gleichgültig war.“
„Bin ich verhaftet oder haben Sie im Moment irgendetwas gegen mich vorliegen? Wenn nicht, dann würde ich jetzt gerne gehen.“
Ich verstand schon, dass sie sich hier im Hotel Parrinder nicht offen äußern wollte. Also gab ich ihr eine der Visitenkarten, die das FBI für seine Agenten drucken lässt. „Vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas ein. Sie können mich unter den angegebenen Nummern jederzeit ereichen.“
„Danke.“
Sie nahm die Karte, steckte sie ein und hatte es anschließend sehr eilig, das Hotel zu verlassen.
„Wo ist Brodie?“, wiederholte Milo unterdessen seine Frage an den Portier.
Dieser stotterte nur herum.
„Ich weiß nicht, Sir... Ich verliere meinen Job, wenn ich...“
„Sie verlieren Ihren Job auch, wenn wir der Vice-Abteilung des zuständigen Reviers der City Police einen Tipp geben und sich die Kollegen mal genauer ansehen, was hier so getrieben wird!“
„Es ist alles legal!“, zeterte der Portier.
„Gut, ganz wie Sie wollen. Ich weiß nicht, ob Mister Ricone findet, das Sie die richtige Entscheidung getroffen haben...“
„Brodie ist in seinem Zimmer“, presste der Portier schließlich heraus. Er streckte die Hand aus und deutete auf eine Nebentür. „Den Gang nach links, das letzte Zimmer. Da finden Sie ihn.“