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Ein Hai im Swimming-Pool


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von ALFRED BEKKER

Es war eine Villa in traumhafter Umgebung. Die Leiche schwamm angekleidet im Swimming-Pool. Fünf Schüsse hatten den großen, kräftig wirkenden Mann mit den bereits angegrauten Haaren getötet.

"Ich habe alles so vorgefunden und sofort die Polizei angerufen", sagte seine Frau, eine elegant gekleidete Mittdreißigerin. Kommissar Gernot stand nachdenklich daneben und sah den Kolegen von der Spurensicherung zu, wie sie den Tatort absuchten. Ein bißchen hatte Gernot bereits über das Opfer erfahren. Jürgen Ritter, 38, Geschäftsmann. Das klang besser, als es war, denn Ritter war weithin als gnadenloser Kredithai verschrien gewesen.

"Haben Sie eine Idee, wer Ihren Mann ermordet haben könnte?"

"Nein", sagte Patricia Ritter sehr schnell.

"Überlegen Sie gut. Ich weiß, daß es für Sie jetzt nicht leicht ist, darüber zu reden..."

"Wissen Sie, mein Mann kämpfte im Geschäftsleben immer mit harten Bandagen..."

Gernot nickte. "Fünf Schüsse... Da hat jemand große Wut gehabt", stellte er etwas sachlicher fest. "Ich brauche die Kundenlisten Ihres Mannes."

"Mit der Firma habe ich nichts zu tun", sagte Patricia Ritter schulterzuckend. "Unsere Büros sind in der Stadt. Sprechen Sie doch mit Herrn Marksen, das ist der Partner meines Mannes.

*


Björn Marksen saß hinter einem dicken Eichen- schreibtisch und sah Kommissar Gernot durch dicke Brillengläser hindurch an. "Eine furchtbare Sa- che", murmelte er, nachdem der Kommissar geendet hatte."Und Sie denken, daß einer unserer Kun- den...?"

"Nun, Ihre Firma ist ja dafür bekannt, nicht gerade mit Samthandschuhen vorzugehen, wenn sie Ihre Schulden eintreibt", versetzte Gernot.

Marksens Gesicht wurde steinern. "Wir haben vielen Menschen geholfen", stellte er fest.

"Sie vergeben Kredite an Leute, die bei keiner Bank noch Geld bekommen würden und treiben sie da- mit vollends in den Ruin."

"Wollen Sie mich beschimpfen?" giftete Marksen.

"Ich brauche Ihre Kundenlisten und will mit den Mitarbeitern sprechen!" Kommissar Gernot zeigte Marksen einen Durchsuchungsbefehl. "Fangen wir mit Ihnen an. Wie wird sich Ritters Tod auf die Firma auswirken?"

Marksen runzelte die Stirn. "Sein Tod ist natür- lich ein unersätzlicher Verlust, das ist klar", sagte er einem Ton, den Gernot als Heuchelei emp- fand.

Gernot hakte nach. "Ich meine finanziell."

"Finanziell sind wir gegenseitig durch eine Le- bensversicherung abgesichert", sagte Marksen. "A- Aber schließen Sie daraus jetzt nichts Falsches. Ich habe für die Tatzeit ein Alibi. Ich hatte Ge- burtstag und ein gutes Dutzend Gäste eingeladen."

*


In der Firma waren noch zwei Sekretärinnen sowie ein junger Mann mit schlaksiger Figur und scheuem Auftreten beschäftigt. Er hieß Benrath und war für die Buchhaltung zuständig. Besonders gesprächig war er nicht. Die beiden Sekretärinnen waren dafür um so redseliger. "In letzter Zeit wirkte Herr Ritter irgendwie bedrückt", meinte die eine von ihnen und ihre Kollegin war derselben Ansicht.

"Ja, er war auch oft beim Arzt. Ich weiß das genau, weil ich die Termine absprechen mußte."

"Bei was einem Arzt war er?" fragte Gernot.

"Bei einer Psychologin, Dr. Inge Borowski. Viel- leicht haben ihn die Drohanrufe so mürbe gemacht."

"Drohungen?" echote Kommissar Gernot. Die beiden Sekretärinnen sahen sich an, dann sagte die Ältere der beiden: "Das kommt immer wieder mal vor. Aber einer ist in letzter Zeit besonders aufgefallen... Er hat sich nie mit Namen gemeldet, aber ich habe seine Stimme wiedererkannt! Er heißt Holgar Ser- ner."

*


Kommissar Gernot trieb Serner in seiner Stammkneipe auf, wies sich aus und sagte ihm gleich, worum es ging. "Sie haben Ritter telefonisch bedroht. Ihm würde etwas passieren und so weiter..."

Serner hatte dicke Augenringe und ein eingefallenes Gesicht. "Dieser Mann hat mich rui- niert!" sagte er bitter. "Er hat mir einen Kredit aufgeschwatzt und mir eingeredet, ich könnte damit mein Haus retten! Aber stattdessen ist der Schuldenberg groß geworden, daß ich zwei Leben bräuch- te, um ihn wieder abzuzahlen!"

"Ich habe mich erkundigt, Sie besitzen eine Sportpistole vom selben Kaliber wie die Kugeln, die in Ritters Körper steckten."

Serner trank sein Bier auf und seufzte. "Ich weine diesem Kerl keine Träne nach!" sagte er. Aber ich habe ihn nicht umgebracht."

"Wo waren Sie am Donnerstag abend zwischen sechs und acht?"

"Zu Hause. Allein."

Also kein Alibi, dachte Gernot. "Können wir zu Ihnen nach Hause gehen und Sie zeigen mir Ihre Waffe?"

"Ich habe die Waffe verkauft. Sie wissen, daß ich nicht gut bei Kasse bin und da kam jemand, der einen unwahrscheinlichen Preis dafür bot..."

"Wer war das?"

Serner hatte noch nicht geantwortet, da tönte plötzlich der Wirt durch den Schankraum. "Ist hier ein Kriminalkommissar? Telefon für Sie!"

*


Am Abend besuchte Kommissar Gernot noch einmal den Tatort, die Villa der Ritters. Zu seiner Überraschung traf er dort neben Patricia Ritter auch Benrath, den unscheinbaren, schlaksigen Buch halter an. Den Gläsern nach, die auf dem Tisch standen, hatten die beiden Sekt getrunken.

"Gibt es etwas zu feiern?" fragte der Kommissar.

Benrath blickte zu Boden und Patricia Ritter rieb nervös die Hände aneinander.

"Was wollen Sie damit sagen?" zischte sie.

Der Kommissar blieb ruhig.

"Vielleicht feiern Sie ja die Nachricht, daß Ihre Lebensversicherung ausgezahlt wird, Frau Ritter ebenso wie die zugunsten von Herrn Marksen, der in dieser Runde eigentlich noch fehlt!" Gernot wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern fuhr fort: "Der Tod Ihres Mannes dürfte aufgeklärt sein."

"Wer hat ihn ermordet?" fragte Patricia Ritter und verschränkte dabei die Arme. Sie wirkte abwei- send. Gernot lächelte dünn.

"Niemand", erwiderte der Kommissar. "Die Obduktion hat ergeben, daß Ihr Mann an Tablettenvergiftung gestorben ist. Selbstmord also. Nach Auskunft seiner Psychologin litt er schon seit langem an Depressionen..."

"Das ist doch Unfug!" fauchte Patricia. "Weswegen sollte er Depressionen haben?"

Gernot zuckte die Schultern. "Zum Beispiel, weil seine Frau ein Verhältnis mit seinem Buchhalter hatte... Außerdem ging es mit der Firma bergab und er wußte nicht, wie er die Talfahrt stoppen konnte. Er hat Tabletten genommen und ist gestorben. Aber bei Selbstmord zahlt keine Versicherung. Sie, Frau Ritter haben nicht zuerst die Polizei angerufen, sondern Benrath. Und der erinnerte sich an Serner, einen Sportschützen in finanzielle Nöten. Er fuhr hin, kaufte ihm die Waffe ab und dann wur- den damit die Schüsse abgegeben und alles so arrangiert, daß es wie Mord aussah."

Einen Augenblick lang sagte niemand etwas, dann brachte Benrath heraus: "Es war Marksens Idee. Ich habe ihn auf seiner Geburtstagsfeier angerufen und er meinte, das die Firma den Bach runtergeht, wenn die Polizei einen Selbstmord annimmt!"

Gernot nickte. "Ich muß Sie bitten, mit aufs Präsidium zu kommen."

23 Killergeschichten: Kurze Krimis

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