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Reverend Paul Maranero residierte in einem fünfstöckigen Haus, das aus der Zeit um die Jahrhundertwende stammte. Das Gebäude war aufwendig restauriert worden und in sehr gutem Zustand.

Ganz offensichtlich litt der Besitzer nicht unter finanziellen Schwierigkeiten.

Am Haupteingang meldeten wir uns mit Hilfe der Gegensprechanlage.

„Special Agent Abdul vom FBI“, stellte ich mich vor. „Wir hätten gerne Reverend Maranero gesprochen.“

„Einen Moment“, sagte eine abweisende Stimme.

Wenig später kam ein blassgesichtiger Mann mit schütterem Haar und dunklem Anzug zur Tür und öffnete sie.

Das Bleichgesicht ließ sich zunächst unsere Ausweise aushändigen und betrachtete sie sehr eingehend. Ein dünnes, kaltes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Es laufen so viele Betrüger heutzutage herum“, erklärte er dazu.

„Sie können gerne in unserem Hauptquartier in der Federal Plaza anrufen, um sich unsere Identität bestätigen zu lassen“, schlug Lew vor.

Der bleiche Mann blickte auf.

„Das dürfte nicht nötig sein“, erklärte er dann. „Folgen Sie mir bitte.“

Mit dem Aufzug ging es in den dritten Stock.

Reverend Paul Maranero empfing uns in einem weiträumigen, sehr repräsentativen Büro. An der Wand hing ein großes, überdimensionales Holzkreuz. Der Reverend war ein großer Mann in den Fünfzigern. Sein Haar war ergraut, ebenso wie sein ziemlich langer Vollbart, der ihm das Aussehen eines biblischen Patriarchen gab. Ruhige dunkle Augen saßen in der Mitte eines eindrucksvollen Gesichtes.

Wir stellten uns knapp und sachlich vor.

Der Reverend bot uns daraufhin an, in den dunklen Ledersesseln Platz zu nehmen.

„Zwei Special-Agents des FBI. Zwei Hüter des Gesetzes also.“ Der Reverend lachte heiser. Seine Stimme klang dröhnend. Und das Lächeln, das um seine dünnen Lippen spielte, war schwer zu deuten. In seinen Worten lag eine deutliche Portion Spott. „Was führt Sie zu mir, Gentlemen?“

Ich glaubte ihm die Unwissenheit nicht.

Aber er spielte sie perfekt.

Ein Mann, der es verstand, eine Bühne zu benutzen. Und im Moment war seine Bühne dieses Büro. Sein Publikum: zwei G-men.

„Gestern Abend starb ein Police Captain namens Billy Webbs im Gefecht mit einem FBI-Mann. Er hatte gerade zusammen mit einem Komplizen dafür gesorgt, dass zwei bekannte Unterweltgrößen ins Reich der Toten eingingen.“

„Abschaum, also“, sagte Reverend Maranero ganz offen. „Dieser Captain hat Ihnen und seinen Kollegen die Arbeit doch erheblich erleichtert...“

„Er war ein Mörder“, erwiderte ich kühl.

„Das kann man unterschiedlich beurteilen. Aber, wie auch immer. Was hat das alles mit mir und meiner Stiftung für Verbrechensopfer zu tun?“

„Sie kannten Webbs“, stellte ich fest.

„Ich höre seinen Namen heute zum ersten Mal, was vermutlich nur daran liegt, dass ich noch nicht dazu gekommen bin, die Zeitung zu lesen.“

„Wir fanden Ihre Telefonnummer in seinem Adressenregister!“

„Was Sie nicht sagen.“

„In welcher Beziehung standen Sie zu Webbs?“

„In überhaupt keiner!“, beharrte der Reverend. „Sehen Sie, ich halte viele Vorträge, ich halte Gottesdienste, zu denen Tausende von Menschen kommen, ich bin seelsorgerisch tätig. Viele Menschen suchen täglich meinen Rat. Es ist gut möglich, dass dieser arme Polizist sich meine Nummer notiert hat, um mich vielleicht einmal in einer ihn bedrückenden Angelegenheit anzusprechen. Das heißt nicht, dass ich ihn kannte!“

„Wer sind die LIGHTWARRIOR?“, fragte ich.

„Ich habe keine Ahnung: Sagen Sie es mir, Mister Abdul.“

„Eine Organisation, die mit dem, was Sie sagen, ernst macht! Männer, die das Gesetz in die eigenen Hände nehmen und all diejenigen, die in ihren Augen Abschaum sind, eiskalt liquidieren.“

„Ich habe Ihnen nichts zu sagen, Mister Abdul.“

„Der Name Chuck Graymont sagt Ihnen wohl auch nichts?“

„Es tut mir leid.“ Er betätigte einen Knopf auf seinem Schreibtisch und schaltete damit offenbar eine Gegensprechanlage ein. „Ach, Rose, sagen Sie doch Mister Cramer, dass er sofort zu mir kommen soll. Wie es scheint, brauche ich seinen Beistand.“ Und dann wandte er sich an uns: „Mister Cramer ist Leiter unserer Rechtsabteilung, Gentlemen. Der Art und Weise nach, in der Sie mich hier befragen, ist zu entnehmen, dass Sie mir unbedingt etwas am Zeug flicken wollen! Ich halte es daher für besser, wenn Mister Cramer als Zeuge an diesem Gespräch teilnimmt.“

„Das ist Ihr gutes Recht“, erwiderte ich.

Der Reverend lief dunkelrot an. Sein Gesicht hatte nun einen sehr düsteren Ausdruck. Er deutete hinaus aus dem Fenster. „Da draußen läuft der Abschaum frei herum! Mörder und jene, die die Mörder aussenden! Drogendealer und Leute, die die Unzucht fördern, um Gewinn aus ihr zu ziehen! Ich sehe es und Gott sieht es! Aber Sie haben nichts Besseres zu tun, als einem Mann die Zeit zu stehlen, dem es um nicht anderes geht, als das Böse mit allen Mitteln zu bekämpfen! Dort draußen, in diesem Dschungel der Sünde, wäre Ihr Platz, Gentlemen! Stattdessen verfolgen Sie die Gerechten mit Ihren unhaltbaren Verdächtigungen!“

Seine Stimme dröhnte.

Die Wirkung dieses Mannes auf einer Bühne konnte ich mir jetzt vorstellen. Eine Person, deren Präsenz eine ganze Halle mühelos füllen konnte. Notfalls sogar ohne Mikrofon. Ein rhetorisches Naturtalent. Ein Mann mit einfachen Antworten auf schwierige Fragen. Und darin lag wohl das Geheimnis seines Erfolgs.

Ein kleiner dicklicher Mann mit schütterem Haar betrat wenig später den Raum. Das musste Cramer, der Anwalt sein.

„Ich hoffe, dass wir jetzt fortfahren können“, hörte ich Lew sehr sachlich sagen. „Es geht einfach um die Beantwortung einiger Fragen. Um sonst nichts...“

Aber mein Instinkt sagte mir, dass wir uns an diesem granitharten Prediger die Zähne ausbeißen würden.

Killerland: Krimi Koffer 10 Krimis auf 1300 Seiten

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